Poincaré besucht Russland im Juli 1914

Es ist relativ unsinnig, sich auf die tatsächlichen Kriegsereignisse zu beziehen, wenn man ein hypothetisches Szenario diskutieren möchte.
...eine coole Maxime!
Mit dieser fachspezifischen wissenschaftlichen Methode kenne ich mich nicht aus, darum zwei Fragen: 1. wozu überhaupt so etwas betreiben, und 2. wenn schon, warum dann ohne Rekurs auf, Orientierung an oder Bezug auf reale Ereignisse? Ich weiß nicht, ob das in der historischen Forschung zwischenzeitlich üblich geworden ist, kann mir aber vorstellen, dass man bei strengem Verbleib in faktenfreier Spekulation jeglichem Revisionismusverdacht entgehen könnte (?!)
(ich könnte einen fiktiven Angriff portugiesischer Truppen auf die Nordseeinseln oder den fiktiven japanisch-britischen Wettlauf um die Annexion einer kriegshafenfreien Adria anbieten: beides ist ohne Bezug auf tatsächliche Kriegsereignisse) :D:D

Mindestens zwei mächtig fortifizierte Kriegshäfen wies die Adria auf: Pola und Bucht von Kotor; wie es an der italienischen Adriaküste aussah, weiß ich nicht. Durrazzo/Dürres mit seinen gerade man zwei kleinen (gerade mal 50m langen) Landungsbrücken macht auf mich in Sachen militärischer Nutzung keinen opulenten Eindruck, aber dieser Eindruck speist sich aus einer möglicherweise revisionistischen, jedenfalls aber unseriösen Quelle: Hafen Durrës – Wikipedia Wenn die Informationen aus dieser trüben Quelle, deren Literaturverzeichnis ich schändlicherweise nicht auf Herz und Nieren geprüft habe, in Sachen schlichter Fakten korrekt sein sollten, dann befand sich dieses Häflein während des Ersten Weltkriegs überwiegend in österreichischer Hand.
 
Turgot schrieb:
Der französische Botschafter Paléologue jedenfalls hatte sein Tagebuch frisiert; auch auf Intervention Poincares hin.

Bei der französischen Aktenedition ist zu beachten, das die Historiker keinesfalls freie Hand bei der Auswahl der Dokumente hatten. Darüber hinaus wurde jeder Aktenband vor Publikation im Auftrage des Außenministerium kontrolliert. Trotzdem ist der Sammlung eine hohe wissenschaftliche Qualität zu bescheinigen.

Schmidt führt aus, das die Autoren der Documets diplomatiques das Fehlen der entsprechenden Aufzeichnungen des Besuchs in Petersburg als Anomalie bezeichnen. Denn so sind beispielsweise für das Jahr 1912 die Aufzeichnungen erhalten.

Aber auch die Inhaber der Nachlässe von Viviani, Poincare oder Paléologue waren nicht bereit den Herausgebern der französischen der Editionskommsission die persönlichen Aufzeichnungen der genannten Herren zur Verfügung zu stellen.

Schmidt schreibt auch, das erst durch die Öffnung des Nachlasses von Poincares die Quellenlage, zum Petersburgbesuch verbessert hat; aber nicht in gewünschten Umfang. Nur wie zuverlässig sind denn diese tatsächlich, wenn Poincare schon Paléologue veranlasst seine Aufzeichnungen zu manipulieren.

Turgot schrieb:
Schmidt berichtet auch, das Poincare mögicherweise auch Einfluß auf Sasnow sein Werk genommen hat. Denn er hat sich auf dem Höhepunkt der innerfranzösichen Auseinandersetzungen von Palélogue die Adresse von Sasnow verschafft.
Schmidt, Frankreichs Außenpolitik in der Julikrise 1914, S.36

Turgot schrieb:
Der französische Botschafter Paleologue hatte Sasonow jeweils am 24.07 und erneut am 25.07. die unbedingte Unterstützung der russischen Balkanpolitik zugesichert.

Am 25.Juli unternahm Russland dann den ersten Schritt in Richtung Krieg, in dem die sogenannte Kriegsvorbereitungsperiode befohlen worden war. Wirksam wurde diese ab 26.Juli.

Das war höchst problematisch, denn die Kriegsvorbereitungsperiode umfasste den gesamten eben nicht nur die an der monarchie grenzenden Militärbezirke, sondern auch die an das Deutsche Reich grenzten. Das wurde natürlich auch von den Deutschen bemerkt.

Frankreich wurde über diesen Schritt am 26.Juli infomiert, verspürte aber keine Veranlassung mäßigend auf sein Verbündeten einzuwirken.

Am 28.Juli versicherte Paleologue Sasnow erneut Frankreichs Unterstützung. Das Am 28.07.hatte Wien Serbien den Krieg erklärt.

Am 29.Juli leiteten die Russen die Teilmobilmachung, die eigentlich technisch gar nicht möglich war, in die Wege. Bemerkenswert ist , das Poincare einen Teil seiner Tagebuchaufzeichnungen vom 29.07.1914 entfernt hat. Was soll man davon halten? Man könnte daraus schlussfolgern, das Poincare etwas zu verbergen hatte.

Am 30.Juli schickte der sozialisitsche Ministerpräsident Rene Vivani, der von Poincare in der Julikrise klar domminiert worden war, ein Telegramm nach
Petersburg,welche eine Warnung enthält. Anlaß war wohl ein Telegramm Sasonows, in dieser berichtet, dass das Deutsche Russland aufgefordert hätte, seine Mobilmachung zu beenden. Sasonow aber wollte dies nicht und wollte eine Beschleunigung der Rüstung, da er wohl mit Krieg rechne.

Paleologue agierte aber im Sinne des französischen Präsidenten Poincare.

Sasonow schickte ein Kabel und dankte für die Versicherung, das man in vollem Umfange auf die bündnisunsterstützung Frankreichs rechnen können.

Turgot schrieb:
Poincaré hielt sich drei Tage in der russischen Hauptstadt auf. Er versäumte es nicht den Russen zum wiederholten Male einen Blankoscheck auszustellen. Dieser war in der zu jenem Zeitpunkt äußerst kritischen Lage wohl noch schwerwiegender, als der deutsche Blankoscheck für Österreich zweieinhalb Wochen zuvor. Beim großen Galadiner auf Schloss Peterhof hatte Raymond Poincaré das abermalig Versprechen auf den unverbrüchlichen Beistand Frankreichs abgegeben.

Kaum war Poincaré abgereist wurden in Russland gravierende Weichenstellungen getroffen. Sasonow beauftragte Generalstabschef Januschlkwitsch die Armee kampfbereit zu machen und mit der Teilmobilmachung gegen Österreich zu beginnen. Nur was das so nicht, wegen des Eisenbahnknotenpunkts Warschau, nicht möglich. Der Bezirk Warschau grenze an das Deutsche Reich.

General Dobrorolski, Chef der Mobilmachungsabteilung, stellte fest: "Der Krieg war bereits beschlossene Sache und die ganze Flut von Telegrammen zwischen den Regierungen Russlands und Deutschlands stellte nur eine Inzenierung eines historischen Dramas dar."

Turogt schrieb:
Am 25.07. wurde die sogenannte Kriegsvorbereitungsperiode unter dem persönlichen Vorsitz des Zaren beschlossen. Das bar Gefahren in sich, da diese sich auf den europäischen Teil Russlands bezog. Das bedeutete auch auf die Militärbezirke, die östlich vom Deutschen Reich lagen.

Am 26.07.1914 wurde Frankreich umfassend informiert. Der Quai d Orsay hielt sich aber nicht für nötig, irgendetwas zu unternehmen.

Leider stehen der Forschung nicht alle Quellen zur Verfügung, das Poincaré seine Erinnerungen frisiert hat.

Innenminister Maly hatte Caillaux darüber informiert, das der Ministerrat die russische Teilmobilmachung ausdrücklich gebilligt hat.

Es könnten schon sehr wohl strategische Überlegungen Frankreich gewesen sein, nicht auf den Verbündeten mäßigend einzuwirken, denn man befürchtete dort, dass jede überlegene Vorbereitung in Österreich-Ungarn Deutschland dazu bringen könnte, einen Teil der an seiner Ostgrenze stationierten Armeekorps an unsere Grenze zu verlegen.

Zum Schluss gilt: Poincaré war die ganz starke und entscheidende Person in der französischen Administration.

Ergänzend: Am 31.07. bestritt Viviani gegenüber dem deutschen Botschafter von einer Mobilmachung etwas zu wissen. Nur von "Vorsichtsmaßnahmen".

Turgot schrieb:
Poincaré hatte den Bündnisfall auch auf den Balkan ausgedehnt; etwas, wo sich seine Amtsvorgänger gegen gewehrt hatten.

Im September 1912, also kurz vor dem ersten Balkankrieg, stellte Poincaré gegenüber den russischen Botschafter Iswolski in Paris:

„Wenn Österreich gegen Serbien vorgehe, so könne dies „selbstverständlich Rußland nicht gleichgültig lassen und werde zu einem allgemeinen Kriege führen“. „Wenn aber der Konflikt mit Österreich ein bewaffnetes Eingreifen Deutschlands nach sich ziehen würde, so erkenne die französische Regierung dies im Voraus als casus foederis an und würde nicht einen Augenblick zögern, die Verpflichtungen, die sie Rußland gegenüber auf sich genommen hat, zu erfüllen.“


Turgot schrieb:
Am 24.Juli bemühte sich der deutsche Botschafter Schön in Paris im französischen Außenministerium für eine Lokalisierung eines mögliches Krieges zu wirken.
Als der Botschafter der Monarchie dem Justizminister Bienvenu-Matin, er leitete kommissarisch das Außenministerium während Vivianis Abwesenheit, von dem Ultimatum in Kenntnis setzte, hatte dieser Verständnis für die Aufklärung des Attentats und sich gegen die serbische Propaganda, die auf eine territoriale Dekomposition der Monarchie ausgerichtet war. Der Politische Direktor des französischen ußenministerium sah die Dinge allerdings ganz anders.
Jedenfalls hat sich Bienvenu-Matin sehr zurückgehalten, was man in der gegebenen Situation durchaus verstehen kann.

Am 26.07. war der deutsche Botschafter erneut im Außenministerium und wirkte auf Bienvenu-Matin ein, das auf Petersburg mäßigend eingewirkt würde. Bienvenu-Matin lehnte glatt ab. Dahinter steckte wohl Berthelot. Das war der Politische Direktor, der dann kurze Zeit später mit Schön "Klartext" sprach. Berthelot warf, äußerst undiplomatisch, "Berlin nicht nur Brandstiftung vor, sondern auch mit dem Odium, anstatt der Löschung. die Anfachung des Kriegsfeuers zu betrieben haben." Schön fiel auch die Ähnlichkeit der Ausführungen der Pariser Presse mit den Auslassungen Berthelots auf. Des Weiteren merkt Schön, dass das französische Gelbuch, welches kurz nach Kriegsbeginn veröffentlich wurde, nicht von seinen Bemühungen enthält.

Auch die Bemühungen Schöns um ein gemeinsames Pressekommuniqué erfüllten Schön Hoffnungen auf ein gemeinsame Erklärung für den Frieden nicht. Berthelot war nicht sehr entgegen kommend. Er hatte sicher Petersburg im Auge.

Als Iswolski dann am 27.Juli aus Petersburg zurückgekommen war, meldete er seinen Chef Sasonow:
"Überhaupt war ich hier überrascht, wie richtig der Justizminister und seine Mitarbeiter die Situation erfassen und wie sehr sie von der festen und ruhigen Entschlossenheit durchdrungen sind, uns vollste Unterstützung zu gewähren und den geringsten Schein einer Meinungsverschiedenheit mit uns zu vermeiden."

Der französische Botschafter Paléologue in Petersburg erteilt selbst Auskunft darüber, er erfuhr durch den britischen Botschafter Buchanan, der gerade aus Sasonow Büro gekommen war, davon, "Russland ist zum Krieg entschlossen. Wir müssen nun Deutschland die ganze Verantwortlichkeit und die initiative des Angriffs zuschieben, nur so wird die öffentliche Meinung in England für den Krieg zu gewinnen sein."

muck schrieb:
… sollte wenigstens in der Lage sein, zu erklären, warum er einen wichtigen Satz Quellen seines Mitdiskutanten en bloc als revisionistisch disqualifizieren will. Selbst wenn Du keine hohe Meinung von jemandem hast, solltest Du ihm zumindest Waffengleichheit gewähren.

Ich stelle fest: Entweder willst Du nicht darlegen, inwieweit der Wikipedia-Artikel zu Poincaré auf revisionistischen Quellen fußen soll, oder Du kannst es schlicht und ergreifend nicht. Vielleicht bist Du der Ansicht, Du hättest dies schon früher ausreichend getan, in irgendeinem Deiner langen Scharmützel mit @Turgot, aber das ist mir, ehrlich gesagt, herzlich egal. In dem Fall hätte der lapidare Einzeiler genügt: "Dazu habe ich mich schon mal geäußert, habe jetzt gerade nicht die Zeit, danach zu suchen."

Ich finde, Du schuldest @Turgot eine Entschuldigung.

Zu diesen Ausführungen ist entweder gar nichts oder fast gar nichts gekommen.
 
Turgot schrieb:
Am 05.03.1913 schreibt der belgische Botschafter aus Paris:

„[…] Indessen hat es zweifellos Herrn Poincaré, dem Lothringer, seit dem ersten Tage seine Amtsantritts beliebt, eine feste Haltung einzunehmen und die Fahne des Landes hochzuhalten. In den aufgeregten Augenblicken, die Europa durchmacht, bedeutet die Anwesenheit des Herrn Poincarè im Elysée eine Gefahr. […].“

Am 03.07.1914 berichte der belgische Botschafter aus Paris nach Brüssel:

„Frankreich und Russland spielen in diesem Augenblick wahrhaftig ein sehr gefährliches Spiel. Sie reizen sich gegenseitig zu immer neuen Rüstungen auf Leben und Tod und geben sich, hauptsächlich Russland, einen Bluff hin, der die ernstesten Folgen zeitigen könnte.“

Die Belgischen Dokumente zur Vorgeschichte des Weltkrieges 1885 - 1914, Band 5


Turogt schrieb:
oincaré sein Auftreten in Petersburg war ja durchaus denkwürdig. Die offiziellen Aufzeichnungen sind samt und sonders auf beiden Seiten verschwunden; Kommentare hierzu gab es hier nicht. Aber es gibt ja noch Tagebücher beteiligter Akteure, wo sich das eine oder andere Puzzlestück zusammensetzen lässt.

Die Gespräche zwischen dem Zaren und Poincaré drehten sich, nicht eben überraschend, um die schwere, noch diplomatische, Krise wegen der Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers.

Nikolaus II. meinte zum französischen Botschafter Paleologue, noch bevor Poincarè die France verlassen hatte „Ich bin sicher, dass wir in allen Dingen übereinstimmen werden.“ Und weiter: „Aber eine Frage macht mit Sorgen: unser Abkommen mit England. Wir müssen es dazu bringen, unserer Allianz beizutreten.“ (1)

Wozu, wenn man den Frieden wünscht und anstrebt ist die Preisfrage?

Am 21.Juli, nachmittags, empfing Poincaré zusammen mit Viviani mehrere Botschafter. Bei dem Gespräcj mit dem k.u.k. Botschafter Friedrich Szàpary, nachlesbar bei Clark, der hier als Unterlage dient, erkundigte sich Poincarè ob es Neuigkeiten aus Belgrad gebe. Szàpary antwortete, dass die Untersuchungen noch andauerten. Dann kam die bemerkenswerte Reaktion von Poincaré, nämlich dass das Ergebnis ihm Sorge mache und er erinnerte an die Affären Friedjung und Prochaska.“

An die serbischen Provokationen und Untergrundarbeit mit dem Ziel der Dekomposition Österreich-Ungarns erinnerte sich Poincaré nicht.

Gemäß Christopher Clark ist aus diesem Gespräch deutlich geworden, das Frankreich nicht akzeptiere und niemals akzeptieren würde, dass die serbische Regierung für die Morde die Verantwortung trage. Als Begründung würden die genannten Affären Friedjung und Prochaska herhalten.

Woher wusste Poincaré eigentlich, dass die serbische Regierung unschuldig sei?

Zum Schluss drohte gemäß Paleologue Poincaré sehr massiv: „Serbien hat sehr warme Anhänger im russischen Volke und Russland hat einen Bundesgenossen. Frankreich. Was können sich da für Entwicklungen ergeben.“ (2)

Deutlicher ging es wohl kaum noch und das alles auf russischen Boden.

(1) Clark, Die Schlafwandler, S.568
(2) Clark, Die Schlafwandler, S.570

Das gilt auch für diese Ausführungen.
 
Ja, natürlich bereits vor langer Zeit ausreichend dargestellt, im Mai 2012 beispielsweise, in welchem auch Veteran X intensiv mitgeschrieben hatte.

Vielleicht können wir Uraltbeiträge bei der Diskussion ausklammern, denn sonst ufert diese ins grenzenlose aus. So ganz nebenbei: Mein Username hier lautet nicht X.
 
Um das weiterauszuführen: Für Russland ging es um künftige expansive Interessen in Richtung Meerengen. Für Österreich-Ungarn und Deutschland ging es um Sicherheitsinteressen.
 
1. wozu überhaupt so etwas betreiben
War ich derjenige, der mit dem hypothetischen Flottenstützpunkt angefangen hatte?

Oder derjenige, der von einem Angriffskrieg der Entente gegen Deutschland zu theoretiseren begonnen hatte?

(ich könnte einen fiktiven Angriff portugiesischer Truppen auf die Nordseeinseln oder den fiktiven japanisch-britischen Wettlauf um die Annexion einer kriegshafenfreien Adria anbieten: beides ist ohne Bezug auf tatsächliche Kriegsereignisse) :D:D
Für sowas haben wir doch sogan nen Faden.
 
Ich habe klipp und klar ausgeführt, das war eine Befürchtung auf seiten der Monarchie.
Mit der du die Aktion gerechtfertigt hast, unbeachtlich der Tatsache, dass diese Befürchtung ziemlich substanzlos war.

Die waren sicher nun nicht zugunsten Österreich-Ungarns.
Und das eine Entwicklung nicht zu den eigenen Gunsten verläuft, rechtfertigt einfach mal Krieg deswegen zu führen?

Die territorialen Gewinne Serbiens und der anderen Staaten des Balkanbundes waren beträchtlich. Serbien war gewiss kein Freund der Monarchie und es liegt in der Natur der Sache, das man in Wien nun nicht unbedingt noch Interesse hatte, serbische Begehrlichkeiten zu fördern.

Die Territorialen Gewinne Österreichs aus der Annexion Bosniens übrigens auch, übrigens war die nicht unbedingt zu Gunsten Serbiens, wenn du schon so argumentieren möchtest ;-)

Und dafür dass Serbien nicht gerade gut auf Wien zu sprechen war, sorgte Wien doch genau mit solchen Aktionen, wie dem Zollkrieg und der Verhinderung eines Meereszugangs für Serbien.

Ohne hier die serbischen Aktionen rechtfertigen zu wollen, ist ja nicht so, dass Wien nie Schritte unternommen hätte um Serbien mächtig vor den Kopf zu stoßen.

Das war nicht Gegenstand der Betrachtung und Erwägung der russischen Militärs. Man wollte einen zügigen Aufmarsch mit vier Armee gegen Österreich-Ungarn und mit zwei Armeen gegen das Deutsche Reich. Hierfür war Warschau unentbehrlich.
Und inwiefern stand Warschau einer Teilmobilmachung im Wege? Die Frage ast du noch immer nicht beantwortet.
Du versteigst dich einfach darein, dass Mobilmachung auch im Militärbezirk Warschau per se eine Bedrohung Deutschlands gewesen wäre.

Nein, wäre sie nicht, jedenfalls nicht, wenn man den Aufmarsch von Truppen auf den an Westgalizien grenzenden Teil des Militärbezirks und auf Garnisonstruppen in Warschau und der umliegenden Festungen beschränkt hätte.
Das hätte in Deutschland kaum als Bedrohung aufgefasst werden können.

Hochziehen?? Also, die Diskussion wird zunehmend unsachlich und aggressiv. Das ist nicht erfreulich.
Ich finds auch nicht erfreulich, kann das aber kaum anders bezeichnen, wenn du wegen der Gefahr von Grenzverletzungen in Ostpreußen den Schlieffenplan für alternativlos, auch für den Fall britischer Neutralität erklären willst.

Ja, und was hat das mit der französischen Bevölkerung zu tun? Eine Erläuterung des Freibriefs von Poincaré schenke ich mit; ist schon häufig genug geschehen.
Pardon, mein Fehler, ich hatte natürlich vergessen, dass mit der Heeresreform von Neunzehnhundertdrölf die Franzosen ihre menschlichen Soldaten durch Roboter ersetzt hatten, von denen naturgemäß zu Hause niemand fragen würde, wofür man sie zu verheizen gedachte.

Da kann man die Meinung der Bevölkerung natürlich ausklammern.

So wie Deutschland fortlaufend von der Triple Entente aggressive Absichten unterstellt worden sind. Das den dortigen Staatsmännern nicht aufgefallen ist, das die Mittelmächte alle "günstigen" Gelegenheiten verstreichen ließen. Wilhelm II. war ein Prahlhans, ein Großmaul, aber einfach mal so ein Krieg vom Zaune reißen, war seine Sache nicht.
Nennt sich "Whataboutism".
 
Das beantwortet meine Fragen zur "coolen Maxime" leider nicht ;) ...aber Nachfragen zu umgehen oder zu ignorieren gehört ja mittlerweile hier zum methodisch-hochwissenschaftlichen guten Ton: also alles in Butter.
Du hast doch durchaus gesehen, worauf der Beitrag bezogen war.

Es war schlicht ein Hinweis darauf, dass die militärischen Planungen, so wie sie waren die reale Lage 1914 reflektierten und nicht eine Lage, wie sie hätte sein können, wenn irgendjemand fürchterlicherweise den Russen einen Hafen verpachtet hätte und dass sich aus der realen Dislozierung nicht ableiten lässt, wie ein Krieg gelaufen wäre, hätte man auf Grund anderer Faktoren anders disloziert.

Ich weiß nicht, was daran auszusetzen ist.

Was die Argumentation mit abseitigen Szenarien und deren Sinn angeht, wirst du dich bei den Diskussionsteilnehmern erkundigen müssen, die damit angefangen haben.

Den methodisch-hochwissenschaftlich guten Ton, brauchst du mir auch nicht sakastisch vorwerfen.
Ich habe weder das, was ich zu diesem hier Thema geschrieben habe, als Wissenschaft verkauft, noch mich darüber beschwert, dass die Beiträge anderer User nicht hochwissenschaftlich genug sind.

Auch der Begriff "Revisionismus" gehört nicht zu dem von mir in diesem Zusammenhang benutztem Vokabular.

Wenn mit solchen Ausführungen Probleme bestehen, bitte ich doch darum sich damit an den Absender zu wenden.
 
Mit der du die Aktion gerechtfertigt hast, unbeachtlich der Tatsache, dass diese Befürchtung ziemlich substanzlos war.

Und weißt du woher? Wir wissen nämlich nicht, was möglicherweise passiert wäre, wenn Serbien seine Forderung durchgesetzt hätte. Alles darüber hinausgehende ist Spekulation
Und das eine Entwicklung nicht zu den eigenen Gunsten verläuft, rechtfertigt einfach mal Krieg deswegen zu führen?

Schreibst du gerade die Geschichte um?? Mir ist nicht geläufig, das ÖU im Zuge des Balkankriege militärisch aktiv geworden ist. Und denke einfach auch einmal daran, das wir über Vorgänge sprechen, in das Zeitalter des Imperialismus fallen.

Pardon, mein Fehler, ich hatte natürlich vergessen, dass mit der Heeresreform von Neunzehnhundertdrölf die Franzosen ihre menschlichen Soldaten durch Roboter ersetzt hatten, von denen naturgemäß zu Hause niemand fragen würde, wofür man sie zu verheizen gedachte.

Da kann man die Meinung der Bevölkerung natürlich ausklammern.

Bleib bitte sachlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nennt sich "Whataboutism".

Gut möglich, aber für mich vollkommen unproblematisch, da meine Ausführung vollkommen zutreffend ist. Und ganz kurz zur Erinnerung: In diesem Faden geht es eigentlich um Poincaré.

Hast du mal gesehen, was alles an Ausführungen von mir "übersehen" wurde?
 
Und dafür dass Serbien nicht gerade gut auf Wien zu sprechen war, sorgte Wien doch genau mit solchen Aktionen, wie dem Zollkrieg und der Verhinderung eines Meereszugangs für Serbien.

Wir sprechen ja jetzt nicht über den Schweinekrieg. Und, ich habe auch das schon ausgeführt, das Deutsche Reich gehörte zu den Nationen, die den Serben, sehr zum Ärger Wiens, aus der Patsche halfen.

shinigami schrieb:
Pardon, mein Fehler, ich hatte natürlich vergessen, dass mit der Heeresreform von Neunzehnhundertdrölf die Franzosen ihre menschlichen Soldaten durch Roboter ersetzt hatten, von denen naturgemäß zu Hause niemand fragen würde, wofür man sie zu verheizen gedachte.

Von deinen verunglückten Einlagen einmal absehen, ist mir immer noch nicht klar, worauf du eigentlich hinaus willst?
Die Gründe der deutschen Heeresreform habe ich schon dargelegt.

Über die französische Bevölkerung habe ich etwas ausgeführt, Kontext das Verheimlichens der russischen Mobilmachung durch die französische Regierung im Juli 1914, das die dann ausgegangen war, es geht hier um die Abwehr eines deutschen Angriffs.

Und es wäre nicht die schlechteste Idee, wenn du zu einen etwas friedlicheren Diskussionsstil zurückkehren könntest.
 
Zuletzt bearbeitet:
bitte ich doch darum sich damit an den Absender zu wenden.
...Nu grummel nicht rum -- wenn die großen Leuchten der Wissenschaftlichkeit von Freizeit/Hobbyforen-Beiträgen meine schlichten Rückfragen konsequent unbeantwortet lassen, dann muss ich mir halt ein anderes Opfer suchen, um das am köcheln zu halten: da hat's dich gerade erwischt :p :D ein herbes ungerechtes Schicksal, das du gewiß unbeschadet überstehen wirst.
Trotzdem bleibt die erwähnte "Maxime" komisch, in jeder Hinsicht.

Ich frage mich gerade, ob der weitere Ausbau des eisernen Riegels (Modernisierung in Richtung aufgelöster Gruppen, die keinesfalls mehr nur und einzig defensiv ausgerichtet/konzipiert waren, sondern Bewegungsoptionen kanalisierten) samt Plan XXVII (Joffres) hinter dem Rücken, also unbemerkt, von Poincare stattgefunden hatte - aber eigentlich glaube ich das nicht.
 
War ich derjenige, der mit dem hypothetischen Flottenstützpunkt angefangen hatte?

Es wurde dargelegt warum. Das hat dir nicht gereicht und du hast dann eine Diskussion drausgemacht.

Oder derjenige, der von einem Angriffskrieg der Entente gegen Deutschland zu theoretiseren begonnen hatte?

Ich habe entsprechende Zitate und Ausführungen mit Quellen belegt. Diese passen thematisch. Mit den abseitigen Themen und Spekulationen bist du eigentlich um die Ecke gekommen.;)
 
Und weißt du woher? Wir wissen nämlich nicht, was möglicherweise passiert wäre, wenn Serbien seine Forderung durchgesetzt hätte. Alles darüber hinausgehende ist Spekulation
Es ist schon deswegen substanzlos, weil sich weder aus serbischen, noch aus russischen Dokumenten nachweisen lässt, dass sowas überhaupt erwogen worden wäre.
Es ist die hypothetische Überlegung österreichischer Diplomaten.
Der Umstand, dass irgendjemand hypothetische Überlegungen anstellt, macht diese aber nicht zu tatsächlichen Fakten, mit denen sich irgendweche Aktionen rechtfertigen ließen.

Deine Argumentation, dass Österreich das wegen des Hafens verhindern musste, ist im Endeffekt die Aussage, dass das Hirngespinst österreichicher Diplomaten ohne jede Resonanz in der Realität eine Mobilmachung des Heeres gerechtfertigt hätte um damit Serbien einzuschüchtern.

Nun, wenn bereits die Hirngespinste von Diplomaten das rechtfertigen, dann wäre die russische Mobilmachung im Juli '14 kaum weniger gerechtfertigt gewesen.

Schreibst du gerade die Geschichte um?? Mir ist nicht geläufig, das ÖU im Zuge des Balkankriege militärisch aktiv geworden ist. Und denke einfach auch einmal daran, das wir über Vorgänge sprechen, in das Zeitalter des Imperialismus fallen.

Es ist schon fast überraschend, das im Zeitalter des Imperialismus, Österreich-Ungarn in dem laufenden Konflikt nicht militärisch eingegriffen hatte. Immerhin wurden hier ja ganz erheblich die Interessen der Monarchie berührt.


Offensichtlich hast du doch wohl ein militärisches Vorgehen der Donaumonarchie für berchtigt halten wollen, wenn du es als überraschend betrachtest, dass das nicht stattfand und es mehr oder weniger zum Verdienst erklärst, dass Wien darauf verzichtet habe:

Immerhin wurden hier ja ganz erheblich die Interessen der Monarchie berührt. Aber man hat in Wien die Füße stillgehalten.

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Bleib bitte sachlich.
Ich bin darum bemüht.
Das fällt allerdings schwer, wenn von deiner Seite Statements kommen, die darauf hinauslaufen, dass es mehr oder weniger egal gewesen wäre, was die Franzosen selbst davon gehalten haben würden, hätte man versucht sie in einen Angriffskrieg zu schicken.

Das lässt sich nicht einfach als unbedeutend abbügeln, weil deine Interpretation von Poincarés verhalten eine solche Bereitschaft des Staatspräsidenten und vormaligen Regierungschefs unterstellt.

Von deinen verunglückten Einlagen einmal absehen, ist mir immer noch nicht klar, worauf du eigentlich hinaus willst?
Darauf, dass du nicht einfach allein aus Poincarés Äußerungen, gleich wie sie interpretiert werden auf Frankreichs Bereitschaft schließen kannst für russische Interessen in einen Angriffskrieg zu ziehen.
Da hätten die die das hätten ausbaden müssen, schon auch noch ein Wörtchen mitzureden gehabt.

Und es wäre nicht die schlechteste Idee, wenn du zu einen etwas friedlicheren Diskussionsstil zurückkehren könntest.
Können wir uns von mir aus gerne drauf einigen, auf persönlichen Streit bin ich nicht aus.
 
Es ist schon deswegen substanzlos, weil sich weder aus serbischen, noch aus russischen Dokumenten nachweisen lässt, dass sowas überhaupt erwogen worden wäre.
Es ist die hypothetische Überlegung österreichischer Diplomaten.
Der Umstand, dass irgendjemand hypothetische Überlegungen anstellt, macht diese aber nicht zu tatsächlichen Fakten, mit denen sich irgendweche Aktionen rechtfertigen ließen.

Deine Argumentation, dass Österreich das wegen des Hafens verhindern musste, ist im Endeffekt die Aussage, dass das Hirngespinst österreichicher Diplomaten ohne jede Resonanz in der Realität eine Mobilmachung des Heeres gerechtfertigt hätte um damit Serbien einzuschüchtern.

Nun, wenn bereits die Hirngespinste von Diplomaten das rechtfertigen, dann wäre die russische Mobilmachung im Juli '14 kaum weniger gerechtfertigt gewesen.

Wie schon gesagt: Es waren Gefahren, ob nun eingebildet oder nicht, hast du alle serbischen und russischen Dokumente durchgearbeitet?, von denen sich der Ballhausplatz leiten ließ. Das war aber nur ein Motiv. Ich möchte das hier aber nicht weiter vertiefen, weil das überhaupt nicht zum Thema gehört.

Und ja, angesichts der gewaltigen Machtverschiebung auf dem Balkan, der erneuten massiven serbischen Herausforderung der Großmacht, ist es positiv zu vermerken, das ÖU militärisch nicht eingeschritten hatte. Wie das kleine Serbien agiert, da kann nur staunen. Das war nur möglich, mit der Rückendeckung durch Petersburg. Vor allem gerade nach dem Balkankrieg.
Es gab ganz andere Anlässe für aggressives militärisches Eingreifen der Mächte. Das jüngste war der Tripoliskrieg. Von Hirngespinsten würde ich in diesem Zusammenhang nicht sprechen.

Offensichtlich hast du doch wohl ein militärisches Vorgehen der Donaumonarchie für berchtigt halten wollen, wenn du es als überraschend betrachtest, dass das nicht stattfand und es mehr oder weniger zum Verdienst erklärst, dass Wien darauf verzichtet habe:

Moment. Wo habe ich denn das behauptet?? Ich habe ausgeführt, das es schon überraschend gewesen war, das ÖU angesichts der ganzen Entwicklung und auch der erneuten serbischen Herausforderung nicht militärisch eingeschritten ist.


Das fällt allerdings schwer, wenn von deiner Seite Statements kommen, die darauf hinauslaufen, dass es mehr oder weniger egal gewesen wäre, was die Franzosen selbst davon gehalten haben würden, hätte man versucht sie in einen Angriffskrieg zu schicken.

Hä. Wo habe ich denn so eine Äußerung gemacht? Ich mutmaße einmal das du eine meine Äußerungen gründlich missverstanden haben musst. Anders ist das nicht zu erklären. Zum Thema französische Bevölkerung habe ich oben mehrfach etwas ausgeführt. Das ist nicht misszuverstehen und läuft überhaupt nicht auf das hinaus, was du mir, sicher ohne böse Absicht, hier unterstellst.

Darauf, dass du nicht einfach allein aus Poincarés Äußerungen, gleich wie sie interpretiert werden auf Frankreichs Bereitschaft schließen kannst für russische Interessen in einen Angriffskrieg zu ziehen.
Da hätten die die das hätten ausbaden müssen, schon auch noch ein Wörtchen mitzureden gehabt.

Poincarè war der große, starke Mann der französischen Politik. Er war maßgeblich. Er hat die entscheidenden Freibriefe ausgestellt. Viviani hatte beispielsweise in Petersburg keinen Widerspruch eingelegt.
Richtig ist, das andere die leichtfertigen Zu- und Aussagen Poincarés ausbaden mussten. Die französische Regierung jedenfalls war auf Linie mit Poincaré. Das wird schon aus dem Beschluss des Ministerrats deutlich, der die russischen Maßnahmen zur Mobilmachung ausdrücklich billigt.
Können wir uns von mir aus gerne drauf einigen, auf persönlichen Streit bin ich nicht aus.

Ausgezeichnet. Ich nämlich auch nicht.
 
2. die erfreuliche politisch progressive Ausrichtung (wohl nicht in Poincares Sinn) wirkte in Richtung Friedensbemühungen, Ausgleich, Krisenbewältigung etc oder ließ sie das bleiben?

Mir fehlt es zur Beantwortung der Frage an Sachkompetenz, vielleicht findest Du Stoff in Gerd Krumeich, Aufrüstung und Innenpolitik in Frankreich vor dem Ersten Weltkrieg, Wiesbaden 1980, hier ein kurzer Auszug aus S. 197:


"Diese neue Politik ist auch als Grund dafür anzusehen, daß die Regierung Doumergue/Caillaux sowohl bei führenden Diplomaten Frankreichs als auch bei den verbündeten Mächten auf große Skepsis und z. T. auf offene Ablehnung stieß. So schrieb der französische Botschafter in London, Paul Cambon, an seinen Bruder Jules, den Botschafter in Berlin:
'Il est vrai que le nouveau Cabinet français doit faire l'affaire de l'Allemagne puisqu'il est antimilitarist et impuissant au dehors.'
['Es ist wahr, dass das neue französische Kabinett das Geschäft Deutschlands betreiben muss, da es antimilitaristisch und nach außen hin machtlos ist.']
Der russische Botschafter in Paris, Izvol'skij, beklagte, daß die neue Regierung weder willens noch fähig sei, 'eine tatkräftige auswärtige Politik zu führen' [...]
Nicht das vorgebliche Desinteresse der Regierung Doumergue an Fragen der Außenpolitik überhaupt war jedoch der Grund für Poincarés Klage, sondern der neue Kurs der Außenpolitik. Diese Entwicklung erschien Poincaré als dermaßen gravierend, daß er ein Scheitern seiner gesamten Politik und darüber hinaus auch ein persönliches Fiasko befürchtete [...]"
 
Wenn jetzt energisch versucht wird Quellen zu zerlegen, auch wenn diese von renommierten und sehr bekannten Historikern kommen, dann stimmt mich das nachdenklich.
Inwiefern nachdenklich?

Wir hatten doch mal ein angebliches Quellenzitat des renommierten und sehr bekannten Historikers Fritz Fischer über eine angebliche Äußerung von Bethmann Hollweg. Damals hattest Du nachgefragt, ich habe dann recherchiert, dass es in Wirklichkeit von der Baronin von Spitzemberg stammt, und Du hattest dann das Zitat im Original nachgelesen und den Kontext zitiert und erläutert.

Ich habe den Quellenbeleg dann an anderer Stelle gefunden: Fritz Fischer, Hitler war kein Betriebsunfall, München 1992, S. 32.
Was Fischer hier als Bethmann-Hollweg-Zitat verkauft, ist, wie @Turgot bereits referiert hat, in Wirklichkeit ein Zitat aus dem Tagebuch der Baronin von Spitzemberg, die hier in eigenen Worten den Inhalt einer Frühstücksplauderei mit Kurt von Kessel wiedergibt, der ihr (natürlich wiederum in seinem Worten) allerhand erzählt hat, was er "zum größten Teile aus Theobald Bethmanns Munde" erfahren haben will. Nun hat Fischer immerhin seinen Quellenbeleg nachgereicht; man kann daher nachprüfen, dass es sich um ein Zitat aus dritter Hand handelt, und man kann dann auch die Meinung vertreten, dass Fischer sich auf recht dünnem Eis bewegt, wenn er auf so einem "Zitat" seine Argumentation aufbaut bzw. sogar auf einer bestimmten Formulierung herumreitet.

Deine eigene Erfindung ist die Fake-Quelle "Aufzeichnungen von Bethmann Hollweg", die ist bei Fischer nicht zu finden.
Ich finde es völlig normal, dass man einem Quellenbeleg nachgeht, und wenn man die Quelle gefunden hat, dann zählt die Quelle, und nicht, was ein noch so renommierter Historiker (der vielleicht selber die Quelle gar nicht angesehen hat, sondern aus der Sekundärliteratur zitiert) über die Quelle schreibt.

Damals haben wir kein Regelwerk gebraucht, um einem Quellenzitat auf den Grund zu gehen, und ich glaube, wir brauchen das auch in Zukunft nicht.
 
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