Sachsen-Anhalt - römische Lager, Funde, Interessantes


"Insbesondere die südskandinavischen Moorfunde, aber auch diverse Grabfunde geben Zeugnis von einer bedeutenden Zahl römischer Schwerter, Schwertscheiden und baltei selbst bei solchen germanischen Kriegergruppen, die in Gebieten weit abseits des Römischen Reiches lebten."
 
Zumindest beim großen Feldlager bei Calbe/Saale (mit Titulum), das konnte ich in Erfahrung bringen, verdichten sich die Anzeichen auf Grund der Prospektionsfunde (Münzen und andere metallische Kleinteile) auf die Anwesenheit römischer Truppen unter Kaiser Caracalla. Der Feldzug zu den „Elbbewohnern“ im Jahr 213 n. Chr. ist ja auch historisch belegt (Cassius Dio - Albanoi). Dagegen warten die beiden Lager in Aken noch auf ihre Bestimmung.
Bei Cassius Dio fand ich in den Epitomen im Buch 78 folgende Hinweise auf die Stämme, die Ziel der Feldzüge waren:
"Antonius unternahm einen Feldzug gegen die Alamannen - er behandelte Völker wie Todfeinde und ließ die gesamte wehrfähige Mannschaft umzingeln und niederhauen" Exc. Val.373 (p.749)
"Pandion war ein Helfer bei Rennfahrern gewesen, fuhr im Alamannenkrieg den Wagen des Kaisers und war sein Mitkämpfer" (Exc. Val 374 (p.749)
"Er kämpfte auch mit gewissen Germanenstamm, den Cennen. Diese rissen die Geschosse mit Hilfe ihrer Zähne aus dem Fleisch. Sie ließen sich eine angebliche Niederlage für viel Geld abkaufen" Xiphilinos 332,31 - 333,18
"Nachdem Antonius (offzieller Kaisername Caracallas war Marcus Aurel(l)ius Severus Antoninus) gegen die Alamannen ausgezogen war, erkaufte er für viel Geld seinen angeblichen Sieg" Petr. Patr. Exc. Vat. (p.230 Mai= 213,27 D.)
"Die Frauen der Chatten und Alamannen, die gefangen worden waren, wollten nichts vom Sklavenlos wissen, sondern lieber sterben" Exc. Val 377 (p 749)
"Auch die unmittelbar am Ozean rings um die Elbemündung wohnenden Völkerschaften schickten Gesandschaften baten um Freundschaft und baten in Wirklichkeit um Geld. Antonius schenkte den Barbaren vollwertige Münzen Gold" Exc. Val. 378 (p.750) Xiphilinos 333, 18-20
"Alamannen behaupten, sie hätten Zaubermittel angewendet, um Antonius seinen Verstand zu rauben" Exc. Val. 381
"Er (Antonius) war stolz drauf die befreundeten Markomannen und Vandalen zu Feinden gemacht zu haben und den Quadenkönig Gaiobomarus , gegen den eine Anklage vorlag, getötet zu haben Exc. Va. 389 (p.754)

aus Cassius Dio, Römische Geschichte, Übersetzung Otto Veh 2012

Die von Dir erwähnten Albanoi habe ich nirgends (im Buch 78) gefunden. Buch 79 setzt mit dem Partherkrieg fort, im Buch 77 lebt noch Caracallas Vater Kaiser Septimus Severus, und stirbt vor einem Feldzug gegen die Kaledonier.

Herodian VI.7, 9. „Tribute überzeugen die Germanen am ehesten, sie sind geldgierig und verkaufen den Römern den Frieden für Gold“.
Marcus Reuter meint in GRENZSCHUTZ DURCH GELD –SUBSIDIEN ALS INSTRUMENT RÖMISCHER SICHERHEITSPOLITIK, 2007, dass unter Caracalla die Zahlung von Jahresgeldern an germanische Stämme ausgeweitet, und damit eine unheilvolle Dynamik in Gang gesetzt wurde.
Er schreibt, dass die Chauken der Stamm (einer der Stämme?) an der Elbe war, der durch Kriegsdrohungen Subsidien erpresste.
Caracalla wurde vorgeworfen, so Reuter, das die Zahlungen an die Barbaren die Ausgaben für den eigenen Militärapparat überstiegen - obwohl die Severer die Legionen mit Geschenken überhäuften. Eine entsprechende Stelle habe ich nicht gefunden, nur den Vergleich bei Cass. Dio 78, 13,3,dass Caracalla den Barbaren echtes Gold schenken würde, für die Römer nur Münzen aus Blei mit Silber und Kupfer mit Goldauflage zur Verfügug hätte und herstellen würde.

Daher stellt sich mir die Frage, ob es 213 n.Chr. überhaupt eine militärische Auseinandersetzung mit den Alamannen gegeben hat, vieles spricht dafür, dass der Feldzug eher zur Befriedung des Limesvorfelds mittels Subsidien führen sollte, um die Legionen für den neuen Alexanderzug in den Osten gegen die Parther zur Verfügung zu haben (Caracalla hielt sich für eine Reinkarnation Alexander des Großen). Im Winter 214/215 befand er sich schon in Kleinasien und überwinterte in Nikomedia.

Und zweitens, sollte dieser Teil zum Caracalla-Feldzug nicht besser abgetrennt werden vom Ausgangsthread?

Unten germanische Siedlungen in Mainfranken und Taubertal in der zweiten Hälfte des 2. und im 3. Jahrhundert n. Chr.
- der Handel verlief nach archäologischen Funden hauptsächlich über die Kastelle Osterburke und Jagsthausen, überraschenderweise nicht über die Flussroute, den Main (B.Steidl, Blick über den Zaun-Germanen im Vorfeld des Limes, 2007)
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Die von Dir erwähnten Albanoi habe ich nirgends (im Buch 78) gefunden.

Wie ich bereits schrieb, ist die Textüberlieferung korrumpiert. Der Originaltext ist nicht erhalten, in den erhaltenen Exzerpten ist tatsächlich von "Alambannoi" bzw. "Albannoi" (und eben "Kennoi") die Rede.
Otto Veh, Andreas Hensen und andere meinen, das seien Verschreibungen für die Alamannen. Matthias Springer hat dieser Interpretation vehement widersprochen. (Siehe auch Dieter Geuenich, Geschichte der Alemannen, Stuttgart 1997.) Was Dio tatsächlich meinte, bleibt unklar.

EDIT:
Hab nochmal selber kurz nachlesen müssen: Mit den "Alambannoi" dürften doch wohl Alemannen gemeint sein, aber diese können kaum im Originaltext gestanden haben, da haben sich spätere Geschichtsschreiber und Exzerptoren einen Anachronismus geleistet. Ich muss aber vielleicht nochmal in die Bibliothek, der Sache auf den Grund gehen...
 
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Wäre der Feldzug bzw. die Expeditio 213 n. Chr. unbedeutend gewesen, wären wohl kaum Prägungen über dieses Ereignis heraus gegeben worden.
Da wäre ich mir mal nicht so sicher. Oft haben wir riesige römische Bauinschriften, wo dann etwa edificavit oder so etwas steht, wobei es sich tatsächlich nur um Reparaturarbeiten handelte. Münzen waren auch ein Propagandamittel, z.B. gibt es von Domitian eine bekannte Münze mit dem Germania capta-Motiv. Reine Propaganda.
 
Der Feldherr ist also allein zu seinen Truppen marschiert, aber aus Zeitgründen nicht am Main entlang, sondern direkt vom rätischen Limes zum Main, um seinen Truppen, die dort eigentlich nichts zu suchen hatten, mal kurz guten Tag zu sagen. Alles klar.
Ausschließen würde ich das nicht. Ich denke etwa an die Beteiligung von Kaiser Claudius an der Eroberung von Britannien. Als sie bereits längst im Gange war, reiste der Kaiser umständlich von Rom nach Britannien, wo er sich dann gerade einmal 16 Tage aufhielt, Kampfhandlungen aus sicherer Entfernung beobachtete, dann nach Rom zurückkehrte und dort einen Triumph feierte. (Sein Sohn im Kleinkind-Alter erhielt den Siegernamen „Britannicus“.)
Wäre der Feldzug bzw. die Expeditio 213 n. Chr. unbedeutend gewesen, wären wohl kaum Prägungen über dieses Ereignis heraus gegeben worden.
Je weiter die Kaiserzeit voranschritt, um so üblicher wurde es, dass Kaiser nichtige Erfolge propagandistisch groß vermarkteten: Sie ließen sich für jeden Mini-Erfolg eines untergebenen Feldherrn auf einem Feldzug, an dem sie gar nicht beteiligt waren, zum „Imperator“ proklamieren, nahmen für jeden unbedeutenden Sieg einen Siegernamen an, wobei der bloße Siegername (wie „Parthicus“) schon bald nicht mehr reichte, sondern unbedingt noch ein „maximus“ dazu musste (also „Parthicus maximus“ = „größter Parthersieger“ – manche Kaiser führten eine ganze Liste von Siegernamen, jeweils mit dem Zusatz „maximus“), und dann natürlich noch Triumphe und Münzen.
Vieles mehr Schein als Sein, wie bereits Tacitus kritisierte. Wenn man das alles ernst nimmt, hätte Rom in der fortgeschrittenen Kaiserzeit seine größten militärischen Erfolge feiern und alle seine Gegner vernichten müssen.
Bei Cassius Dio fand ich in den Epitomen im Buch 78 folgende Hinweise auf die Stämme, die Ziel der Feldzüge waren:
Hier muss man allerdings berücksichtigen, dass wir, wie bereits Sepiola angedeutet hat, nicht den Text von Cassius Dio selbst vorliegen haben, sondern Exzerpte und Zusammenfassungen durch byzantinische Autoren.
Gerade bei "Cassius Dio" muss man aufpassen, dass, wo "Cassius Dio" draufsteht, oft nur ein Byzantiner drinsteckt. Vieles, was heute als "Cassius Dio" zitiert wird, stammt in Wahrheit von byzantinischen Autoren wie Zonaras oder Iohannes Xiphilinos, die zwar Cassius Dio als Hauptquelle nutzten, aber trotzdem nicht das Original übermittelten. Tatsächlich von Cassius Dio selbst erhalten sind nur große Teile seiner Bücher zur späten Republik und frühen Kaiserzeit.
 
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Domitian ist ja der Damnatio verfallen. Sein Chattenfeldzug wird ja mittlerweile wissenschaftlich kontrovers diskutiert. Caligula ließ bekanntlich eine Sonderprägung seines Vaters über die Rückgewinnung des Adlers der XlX. Legion prägen. Selbst über die Einsetzung eines Königs bei den Quaden durch Kaiser Antoninus Pius gibt es Münzbelege. Natürlich dienten die Münzen als Werkzeug der kaiserlichen Propaganda - keine Frage. Sie dienen aber auch der Archäo-Numismatik zur Überprüfung historischer Quellen.

Ein Lager von über 60 ha (!) Größe kann keinem „Kleinereignis“ zugeordnet werden. Wir reden hier von min. 4 Legionen.


 
Beim Rumsuchen im Netz fand ich noch einen gut übersichtlichen Artikel (PDF-Download), der die Argumente von @Sepiola sehr unterstützt:


Hier wird die Auffassung vertreten, dass es eine grenznahe Aktion, also im Vorfeld des rätischen Limes im Jahre 2013 gab, und unabhängig davon, und möglicherweise früher, eine Aktion im mittelfränkischen Maingebiet.
 
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Jetzt hab ich den Faden verloren: welches 4 Legionen Lager meinst du?
Hier magst du den Faden wieder aufnehmen:
Zumindest beim großen Feldlager bei Calbe/Saale (mit Titulum), das konnte ich in Erfahrung bringen, verdichten sich die Anzeichen auf Grund der Prospektionsfunde (Münzen und andere metallische Kleinteile) auf die Anwesenheit römischer Truppen unter Kaiser Caracalla. Der Feldzug zu den „Elbbewohnern“ im Jahr 213 n. Chr. ist ja auch historisch belegt (Cassius Dio - Albanoi).
 
Beim Rumsuchen im Netz fand ich noch einen gut übersichtlichen Artikel (PDF-Download), der die Argumente von @Sepiola sehr unterstützt:


Es sollte einen eigentlich stutzig machen, wenn ein Lokalhistoriker nach intensiven Recherchen eine - in den historischen Quellen nur sehr fragmentarisch belegte - Schlacht mit allen Details zu rekonstruieren weiß und sie dann auch noch genau hinter seinem Gartenzaun lokalisieren kann. Der Berchinger Mediziner Werner Robl ist zweifellos sehr belesen, aber dass Caracalla nun genau durch Berching gezogen sein muss, kaufe ich ihm nicht ab. Entsprechend skeptisch sind seine zweckgebundenen Überlegungen zu bewerten. Wenn dazu Flurnamen bis in die Antike zurückgeführt werden und gewagte Ableitungen ersonnen werden müssen (der Flurnamen "Gemäuert" soll auf ein lateinisches "Germanicum" zurückgehen), schrillen bei mir die Alarmglocken.

Ich muss aber vielleicht nochmal in die Bibliothek, der Sache auf den Grund gehen...

Bei meinem heutigen Bibliotheksbesuch stieß ich auf ein sehr schönes Buch, herausgegeben vom Archäologischen Landesmuseum Baden Württemberg: Caracalla - Kaiser, Tyrann, Feldherr, Darmstadt/Mainz 2013, mit gehaltvollen Aufsätzen wie:
Julia Gräf: "Hingegen bereiteten ihm die Germanenstämme keine Freude"
Bernd Steidl: Caracallas Gegner am Main
Stephan Bender: Der Feldzug gegen die Germanen 213 n. Chr.

Aus letzterem Aufsatz zitiere ich einige Abschnitte:

"Heute besteht in der Forschung weitgehend darüber Einigkeit, dass der Vormarsch auf dieser Trasse vorgenommen wurde. Von der Donau über Heidenheim habe der Weg durch das Brenz-Kocher-Tal ins Albvorland geführt, wo bei Dalkingen schließlich der Limes überschritten worden sein soll. Dann sei Caracallas Armee auf dem Höhenrücken der europäischen Wasserscheide von Rhein und Donau, auf der heute die Autobahn 7 Ulm-Würzburg (Biebelried) verläuft, bis zur Höhe von Crailsheim, Lkr. Schwäbisch Hall, und Feuchtwangen, Lkr. Ansbach, Richtung Main marschiert.​
[...]​
Dieses Szenario ist räumlich sehr dürftig, basiert aber konsequent auf der engen zeitlichen Kalkulation für den Feldzug von nur etwa zwei Wochen, da Caracalla von seiner möglichen Abreise in Rom Anfang August 213 n. Chr. bis zur Triumphfeier am 6. Oktober kein großes Zeitfenster gestanden habe. Allerdings sollte dabei unbedingt mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass Caracalla nur zeitweise propagandawirksam an der expeditio teilgenommen haben könnte, womit der Zeitkorridor etwas größer würde.​
[...]​
Immer wieder ist ein zeitgleicher Vorstoß von der Legionsbasis in Mainz aus entlang des Mains mit der Absicht, einen Zangenangriff vorzutragen, erwogen worden. [...] Angesichts der unbestreitbar bescheidenen zeitlichen und räumlichen Größenordnung, erscheint ein Vorstoß von Mainz unter Caracalla im Spätsommer 213 n. Chr. nur wenig wahrscheinlich.​
Mit einer 'Rednitz-Regnitz-Piste' ist einmal ein ganz anderer geographischer Raum für den Vormarsch vorgeschlagen worden. [...] Über Indizien für einen solchen Vormarschweg verfügen wir nicht. Der Vorschlag fand in Fachkreisen keine weitere Beachtung.​
[...]​
Beim Versuch, eine differenziertere Vorstellung von den Geschehnissen zu gewinnen, sollte vom Donauraum zwischen Ulm und Ingolstadt als Aufmarschgebiet des Expeditionsheeres ausgegangen werden.​
Angesichts der beteiligten Truppen aus Standorten donauabwärts muss die Donau eine bedeutende Rolle beim Transport von Mensch und Material gespielt haben. Die Sarkophaginschrift aus Budaörs, Komitat Pest (Ungarn) führt das beispielhaft vor Augen. Dieser Quelle zufolge verstarb ein Soldat, der an dem Germanenfeldzug Caracallas teilgenommen hatte, wahrscheinlich auf dem Rückmarsch in Lauriacum/Enns-Lorch (Österreich), dem Standort der legio II Italica an der Donau, eines natürlichen Todes.​
Grundsätzlich sollte mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass der Feldzug von der Donau über mehrere Routen in Richtung Maindreieck geführt wurde."​
Hier wird die Auffassung vertreten, dass es eine grenznahe Aktion, also im Vorfeld des rätischen Limes im Jahre 2013 gab
2013 halte ich nun für ein wenig spät...

und unabhängig davon, und möglicherweise früher, eine Aktion im mittelfränkischen Maingebiet.

Wird die hier vertreten? Oder meinst Du die Bezüge zum erwähnten Aufsatz Bernd Steidls, der eine vorausgehende militärische Auseinandersetzung im Frühjahr 213 vermutet?
 
Stephan Bender: Der Feldzug gegen die Germanen 213 n. Chr.

Aus letzterem Aufsatz zitiere ich einige Abschnitte:

"​
[...]​
Immer wieder ist ein zeitgleicher Vorstoß von der Legionsbasis in Mainz aus entlang des Mains mit der Absicht, einen Zangenangriff vorzutragen, erwogen worden. [...] Angesichts der unbestreitbar bescheidenen zeitlichen und räumlichen Größenordnung, erscheint ein Vorstoß von Mainz unter Caracalla im Spätsommer 213 n. Chr. nur wenig wahrscheinlich.​
Mit einer 'Rednitz-Regnitz-Piste' ist einmal ein ganz anderer geographischer Raum für den Vormarsch vorgeschlagen worden. [...] Über Indizien für einen solchen Vormarschweg verfügen wir nicht. Der Vorschlag fand in Fachkreisen keine weitere Beachtung.​
[...]​
"​

Oder meinst Du die Bezüge zum erwähnten Aufsatz Bernd Steidls, der eine vorausgehende militärische Auseinandersetzung im Frühjahr 213 vermutet?
Ich sollte nicht unerwähnt lassen, dass Steidl damit rechnet, dass beim Sommerfeldzug am Rhein stationierte Vexillationen mit zum Einsatz kamen, für diese vermutet er den "Untermain oder die Region am vorderen obergermanischen Limes als Aufmarschbasis"; darüber hinaus spekuliert er über einen möglichen "dritten Vorstoßkeil" von Südosten (Regensburg) aus. Gleichwohl hält auch er fest: "Die Hauptstreitmacht mit dem Kaiser rückte von Raetien nach Norden vor"
 
Ich habe mich mit dem Caracalla-Feldzug von 213 n. Chr. (übrigens ging es mir wie Sepiola, dass automatisch ein 2013 daraus wurde, dass ich korrigieren musste) noch nie beschäftigt. Daher finde ich in allen euren Texten jenseits auch der jeweiligen zugrundeliegendenThesen Teile spannend und interessant: bei Hensen die Datierungsvorschläge anhand von Dokumenten wie den Akten der Fratres Arvales, der den Feldzug oder die Expeditio zeitlich doch stark einschränkt. Bei Werner Robl fand ich interessant, dass es Hinweise auf zwei Feldzüge gibt, einen noch zu Lebzeiten von Septimus Severus in 211.
Da der Feldzug 213 doch in einem sehr kleinen Zeitfenster stattgefunden haben muss, und dies einen Weg an die Elbe ausschließt, macht die Quellenlage noch irritierender: woher kommen zum Beispiel auf einmal die Chatten an den mittleren Main (Buch 78, 14,2 von Cassio Dio)? Und wer sind die Cennen?
Ich fand dann die Herleitung des Ethnonyms Alamannen von Robl aus dem Flussnamen der Alcmona / Alcmoennis (Altmühl) (bei Claudius Ptolemäus erwähnter Ortsname/Toponym, der mit dem Oppidum in Kelheim in Verbindung gebracht wird), doch arg herbeigebogen und zweifelhaft, sprachwissenschaftlich kann ich die Herleitung nicht beurteilen, es erscheint mir doch eine Hilfshypothese zu sein, um das Schlachtfeld an die Altmühl zu verlegen - um die Attraktivität des Pollanter Beckens zu erhöhen, zitiert er auch die spätlatènezeitliche Geschichte, die Großsiedlung von Berching-Pollanten, die jedoch mit Manching ab 50 v.Chr. "untergegangen" ist. Werner Robl benutzt Begriffe wie "keltisches Ruhrgebiet" oder strategische Schlüsselstellung für das Pollanter Becken, um ihre Bedeutung zu erhöhen, und um es als zwingendes Ziel einer römischen Expedition erscheienn zu lassen. Den Teil (den Teil danach habe ich noch nicht gelesen) fand ich nicht überzeugend.
 
Ich fand dann die Herleitung des Ethnonyms Alamannen von Robl aus dem Flussnamen der Alcmona / Alcmoennis (Altmühl) (bei Claudius Ptolemäus erwähnter Ortsname/Toponym, der mit dem Oppidum in Kelheim in Verbindung gebracht wird), doch arg herbeigebogen und zweifelhaft, sprachwissenschaftlich kann ich die Herleitung nicht beurteilen, es erscheint mir doch eine Hilfshypothese zu sein, um das Schlachtfeld an die Altmühl zu verlegen - um die Attraktivität des Pollanter Beckens zu erhöhen, zitiert er auch die spätlatènezeitliche Geschichte, die Großsiedlung von Berching-Pollanten, die jedoch mit Manching ab 50 v.Chr. "untergegangen" ist.
Mein Fehler: die Altmühl hieß keltisch wahrscheinlich Alcimona, und nicht Alcmona (mittelalterliche Name) das Toponym bei Ptolemäus Ἀλκιμοεννίς (Alkimoennis), möglicherweise für das Oppidum auf dem Michelsberg zwischen Donau und der Altmühl, auf einer dreieckigen Anhöhe zwischen den Flusstälern.

Der Name leitet sich nach Delamarre von alco - Elch ab, er schreibt jedoch, dass der Name nicht keltisch ist, sondern möglicherweise aus dem Germanischen übernommen wurde. Der Bestandteil Alco befindet sich in Personennamen wie Alcimus, Alcovindus, Alctus,aber auch in Ortsnamen wie Alciacum (heute Auxay) oder Alconis (heute Bourmes de Mimosas). Sepiola hatte im Frühjahr in einem anderen Thread erwähnt, dass der Name Alco nicht keltisch ist nach Harald Bichlmeier und Stefan Zimmer (Die keltischen Flussnamen im deutschsprachigen Raum, Dettelbach 2022).

Den Namen der römischen Kriegsgegner "Alamannen" erklärt der römische Historiker Asinius Quadratus in der Mitte des 3.Jahrhunderts folgendermaßen:"
Die Alamannen aber, wenn man dem Asinius Quadratus glauben darf, einem Mann aus Italien, der die Germanenkriege genau beschrieben hat, sind zusammengelaufene und vermischte Leute; und das bedeutet auch ihr Name.“ Agathiae Myrinaei Historiarum libri quinque
Die Einschätzung, dass sich die Alamannen damit einen Sammelnamen für einen kriegerischen Zusammenschluß für gemeinsame Unternehmungen und Raubzüge gaben, der "jedem" offenstand (vielleicht in Anlehnung an die älteren Sueben?), scheint die überwiegende germanistische und historische Deutung zu sein - die Zusammensetzung besteht nach dieser Sicht aus *ala- „alle“ und *manōn- „Mensch, Mann“, und hat nichs mit der Alcimona/Alkmona zu tun.

Zur Besiedlung des Taubertals und des Maindreiecks fand ich diesen interessanten Artikel, der die Abfolge von Hallstatt bis Spätlatène (keltische Hallstatt-und Latènekultur), über Großromstedter Kultur (Frühgermanen 1.Jahrhundert v.Chr.), Rhein-weser-germanischer Kultur (ab 2.Jahrhundert n.Chr.) bis zu den elbgermanischen Einflüssen im 4.Jahrhdt. n.Chr.: Auf der anderen Seite des Limes. Archäologische Schwerpunktgrabung in einer germanischen Siedlung im Taubertal | Denkmalpflege in Baden-Württemberg – Nachrichtenblatt der Landesdenkmalpflege

Unten ein keltischer Personenname in lepontischer Schrift, Alkounios, gefunden auf einer Stele in San Pietro di Stabio (Italien). Er setzt sich zusammen aus alco und vindo und bedeutet etwa weißer Elch.

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Spekulationen helfen hier in keinster Weise. Zu der römischen Militaria gesellen sich auch immer wieder Elbefibeln mit kurzem Nadelhalter, welche um 180 n. Chr. aufkamen. Ihre Dominanz (um 200/230 n. Chr.) von der mittleren Elbe bis zum Dekumatland ist wegweisend. Diese werden dann um 240 n. Chr. von solchen mit langem Nadelhalter abgelöst. Ich selbst habe an der Unstrut so viele dieser Fibeln (beide Formen) nebst Militaria detektiert, dass man eine Magisterarbeit allein über die Fibeln schreiben könnte. Wer die Albannoi sind, und wo deren Siedlungskammern lagen, ist unschwer zu erkennen bzw. sehr gut nachzuvollziehen. Selbst in den Kastellen vom Oberrhein und an der Donau kommen diese vor. Cassius Dio schreibt, dass sich junge Männer dem Kaiser angeboten hätten, dieser aber sie hat niederhauen lassen. Der Kern der Aussage ist - Rekrutierung. Ich kann mir nicht vorstellen das alle getötet wurden. Gerade nach den Markomannen-Kriegen und der Antoninischen Pest war die Personaldecke äußerst dünn. Das belegen auch Inschriften aus Viminacium , welche aus Einheimischen (Nichtrömern) bereits unter Marcus Aurelius rekrutiert wurden. Bei ARTE gab es einen sehr guten Filmbericht vor einiger Zeit darüber.
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Anbei ein kleine Auswahl an Elbefibeln bzw. Fragmenten, welche ich an der Unstrut vor Jahren gefunden habe. Dort liegen immer noch welche. Ganz sicher…
 

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Spekulationen helfen hier in keinster Weise. Zu der römischen Militaria gesellen sich auch immer wieder Elbefibeln mit kurzem Nadelhalter, welche um 180 n. Chr. aufkamen. Ihre Dominanz (um 200/230 n. Chr.) von der mittleren Elbe bis zum Dekumatland ist wegweisend. Diese werden dann um 240 n. Chr. von solchen mit langem Nadelhalter abgelöst. Ich selbst habe an der Unstrut so viele dieser Fibeln (beide Formen) nebst Militaria detektiert, dass man eine Magisterarbeit allein über die Fibeln schreiben könnte. Wer die Albannoi sind, und wo deren Siedlungskammern lagen, ist unschwer zu erkennen bzw. sehr gut nachzuvollziehen.
Womit du eine bestimmte Fibel (eben Almgren VI.2 (Almgren VI.1 hat eher eine Verbreitung nach Skandinavien)) mit ethnischen Gruppen verbindest. Finde ich schwierig.
 
Nein, die Herkunft ist klar in Mitteldeutschland. Es wurden vor Jahren Halbfabrikate und Gußformen der Elbefibeln durch A. Gerdts bei Schkölen/Räpitz detektiert. Sie sind im AiD aufgeführt. Gerdts, als auch ich, haben eine ganze Menge dieser Fibeln ausgehoben. Er für NW-Sachsen, ich in Süd-Sachsen-A. Da gibt es keine zweite Meinung. Sorry. Sie sind nur noch nicht alle publiziert.

Diese Fibeln habe ich auch auf den Fundplätzen um Merseburg an Saale und Luppe.
 
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