WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Zuerstmal 1915 restliche Teile der Serben aufgenommen. Dann auf die Rumänen gehofft, um mit ihnen zusammen den ganzen Balkan zu erobern. Schließlich gab es eine Front von der Adria in Albanien bis zur Ägäis östlich Saloniki. Die Breslau sank bei einem Angriff der Saloniki galt.

Einer der typischen Kriegsschauplätze des 1. WK, die Mittelmächte hatten gesiegt, konnten "den Sack aber nicht endgültig zumachen," da es längst woanders brannte.

Beweist ja, dass die in Saloniki durch ihre bloße Existenz und damit Bedrohung viel bewirkten. Mehr wollte ich nicht sagt haben. Dabei sank die Breslau auch "nur" dadurch, dass sie auf Minen lief. Also keine direkte Kampfhandlung. Manchmal trete ich ja auch in einen Hundehaufen, ohne zu behaupten, von einem Hund angegriffen worden zu sein.
 
Zu #192

Der Hinweis Bethmanns auf das Militär ist befremdlich. Er war der politisch verantwortliche Leiter des Reiches. Die militärischen Planungen erfolgen immer nach den politischen Vorgaben. Nach der Annäherung Frankreichs und Rußland (Militärkonvention 1892, Zweiverband 1894) mussten die Militärstrategen reagieren. Deutschland sah sich einem zahlenmäßig stärkeren Gegner gegenüber und musste entsprechend seine Strategie ändern. Ein Frontalangriff war nicht mehr möglich, Defensive auch nicht mehr. Aus diesen Prämissen entstand der Schlieffenplan, der m.W. 1901 zuerst vorgestellt wurde. Trotz Änderungen blieb die politische Komponente (Belgien) und das Zeitproblem bestehen. Bethmann wusste das oder musste es wissen. Gerade unter seiner Regierungszeit nahm die Zahl der Krisen zu. Die Julikrise konnte er nicht in den Griff bekommen („wie ein Kartenhaus“ ist seine Politik zusammengebrochen - Origin of the Term "A Scrap of Paper" - World War I Document Archive). Die Militärs taten, was sie seit über 10 Jahren sagten.
 
Der Hinweis Bethmanns auf das Militär ist befremdlich. Er war der politisch verantwortliche Leiter des Reiches. Die militärischen Planungen erfolgen immer nach den politischen Vorgaben

Die Praxis sah aber eben ganz anders aus. So viel ich weiß, hat Bülow erst relativ spät von den Schliffenplan Kenntnis bekommen. Das gleiche gilt für Bethmann Hollweg, der nicht bei oder kurz nach seiner Amtsübernahme über den Schlieffenplan informiert wurde. Weder Bülow noch Bethmann hat dann aber gegen diese Planungen protestiert. Man muss sich schon fragen, bo Bülow und später Bethmann nicht die Gefahren einer Festlegung auf einer Westoffensive und die damit verbundene Verletzung der belgischen Neutralität erkannten bzw. verkannten?


Jedenfalls haben die beiden verantwortlichen Politiker es den Generalstab überlassen, solche politischen Entscheidungen, vor allem mit solcher Tragweite, selbstständig zu treffen. Richtiger wäre es aber doch wohl gewesen, wenn nur so ein risikorreicher Plan zur Verfügung stand, wäre es doch wohl geboten gewesen, hier entsprechende Konsequenzen für die äußere Politik abzuleiten.
 
Das glaube ich aber auch. Der Reichskanzler trägt die alleinige politische Verantwortung. Der Reichskanzler muss natürlich wissen welche militärischen Folgerungen aus einer konkreten politischen Situation gezogen werden. Und wenn er es nicht weiß, muss er sich darum kümmern. Dafür ist er Reichskanzler.
 
Deutschland sah sich einem zahlenmäßig stärkeren Gegner gegenüber und musste entsprechend seine Strategie ändern. Ein Frontalangriff war nicht mehr möglich, Defensive auch nicht mehr.
Defensive war schon noch möglich, letztlich hat das deutsche Militär ja 4 Jahre in der Defensive gekämpft. Der Schlieffenplan war auch nicht die einzige "Lösung" des Problems. Personalstärke und Finanzmittel, um die verfügbaren deutschen Truppen von rund 2 Millionen Mann auf ca. 3 Millionen aufzustocken wären vorhanden gewesen. Damit wäre das zahlenmäßige Defizit weitgehend ausgeglichen gewesen. Es fehlte dazu lediglich am politischen Willen. Auch der Versuch, einen der drei Gegner durch Zugeständnisse auf die Seite des Deutschen Reichs zu ziehen, wurde nicht wirklich konsequent gemacht.
 
Ich beziehe mich insb. auf die Ausführungen von Gröner, Testament. Eine Defensive wurde erörtert, aber als nicht machbar abgelehnt. Der Hauptgrund waren die Versorgungsschwierigkeiten. Das war nicht so falsch, wenn man sich daran erinnert, dass die Deutschen Ende 14 (oder Anfang 15) die Munition auszugehen drohte. Ich kenne mich nicht so gut aus, aber ich meine, dass durch die künstliche Herstellung von Ammoniak (Haber-Bosch-Verfahren) das fehlende chilenische Salpeter zur Sprengstoffherstellung ersetzt werden konnte. Auch hatten die Militärs Bedenken bzgl. der Auswirkungen auf die deutsche Exportwirtschaft (was nicht so falsch war wie sich 1923 zeigte). Den Militärs ging es auch weniger ums Durchhalten, sondern ums siegen. Es ist richtig, dass es bis zum Schluß aufs Messers Schneide stand, dennoch, je länger die Kriegsdauer, desto schlechter die Chancen aus deutscher Sicht.
 
Man muss sich schon fragen, bo Bülow und später Bethmann nicht die Gefahren einer Festlegung auf einer Westoffensive und die damit verbundene Verletzung der belgischen Neutralität erkannten bzw. verkannten?

Wenn der Generalstab den Schlieffen-Plan als machbar, als sogar einzig sinnvolle Løsung "verkauft", glaube ich schon, dass man als Zivilist (!) zu einer Ja-Entscheidung kommen kann.
Man stelle sich nur mal vor, das Ganze hætte funktioniert und Frankreich wære nach ein paar Wochen geschlagen gewesen - da hætte die Verletzung der belgischen Neutralitæt vermutl. kaum noch einen interessiert.
Dass es einen jahrelangen Stellungskrieg geben wuerde, war ja seinerzeit nicht einmal von den Militærs vorausgesehen geschweige denn geplant worden - wie soll es ein Zivilist erkennen?

Gruss, muheijo
 
Dass es einen jahrelangen Stellungskrieg geben wuerde, war ja seinerzeit nicht einmal von den Militærs vorausgesehen geschweige denn geplant worden - wie soll es ein Zivilist erkennen?

Die Militärs hätten aber aus dem Amerikanischen Bürgerkrieg und den Russisch-Japanischen Krieg entsprechende Erkenntnisse gewinnen und dann die logischen Konsequenzen ziehen können.

Wenn der Generalstab den Schlieffen-Plan als machbar, als sogar einzig sinnvolle Løsung "verkauft", glaube ich schon, dass man als Zivilist (!) zu einer Ja-Entscheidung kommen kann.

Der Schlieffenplan beinhaltet bekanntermaßen die Verletzung der Neutralität Belgiens. Und bei Bethmann herrschte in der Frage, ob man Großbritannien aus dem Krieg heraushalten könnte, das Prinzip Hoffenung vor. Das kann doch keine Planungsgrundlage sein. Aus diesem Grunde hätten Bülow und Bethmann gegen den Schlieffenplan ihre Bedenken vorstellen müssen. Dies geschah aber nicht.

Man stelle sich nur mal vor, das Ganze hætte funktioniert und Frankreich wære nach ein paar Wochen geschlagen gewesen - da hætte die Verletzung der belgischen Neutralitæt vermutl. kaum noch einen interessiert.

Ich glaube, dass das Großbritannien interessiert hätte.
 
Ich glaube, dass das Großbritannien interessiert hätte.

Natuerlich - nur wære dann bei Totalausfall des wichtigsten Buendnispartners auf dem Festland eine Fortfuehrung des Krieges fuer GB sicher schwierig geworden.

Wenn wir den Schlieffen-Plan wg. GB als nicht praktikabel ansehen, welche Alternativen gegen Frankreich wæren eigentlich møglich gewesen?

Der Aufmarsch Ost wird ja schon an anderer Stelle diskutiert.

Ich glaube fast, dass D vollkommen alternativlos war - schlechte Voraussetzungen fuer einen Krieg...

Gruss, muheijo
 
Wenn wir den Schlieffen-Plan wg. GB als nicht praktikabel ansehen, welche Alternativen gegen Frankreich wæren eigentlich møglich gewesen?

Die beste Alternative wäre gar kein Krieg zu führen gewesen !:)

Aber davon abgesehen, wäre dann nur der frontale Angriff gegen Frankreich in Frage gekommen, was natürlich unter militärischen Gesichtspunkten auch einige Probleme und Schwierigkeiten aufgeworfen hätte.
 
Der Schlieffenplan beinhaltet bekanntermaßen die Verletzung der Neutralität Belgiens. Und bei Bethmann herrschte in der Frage, ob man Großbritannien aus dem Krieg heraushalten könnte, das Prinzip Hoffenung vor. Das kann doch keine Planungsgrundlage sein. Aus diesem Grunde hätten Bülow und Bethmann gegen den Schlieffenplan ihre Bedenken vorstellen müssen. Dies geschah aber nicht.

Ab dem 2. Marokko-Konflikt herrschte die Meinung, dass England in jedem Fall mit Frankreich gehen würde, es also gar nicht herausgehalten werden könnte.

Die französisch-britischen Flottenabkommen zB.
die Franzosen konzentrieren ihre Flotte im Mittelmeer entlasten dadurch dort die Briten, die Briten übernehmen dafür den Schutz der franz. Überseeverbindungen.
 
Die beste Alternative wäre gar kein Krieg zu führen gewesen !:)

Yes, das wær's gewesen:

"Aufgrund der Undurchfuehrbarkeit des Schlieffen-Plans angesichts der Neutralitæt Belgiens und in Ermangelung alternativer Positiv-Szenarien legt die OHL der Politik nahe, dringend auf einen møglichen bevorstehenden Krieg zu verzichten" :D

Gruss, muheijo
 
Yes, das wær's gewesen:

"Aufgrund der Undurchfuehrbarkeit des Schlieffen-Plans angesichts der Neutralitæt Belgiens und in Ermangelung alternativer Positiv-Szenarien legt die OHL der Politik nahe, dringend auf einen møglichen bevorstehenden Krieg zu verzichten" :D

Gruss, muheijo

Der Schlieffenplan wurde in hinsicht auf einen Präventivschlag erarbeitet, dabei wurden auch außenpolitische Verbindungen sicherlich nicht berücksichtigt. Somit kann man den Schlieffenplan wohl kaum im Zusammenhang mit den Verzicht auf einen Krieg nennen.
 
"Aufgrund der Undurchfuehrbarkeit des Schlieffen-Plans angesichts der Neutralitæt Belgiens und in Ermangelung alternativer Positiv-Szenarien legt die OHL der Politik nahe, dringend auf einen møglichen bevorstehenden Krieg zu verzichten"
...und Frankreich hätte sich auf Dauer mit dem Verlust Elsass-Lothringens abgefunden sowie Russland seine Balkan- und Meerengenambitionen aufgegeben? Nee, sooo einfach wäre das eben nicht gewesen.
 
Repo schrieb:
Ab dem 2. Marokko-Konflikt herrschte die Meinung, dass England in jedem Fall mit Frankreich gehen würde, es also gar nicht herausgehalten werden könnte.

Diese Erkenntnis hat Bethmann bis Ende Juli 14 aber nicht geteilt.
 
@ Købis: der :D Smilie sollte nahelegen, dass es eher scherzhaft gemeint war.
Dennoch, welche Alternativen mag das Militær gehabt haben?
Der Frontalangriff von Elsass-Lothringen aus wohl eher nicht.

Gruss, muheijo
 
#250 Fraglos richtig. Der erste Weltkrieg kannte keine Gewinner. Man kann nicht einmal sagen, dass man die Schrecken eines solchen Krieges nicht vor Augen sah (der jüngere Moltke äußerte sich sehr deutlich und sehr richtig über die Auswirkungen). Aber lange Friedenszeiten scheinen die Kriegsrisiken zu steigern (seit Jahrzehnten arbeitet man an Studien über die Machbarkeit eines Atomkrieges).

Der frontale Angriff wurde geprüft und verworfen. Bei zahlenmäßiger Unterlegenheit war er nicht möglich.

Der Schlieffenplan ist allerdings nicht gescheitert, sondern eine Abänderung des Schlieffenplans, der der Grundidee des Schlieffenplans beraubt wurde. Tatsächlich ist es durch Veränderungen des Plans in Lothringen zu einem Frontalangriff (W. Groener im "Testament des Grafen Schlieffen" nennt es die Extratour in Lothringen) - statt zu einem Festhalten der gegnerischen Armee - und durch von Bülow (2. Armee) zu einem weiteren Frontalangriff gekommen, der den ganzen rechten Flügel hineinzog und zum Stillstand führte.

Der ursprüngliche Plan von Schlieffen war etwas ganz anderes. Er ging von einem weitausholenden mit deutlicher Übermacht geführten Flankenangriff aus, die nicht zur Flanke (dem rechten Flügel) gehörenden Einheiten hatten die Aufgabe den Gegner am Abtransport zu hindern. Weder der mit großer Übermacht zu erfolgende Flankenangriff wurde durchgeführt, noch das Festhalten (im Gegenteil, die französischen Armeen wurden "weggeschoben" - d.h. sie konnten zu Gunsten der Franzosen zum Einsatz gebracht werden - durch vom rechten Flügel genommene Einheiten , zur Marne und ggf. nach Paris).

Man sollte sich auch daran erinnern, dass dem deutschen Generalstab im Zweiten Weltkrieg zunächst auch nur eine Variante des Schlieffenplans einfiel. Eher durch Zufall kam der Sichelschnittplan von E. Manstein zum Zug, auch eine Variante des Schlieffenplans (starker linker Flügel, Überraschungsmoment - und Problem - war die angebliche Unpassierbarkeit der Ardennen - also wie im Ersten Weltkrieg war ein Logistikproblem Chance und Risiko).

#249 hat recht. Bei einem Fall Frankreichs sah die Lage für England nicht günstig aus. Eine USA mit einer starken Streitkraft gab es nicht, England war allein und - aus dem tatsächlichen Kriegsverlauf kann man schließen - Deutschland unterlegen. Teile des Westheeres hätten im Nahen Osten verwendet, die persischen Ölfelder und der Seeweg nach Indien mit starken Kräften bedroht werden können. Italien wäre neutral geblieben, Österreich-Ungarn wäre weniger Problem wie Hilfe geworden. Die gesamte Situation wäre eine andere gewesen.

Groener meinte, dass Schlieffen 1914 - wie Tirpitz - eine Seeschlacht in den ersten vier Wochen verlangt hätte (die Hochseeflotte quasi als Teil des rechten Flügels). Selbst bei einem Ergebnis, dass - aus deutscher Sicht - ungünstiger wie vor dem Skagerrak gewesen wäre, hätten die Engländer die Blockade so nicht aufrecht erhalten können. Der Atlantik war offen, den Neutralen winkten gute Geschäfte.
 
Dennoch, welche Alternativen mag das Militær gehabt haben?
Der Frontalangriff von Elsass-Lothringen aus wohl eher nicht.

Gruss, muheijo

Jetzt muß ich mal aus Interesse nachfragen, der Angriff im Jahre 1870/71 der deutschen Armeen auf die französischen wurde doch auch nicht über Belgien durchgeführt, war aber doch erfolgreich. Oder kann man daß so nicht vergleichen.
Warum sollte denn unbedingt durch Belgien angegriffen werden? Was lag denn den deutschen Militärs in den 1890iger Jahren vor, daß dies als einzigste Taktik eingeräumt wurde?
 
Zum frontalen Angriff:

Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, wurde das wesentliche Problem in den französischen Festungen gesehen, die jeden Vormarsch abbremsen würden (weniger in Stärkevergleichen).

Der Schliefffen-Plan - neben der Flügelidee - umgeht dieses Problem bzw, schwächt es ab. Hier besteht eine gewisse Ähnlichkeit zur späteren Einschätzung und Problematik der Maginot-Linie in der Feldzugplanung.

Jetzt muß ich mal aus Interesse nachfragen, der Angriff im Jahre 1870/71 der deutschen Armeen auf die französischen wurde doch auch nicht über Belgien durchgeführt, war aber doch erfolgreich. Oder kann man daß so nicht vergleichen.
Warum sollte denn unbedingt durch Belgien angegriffen werden? Was lag denn den deutschen Militärs in den 1890iger Jahren vor, daß dies als einzigste Taktik eingeräumt wurde?
Auch dieser Unterschied erklärt sich mE aus der deutschen Einschätzung des französischen Festungsbaus bzw. deren Verstärkung seit 1871. Eine Wiederholung wurde als unmöglich angesehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Köbis: Oder kann man daß so nicht vergleichen.

Kann man nicht. 1914 existierten mittlerweile sowohl auf deutscher wie französischer Seite ausgebaute Stellungen, Forts und Festungen. Frontales Anrennen hätte nichts gebracht, wie es 1916 vor Verdun dann ja auch geschah. Mit dem Marsch durch Belgien sollten diese französische Festungslinie samt der dort aufgestellten Truppen nördlich umgangen und im Rücken gefasst werden.werden. Paris war im ursprünglichen Schlieffen-Plan gar nicht das Primärziel. 1870 konnte man solche Anlagen (Festung Metz) noch umgehen und weiträumig einschließen.
 
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