WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Hier ein Beispiel, ob und/oder was Botschafter an ihre Zentralen berichten. Am 30.Juni 1904 schrieb Hardinge an seinem Chef Lansdowne:

"Euer Exellenz!

Heute sucht ich Herrn Witte in seinem Landhaus auf den Inseln auf, und da seine Äußerungen wegen ihrer erfrischenden Offenheit bemerkenswert waren, habe ich es der Mühe für wert gefunden, ihren wesentlichen Inhalt Euer Excellenz zu berichten."
 
Wenn ich mich richtig erinnere, sprach Jovanovic von einem Zeitraum von 3 Jahren! Das ist als nicht bevorstehend.

Also entweder es gab handfeste Anzeichen für eine Erhebung, dann wird man sie als "bevorstehend" charaktrisieren können oder es gab sie nicht in diesem Fall versuchte sich Jovanovic unseriöser Weise als Prophet und Hellseher.

Wenn du der Meinung bist, dass er nicht von einem bevorstehenden Ereignis sprach, dass sich an Hand der Manifestation handfester Unruhe in den Provinzen hätte vorausahnen lassen, sondern von irgendwas in mittlerer Zukunft, für das es noch keine Anzeichen geben musste, gibst du also zu, dass Jovanovic da Behauptungen in die Welt setzte, die sich auf Grund ihres rein spekulativen Charakters jeder Überprüfbarkeit entzogen.

Gleichzeitig behauptest du aber de Bunsen hätte sie überprüft und verifiziert (wie?) denn sonst hätte er sie ja kaum nach London weitergeleitet und das foreign office hätte sie ebenfalls Prüfen, als Tatsachen annehmen und danach handeln sollen.
Heißt du echauffierst dich im Klartext darüber, dass GB nicht wegen der unüberprüfbaren Glaskugelleserei eines serbischen Gesandten seine gesamte Außenpolitik und Sicherheitsarchitektur umwarf.

im Jahre 1909 völkerrechtlich zugesichert diese Propaganda zu unterlassen und mit seinem Nachbarn in Frieden zu leben. Dieses Versprechen wurde nicht eingehalten.

Da müsste man jetzt ausdifferenzieren, welche Propaganda der serbische Staat denn tatsächlich selbst betrieb oder maßgeblich unterstützte, und welche er lediglich duldete, da sehe ich einigen Diskussionsspielraum.
Denn was nun der serbische Staat im zensorischen zu dulden hatte und was nicht (mindestens sofern es nicht direkt zu Gewaltaten aufrief), konnte die Donaumonarchie kaum einfordern ohne damit zu beanspruchen dass die Spielregeln der Zensur der serbischen Presse und Verbote einzelner Organisationen nicht in Belgrad sondern in Wien verfügt würde, was nichts anderes bedeutet hätte als die Souveränität Serbiens zu bestreiten.

Sich in einen solchen Machtanspruch nicht einzulassen, kann man Belgrad schwerlich als Agression auslegen.

Serbien war gewiss kein Unschuldslamm.
Das hat auch niemand behauptet.
Und das Serbien nach dem maßgeblichen Verschulden zweiter Kriege und der Weigerung wenigstens nach dem Attentat konsequent zu ermitteln und die Beteiligten auf serbischer Seite konsequent zur Rechenschaft zu ziehen, sich kaum darüber beklagen konnte, dass seine Abstrafung gefordert wurde, ist ebenfalls unstrittig.

Bein Grad der tatsächlichen Gefährlichkeit Serbiens für Österreich-Ungarn und dem Grad der tatsächlich durch den serbischen Staat unternommenen Propagandaktionen übertreibst du es mMn ziemlich stark.

Lichnowksy hatte von seinem Chef eine Anweisung erhalten diese Information, die er nicht prüfen konnte, an das Foreign Office weitzureichen.
Das ist unmöglich, Botschafter reichen nichts weiter, was sie vorher nicht selbst geprüft haben, hast du selbst behauptet. ;-)
Bzw. du hast deine gesamte Argumentation auf dieser Annahme aufgebaut, denn ansonsten wäre die Forderung, dass das Foreign Office de Bunsens Nachricht bitteschön als Tatsache hätte akzeptieren und danach handeln müssen, völlig unverständlich, ebenso wie der daraus von dir gezogene Rückschluss (der in Wahrheit ein Zirkelschluss ist und auf deiner Vorgefassten Meinung der Haltung GBs beruht), dass eine Reaktion nur deswegen nicht erfolgte, weil die Nachricht nicht ins Bild passte und daher ignoriert worden sei, bzw. weil Grey und Konsorten den Feind unbedingt in Deutschland sehen wollten.

Diesen Vorgang kannst du mit den Bunsen nicht vergleichen
Selbstverständlich kann ich das vor dem Hintergrund deiner Voraussetzung, dass Botschafter nur Geprüftes und für Wahr befundenes weiterleiten.

Was soll diese rhetorische Frage?
Du zweifelst die ganze Zeit den Wahrheitsgehalt dieser Information an.
Ich zweifle den Wahrheitsgehalt dieser Inforamtion an, nachdem du ihn behauptet hast, immerhin setzt deine Argumentation ihren Wahrheitsgehalt voraus.

Insofern postuliere ich nicht, sondern antworte auf ein Postulat, dass mir nicht ausreichend plausibel belegt erscheint.
Was du an Argumenten dafür vorgebracht hast, war bisher reines ad verecundiam, mit dem Beruf auf de Bunsens Integrität und Fähigkeiten (wobei du mir noch immer nicht verraten hast, was das eine oder andere mit der Überprüfung einer aus Wien letztendlich nicht zeitnah überprüfbaren Information zu tun hat).

Damit stellst du dich hin und behauptest im Brustton der Überzeugung, es müsse sich so verhalten haben, wie du meinst, weil alles andere in irgendeiner Form an der Person de Bunsens kratze (was Unsinn ist) und damit unzulässig sei.
Das Spiel könnte ich jetzt natürlich mitspielen und behaupten, dass Außenminister, Staatssekretäre und ihre ministeriellen Mitarbeiter ihren Beruf gewissenhaft machen, keine Entscheidung ohne sorgfälige Prüfung fällen, gegenteilige Behauptungen deren Intgrität angreifen, was unzulässig ist und du damit unzulässig argumentierst, weil du damit die Integrität z.B. Edward Greys angreifst (was du ja nicht einmal bestreitest).

Beides ist natürlich Unfug.

Sinnvoll wäre sich einfach darum zu bemühen mal festzustellen, welche objektiven Gründe es dafür geben könnte, diese Nachricht ernst zu nehmen oder nicht, z.B. in dem man sich deren Behauptungen ansieht und wie sie begründet wurden.
Dem aber entziehst du dich hier fortwährend.
Ich kann dir auch sagen warum. Weil die Überzeugung, dass Germonophobie Handlungsleitend für das Foreign Office gewesen sei, bei dir so verfestigt ist, dass du andere Möglichkeiten, z.B. die der unglaubwürdigkeit des Inhalts dieser Nachricht nicht mehr zu akzeptieren bereit bist.


Nö, überhaupt nicht. Du bestreitest den Wahrheitsgehalt, dann musst du dies auch belegen.
Du unterstellst den Wahrheitsgehalt als Maßgeblich für deine gesamte weitere Argumentation, insondern müsstest du ihn belegen. Ich sage lediglich dass ich deine Überzeugungen da nicht teilen kann.

Die vorstellbaren Gründe habe ich dir schon genannt.
Achso, hier sind vorstellbare Gründe dann wieder zulässig, wenn ich mich über vorstellbare Gründe für das Handeln Jovanovics, Dumaines, de Bunsens oder des FO auslasse, dann sind das aber unangemessene Spekulationen?

Von Verschwörungstheorien halte ich nichts.
Deine Annhame, warum das FO der Nachricht de Bunsens wenig Beachtung schenkte kommt mir wie eine vor, wenn du weiterhin darauf abstellst, dass man im FO was da stand einfach nicht wahrhaben wollte und es deswegen ignorierte und andere Erklärungsansätze mit sehr sonderbaren Argumenten, gar nicht erst diskutieren möchtest.

Nochmal ganz kurz und einfach.
..... deine Gangart über sachliche Gründe für das Hinweggehen über de Bunsens Nachricht gar nicht näher zu diskutieren und dich à priori auf den Standpunkt zu stellen, dies sei gesehen, weil sich das Foreign Office dafür entschieden (man könnte auch formulieren, sich dazu verschworen) habe in Deutschland den Alleinschuldigen/Hauptgegner, was auch immer zu sehen und gegen Deutschland vorzugehen ohne noch die Bereitschaft zu haben die eigene Position zu prüfen entspricht ziemlich exakt disem Muster.


Ich bitte das nicht als persönlichen Anwurf zu verstehen, das soll es nicht sein. Nur hier folgst du mMn zu sehr deinen Sentiments.
 
Du betreibst jetzt Haarspalterei und du möchtest auch nicht verstehen. Und vor allem, du möchtest unbedingt Recht haben. Aber du hast keine Belege und kehrst gewissermaßen die Beweislast um.

Botschafter reichen Informationen an ihren vorgesetzten Dienststellen, also die jeweiligen Außenministerien, nicht ungeprüft weiter oder eben das sie von der Richtigkeit und der Vertrauenswürdigkeit ihrer Quelle überzeugt sind. Entsprechende Redewendungen findest in zahlreichen diplomatischen Schriftstücken.

Lichnowksy wurde von seinem Chef Bethmann beauftragt eine bestimmte Information im Foreign Office vorzustellen. Es ist nicht die Aufgabe von Lichnowsky seinen eigenen Chef zu hinterfragen. Lichnowsky wurde ja beispielsweise nicht von Jagwow oder Bethmann über die übermittelten Informationen eines Benno von Siebert ins Bild gesetzt.

Du lieferst keine Gründe, sondern Annahmen, Vermutungen, mit anderen Worten Spekulation.
 
ein professioneller Diplomat wird im Sinne seiner Regierung agieren und sich gewieft nicht in die Karten sehen lassen
Und hierbei wird der professionelle Diplomat alles verwenden, was für seinen Auftrag relevant und/oder nützlich ist (und wenn er, wovon ich zumeist - nicht immer - ausgehe, seinen Job beherrscht, wird er das auch einschätzen können)
Und es macht einen großen Unterschied, an wen sich der weisungsgebundene Diplimat wendet: an seine Vorgesetzten (Regierung, Außenministerium) oder an Regierungsvertreter und Diplomaten anderer Länder. In letzterem Fall ist es durchaus nicht ungewöhnlich, wenn so ein Diplomat Übertreibungen, sogar "Fakenews", gerüchtebasierte Gefahren etc verwendet.

Mit anderen Worten: Diplomaten verwenden im Umgang mit anderen Mächten als den eigenen restlos alles, was ihrem Auftrag nützt. Wenn wir viel später feststellen, dass Diplomat X in Krise Y im Auftrag von Regierung A am p.q.vvvv eine falsche Info an Diplomat Z von Regierung B verwendet hat, muss das nicht bedeuten, dass X das nicht wusste oder Trottel war: wahrscheinlicher ist, dass er das wissentlich und absichtlich gemacht hat.
 
Mit anderen Worten: Diplomaten verwenden im Umgang mit anderen Mächten als den eigenen restlos alles, was ihrem Auftrag nützt.

Das ist mir doch klar.;)

Mir ging es einfach darum, dass es wnig sinnvoll ist, damit argumentieren zu wollen, Botschafter gäben nichts weiter was sie nicht gründlichst geprüft und für wahr befunden hätten.

Stellt sich allerdings auch die Frage, was die diplomaten für ihren jeweiligen Auftrag hielten und wie sie sich entschieden, wenn Teilaspeekte dieses Auftrags sich zu widersprechen schinenen, z.B. die Vertretung der Interessen des eigenen Landes bzw. was sie dafür hielten vs. Einsetzen für die Erhaltung des europäischen Friedens.

Im oben genannten Fall ist es durchaus denkbar, dass Jovanovic die Brisanz der Südslawischen Frage und Serbiens aufbauschte und meinte damit im Interesse der Belgrader Regierung zu handeln.

Genau so ist es denkbar, dass Dumaine und de Bunsen einfach den Kurs der Außenpolitik der eigenen Länder für falsch hielten, nach jedem Strohalm suchten um die eigenen Chefs dazu zu bringen umzuschwenken und Russland zurück zu halten und meinten diesen Strohhalm in den Äußerungen Jovanovics gefunden zu haben.
In dieesem Fall wäre es durchaus denkbar, dass ihnen herzlich egal war, wie viel Substanz das hatte, wenn auch nur der Hauch einer Chance bestand, dass es dazu führen würde, dass ihre Regierungen in letzter Minute auf die Bremse traten.


Letztendlich haben wir hier ja nicht die orriginale Äußeerung Jovanovics vorliegen, sondern nur eine knappe Zusammenfassung de Bunsens, die aber schon durch Dumaine missverstanden oder im Wort- oder Sinngehalt verändert worden sein kann, sei es durch fehlerhafte Erinnerung (er wird das Gespräch nicht stenographisch mitgeschrieben haben), oder vorsätzlich aus dem Wunsch heraus etwas in die Hand zu bekommen um selbst intervenieren zu können.


Der Umstand, dass an tatsächlicher manifester Unruhe in den Südprovinzeen der Donaumonarchie 1914 nichts wirklich manifest erscheint, die letzten größer auf die Region beschränkten Kravalle zwei Jahre zurück lagen und hier auch fraglich ist, ob es um Separatismus ging oder einfach nur darum, dass der Regierungsstil Cuvajs mit seinen repressiven Maßnahmen für ungeerecht befunden wurde, spricht eigentlich für folgende Möglichkeiten:

- Jovanovic von den Zuständen in den südslawischen Teilen der Monarchie selbst keine Ahnung hatte
- Jovanovic wieder besseren Wissens eine revolutionäre Stimmung dort erfand, möglicherweise um Serbien als Verbündeten insgesamt als wertvolleeren Verbündeten für die Zukunft erscheinen zu lassen, möglicherweise auch um gegegenüber dem Franzosen Dumaine die Hemmschwelle für einen Krieg durch die Vorstellung man habe quasi eine 5. Kolonne in Österreich-Ungarn, die sich ggf. erheben und die österreichisch-ungarischen Kriegsanstrengungn sabotieeren würde, zu senken.
- Jemand das später Jovanovic in den Mund gelegt hat, um eine Möglichkeit zu bekommen, im Sinne dies Friedens auf die eigene Außenpolitik und diejenige der eigenen Bündnispartner einzuwirken, wobei in dieser Hinsicht Dumaine verdächtiger wäre, als de Bunsen, zum einen, weil er eben der hypothetische oder tatsächliche Zwischenträger war, zum anderen, weil Frankreich bei Eskalation des Krieeges sofort mit hineingezogen würde und mit Leid und Zerstörungen zu rechnen hatte, während GB durch seine Flotte relativ geschützt und kaum angreifbar war.

Das wären aus meiner Sicht durchaus denkbare Erklärungen.

Das größere Problem für die Diskussion, dass ich sehe ist allerdings, dass Turgot so partout nicht anerkennen möchte, dass es anscheinend keine Anzeichen für die quasirevolutionäre Stimmung in den südslawischen Provinzen gab, von denen Jovanovic gemäß de Bunsens Nachricht gesprochen haben soll.
Die letzten größeren greifbaren Ereignisse, lagen 2 Jahre zurück, über die und deren Umstände wird London durchaus auch informiert gewesen sein und bei denen ist wie gesagt fraglich, worin die Motivation der Massen überhaupt bestand.
Die einfachste und nach Lage der Dinge sinnvollste Erklärung, warum diese Nachricht in London niemand vom Hocker warf, dürfte darin bestehen, das ihr Inhalt in nicht ganz unbedeutenden Teilen ziemlich weit hergeholt klingen konnte.
Zumal Großbritannien wie gesagt sein eigenes Separatismus-Problem mit Irland hatte und London daher durchaus eine Ahnung davon, wie die Begleiterscheinungen davon mitunter aussahen und wann es tatsächlich ernst wurde.
 
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Du betreibst jetzt Haarspalterei und du möchtest auch nicht verstehen.
Du möchtest nicht verstehen, dass was du hier als Haarspalterei bezeichnest, keine solche ist. Denn ohne den Alarmismus der zur Erhebung bereiten Bevölkerung und das Abstellen darauf, dass Wien aus diesem Grunde meinte nicht anders zu können, unabhängig davon, was Berlin so dachte, hat die Nachricht nichts entscheidendes an sich.
Sie ist also in ihrem Gehalt vollkommen von der Richtigkeit dieser Unterstellung abhängig.

Denn das es die Nationalitätenprobleme grundsätzlich gab, das wusste London, das war keine Neuerung, auch dass Wien zu gerne gegen Serbien vorgehen wollte nicht, das war schon in den vergangenen Krisen der Fall gewesen und da gab es, da Deutschland mäßigend auf Wien einwirkte kaum einen Anlass von einer deutschen Anstiftung auszugehen.
Insofern alles nichts eentscheidend neues.

Entscheidend verändert hätte sich die Lage nur dann, wenn wirklich eine Revolutionäre Stimmung in den südslawischen Provinzen manifest geworden wäre, aus denen die Wiener Regierung den Schluss gezogen hätte nun im Überlebenskampf zu stecken und losschlagen zu müssen.
So lange das nicht der Fall war keine grundsätzliche Änderung erkennbar und man es mehr oder minder mit den Problmen zu tun hatte, mit denen man es im Grunde seit 50 Jahren zu tun hatte und die Wien durchaus nicht zwangen um des eigenen Überlebenswillen einn Krieg anzufangen, gab es für London keinen Grund gleich die ganze Entente umzuwerfen.

Wären tatsächlich Anzeichen für einen Aufstand manifest gewesen, hätte man die Sache vielleicht anders behandelt um weitere Unordnung oder bei einem Auseinanderfallen der Donaumonarchie eine Stärkung Russlands auf dem balkan oder Deutschlands z.B. durch den Anschluss der deutschsprachigen Gebiete zu vermeiden.
Dann hätte London wegen der Verhältnisse auf dem europäischen Kontinent möglicherweise ein ganz gutes Motiv gehabt St. Petersburg auf die Füße zu treten.
So lange das aber nicht gegeben war und Wien einfach nur eine halstarrige Einflusspolitik betrieb, die man nicht unbedingt goutieren musste, sah das anders aus.

Und deswegen ist es eben keine Haarspalterei.

Aber du hast keine Belege und kehrst gewissermaßen die Beweislast um.
Wer von uns behauptete noch als erstes die Authentizität des Inhalts von de Bunsens Nachricht, ihre eminente Wichtigkeit und unprofessionellen, germanophob geeleiteten Umganf des FO damit?
 
Das größere Problem für die Diskussion, dass ich sehe ist allerdings, dass Turgot so partout nicht anerkennen möchte, dass es anscheinend keine Anzeichen für die quasirevolutionäre Stimmung in den südslawischen Provinzen gab, von denen Jovanovic gemäß de Bunsens Nachricht gesprochen haben soll.
Dieses Problem sehe ich nicht -- ich halte seitens KuK für möglich, dass man lange Zeit wegen eigener Annexionsinteressen rund um die "Militärgrenze" und deren Vorfeld sehr gerne allerlei Gründe zum eingreifen auch auf diplomatischem Weg herbeikonstruieren wollte (so lange, so lange da kein potentieller Gegner zu mächtig wurde)
((dass man da über Jahrzehnte hinweg Bedrohungen sah, zeigt sich u.a. an den Militärplänen vor 1914, z.B. die projektierte, aber wegen der Kosten nicht realisierte Kette von Panzerfortifikationen -- man wollte einerseits die vorhandene Position mit den Südprovinzen sichern, andererseits gerne sich weitere Gegenden einverleiben, und für letzteres war jeder reale wie erfundene Balkanunruheherd ein möglicher Anlass))
 
Gemäß Dumaine hatte Jovanovic von einem Zeitraum von drei Jahren, also so ca. 1917, für eine revolutionäre Erhebung gesprochen.
 
Dieses Problem sehe ich nicht

Gut, dann wäre hier die Frage zu stellen, warum London ohne manifeste Bedrohung des Bestands der K.u.K.-Monarchie nur auf den Hinweis, dass keine deutsche Anstiftung vorliege außenpolitisch komplett gegen Russland hätte umschwenken sollen, wie sich Turgot das vorstellt?

Was änderte sich durch diese Nachricht an der Gesamtlage?
Selbst wenn Wien diese Entscheidung eigenständig getroffen hatte, war das keine Garantie dafür, dass Deutschland im Kriegsfall nicht mitging und dann lag der Ball für die Entscheidung ob das ein eeuropäischer Krieg würde oder nicht in Paris und bei der Entscheidung ob man den Krieg für ein größeres Übel hielt, als den Verlust des russischen Bündnispartners.
Entschied sich Frankreich für letzteres bedeutete das Krieg in Westeuropa und eine mögliche Expansion Deutschlands nach Belgien oder Frankreich hinein, die für London inakzeptabel war, egal ob man sich nun Russland irgenwie verpflichtet fühlte oder nicht.

Ob Deutschland dazu angestiftet hatte, war für das Risiko, dass dieser Konflikt nach Westeuropa ausgreifen konnte und die Großmachtstellung Frankreichs und die Unabhängigkeit Belgiens bedrohnen konnte, was für London die roten Linien waren, herzlich irellevant.
Relevant wäre die Frage gewesen, ob Berlin bei einem von Wien aus begonnenen Krieg mitmachte und das Berlin im Gegensatz zu den vorherigen Kriesen bisher keine Anstalten gemacht hatte sich darum zu bemühen Wien zurück zu halten und das nötigenfalls zum Gegenstand einer internationalen Konferenz zu machen, war davon auszugehen, dass Berlin mitziehen würde.

Die Information hätte dazu geeignet sein können, die eigene Verhandlungstaktik zu überdenken und sich mehr darauf zu konzentrieren Wien umzustimmen, als auf Berlin einzuwirken, aber das hatte sich mit der österreichischen Kriegserklärung an Serbien am Vortag schlicht überholt.

Was genau hätte London umstimmen sollen?

Wenn es tatsächlich manifeste Anzeichen dafür gegeben hätte, dass die österreichisch-ungarische Monarchie am Auseinanderfligen war und damit die komplette Ordnung Europas auf der Kippe gestanden hätte, dann hätte London ein Motiv gehabt sich einzuschalten und noch irgendwie zu versuchen zu retten, was zu retten war, in dem man St. Petersburg ausbremste.

So lange das aber nicht gegeben war und es nur um österreichischen Einfluss am Balkan ging, wozu?

Großbritannien hatte sich gegenüber Russlands und Serbiens nicht vertraglich durch welche Festlegungen auch immer verpflichtet, durchaus aber ein Interesse die kolonialen Vereinbarungen mit Russland wengen Asien aufrecht zu erhalten.
Welchen Anlass hatte London das zu opfern, nur damit Wien auf dem Balkan an Einfluss gewinnen konnte?

War doch viel bequemer diese Entscheidung und damit den schwarzen Peter Paris zu überlassen, dass sich die Sach wegen seiner Grenzlage gegenüber Deutschland 2 mal überlegen musste.
Großbritannien war eine Seemacht, mit seiner überlegenen Flotte nicht angreifbar und London konnte sich durchaus die Illusion machen einen, wie überall gemutmaßt wurde, relativ kurzen Krieg, unbeschadet aussitzen zu können.
Heißt, es hatte wenig Anlass diese Konfrontation tatsächlich zu fürchten, auch wenn es nicht schwarf darauf war.

Wenn es das aber nicht zu fürchten hatte und Maßnahmen zur Abwendung nur Nachteile einbrächten, warum dann zu solchen Maßnahmen greifen?

Hätte tatsächlich die Existenz der K.u.K.-Monarchie auf dem Spiel gestanden, mit der Aussicht, dass deren Auseinanderfliegen sowohl Russland, als auch Deutschland stärken und Koordinatensystem der Mächte vollkommeen durcheinanderwürfeln könnte, zumal der Grund für die russisch-deutschen Differenzen dann entfallen wäre, hätte das schon anders ausgesehen.
 
Wer von uns behauptete noch als erstes die Authentizität des Inhalts von de Bunsens Nachricht, ihre eminente Wichtigkeit und unprofessionellen, germanophob geeleiteten Umganf des FO damit?

Daran halte ich auch fest. Allerdings frage ich mich, was es da zu beweisen gibt? Die Informationen von den Bunsen ist Fakt und die quasi Nichtbeachtung durch die Zentrale auch.
 
Gemäß Dumaine hatte Jovanovic von einem Zeitraum von drei Jahren, also so ca. 1917, für eine revolutionäre Erhebung gesprochen.

Darauf hatte ich dir bereits geantwortet.

Entweder es gab mainfeste Anzeichen, dann musste mit einer Erhebung in näherer Zeit gerechnet werden, oder es gab diese nicht, dann versuchte sich Jovanovic als Hellseher und Dumainee und de Bunsen gaben offensichtlich unseriöss Zeug weiter.
 
Hier zwei Quellen, in denen Zeitzeugen über Jovanovic Zeugnis ablegen.

Auf Berchtold machte Jovanovic jedenfalls keinen ungünstigen Eindruck. Er hielt ihn weder für einen "Draufgänger noch für einen verschlagenen Machiavelli. Wenn die leitenden Männer in Belgrad so denken wie Jovanovic, ließe sich tatsächlich eine Sanierung erhoffen." (1)

Der gemeinsame Finanzminister Bilinski nannte Jovanovis in seinen Erinnerungen "einen jungen, intelligenten Menschen, der seiner Überzeugung nach ein Anhänger jener serbischen Politik war, die ein Einvernehmen mit der Monarchie wünsche." Bilinski notierte weiter, das "er gerne mit ihm über südslawische Fragen unterhalten habe."


(1) Hantsch, Berchtold, Band 1, S. 372
 
Wenn es tatsächlich manifeste Anzeichen dafür gegeben hätte, dass die österreichisch-ungarische Monarchie am Auseinanderfligen war und damit die komplette Ordnung Europas auf der Kippe gestanden hätte, dann hätte London ein Motiv gehabt sich einzuschalten und noch irgendwie zu versuchen zu retten, was zu retten war, in dem man St. Petersburg ausbremste.

So lange das aber nicht gegeben war und es nur um österreichischen Einfluss am Balkan ging, wozu?

Hätte tatsächlich die Existenz der K.u.K.-Monarchie auf dem Spiel gestanden, mit der Aussicht, dass deren Auseinanderfliegen sowohl Russland, als auch Deutschland stärken und Koordinatensystem der Mächte vollkommeen durcheinanderwürfeln könnte, zumal der Grund für die russisch-deutschen Differenzen dann entfallen wäre, hätte das schon anders ausgesehen.

Diese Überlegungen machen für mich nur begrenzt Sinn.

Es ist doch klar, dass die Ordnung Europas so oder so auf der Kippe stand, sobald Russland militärisch gegen Österreich-Ungarn vorgeht, denn dann ist aufgrund der Bündnisse ein großer europäischer Krieg nicht mehr zu vermeiden und dann spielt es für das Ergebnis keine Rolle, ob es ursprünglich nur den österreichischen Einfluss auf den Balkan ging, oder ob die Existenz der Doppelmonarchie auf dem Spiel stand.

Im Falle einer Niederlage der Mittelmächte würde die KuK-Monarchie sehr wahrscheinlich zerfallen, Russland die Hegemonie auf dem Balkan gewinnen und vermutlich nach den Meerengen greifen.

Im Falle einer Niederlage der Alliierten wäre das Zarenreich in der Existenz gefährdet und zumindest stark geschwächt. Deutschland würde die Hegemonie über weite Teile Europas erreichen, mit Österreich-Ungarn als Juniorpartner.

Beides waren sicher keine erstrebenswerten Szenarien für das UK. Und auch der historische Verlauf, dass sowohl die KuK-Monarchie als auch das Zarenreich unter gegangen sind, war jetzt auf lange Sicht nicht besonders vorteilhaft für das UK, wobei man das sicher so nicht vorhersehen konnte. Trotzdem musste klar sein, dass ein europäischer Krieg die europäische Ordnung sehr wahrscheinlich stark verändern musste und es fällt mir da schwer, mir ein realistisches Szenario für den Ausgang des Kriegs auszumalen, der für das UK vorteilhafter ist als der Status Quo Ante. Insofern hätte das UK eigentlich ein Interesse daran haben müssen, einen allgemeinen europäischen Krieg zu verhindern.
 
Die Information hätte dazu geeignet sein können, die eigene Verhandlungstaktik zu überdenken und sich mehr darauf zu konzentrieren Wien umzustimmen, als auf Berlin einzuwirken, aber das hatte sich mit der österreichischen Kriegserklärung an Serbien am Vortag schlicht überholt.

Die Information hätte ganz sicher dazu getaugt die eigene eigene Position zu korrigieren und sich auf Petersburg als Ort der Einwirkung zu konzentrieren. Warum? Na, da es eben den Wiener Befürchtungen ja wohl Recht zu geben schien. Aber das interessierte Petersburg letzten Endes gar nicht, da es um sein Prestige und seinen Einfluss auf dem Balkan ging. Und Frankreich ist Petersburg willig gefolgt und London war entschlossen, Frankreich nicht im Stich zu lassen und ggf. seine Großmachtstellung gefährdet zu sehen. Das katastrophale Ergebnis ist bekannt.
 
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Es ist doch klar, dass die Ordnung Europas so oder so auf der Kippe stand, sobald Russland militärisch gegen Österreich-Ungarn vorgeht, denn dann ist aufgrund der Bündnisse ein großer europäischer Krieg nicht mehr zu vermeiden

Ist das so klar? Welche Bündnisse bestanden denn, die Deutschland oder Frankreich darauf verpflichteten Angriffskriege ihrer jeweiligen außenpolitischen Partner zu unterstützen?
Keine.
Deutschland war nicht verpflichtet Österreich-Ungarn beizustehen, wenn dieses einen Angriff auf sich selbst durch Russland durch einen eigenen Krieg gegen Serbien provozierte.
Frankreich seinerseits war nicht verpflichtet sich einem russischen Angriffskrieg anzuschließen, nur weil Russland der Meinung war ohne irgendwelche vertraglichen Verpflichtungen serbische Interessen gegen Wien durchboxen zu müssen.

Der Krieg der dann de facto zustande kam, kam nur deswegen zustande, weil am Ende alle Seiten außer viellicht GB, insofern Belgien den casus belli liferte, über das Maß an Aktion zu der sie sich verpflichtet hatten, weit hinausgingen.

Das Deutschland wegen der serbischen Querelen bereit sein würde einen Zweifrontenkrieg auf sich zu nehmen und Frankreich den Nordosten des eigenen landes der potentiellen Zerstörung aussetzen würde, denn die Implikationen des Schlieffenplans kannte das französische Militär ja, dass war alles andere als selbstverständlich.

Zumal London nicht wissen konnte, wie weit sich die deutsche und die französische Politik hinter den Kulissen bereits aus dem Fenster gelehnt hatte.
Das wissen wir heute aus der entsprechenden Dokumentation, aber die Entscheidungsträger in London wussten das nicht im Detail und konnten darüber in weiten Teilen nur mutmaßen.


Deine Krigesausgangs-Szenarien halte ich alle mehr oder weniger für unrealistisch, zumal mal hier bitte sehen muss, dass die damaligen Akteure und zwar geschlossen von einem kurzen Krieg mit begrenzten Zielsetzungen ausgingen un es durchaus keine Selbstverständlichkeit war, dass sich daraus 4 Jahre Stellungskrieg entwickeln würden.

Wäre es der deutschen Seite nicht gelungen im Eilverfahren die Substituierung des chilenischen Salpeters auf Massenbasis zu erreichen (und das konnte in London niemand vorwegnehmen, wenn wir ehrlich sind, auch in Berlin nicht), durfte London davon ausgehen, dass auch ein allgemeiner Krieg in längstens 3-4 Monaten zu Ende wäre, weil dann den Zentralmächten die Munition ausgehen würde, wenn man die Atlantikrouten blockierte und dass, egal wie er ausgehen würde, die Verschiebungen, die er mit sich brächte mäßig sein würden, weil kaum eine der Großmächte ein Interesse an der Totalrevision der europäischen Ordnung hatte.

Frankreich wollte Elsass-Lothringen, ggf. Teile des Rheinlands. Großbritannien wollte das Ende der deutschen Seemacht.
Keiner der beiden Partner hatte ein Interesse an der Zerschlagung oder substanziellen Schwächung der Donau-Monarchie (und einer damit verbundenen massiven Stärkung Deutschlands, weil dann ein Anschluss der deutschsprachigen Gebiete an das Kaiserreich zu erwarten gewesen wäre).

Heißt wenn nach 4 Monaten die Zentralmächte ohne Munition dargestanden hätten, wäre dass der Augenblick gewesen einen Frieden auszuhandeln und für den Fall, dass Russland dabei nicht auf unmäßige Forderungen verzichtete, hätten GB und Frankreich damit drohen können einen Separatfrieden zu schließen und die Blockade aufzuheben, womit Russland dann Österreich-Ungarn und Deutschland allein gegenübergestanden hätte und zum Frieden gezwungen gewesen wäre.

Ein Zerfall Österreich-Ungarns von innen heraus, infolge eines kurzen Krieges mit relativ überschaubaren Opferzahlen erschein unwahrscheinlich, dafür gab es so überhaupt keine Anzeichen.

Ein Sieg der Zentralmächte wäre für GB ein Problem gewesen, nicht wegen Russland, grundsätzlich hatten Berlin und Wien ohnehin kein gesteigertes Interesse den polnischen Teilungskonsens über Bord zu werfen, aber selbst wenn, hätte das den britische Interessen kaum geschadet.
Die Gefahr einer Zerschlagung oder substanziellen Schwächung Russlands bestand nicht, wenn man wie London damals kalkulieren durfte, dass die Zentralmächte Munition lediglich für ein paar Monate hatten, damit wäre kein großer Eroberungsfeldzug gegen das Zarenreich machbar gewesen.

Eine massive Schwächung Frankreichs hätte GB nicht hinnehmen können, deswegen war Neutralität keine Option, wenn Deutschland versuchen würde Frankreich handstreichartig zu überrennen, aber es war alles andere als ausgemacht, dass sich Frankreich dieser Gefahr wegen der serbischen Sache überhaupt ausliefern würde.

Beides waren sicher keine erstrebenswerten Szenarien für das UK.
Und beides war alles andere als zwangsläufig, weil sie erstmal voraussetzten, dass weder Berlin noch Paris am Ende einen Rückzieher machten.
Es war aber überhaupt nicht ausgemacht, dass das nicht passierte, denken wir an Marokko 2 und an die Bosnische Annexionskrise, in denen dann Deutschland und Russland auch einen Rückzieher machten, als es wirklich gefährlich wurde.
Vor dem Hintergrund, dass man wegen der Munitionsfrage mit einem kurzen Krieg rechnen durfte, waren auch solche Szenarien großer Machtverschiebungen nicht besonders realistisch, dafür hätte schlicht die Zeit gefehlt.

Und auch der historische Verlauf, dass sowohl die KuK-Monarchie als auch das Zarenreich unter gegangen sind, war jetzt auf lange Sicht nicht besonders vorteilhaft für das UK, wobei man das sicher so nicht vorhersehen konnte.
Weswegen ich mich frage, warum du das oben an die Wand malst.

Im Juli 1914 konnte man nicht einmal vorwegnehmen, dass beide Parteien überhaupt über genug Munition verfügen würden um den Krieg über das Ende des Jahres hinaus weiter zu führen.

Trotzdem musste klar sein, dass ein europäischer Krieg die europäische Ordnung sehr wahrscheinlich stark verändern musste und es fällt mir da schwer, mir ein realistisches Szenario für den Ausgang des Kriegs auszumalen, der für das UK vorteilhafter ist als der Status Quo Ante.

Ich würde sagen, ich habe dir eins genannt:

Entweder es gibt keinen Krieg in Westeuropa, weil Berlin oder Paris im letzten Moment zurückziehen, oder aber GB tritt auf Seiten der französisch-russischen Partei ein um eine schnelle französische Niederlage zu verhindern, Blockiert die deutschen Seewege, sorgt dafür dass kein chilenischer Salpeter mehr nach Deutschland kommt und Deutschland keine Sprengsoffe mehr herstellen kann und der Krieg ist, binnen eines Vierteljahres zu Gunsten der Entente gelaufen.
Man beruft eine Friedenskonferenz ein, beschließt, dass Frankreich Elsass-Lothringen zurück bekommt und eventuell das Saargebiet, dass Deutschland ein paar seiner Schlachtschiffe zu verschrotten oder abzutreten und sich zu verpflichten hat, keine weiteren zu bauen, dass GB ggf. Deutsch-Ostafrika bekommt und Deutschland ggf. noch Kiauchou und seine Pazifikinseln abzutreten hat, damit aus Ostasien rausfliegt, dass Österreich Bosnien, die serbischen Teile des Banats und Dalmatien an Serbien abzutreten hat, dass Russland sich als Belohnung Ostgalizien und die Bukowina nehmen darf, das im Übrigen abzurüsten sei und die Zentralmächte Reparationen zu zahlen habenn (die wären bei einem derartig kurzen Krieg schmerzhaft aber verkraftbar gewesen) und gibt den Russen freundlich zu verstehen, dass sie sich entweder damit begnügen, oder es Separatfrieden im Westen und Aufhebung der Blockade gibt und Russland dann sehen kann, wie es klarkommt, wenn die deutsche Rüstung wieder ans Laufen kommt.

Fertig.

Das wäre gemessen daran, was man in London im Juli 1914 wusste ein durchaus nicht unrealistisches Szenario gewesen.
Das die deutsche chemische Industrie dem einen Strich durch die Rechnung machen würde und in der Lage wäre binnen Monaten eine Infrastruktur zu schaffen, die in der Lage sein würde den chilenischen Salpeter vollständig zu substituieren und das Reich damit kriegswirtschaftlich auf eine ganz neue Ressourcenbasis zu stellen, die von der Royal Navy nicht mehr so einfach abgewürgt werden konnte, dass konnte in London niemand wissen.
 

Ja.

Welche Bündnisse bestanden denn, die Deutschland oder Frankreich darauf verpflichteten Angriffskriege ihrer jeweiligen außenpolitischen Partner zu unterstützen?
Keine.
Deutschland war nicht verpflichtet Österreich-Ungarn beizustehen, wenn dieses einen Angriff auf sich selbst durch Russland durch einen eigenen Krieg gegen Serbien provozierte.
Frankreich seinerseits war nicht verpflichtet sich einem russischen Angriffskrieg anzuschließen, nur weil Russland der Meinung war ohne irgendwelche vertraglichen Verpflichtungen serbische Interessen gegen Wien durchboxen zu müssen.

Das geht doch völlig an der damaligen politischen Realität vorbei. Sobald Russland Österreich-Ungarn angreift, ist der europäische Krieg unvermeidbar, wie man historisch gesehen hat, eigentlich schon bei der Mobilmachung.

Deutschland konnte es sich nicht leisten, seinen einzigen zuverlässigen Verbündeten zu opfern, denn dann wäre man in Europa völlig isoliert gewesen und in der Zange zwischen Frankreich und einem noch mächtiger gewordenen Russland.

Frankreich konnte es sich ebenso nicht leisten, Russland fallen zu lassen, denn dann stünden sie auf dem Kontinent dem ohnehin schon deutlich stärkeren Deutschland und seinen Bündnispartnern quasi allein gegenüber. Mal abgesehen davon, dass Frankreich wegen des Schliefenplans überhaupt nicht die Möglichkeit hatte, sich aus dem Konflikt herauszuhalten.

Im Übrigen hatte ja auch das UK keine Verpflichtung, Frankreich beizustehen. Sie taten es trotzdem, weil auch für das UK die Folgen der Neutralität schwerwiegender erschienen als das Risiko des Krieges. Insofern müssen die Überlegungen, auch ohne formelle Verpflichtung in den Kampf der jeweiligen Bündnispartner einzutreten, im UK durchaus nachvollziehbar gewesen sein müssen.

Der Krieg der dann de facto zustande kam, kam nur deswegen zustande, weil am Ende alle Seiten außer viellicht GB, insofern Belgien den casus belli liferte, über das Maß an Aktion zu der sie sich verpflichtet hatten, weit hinausgingen.

Da kann man sicher drüber streiten. Aus deutscher Sicht war die KuK-Monarchie wohl durchaus zu einer Militäraktion gegen Serbien berechtigt und ein Angriff Russlands hätte dann durchaus die Bündnisverpflichtung ausgelöst, aber letzten Endes kam es darauf nicht an, wie oben ausgeführt.

Und beides war alles andere als zwangsläufig, weil sie erstmal voraussetzten, dass weder Berlin noch Paris am Ende einen Rückzieher machten.
Es war aber überhaupt nicht ausgemacht, dass das nicht passierte, denken wir an Marokko 2 und an die Bosnische Annexionskrise, in denen dann Deutschland und Russland auch einen Rückzieher machten, als es wirklich gefährlich wurde.

Das waren jeweils völlig andere Situationen, die überhaupt nicht mit dem Szenario eines Angriffs Russlands auf Österreich-Ungarn vergleichbar waren, denn in der Marokkokrise und der Annexionskrise wurde die Eskalation jeweils gestoppt, bevor es zum Krieg kam. Es gab jeweils keinen Krieg und vor allem keinen Krieg zwischen zwei Großmächten. Am ehesten kann man es vielleicht noch mit dem Krimkrieg vergleichen, aber damals gab es das spätere Bündnissystem noch nicht und so konnten Österreich und Preußen neutral bleiben.

Das die deutsche chemische Industrie dem einen Strich durch die Rechnung machen würde und in der Lage wäre binnen Monaten eine Infrastruktur zu schaffen, die in der Lage sein würde den chilenischen Salpeter vollständig zu substituieren und das Reich damit kriegswirtschaftlich auf eine ganz neue Ressourcenbasis zu stellen, die von der Royal Navy nicht mehr so einfach abgewürgt werden konnte, dass konnte in London niemand wissen.

Wenn man das annahm, dann war das sehr naiv.

Das Haber-Bosch-Verfahren zur Gewinnung von Ammoniak war seit einigen Jahren bekannt und 1913 nahm in Oppau das erste entsprechende Werk die Produktion in damals noch bescheidenem Umfang auf. Auch die große Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie wird im UK bekannt gewesen sein.

Dennoch produzierte die chemische Industrie erst ab 1915 in nennenswertem Umfang Salpetersäure und erst ab 1917 konnte die Industrie den Bedarf einigermaßen decken.

Zuvor behalf man sich u. a. mit dem sog. Mauersalpeter aus Tierställen. Diese Möglichkeit wird im UK auch bekannt gewesen sein.

Wenn es wirklich so gewesen wäre, dass Deutschland ohne künstlichen Salpeter nur wenige Monate hätte Krieg führen können, wäre der Krieg schon 1914 zu Ende gegangen, da man eben erst im Lauf des Jahres 1915 nennenswerte Mengen davon produzieren konnte.

Salpeter war ja auch nicht das einzige was knapp. Auch diverse Metalle wie Wolfram, Chrom, Nickel, Aluminium, Zinn und Mangan konnten nicht mehr oder nur noch begrenzt eingeführt werden und Kautschuk und Rohöl ebenso.

Aber fast alles lässt sich eben entweder durch andere Rohstoffe ersetzen oder es wurde versucht, die Vorräte durch Rationierung oder Recycling zu strecken oder es wurden bisher ungenutzte Quellen wie zivile Vorräte genutzt. Das alles hat Deutschland nicht daran gehindert, mehrere Jahre lang Krieg zu führen.

Ich würde sagen, ich habe dir eins genannt:

Entweder es gibt keinen Krieg in Westeuropa, weil Berlin oder Paris im letzten Moment zurückziehen, oder aber GB tritt auf Seiten der französisch-russischen Partei ein um eine schnelle französische Niederlage zu verhindern, Blockiert die deutschen Seewege, sorgt dafür dass kein chilenischer Salpeter mehr nach Deutschland kommt und Deutschland keine Sprengsoffe mehr herstellen kann und der Krieg ist, binnen eines Vierteljahres zu Gunsten der Entente gelaufen.
Man beruft eine Friedenskonferenz ein, beschließt, dass Frankreich Elsass-Lothringen zurück bekommt und eventuell das Saargebiet, dass Deutschland ein paar seiner Schlachtschiffe zu verschrotten oder abzutreten und sich zu verpflichten hat, keine weiteren zu bauen, dass GB ggf. Deutsch-Ostafrika bekommt und Deutschland ggf. noch Kiauchou und seine Pazifikinseln abzutreten hat, damit aus Ostasien rausfliegt, dass Österreich Bosnien, die serbischen Teile des Banats und Dalmatien an Serbien abzutreten hat, dass Russland sich als Belohnung Ostgalizien und die Bukowina nehmen darf, das im Übrigen abzurüsten sei und die Zentralmächte Reparationen zu zahlen habenn (die wären bei einem derartig kurzen Krieg schmerzhaft aber verkraftbar gewesen) und gibt den Russen freundlich zu verstehen, dass sie sich entweder damit begnügen, oder es Separatfrieden im Westen und Aufhebung der Blockade gibt und Russland dann sehen kann, wie es klarkommt, wenn die deutsche Rüstung wieder ans Laufen kommt.

Wie oben ausgeführt, konnte man nicht davon ausgehen, dass Deutschland nach ein paar Monaten wegen Munitionsmangel kampfunfähig sein würde. Selbst wenn wäre es naiv gewesen, davon auszugehen, dass Österreich-Ungarn eine solche Niederlage unbeschadet überstehen würde. In Russland gab es schon wegen der Niederlage im Krieg gegen Japan eine Revolution. Ähnliches konnte die KuK-Monarchie kaum überstehen, davor waren die Nationalitätenkonflikte zu schwerwiegend und in Fall einer Niederlage musste man damit rechnen, dass die südslawischen Gebiete entweder selbstständig werden oder an Serbien gehen und dann ist die Union mit Ungarn kaum zu halten.
 
@Shinigami

Ich sehe, das die Aussagen der Zeitzeugen Berchtold und Bilinski über Jovanovic dich nicht weiter interessieren und du sicher an deiner Meinung der fehlenden Glaubwürdigkeit von Jovanovic festhältst.

Bei Sasonow spielte in der Julikrise auch die diplomatische Niederlage in Folge der Annexionskrise eine Rolle, die zur Verhärtung der eigenen Position beitrug ebenso wie die Ermunterungen von Paleologue/Poincare. Da kamen ja die aberwitzigsten Äußerungen.
Gegenüber London wurde seitens Paris der Vorwurf ventiliert, sie dürften nicht den gleichen Fehler wie 1870 machen.
 
Das geht doch völlig an der damaligen politischen Realität vorbei. Sobald Russland Österreich-Ungarn angreift, ist der europäische Krieg unvermeidbar, wie man historisch gesehen hat, eigentlich schon bei der Mobilmachung.

Aber nur deswegen, weil alle Akteure weit über ihre Verflichtungen hinausgingen und das konnte London nicht wissen.

Deutschland konnte es sich nicht leisten, seinen einzigen zuverlässigen Verbündeten zu opfern
Und Österreich-Ungarn konnte sich das leisten, wo es die Dauerrivalität mit Russland an der Backe hatte und Serbische, Rumänische und Italienische Expansionswünsche auf das eigene Territorium zu fürchten hatte?

Was wäre für Wien die realistische Alternative gewesen, wenn es nicht bereit gewesen wäre seine gesamte Balkanpolitik zu opfern?
Es gab keine.

Frankreich konnte es sich ebenso nicht leisten, Russland fallen zu lassen, denn dann stünden sie auf dem Kontinent dem ohnehin schon deutlich stärkeren Deutschland und seinen Bündnispartnern quasi allein gegenüber.
Ein Ende des Bündnisvertrags zwischen Frankreich und Russland hätte durchaus nicht bedeutet, dass Deutschland damit den Freifahrtsschein gehabt hätte mit Frankreich zu tun, was es wollte.
Ein übermächtiges Deutschland war nicht im Interesse Russlands, im Besonderen so lange es Wiens Balkanpolitik stützte, somit wäre Vertrag hin oder her eine russische Intervention zu Gunsten Frankreichs wahrscheinlich gewesen, hätte Deutschland tatsächlich versucht es anzugrifen.

Man sollte bei der Beachtung der vertraglichen Blöcke nicht außer Acht lassen, dass die Großmächte ihre eigenen Interessen hatten und auch darüber hinaus verfolgten.
Der Wert des russisch-französischen Bündnisses lag im Anspruch auf Hilfe, wenn man angegriffen würde und in der Möglichkeit auf dieser Plattform weitgehende militärische Absprachen zu treffen.
Das wäre Entfallen, hätte aber durchaus nicht bedeutet, dass Russland, auch ohne Frankreich etwas schuldig zu sein, nicht der Meinung hätte sein können, dass es seine Interessen geboten deutsche Expansion in Europa zu verhindern.

Im Übrigen hatte ja auch das UK keine Verpflichtung, Frankreich beizustehen.
Nein, aber Belgien und dass griff Deutschland einmal an.

Da kann man sicher drüber streiten.
Nö, darüber kann man nicht streiten. Deutschland war nicht vertraglich gebunden Wie gegen einen Angriff zu unterstützen, den es selbst provozierte.

Wenn man das annahm, dann war das sehr naiv.
Nun, dann muss ja auch Berlin sehr naiv gewesen sein da man dort vergleichbares ja auch annahm.

Denn wenn man der Meinung gewesen wäre autark genug für einen Erschöpfungskrieg zu sein, hätte es keinen Anlass gegeben den Ostaufmarsch und damit verbundene Szenarien, aufzugeben.

Da wäre es rationaler gewesen von Anfang an darauf zu setzen Russland zu zermürben und Frankreich gegen die relativ kurze gut gesicherte Grenze in Elsass-Lothringen anrennen und sich da verbluten zu lassen.
Es wäre außerdem die Option gewesen alle Kriegserklärungen und agressiven Handlungen im Westen zu unterlassen, was in London möglicherweise zu dem Schluss geführt hätte neutral bleiben zu können, so lange sich Deutschland im Westen nur auf eigenem Gebiet verteidigte und hätte Frankreich den Versuch unternommen über Belgien zu gehen, hätte es, nicht Deutschland international den Schwarzen Peter gehabt, davon abesehen, dass man das schon wegen des logistischen Nadelöhrs bei Lüttich sehr einfach hätte blockieren können.

Insofern wenn London im Hinblick darauf naiv war, dann war Berlin mindestens in gleichem Maße naiv.

Wenn es wirklich so gewesen wäre, dass Deutschland ohne künstlichen Salpeter nur wenige Monate hätte Krieg führen können, wäre der Krieg schon 1914 zu Ende gegangen, da man eben erst im Lauf des Jahres 1915 nennenswerte Mengen davon produzieren konnte.

Brauchte man vor 1915 ja auch nicht.
Erstmal musste man sich in den Winter retten, dazu reichten die eigenen Munitionsvorräte und die Rohstoffvorräte bei der Industrie sicherlich noch.
Über den Winter waren keine besonders munitionsintensiven Kampfhandlungen zu erwarten, da ging schon wegen der Witterung nicht viel in Sachen Offensiven.

Mit Mauersalpeter, Importen aus neutralen Nachbarländern (so lange die eigene Währung noch als einigermaßen Vertrauenwürdig galt oder man andarweitige Inustrielle Überschüsse zum Tauschen hatte, oder für kreditwürdig galt) und dem Umbau von Beutegrät aus Belgien und Nordfrankreich, so wie der Verwendung erbeuteter Vorräter aus diesen Gebieten konnte man sicherlich auch danach noch etwas Zeit überbrücken, aber das waren keine Dauerlösungen, dann musste Abhilfe her, und die kam mit dem Haber-Bosch-Verfahren eben und das war nicht selbstverständlich.

Wir reden hier ja nicht davon, dass Deutschland was die Produktion angeht komplett leerlaufen hätte müssen, um sich gezwungen zu sehen die Waffen zu strecken, ein Einbruch der Munitionsproduktion um 20-30% ohne Aussicht das in mittlerer Zukunft beheben zu können, hätte völlig ausgereicht, weil es die Kampfkraft der deutschen Verbände massiv herabgesetzt und jede deutsche Offensive verunmöglicht hätte.

Ohne Munition für Offensiven zu haben und in einer Situation ständig nur noch auf die Angriffe der Gegenseite reagieren zu können, hätten auch die Militärs schnell zum Frieden geraten.

Ohne gewaltigen Fortschritt in diesem Bereich aus dem sich die Hoffnung ableiten ließ mindestens mittelfristig autark in der Munitionsproduktion zu werden (und das ging nicht mit Mauersalpeter, der half vielleicht ein paar Monate als Überbrückung aber nicht ewig), wäre Deutschland im Winter 1914/1915 in der Situation gewesen den Krieg vernünftiger Weise liquieren zu müssen, da in naher Zukunft aktionsunfähig.

Und dass man in dieser Zeit die Synthetische Produktion so weit ausgebaut bekam, das war nicht selbstervständlich.

BASF hatte 1913 das erste Werk eröffnet, in dem das Haber-Bosch-Verfahren im industriellen Maßsstab zum Einsatz kam, was davor passiert war, war mehr oder weniger experimentelle Chemie ohne besondere Relevanz für die Industrie.
Binnen 2 Jahren aus dem Vorhandensein eines einzigen mikrigen Werkes so weit zu expandieren, dass man damit ein Millionenheer verorgen konnte, das war schon eine außergewöhnliche Leistung, wenn man bedenkt, dass neben dem Aufbau der Produktionsstätten, der Ressourcenbeschaffung dafür (in Konkurrenz zur übrigen Kriegswirtschaft), vor allem noch massenhaft Personal in einem völlig neuen Verfahren angelernt werden musste.

Das das mehr oder minder innerhalb von 2 Jahren, nachdem die erste industrielle Anlage in Betrieb genommen war, im hau-ruck-Verfahren realisiert werden konnte, ließ sich so einfach nicht absehen und wenn es 1-2 Jahre länger gedauert hätte dass zu schaffen, hätte Deutschland den Krieg liquidieren müssen, weil es das nicht hätte überbrücken können.

Wie oben ausgeführt, konnte man nicht davon ausgehen, dass Deutschland nach ein paar Monaten wegen Munitionsmangel kampfunfähig sein würde.

Nicht unbedingt völlig kampfunfähig, aber unfähig noch aussichtsreiche Offensiven unternehmen zu können und zur Reaktion verdammt.

Selbst wenn wäre es naiv gewesen, davon auszugehen, dass Österreich-Ungarn eine solche Niederlage unbeschadet überstehen würde.

Und zwar weil? Österreich-Ungarn hatte auch die Niederlagen von 1859/1869 und 1866/1867 weggesteckt ohne letztendlich völlig auseinander zu fliegen.
In dem Maße, wie es an Gebieten verloren hätte, die nicht deutsch- oder ungarisch waren, hätte es dadurch intern an Stabilität gewonnen.

In Russland gab es schon wegen der Niederlage im Krieg gegen Japan eine Revolution.
Dann schau dir bitte die Verhältnisse in Russland mal an.
1905 weigerte sich der Zar die Selbstherrschaft aufzugeben und auch nur die obersten 10% des Bürgertums an der Macht irgendwie zu beteiligen.
Stattdessen wurden 2 Jahre lang auf Pump ein ziemlich kostenintensiver Krieg geführt, während gleichzeitig die Getreide- und Brotpreise in den Städten explodierten und im Zuge des Petersburger-Blutsonntags waren die hinzugezogenen Truppen (ich weiß aus dem Kopf nicht, ob das angeordnet war oder eigenmächtig passierte) blöd genug Demonstranten, angeführt von einem orthodoxen Geistlichen, die Frauen und Kinder dabei hatten und einfach nur den Zaren um Unterstützung wegen der Lebenssituation bitten wollten, angegriffen.

Wenn man seiner Bevölkerung wirklich jegliches Mitspracherecht verweigert, nichts gegen explodierende Lebensmittelkosten tut, und dann die die Kosaken auf bettelnde Frauen und Kinder angeführt von einem Vertreter der eigenen Geistlichkeit loslässt (oder sie zumindest nicht unter Kontrolle hat), ist es kein Wunder, wenn man im Ergebnis Revolution hat.
Das lag nicht einfach nur in der Niederlage gegen Japan begründet und in Österreich-Ungarn waren die Verhältnisse völlig andere.

Hätte alles so weitergehen können, wie früher? Nein, eine begrenzte Niederlage hätte die Zentralmächte zu inneren Reformen genötigt, und dass hätte vor allem wahrscheinlich das preußische und das ungarische Wahlrecht betroffen.
Wäre aus einer begrenzten Niederlage in einem kurzen Krieg der Zusammenbruch resultiert?

Nein.
 
Nö, darüber kann man nicht streiten. Deutschland war nicht vertraglich gebunden Wie gegen einen Angriff zu unterstützen, den es selbst provozierte.

Genauso wenig wie Frankreich gebunden war, weil Russland ÖU angriff und damit den Eintritt Deutschlands selbst provozierte. Petersburg wußte genau um die Verpflichtung Deutschlands.
 
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