Es ist aber klar, dass dort auch römische Stützpunkte gewesen sein müssen, Drusus und Tiberius waren sicher dort in gesicherten Lagern. Tips dafür sind die Gegenden von Rogätz, Magdeburg, Barby, Aken, Dessau.
Wohl eher in Marschlagern, denn in dauerhaften Einrichtungen. So jedenfalls sind die Quellen zu lesen.
In Ost-Westrichtung gibt es da wenig, es ist nur die Lippe. Dann blockt aber das Weserbergland, und hinter Hildesheim winkt die Bode, als einzige weitere Gelegenheit. Die Bode entspringt im Harz, fließt dann nordwärts bis in die Gegend von Oschersleben, und dann scharf ostwärts wo sie schließlich in die Saale, und diese in die Elbe, wo sie bei Barby einmündet. Die Römer haben die Bode mit Sicherheit genutzt.
So ein Flüsschen ist aber nicht gleich schiffbar, nicht einmal für die flachen Flussschiffe des römischen Militärs.
Es waren ja, auf den ersten Blick merkwürdig, gerade Amateure, die wesentlichen Fortschritte in der Varusforschung erbracht haben:
Nein, nicht merkwürdig, sondern dem Zwang der Umstände (Archäologie kostet Geld und wird i.d.R. nur dann ausgeführt, wenn ein breiteres öffentliches Interesse an der Ausgrabung besteht finanziert, wovon wir als Steuerzahler profitieren) geschuldet. Das hatten wir aber schon mehrfach!
Lucius Annaeus Florus
[...]
26. Außerdem verteilte er zur Sicherung der Provinz Besatzungen und Wachmannschaften überall entlang der Maas, der Elbe und der Weser. Am Rheinufer ließ er mehr als 50 Kastelle errichten. [Die Orte] Borma und Gesoriacum verband er durch Brücken und sicherte sie mit einer Flotte.
Es ist natürlich die Frage, wie wertvoll Florus als Quelle ist. Wenn man Mal Maas, Weser und Rhein als Grenzflüsse annimmt, dann ist die Elbe ein ganz schöner Ausreißer.
39. Diese Niederlage bewirkte, daß die [römische] Herrschaft, die an der Küste des Ozeans nicht haltgemacht hatte, am Rheinufer ihre Grenze fand.
Hier ist dann ja auch deutlich vom Rheinufer als Grenze die Rede. Im Übrigen dürfte Deine Fettmarkierung des Ozeans eine Fehlinterpretation des Florus-Textes sein. Es ist damit sicher nicht die Nordsee gemeint - auch wenn man dies z. B. aus den Res gestae (Von Cádiz bis zur Elbe) entnehmen kann, sondern eher, dass der Rhein für die Römer ein größeres Hindernis sei, als das Mittelmeer.
Für Florus liegt unzweifelhaft eine Provinz vor.
Tja, senatorische oder imperiale? Das ist ein wichtiger Unterschied, auch was den militärischen Status - zur Erinnerung Provinz kommt von
pro vincere, 'zu besiegen' - angeht.
Vellius Paterculus
II 117
4. Mit diesem Vorsatz begab er sich ins Innere Germaniens, und als habe er es mit Männern zu tun, die die Annehmlichkeiten des Friedens genossen, brachte er die Zeit des Sommerfeldzuges damit zu, von seinem Richterstuhl aus Prozeßformalitäten abzuhandeln.
II 118
1. Die Leute dort sind aber - wer es nicht erfahren hat, wird es kaum glauben - bei all ihrer Wildheit äußerst verschlagen, ein Volk von geborenen Lügnern. Sie erfanden einen Rechtsstreit nach dem anderen; bald schleppte einer den anderen vor Gericht; bald bedankten sie sich dafür, daß das römische Recht ihren Händeln ein Ende mache, daß ihr ungeschlachtes Wesen durch diese neue und bisher unbekannte Einrichtung allmählich friedsam werde und, was sie nach ihrer Gewohnheit bisher durch Waffengewalt entschieden hätten, nun durch Recht und Gesetz beigelegt würde. Dadurch wiegten sie Quintilius Varus in höchster Sorglosigkeit, ja, er fühlte sich eher als Stadtprätor, der auf dem römischen Forum Recht spricht, denn als Oberbefehlshaber einer Armee im tiefsten Germanien.
Auch Vellius impliziert mit Richterstuhl, Stadtprätor, Forum nicht nur die Provinz, sondern auch die Anlage einer Stadt, jedenfalls mehr als ein paar Zelte im Wald.
Ich habe hier, zur Abgrenzung an Deine Fettmarkierungen rot markiert, teilweise überschneidet sich beides.
Vellius impliziert eben nicht den infrastrukturellen Ausbau der Provinz, im Gegenteil, er sagt, dass es gerade nicht so war. Er wirft Varus ja gerade vor, dass er sich fühlte wie ein Stadtprätor, obwohl es dazu
keine Veranlassung gegeben habe und betont, dass er es
eben nicht mit friedliebenden Männer zu tun hatte.