so hat Gallieni also Joffres Plan vermasselt
und somit die Klucks und Bülows den Kopf
noch aus der Schlinge ziehen lassen...
und seine Eigenmächtigkeit hat den Krieg
so um 4 Jahre verlängert?
- streng genommen!
Wenn man es bei der Ereignisgeschichte beläßt, dann hat Gallieni (hier mangels Abstimmung, die auch auf französischer Seite nicht perfekt war) den Plan nicht vermasselt, sondern durch seine Befehle Fakten geschaffen, denen sich Joffre mit dem "Vorziehen" des Flankenstoßes um 24 Stunden einfach beugen musste. Joffre hat das auch nicht kritisiert.
Die Reaktionen von Kluck und Bülow folgen einer kausalen Kette, sind nahezu forciert abgelaufen.
Der - planmäßige - Marsch der frz. 6. Armee in die deutsche Flanke wird von Gallieni am 4.9. eingeleitet.
Bereits am 5.9. treffen Spitzen auf deutsche Kavallerieschleier und das im Rücken von Klucks 1. Armee noch anmarschierende IV. ReserveKorps. Dieses hält, zieht sich etwas auf bessere Defensivpositionen zurück. Mit den eintreffenden Verstärkungen umfasst der frz. Truppenkörper 150.000 Mann.
Bereits am 6.9. morgens zieht Kluck energische Konsequenzen aus der überraschenden Flankenbedrohung, die seine Armee rückwärtig aufrollen könnte. 4 seiner Korps - somit die Masse - befinden sich bereits südlich der Marne (II., III., IV., IX.), könnten damit abgeschnitten werden. Kluck ordert am 6.9. um 3 Uhr morgens das II. Korps nach Norden, ist sich damit über das ganze Ausmaß der Bedrohung noch nicht im Klaren. Die Kämpfe am 6.9. intensivieren sich, mit dem IV. ReserveK im Brennpunkt. Um 16.30 Uhr am 6.9. zieht Kluck weitere Konsequenzen, und "bessert" nach: das IV. Korps wird dem II. hinterher geschickt. Die Situation wird dramatisch: das IV. soll noch nachts marschieren, um dem II. und IV. ResK am 7.9. helfen zu können. Und das reicht nicht aus: um 21 Uhr noch am 6.9. wird dem III. und IX. der Befehl gegeben, sich um 10 km zurückfallen zu lassen auf die Marne. Noch in der Nacht auf den 7.9. eine weitere hektische Änderung: auch III. und IX. sollen in der Flanke aushelfen und werden aus der Süd-Bewegung nach Westen positioniert.
Die rasche "Abfolge" belegt die Hektik und die schnellen Lageänderungen. Mit der rabiaten Maßnahme sorgt Kluck dafür, dass seine Armee nicht südlich der Marne gekesselt werden kann, und bringt außerdem nun massiven Druck auf die frz. 6. Armee. Eindeutig verhindert Kluck damit den "Stoß in den Rücken".
Als am 8.9. morgens nun auch noch III. und IX. Korps abgezogen sind, bringen diese Rettungsmaßnahmen aber ein neues Problem mit sich, kausale Folge: Vor dem BEF und der frz. 5. Armee befindet sich "nichts" mehr, dafür entsteht ein gewaltiges Loch zwischen der 1. und 2. deutschen Armee. Die in der Lücke verbliebene deutsche Kavallerie und ein paar Jägereinheiten würden binnen 24 Stunden von den vorstoßenden frz. Käräften überrannt sein.
Als Hentsch bei Bülow eintrifft, sind also bereits Fakten geschaffen. Herwig analysiert, dass die Rückzugsmaßnahmen für Bülows 2. Armee bereits vom Stab eingeleitet worden sind. Das betraf insbesondere sein X. ResKorps am der rechten Flanke, für das der Rückzug um 15 bis 20 km parallel mit den letzten Maßnahmen von Kluck angeordnet wurde. Bülows gesamte Linie war damit bereits in "Bewegung" geraten: nämlich in den Rückzug.
Die Erläuterungen sollen den Hinweis darauf geben, dass man diese Abläufe als Domino-System sehen kann. Eine Reihe von Militärhistorikern hat die schnellen Entscheidungen von Kluck und Bülow so bewertet, dass hier eine Katastrophe für den rechten deutschen Flügel vermieden wurde. Daraus ergibt sich zwangsläufig die Bewertung der Hentsch-Mission als deutsche Legende zum Abbruch der Schlacht.
Das reizt natürlich, über diese Ereignisgeschichte ähnlich wie für Scheer am Skagerrak hinauszugehen und zu spekulieren: zu gewinnen war hier nichts, aber hätte diese Führung an den Tagen durch eine katastrophale Niederlage den Krieg umgehend verlieren können?