Für mich spricht gegen Cassius Dios Aussage, die so interpretiert werden kann, dass Wälder ungeeignet für einen Kampf in geschlossener Formation sind (konventionelle Taktik), die lange Erfahrung des römische Militärs auf der italischen Halbinsel durch Kämpfe im Appenin und Alpen, in den Sierras der Pyrenäenhalbinsel, in Gallien in den Cevennen, Massif Central und Ardennen, in Hellas in Arkadia und der Phokis .
Die Erfahrung mit bergigen (und waldigen) Gelände und die daran angepasste Guerillataktiken erforderte Gegentaktiken, um flexibel auf diese zu reagieren. Die Legionen mussten sich auf unterschiedliche Gegner und ihre Kampfweisen einstellen, es wurden Spezialkräfte wie Schleuderer und Bogenschützen (z.B. die berühmten balearischen und kretischen) hinzugezogen, Schneisen in Wälder geschlagen, oder leichtbewaffnete Hilfstruppen zur Verfolgung schneller Gegner eingesetzt.
Xenophon schildert in der Anabasis eine Taktik mit Steilkolonnen griechisch"ὄρθιοι λόχοι" (orthioi lochoi), die nicht den Nahkampf suchen, sondern den höchsten Punkt erreichen wollen, und so die Bedrohung (bei Xenophon Riegel) für die Marschierenden aufheben. Diese Taktik wird in der Strategemliteratur (die Vertreibung, Abschneiden eines leichteren und schnelleren Feinds durch Gewinnung der Anhöhen) als Taktik gelehrt. Die Kolonnen gehen als Kombination aus leichtbewaffneten (Peltasten) und Schwerbewaffneten (Hopliten) vor, Xenophon hatte schon beim Marsch in der Ebene am Tigris sechs "Eliteabteilungen", von Lochagen befehligte Kompanien, der epilektoi, von je 100 Mann gebildet, die selbst noch in kleinere Abteilungen unterteilt waren, und im unwegsamen Gelände beweglicher und flexibler vorgehen konnten. Beim Marsch erobern z.B. die Peltasten und drei der „Kompanien“ einen Hügel, (Xen. an. III 4,38-43), und vertreiben so persische Truppen von einem Bergrücken unter ihnen. Im Marsch unterstützten sich Nach - und Vorhut gegenseitig, wenn die Vorhut angegriffen wurde, marschierte die Nachhut schräg hangaufwärts, um die Riegelstellung des Feindes auszuheben, und umgekehrt (Xen. an. IV 2,25).
Diese taktische Vorgehensweisen werden in der Strategemliteratur für Feldherren und Offiziere als Exempla rezipiert, z.B. bei
Aineias Taktikos (4.Jhdt BC), Onasander (der Feldherr, 1.Hälfte des 1.Jhdt n.Chr.) Frontin (Kriegslisten, Ende 1.Jhdt. n.Chr.), Vegetius (zum Kriegswesen, Ende 4.Jhdt. AD)) und Polyainus (Strategemata, 2.Jhdt. n.Chr.). Auch wenn ein Kampf in Engpässen und schwierigem Gelände einen Kampf in geschlossener Formation (bei den Griechen die Phalanx, bei den Römern in den Treffen) nicht möglich ist, konnte auch schwere Infanterie
taktisch angepasst und kombiniert mit Leichtbewaffneten erfolgreich gegen Hinterhalte eingesetzt werden.
Aus Wissen wird Können: „Amplius prodest locus saepe quam virtus” (Veg. mil. III 26,11). Landschaft in der militärwissenschaftlichen Fachliteratur der Antike. MBAH 33, 2015 [2016], 87-130.
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