Im Gegensatz zu vielen anderen weiß Bruns die Angaben in den von ihm gesammelten Berichten zumindest sorgfältig in das Altwegenetz einzufügen, wofür man ihm nur dankbar sein kann.
Ich weiß nicht, was Bruns alles an "Berichten" gesammelt bzw. selber eingesehen und überprüft hat. Zu vielen Angaben liefert er keine Quelle, und wenn er mal eine liefert, stellt sich heraus, dass er eine Menge Unfug erzählt. Oben habe ich geschrieben, dass zur Wegeforschung Aufzeichnungen von Reiserouten von Herrschern und Würdenträgern gehören. Solche finden wir auch in der ofterwähnten Thietmar-Chronik. Bei Bruns ist nun folgendes zu lesen:
"In den Chroniken des Merseburger Bischof Thietmar heißt der Ort Frekenlevo. Thietmar erzählt dass im Jahre 981 Athelbertus, der erste Bischof von Magdeburg das Bistum Merseburg visitierte, dort auch die Messe celebriete, anschließend habe er die ganze Nacht durchgezecht. Wohl mit starken Kater sei er von Merseburg losgeritten, als er zwischen Zscherben und Frankleben vom Pferd herab glitt, wohl bekam er einen Schlaganfall - zwar fing ihn sein Gefolge auf, aber wenig später verstarb er, wohl zu Frankleben."
Tatsächlich steht da folgendes [in den Abschriften abweichende Schreibungen von Ortsnamen von mir in Klammern ergänzt]:
"Post haec prefatus antistes Aethelbertus, inperatore iam Roma commorante, terciodecimo suae ordinacionis anno, suos docendo et confirmando ac Gisilleri presulis, quia tunc cum cesare fuit, diocesim perlustrans, XIII. Kal. Iulii in Merseburg missam celebravit proximamque noctem cum Hemuzone, venerabili laico, in Chruvati [Cruwati/Crouwate] laetus duxit; crastinoque die exurgens tristis capitis nimium queritur dolorem, et tamem abibat; cumque Cirmini villam ad Frekenlevo pergere cupiens, preterisset, ni cito a suis sustentaretur, ex equo paulatim declinans in terram cecidisset. Is vero tapeto superpositus, completisque omnibus, quae a clericis dicenda erant, fideliter migravit ad Christum XII. Kal. Iulii. Huius corpus ad Ivikansten [Geviken-] delatum atque sacerdotali apparatu vestitum navigio ad Magadaburg usque deductum est, flebiliterque a confratribus et maxime a monachis susceptum, commendatum est ab egregio sanctae Halverstidensis aecclesiae episcopo Hiliwardo, favente sibi Hardingo abbate venerando, in medio aecclesiae coram altari apostolorum Philippi et Iacobi."
Mit Frekenlevo ist selbstverständlich
Freckleben (762 als Frekenlevo erwähnt) gemeint. Der Bischof ist aber weder in Freckleben noch in Frankleben gestorben; die Reiseroute wird doch im Text unmissverständlich beschrieben:
Der Bischof startete in Merseburg, übernachtete in Korbetha und wollte nach Freckleben weiterreisen, kam jedoch nur bis kurz hinter Zscherben, wo er starb. Seine Leiche wurde dann in Gibichenstein auf ein Schiff geladen.
Schon die Verwechslung von Frankleben mit Freckleben ist mir unverständlich, denn
Cirmini villa wird von Bruns korrekt mit Zscherben* identifiziert.
Hätte der Mann einen Blick auf die Karte geworfen, dann wäre ihm der Blödsinn nicht passiert.
Dass der Bischof die Nacht durchgezecht habe, steht bei Thietmar übrigens auch nicht. Der übermäßige Kopfschmerz wird wahrscheinlich als Symptom des Schlaganfalls zu deuten sein; an einem Kater ist der Bischof wohl kaum gestorben.
* Auch mit Ortsnamenkunde hat Bruns nicht viel am Hut, das belegt seine Bemerkung zum Ortsnamen
Zscherben ("Der Ort soll wendischen bzw. slawischen Ursprungs sein. Dennoch kann der Name kaum aus der slawischen Sprachen sinnvoll erklärt werden.")
Der Ortsname wird mit einem slawischen Farbwort "rot" erklärt, das in den nächstgelegenen slawischen Dialekten gut belegt ist:
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