Die erste urkundliche Erwähnung muss nicht mit der Entstehung einer Ortschaft gleich gesetzt werden. Vielfach sind entsprechende Ortschaften (deutlich) älter als die erste Urkundenbenennung.
Das ist völlig klar. Aber wenn du mit einer solchen Argumentation 400, 500, 600 Jahre überbrücken musst, dann wird's halt ein wenig schwierig.
Die Frage ist, kannst du
- archäologisch eine (kontinuierliche) Besiedlung nachweisen, die bis zum gewünschten Zeitpunkt zurückgeht
- linguistisch das Alter des Ortsnamens eingrenzen
Wenn du da nichts hast, was auf ein bestimmtes Alter zurückschließen lässt, dann stellt die Ersterwähnung du nur einen
terminus ante quem (außer bei Gründungsstädten mit erhaltener Gründungsurkunde) dar. Der erlaubt aber nicht, die bereits erwähnten 400, 500, 600 Jahre die Stadt in die Vergangenheit zu versetzen.
Altenstadt (s.u.) ist ein solches "typisches Beispiel".
Altenstadt ist das alte Schongau, als die Schongauer umsiedelten, nahmen sie den Namen mit bzw. eine zeitlang hießen beide Städte gleich.
ist kein geeignetes Argument für ein besonders hohes Alter.
Man kann aber auch unterstellen,
Eben,
unterstellen. So eine Unterstellung muss man auch an Indizien begründen, ohne eine soche Begründung ist das reine Willkür.
Wenn ich vorher Altenstadt erwähnt habe, dann im Kontext mit der Frage, ob die Region "öde und leer" war (wie das für Scharnitz und Wallgau bezeugt ist) oder einen Vorbestand an Bevölkerungsresten hatte. Letzteres ist schon erforderlich, um die z.T. vorrömischen Gewässer- und Ortsnamen weiter zu geben.
Ortsnamen eher als Gewässernamen. Ein aufgelassener Ort gerät in Vergessenheit, um den Namen eines Gewässers zu vergessen, müssten quasi alle Orte aufgegeben werden.
Der Wikipedia-Artikel widerspricht sich selbst. Einerseits behauptet er, der Ort habe so und so geheißen, um dann zu sagen, dass es dafür offenbar keinen Beleg gebe.
Der quadratische Straßengrundriss lässt eine "geplante" Ortsanlage erewarten,
Wieder dasselbe Thema, wie wir bei einem anderen Ort schon mal hatten. Dass dort ein Römerlager war, ist durch den Soldatenfriedhof wohl hinreichend belegt. Aber: Mindestens eines der Gräber wurde im Ortskern gefunden, das spricht gegen die Identifikation des Ortskerns mit dem Römerlager.
Im Hochmittelalter? Warum nicht schon früher? Könnte da nicht eine kontinuierliche Funktion als Straßenstation vorliegen?
Verstehe ich dich richtig, dass du aus dem Umstand, dass die Altenstädter im 12. Jhdt. ihre Kirche neubauten schließt, dass da seit der Römerzeit kontinuierlich eine Straßenstation wwar? Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Wo besteht denn da ein Zusammenhang?
Es bestand jedenfalls schon eine Vorgängerkirche (sonst wäre kein Ersatzbau erfolgt) und eine reiche Stadt - und das, obwohl die erste urkundliche Erwähnung erst im 11. Jh. (Kopie des 12. Jh. nach Retzenstein) erfolgte.
Es wäre nicht ungewöhnlich, dass eine Kirche innerhalb von 100 Jahren neu gebaut wurde. Weil der Vorgängerbau zu klein geworden ist, oder abgebrannt, oder was auch immer. Jedenfalls ist der Neubau der Kirche im 12. Jhdt. kein hinreichender Grund den Altbau für besonders alt anzusehen. Das müsste man anhand archäologischer Kriterien (Bauart, Schmuck, Beifunde) bestimmen.
Und bei der Gelegenheit:
Wenn Weichs (Reitzmeier S. 299) auf ahd. *wihs" <Dorf< zurück geht, wieso sollen dann die -Weil-Orte wie Weil (bei Landsberg/Lech) Reitzenstein S. 300 f nach "will(a)" oder Weilheim (Reitzenstein S. 301 nach dem lateinischen villa) dem gleichen ahd. Wort "wihs" entstammen?
Wer hat denn wann und wo behauptet, dass -weil von wihs stamme?
Wieso sollen die Bajuwaren, die mit Zustimmung der römischen Herrscher auch den Grenzschutz an der Provinz Raetia sowie die Sicherung der Alpenpässe übernommen hatten, die Örtlichkeit nur über das althochdeutsche Lehnwort *vil(a) übernommen haben - und nicht auch eine ortsansässige romanische Bevölkerung?
Wenn es eine ortsansässige Bevölkerung gab, gab es wahrscheinlich auch einen Ortsnamen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser ersetzt wurde ist geringer als die seiner Beibehaltung.