Übersetzungs-/Kopierfehler bei Tacitus

Die Legionsreiterei? Das waren damals 120 Mann pro Legion, ein kleines Trüppchen.
Nach den Quellen sind in der Varusschlacht 3 Alen verloren gegangen. Da reden wir nach Sollstärke von 1.500 Mann. Nach den Quellen hat der Reiterführer Vala mit den Reitern die Varus-Infanterie während des Varus-Ereignisses verlassen.

Bleibt die Frage, ob Vala mit drei Alen einen vermeintlichen germanischen Aufstand hätte niederschlagen können. Arminius hatte die Römer verlassen um angeblich Verstärkungen heranzuholen. Es ist uns nicht bekannt, inwieweit die Hilfstruppen des Arminius Kavallerie waren. In den modernen Dokus laufen die Germanen meist zu Fuß durch die Landschaft. Ob das in der Realität so war, ist nicht bewiesen. Daher kann es sein, dass Arminius einen bedeutenden Teil der Varus-Kavallerie den Römern entzogen hatte. Wäre es dann realistischer gewesen, Vala + Arminius gemeinsam den Aufstand niederschlagen zu lassen? Ich weiß nicht, ob sich ein römischer Feldherr mit seinen Legionen ganz ohne Kavallerie durch die Landschaft hätte bewegen wollen.

Bei der Germanicus-Kampagne 16 uZ transportierten die Römer 10.000 Pferde an die Ems. Das waren Kavallerie. Zudem führten die Römer noch 10.000 Lasttiere mit. Das ist natürlich eine andere Größenordnung als bei Varus.
 
Offensichtlich war aber mit ernsthafter Feindberührung zu rechnen, und da wäre Varus bescheuert gewesen, 50 bis 100 Reiterlein vorauszuschicken. Der bereits erwähnte Caesar hatte auch einst gegen seine germanische Gegner eine berittene Vorhut vorausgeschickt. Das waren allerdings 5000 Mann! Und die wurden von der zahlenmäßig stark unterlegenen germanischen Vorhut sogar noch zurückgeschlagen
Folglich wäre es eine Dummheit seitens Varus gewesen seine Streitmacht in Eilmärschen zu erschöpfen ohne zu wissen, wann genau er Feindberührung haben würde und möglicherweise genau in dem Moment, in dem seine Truppen eigentlich Erholung benötigt hätten in eine Schlacht verwickelt zu werden.

Also langsam reingehen um die eigene Kampffähigkeit und Schlagkraft nah am Maximum zu halten.



Es müsste doch auffallen, dass die beiden Operationen "Aufstand eindämmen" und "Aufstand zerschlagen" völlig unterschiedliche Vorgehensweisen erfordern.
Eine Eindämmungsmaßnahme um ein weiteres Anwachsen eines Aufstands durch Anschluss weiterer Gruppen zu verhindern, hätte vorrausgesetzt das Land weiträumig zu kontrollieren und die Bewohner entsprechend einzuschüchtern um sie davon abzuhalten sich anzuschließen.
Dazu war Infanterie, die sich weder schnell über das Land verteilen, noch wieder zusammenziehen konnte, offensichtlich ungeeignet, dass wäre nur mit kleinen Kavallerietrupps möglich gewesen.
Und die hätten eine ernsthafte Streitmacht auf der anderen Seite natürlich nicht angreifen, sondern lediglich observieren können.

Die Zerschlagung eines Aufstands hingegen setzte vorraus den Feind irgendwo möglichst zu einer Entscheidungsschlacht zu stellen, dafür war eine möglichst große Truppenkonzentration nötig, die aber eine weitläufige Besetzung des Landes aus sich selbst heraus unmöglich machen musste, so dass sich mit dieser Vorgehensweise ein Anschluss der Bewohner umliegender Gegenden an einen Aufstand kaum verhindern ließ, schonmal überhaupt nicht dadurch die Infanterie durch Eilmärsche zu auszulaugen um dann im ermüdeten Zustand vom Feind möglicherweise ausmanövriert zu werden.
Denn es ließ sich ja auch nicht ausmachen, wie sich dieser Feind verhalten und ob er sich zur Entscheidungsschlacht hergeben würde.

Caesar hatte in Gallien dankbarer Weise mit einem Gegner zu tun, der über einigermaßen zentrale Strukturen und größere Siedlungen etc. verfügte, die man angreifen konnte um ihn herauszufordern, und eine Entscheidungsschlacht zu erzwingen.
Varus hatte es aber mit einem ganz anderen Typ Gegner zu tun, der über so gut wie keine zentralen Strukturen verfügte, die er sehr wahrscheinlich schützen und sich deswegen zur Schlacht stellen würde.
Hier konnte also kaum darauf gesetzt werden, einen Feind zügig in eine Entscheidungsschlacht zu zwingen, sondern es musste mit einem Gegner gerechnet werden, der sich möglicherweise zurückziehen und versuchen würde im Gelände die eigene Streitmacht auszumanövrieren.


Die Handlungsoptionen wären also gewesen, entweder weite Teile des Geländes zu besetzen, um zu verhindern, dass der Aufstand Zulauf bekommt, allerdings ohne selbst einen entscheidenden Schlag zu führen, mit der Implikation abzuwarten, bis sich der Aufstand todläuft, oder aber langsam und geplant herein zu gehen, die Hauptmacht des Feindes aufspüren und versuchen ihn in getrennten Operationen von mehreren Seiten in die Zange zu nehmen um ihm den Rückzug zu verunmöglichen.
Aber das hätte ohne moderne motorisierte Truppen sehr wahrscheinlich Manövrieren über einen längeren Zeitraum benötigt und es wäre kaum opportun gewesen ein solches Vorgehen mit bereits erschöpften Truppen zu beginnen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bleibt die Frage, ob Vala mit drei Alen einen vermeintlichen germanischen Aufstand hätte niederschlagen können.
Die Frage bei den Auxiliartruppen dürfte eher die nach der Loyalität gewesen sein, je nachdem woher sie kamen, wenn es um Aufstände ging.
Zum tatsächlichen Niederschlagen hätte das kaum gereicht.

Zum Eindämmen und dazu benachbarte Gruppen vom Anschluss an einen Aufstand anzuschließen, um weiteres Vorgehen vorzubereiten (längerfristige Aktion) möglicherweise schon.
 
Du verrennst dich da, Shinigami: Caesar - nach eigenem Zeugnis - hat nichts anderes gemacht als Varus: Er ist dort hingeielt, wo der Aufstand war, um eine Ausbreitung im Keim zu ersticken. Hin und wieder hat er noch ein oppidum zwischendurch niedergeworfen, dessen Waffen eingesammelt und Geiseln genommen, um zu verhindern, dass sich in seinem Rücken eine Streitmacht aufbauen könne. Der Unterschied zu Varus: Er hatte wesentlich mehr Legionen zur Verfügung, so, dass er auch mal Legionen zurücklassen konnte, um den Tross zu bewachen oder eben die Waffenübergabe und Geiseln zu kontrollieren.
 
Er hatte wesentlich mehr Legionen zur Verfügung, so, dass er auch mal Legionen zurücklassen konnte, um den Tross zu bewachen oder eben die Waffenübergabe und Geiseln zu kontrollieren.
Und durch die Alpen als großes natürliches Hindernis mehr Überrascungsmoment, einen völlig anders aufgestellten Gegner etc.

Du verrennst dich da, Shinigami
Da bin ich anderer Ansicht. Aber gut lassen wir das, hat ohnehin relativ wenig Sinn sich darüber auszulassen, wie glaubhaft das in den Details ist, so lange man an die Geschichte mit der Aufstandsbekämpfung ohnehin ein Fragezeichen machen muss, weil es eben in den anderen Texten nicht vorkommt.
 
hat ohnehin relativ wenig Sinn sich darüber auszulassen, wie glaubhaft das in den Details ist, so lange man an die Geschichte mit der Aufstandsbekämpfung ohnehin ein Fragezeichen machen muss, weil es eben in den anderen Texten nicht vorkommt.
Eher, weil Cassius Dio in wesentlichen Details auch von der Tischgenossengeschichte abweicht. Beim oberflächlichen Lesen finden wir die Tischgenossengeschichte in mehreren Quellen, bei Cassius Dio aber hat sie auch eine ganz andere Funktion, als bei den früheren Autoren und ein Drittel des Personals ist anders.
 
Ich verstehe, dass es verlockend ist, die unterschiedlichen Quellen miteinander zu harmonisieren, gerade weil der Informationsgehalt der einzelnen Quellen dürftig ist. Und Cassius Dio weckt durch seine Ausführlichkeit den Anschein, er würde uns besonders viel mitteilen. Wenn man aber genau hinsieht, haben die Quellen tw. textimmanente Widersprüche, tw. widersprechen sie einander mehr, als dass sie Lücken, die andere Quellen auflassen, füllen. Das widerspricht unserem Bedürfnis nach einem glatten abgeschlossenen Narrativ, bzw. Cassius Dio kommt unserem Bedürfnis (wenn man ihn nicht aufmerksam liest) nach einem glatten, abgeschlossenen Narrativ am nächsten. Aber als Historiker sollten wir nach den Brüchen suchen, statt uns in falscher Sicherheit zu wiegen.
 
Nach den Quellen sind in der Varusschlacht 3 Alen verloren gegangen.
Wenn wir von der Annahme ausgehen, dass alle Heeresteile in "die Varusschlacht" verwickelt waren. Wenn Dio recht hat, waren beträchtliche Teile des Heeres über das Land verteilt. Ich vermute, dass die Angabe "drei Legionen, drei Alen, sechs Kohorten" sich auf die Gesamtverluste bezieht. In den Gesamtverlusten können Gefallene, Gefangene, Deserteure und zum Gegner übergelaufene Einheiten mitgerechnet worden sein.


Nach den Quellen hat der Reiterführer Vala mit den Reitern die Varus-Infanterie während des Varus-Ereignisses verlassen.
Vala wird als Legatus bezeichnet, er kommandierte also keine Ala, sondern eine Legion. Die Stelle würde ich also so verstehen, dass er mit seiner Legionsreiterei abgehauen ist.
 
Caesar hatte in Gallien dankbarer Weise mit einem Gegner zu tun, der über einigermaßen zentrale Strukturen und größere Siedlungen etc. verfügte, die man angreifen konnte um ihn herauszufordern, und eine Entscheidungsschlacht zu erzwingen.
Varus hatte es aber mit einem ganz anderen Typ Gegner zu tun, der über so gut wie keine zentralen Strukturen verfügte, die er sehr wahrscheinlich schützen und sich deswegen zur Schlacht stellen würde.

Hast Du eigentlich mitbekommen, dass die von mir zitierten Caesar-Stellen sich auf germanische Gegner beziehen? Varus war nicht der erste römische Feldherr, der von einem germanischen Heer angegriffen wurde, und er war auch nicht der erste Feldherr, der bei einem germanischen Angriff eine Niederlage einstecken musste....

Folglich wäre es eine Dummheit seitens Varus gewesen seine Streitmacht in Eilmärschen zu erschöpfen ohne zu wissen, wann genau er Feindberührung haben würde und möglicherweise genau in dem Moment, in dem seine Truppen eigentlich Erholung benötigt hätten in eine Schlacht verwickelt zu werden.

... und auch gegen das höchst mobile Heer des Ariovist - Germanen, die 14 Jahre lang unter kein Dach gekommen waren ("Germani [...] qui inter annos XIIII tectum non subissent") - ließ Caesar seine Legionen in Eilmärschen anrücken.
 
Ein erfahrener Heerführer und Verwaltungsmann wie Varus hätte sich nicht auf das Risiko eines Eilmarschs in unbekanntem Terrain eingelassen.
Das ist als ob man en passant schlagen will und seine schweren Figuren nicht gedeckt hat.

Der Bericht des Tacitus und die Fundlage in Kalkriese geben das nicht her.

Der Erfolg des Arminius bestand ja darin, eine strategische Überlegenheit der römischen Truppen (20.000 Mann) in einer taktisch ungünstigen Lage an der Entfaltung zu hindern.

Wir und der blumenhaft ausschmückende Cassius Dio argumentieren ex post:

Varus hat verloren, also hat er Fehler gemacht. Die einen glauben dass er sich auf falsche Angaben verlassen hat und seine dreispurige Kolonne auf eine einspurige Baustelle mit Signalregelung durch Arminius führte, die anderen glauben, in eigener Agenda, dass es Überheblichkeit und Charakterfehler waren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein erfahrener Heerführer und Verwaltungsmann wie Varus hätte sich nicht auf das Risiko eines Eilmarschs in unbekanntem Terrain eingelassen.
Letztlich ist das eine Diskussion, die auf der Darstellung von Cassius Dio basiert und der Cassius Dio gewissermaßen selber widerspricht, zumal die Geschichte, die Cassius Dio uns erzählt, eine ganz andere ist, als die der früheren Autoren. Nur bei oberflächerlicher Lektüre, und wenn man der Versuchung erliegt, die Quellen als einander ergänzend zu lesen, obwohl sie sich bei aufmerksamer Lektüre widersprechen, hat man den Eindruck, man könne Lücken der einen mit Informationen der anderen Quelle schließen.
 
Irgendwie stellt sich aber schon die Frage, wieso Varus die Varusschlacht verloren hat:
Schlechtwetter? -> von Cassius Dio erfunden
Sümpfe und Wälder? -> literarischer Topos
Mangelnde Vorsicht und Aufklärung? -> von Cassius Dio erfunden

Wenn man all das verwirft, bleibt, dass Varus bei Schönwetter vorsichtig durch offenes, aufgeklärtes Gelände zog. In einen Hinterhalt kann er da nicht geraten sein, und wiederkehrende, zermürbende Angriffe im Zuge eines Marsches sind so auch kaum möglich.
 
Irgendwie stellt sich aber schon die Frage, wieso Varus die Varusschlacht verloren hat:
Schlechtwetter? -> von Cassius Dio erfunden
Sümpfe und Wälder? -> literarischer Topos
Mangelnde Vorsicht und Aufklärung? -> von Cassius Dio erfunden

Wenn man all das verwirft, bleibt, dass Varus bei Schönwetter vorsichtig durch offenes, aufgeklärtes Gelände zog. In einen Hinterhalt kann er da nicht geraten sein, und wiederkehrende, zermürbende Angriffe im Zuge eines Marsches sind so auch kaum möglich.
Nein, folgte man dieser polemischen Verkürzung, hieße das ja, die Quellenangaben in ihr genaues Gegenteil zu verkehren. Aber es ist nun mal ein bekanntes Phänomen in der Geschichtswissenschaft, dass Historiographen dazu neigen, je weiter sie vom Geschehen weg sind, desto weniger haben sie zu befürchten, dass ein Zeitzeuge vorbei kommt und sagt: nee, so war das aber nicht. Die Historiographen bekommen eine größere Freiheit. Man könnte sagen: je oller (die Geschichte) desto doller (kann der Historiograph auftragen)*.
Ich wies auf die Tischgenossengeschichte hin, die bei Cassius Dio eine ganz andere ist, als etwa bei Velleius oder Tacitus.
Aber nehmen wir mal den Regen:
  • ich habe nie gesagt, dass es während der Varusschlacht definitiv nicht geregnet habe. Ich habe immer nur darauf hingewiesen, dass Cassius Dio 200 Jahre nach der Schlacht plötzlich mit Regen um die Ecke kommt, von dem in den Quellen zuvor niemand etwas wusste und es vor allem niemanden einfiel, den Regen oder Sturm als Grund für die Niederlage anzuführen.
  • ich habe darauf hingewiesen, dass die Römer keine Schönwetterarmee hatten, die in Germanien urplötzlich mit zuvor nie gekanntem vom Himmel fallenden Wasser in Berührung kam
  • ich habe mich daran gestört, dass die Germanen in denselben Wäldern, in denen die Römer von Sturm und Regen geplagt wurden, leichtfüßig und ungestört auf die Römer Jagd machen konnten. Natürlich macht es einen Unterschied, ob du mit Wagen und schwerem Gerät durch unwegsames Gelände ziehst, oder nur mit deiner Kleidung auf dem Leib und einer Grundbewaffnung, aber die Römer waren ja nicht tumb, und liefen, sobald es regnete wie aufgescheuchte Hühner durcheinander oder wussten nicht auf die Situation zu reagieren. Ich halte also den Regen für ein zu vernachlässigendes Element. Dazu die Stürme: Während die Römer also von Baumkronen erschlagen werden, können die Germanen sie mit Fernwaffen angreifen (das ist nun zugegebenermaßen genauso polemisch verkürzend wie dein Beitrag)


*Ich habe schon häufiger bei solchen Diskussionen die Geschichte von der Schlacht von Sacralias (Sagrajas) bzw. az-Zallāqa (bei Badajoz) 1086 erzählt, die andalusischen Kleinkönige, verstärkt durch die marokkanischen Almoraviden stehen dem kastilischen Heer unter Alfonso VI. gegenüber. Während die zeitgenössischen Quellen, ein Brief von einem wāzīr aus Sevilla, geschrieben am Morgen nach der Schlacht, überliefert durch den Literaturhistoriker Ibn Bassām und der Tibyān von 'Abd Allāh ibn Buluggīn, dem König von Granada nichts davon wissen ('Abd Allāh lässt sich eher zu den internen Konflikten im muslimischen Lager im Vorfeld der Schlacht aus), berichten spätere Quellen ab dem 12. Jhdt. von einem Deal, den Christen und Muslime vor der Schlacht miteinander schlossen. Alfonso VI. habe den Muslimen vorgeschlagen, die Schlacht nicht am Freitag, dem heiligen Tag der Muslime und nicht am Sonntag, dem heiligen Tag der Christen stattfinden zu lassen, sondern - da variieren die Quellen, Samstag oder Montag. Dann aber habe das christliche Heer die Muslime abkommenswidrig am Freitag angegriffen, sei aber trotzdem von den Muslimen besiegt worden. Im 13. oder 14. Jhdt. wird die Story erweitert, da in beiden Heeren Juden dabei gewesen wären, hätte Alfonso den Muslimen vorgeschlagen, dass die Schlacht weder am Freitag, dem heiligen Tag der Muslime, noch am Samstag, dem heiligen Tag der Juden und natürlich nicht am Sonntag, dem heiligen Tag der Christen stattfinden solle. Auch wird dann teilweise ausformuliert, wie die Christen die Lager der Kleinkönige bereits überrannt hätten, als der Furor der Almoraviden die sich bereits siegreich wähnenden Kastilier überrannte. Der Brief des sevillanischen wāzīr (nachzulesen bei Ralf Ohlhoff, Von der Eintracht zur Zwietracht) weiß noch nicht einmal, ob Alfons die Schlacht überlebt hatte (er hatte).

In den christlichen Quellen wird die Schlacht in aller Kürze genau einmal in den Annales Castellani Recientiores (Anales castellanos segundos) erwähnt:

in era MCXXII die VI feria scilicet X kalendas nouembris in die sanctorum Seruandi et Germani fuit illa arrancada in Baduzo, idest Sacralias, et fuit uictus rex dompnus Adefonsus

Im Jahr der Ära Hispanica 1122 (Ära Hispanica - 38 = AD, ergo 1086) am Freitag (sexta feira ist noch heute im Portugiesischen Freitag) am Tag, nämlich den zehnten Kalenden des November (23. Oktober), am Tag der Heiligen Servandus und Cerman war jenes Reißen (das ist ein iberoromansiches, kein lateinisches Wort) in Badajoz, das ist Sagrajas und es wurde der König Herr Alfons besiegt.
 
Irgendwie stellt sich aber schon die Frage, wieso Varus die Varusschlacht verloren hat:
Schlechtwetter? -> von Cassius Dio erfunden
Sümpfe und Wälder? -> literarischer Topos
Mangelnde Vorsicht und Aufklärung? -> von Cassius Dio erfunden.

In einem Punkt sind sich die Autoren einig: Varus wurde von Arminius, der als zuverlässiger Bündnispartner galt, hereingelegt, also von einem Gegner, mit dem er gar nicht gerechnet hatte, überrascht. Das wird wohl ein entscheidender Nachteil gewesen sein.
 
Hast Du eigentlich mitbekommen, dass die von mir zitierten Caesar-Stellen sich auf germanische Gegner beziehen?
Auf Ariovist.

Der allerdings kein Aufständischer im heimischen Gebiet war, sondern der mit einem Heer nach Gallien gekommen war und sich dort an einer Landnahme versuchte.
Ich denke, man wird sich darauf einigen können, dass das Aufspüren eines Heeres, das auf Beute und Landnahme aus ist und sich nicht im eigenen Territorium bewegt, also selbst wahrscheinlich wenig ortskundig ist und auch nicht auf große Sypmathien aus der Bevölkerung der nämlichen Gebiete rechnen kann etwas anderes ist, als ein Heer von Aufständischen, dass sich im eigenen Gebiet bewegt und wesentlich schwerer aufzuspühren und zur Entscheidungsschlacht zu stellen?

Dann wäre das ja geklärt.

... und auch gegen das höchst mobile Heer des Ariovist - Germanen, die 14 Jahre lang unter kein Dach gekommen waren ("Germani [...] qui inter annos XIIII tectum non subissent") - ließ Caesar seine Legionen in Eilmärschen anrücken.
Ja, aber im Gebiet der mit Rom verbündeten gallischen Stämme, die römische Hilfe herbeigerufen hatten und von denen zu erwarten war, dass sie eher den römischen Alliierten als Ariovist helfen würden (zumindest bis sich herausstellte, dass man versuchte den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben und sich mit den Römern gleich die nächsten Besatzer ins Land gerufen hatte.

Das sind nun wirklich zwei verschiedene Dinge.

Das eine was Caesar im Fall von Ariovist getan hat, war das Bekämpfen einer den gallischen Stämmen gegenüber agressiv auftretenden gegnerischern Armee, die außerhalb ihrer heimischen Gebiete operierte.
Hier durfte man römischerseits auf darauf rechnen Unterstützung und Informationen über die Bewegungen des Feindes von den verbündeten Gallieren beziehen zu können, die schließlich ein Interesse daran hatten Ariovist wieder los zu werden.

Varus hatte es aber möglicherweise mit einer Situation zu tun, in der potentielle Aufständische sich im eigenen Territorium bewegten, dass sie räumlich gut kannten und die möglicherweise auch die Sympathien der Bevölkerung hatten (sonst wäre die Befürchtung einer Ausdehnung des Aufstands ja haltlos gewesen).
Das war eine Situation, in der man auf römischer Seite damit rechnen musste ohne eigene ausgedehnte Aufklärung blind zu sein und möglicherweise von Einheimischen, die es mit den Aufständischen hielten in die Irre geleitet zu werden.


Entschuldigung, aber die beiden Situationen in einen Topf zu werfen und sich auf den Standpunkt zu stellen, dass Varus wahrscheinlich so gehandelt haben würde, wenn das so geschrieben steht, weil Caesar ja so ähnlich vorging verkennt da in meinen Augen doch ein wenig die näheren Umstände.


Mangelnde Vorsicht und Aufklärung? -> von Cassius Dio erfunden
Moment, Moment, Moment.

Cassius Dio diese Darstellung nicht abzunehmen, bedeutet nicht Varus von Fehlern, wie mangelnder Vorsicht generell freizusprechen. Er wird am Ende schon unvorsichtig genug gewesen sein, denn der Totalverlust von 3 Legionen wäre jemandem der äußerst vorsichtig vorgegangen wäre (das hätte geheißen sich in jedem Fall einen sicheren Weg für den Rückzug frei zu halten und dafür ggf. Teilverbände abzustellen um diesen zu sichern), sicherlich nicht passiert.

Aber Truppen in Eilmärschen ohne Rücksicht auf den Erhalt ihrer Frische und Kampfkraft in Territorium hineinstolpern zu lassen, von dem nicht genau bekannt ist, ob es möglicherweise bereits in Feindeshand ist, dass ist die Art von Fehler, die ein unerfahrener Anführer vielleicht machen würde, der der Meinung ist, dass er etwas zu beweisen habe und der sich seine Sporen verdienen möchte.
Zu einem erfahreneren Anführer und als solchen wird man Varus wohl betrachten dürfen, passt das eigentlich nicht.
Nun ist nicht generell auszuschließen, dass auch erfahrene Leute zuweilen dumme Fehler machen, aber das hier erscheint mir doch sehr unwahrscheinlich und sieht für mich dann doch eher nach der literarischen Absicht aus, einen Schuldigen für das Debakel zu finden.


Wenn man das anders sehen möchte bitte, ich denke, ich habe mich jetzt wirklich genug dazu geäußert.
 
In einem Punkt sind sich die Autoren einig: Varus wurde von Arminius, der als zuverlässiger Bündnispartner galt, hereingelegt, also von einem Gegner, mit dem er gar nicht gerechnet hatte, überrascht. Das wird wohl ein entscheidender Nachteil gewesen sein.
Richtig, aber dieses Überraschungsmoment funktioniert auch nur einmal und nicht für eine mehrtägige Marschschlacht. (Nebenbei glaube ich übrigens auch schon die Ansicht gelesen zu haben, sogar Arminius' Verrat sei nur eine römische Erfindung gewesen, um die Niederlage zu entschuldigen.)

Auch falls Varus nicht in Wäldern und Schluchten unterwegs war, kann er natürlich dennoch trotz aller Vorsicht und Aufklärung vom erstmaligen Angriff seines "Verbündeten" überrascht worden sein. Aber er wurde ja - wenn wir, wenn schon nicht Cassius Dio, dann wenigstens Tacitus glauben wollen - nicht beim erstmaligen Angriff vernichtet, sondern es kam mehrere Tage lang zu Angriffen. Wie sollte das in offenem Gelände funktionieren? Kleinere Angriffe wären von der Reiterei abgewehrt worden, auf größere (deren Nahen schon aus größerer Entfernung wahrnehmbar gewesen wäre, zumindest für die Aufklärer) hätten sich die im offenen Gelände wohl in guter Ordnung marschierenden Römer einstellen können.

Es gibt durchaus Beispiele, wie Armeen dezimiert oder gar vernichtet wurden, ohne dass sich der Feind auf einen Nahkampf einließ. Zu nennen wäre die Schlacht bei Lechaion im Korinthischen Krieg, als spartanische Hopliten von plänkelnden Peltasten in athenischem Sold aufgerieben wurden. (Die Spartaner hatten weder eigene Fernkämpfer oder bewegliche Leichtbewaffnete noch Reiter dabei, sodass sie den Peltasten nichts entgegensetzen konnten.) Oder die Schlacht bei Carrhae, als die Römer nicht adäquat auf die berittenen parthischen Bogenschützen reagieren konnten.
Aber Arminius' Germanen hatten, nach allem, was bekannt ist, keine berittenen Bogenschützen, und auf offenem Gelände angreifende Plänkler hätten die Legionsreitereien und die Alae wohl allemal vertreiben können.
 
Ich habe immer nur darauf hingewiesen, dass Cassius Dio 200 Jahre nach der Schlacht plötzlich mit Regen um die Ecke kommt, von dem in den Quellen zuvor niemand etwas wusste und es vor allem niemanden einfiel, den Regen oder Sturm als Grund für die Niederlage anzuführen.
Diese Diskussion hatten wir schon öfter. Nur ein kleiner Bruchteil der antiken Literatur ist erhalten. Wir wissen also gar nicht, was Quellen vor Cassius Dio wussten oder nicht. Velleius Paterculus bietet nur einen "Teaser" zur Schlacht, Tacitus beschreibt die Schlacht selbst nicht, Florus' Schlachtschilderung wird meist verworfen. Somit bietet Cassius Dio die älteste und einzige (erhaltene) tatsächliche Schlachtschilderung. Mag sein, dass er schlampig gearbeitet* oder gar Dinge erfunden hat. Ebenso gut wäre es aber auch möglich, dass er seine Informationen sehr wohl aus verlorenen älteren Quellen hatte.

(* Das hat er mitunter tatsächlich. Z.B. schrieb er - vermutlich etwas gedankenlos-unpräzise -, Pompeius habe dem (Iohannes) Hyrkanos (II.) 63 v. Chr. die Königsherrschaft über die Juden übertragen, während der wohl besser informierte Flavius Iosephus in diesem Zusammenhang gleich zweimal - in den "Altertümern" und im "Jüdischen Krieg" - lediglich erwähnte, dass Pompeius den Hyrkanos als Hohepriester bestätigt habe, aber von einer Übertragung der Königswürde gerade nicht schrieb.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun, ex post betrachtet, Varus ist mit 3 Legionen untergegangen. Irgend etwas ging schief.
Aber: Tacitus ist zurückhaltend in der Kritik an Varus.

Vehement ist hingegen die Kritik am Konzept der Unterwerfung, Erschließung des freien Germaniens, so wie sie in der Rede des Arminius stilisiert wird. Aber ist das nicht das Konzept des Augustus, des Drusus und Tiberius?

Unverständlich ist mir das Lob für Germanicus. Dessen Kriegsführung beinhaltet sowohl den Rachefeldzug mit Völkermord an den Marsern, als auch im Ergebnis eine Summe von "Siegen", die nichts anderes sind als eine Reihe von taktischen Niederlagen und ein völliges Scheitern einer Strategie. Germanicus hatte sich redlich seinen Platz im Triumphzug verdient, und den aber mitten im Zug, und mit abschließender Ehrung im Tullianischen Kerker.

Selbst Caecina, dessen Auftrag einen sicheren Heimweg möglich zu machen sehr gut durchdacht ist, der vorgewarnt und kampfmäßig bestens ausgerüstet ist, ereilt um Haaresbreite das selbe Schicksal wie Varus. Die unzureichende und überdehnte Infrastruktur führt beinahe zum Untergang.
 

Die Passage, wo Caesars aus 5000 Reitern bestehende Vorhut von lediglich 800 Germanen zurückgeschlagen wird, hat mit Ariovist nichts zu tun, hier zog Caesar gegen Usipeter und Tenkterer zu Felde.

Dein Argument, das ich auseinandergenommen habe, war:

Caesar hatte in Gallien dankbarer Weise mit einem Gegner zu tun, der über einigermaßen zentrale Strukturen und größere Siedlungen etc. verfügte, die man angreifen konnte um ihn herauszufordern, und eine Entscheidungsschlacht zu erzwingen.
Varus hatte es aber mit einem ganz anderen Typ Gegner zu tun, der über so gut wie keine zentralen Strukturen verfügte, die er sehr wahrscheinlich schützen und sich deswegen zur Schlacht stellen würde.

Sowohl Caesar wie auch Varus hatten es jeweils mit einem flexiblen Gegner zu tun, der nicht in seinen zentralen Siedlungen zu packen war, und von dem man nicht wusste, ob er ausweichen würde, ob er sich einer Schlacht stellen würde oder - wie in diesem Fall - von sich aus überaus riskante Attacken versuchen würde.
Und in den zitierten Situationen war auch nicht vorauszuberechnen, wann es zur Feindberührung kommen würde.

Entschuldigung, aber die beiden Situationen in einen Topf zu werfen und sich auf den Standpunkt zu stellen, dass Varus wahrscheinlich so gehandelt haben würde, wenn das so geschrieben steht, weil Caesar ja so ähnlich vorging
Ich weiß nicht, was für einen Standpunkt Du mir jetzt unterstellen möchtest...
 
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