Für mich wäre die Frage, wie hoch der Anteil an Rittern per Ritterschlag in dem Heer war...
Das würde Dir nichts nützen, denn ein Ritterheer bestand aus einem Kontigent ("Schlachthaufen") oder auch mehreren, deren Zahl wiederum von Heer zu Heer verschieden war, da es davon abhing, welcher Lehnsherr sein Heer versammelte.
Ein "Schlachthaufen" umfaßte fünf bis zehn Banner, ein Banner umfaßte eine unteschiedliche Zahl Lanzen (für ~1300 heißt es vier bis sechs Lanzen).
Die Lanze war die kleinste Einheit und bestand aus einem Ritter samt seiner mitgeführten Kämpfer (sowohl Berittene als Fußkämpfer, sowohl Schwere als auch Leichte): im Hochmittelalter konnten einer Lanze durchaus bis zu 20 Kämpfende (plus 2 Nichtkämpfer [Knecht & Mundschenk]) angehören, von denen etwa 5...10 Reiter waren.
Ein hochmittelalterlicher "Schlachthaufen" bestand also aus 500 bis 1000 adligen und nichtadligen Kämpfern, von denen also gewöhnlich 20...50% Reiter waren (im günstigsten Fall auch ca. 60% Reiter). Diese Reiter waren aber eben - wie anhand der Lanze dargelegt - nicht alles Ritter; selbst der Teil, den man als "Schwere Kavallerie mit Lanzen" charakterisieren muß und die oftmals als vergleichbare Berufskämpfer den Rittern zugeschlagen werden, waren überwiegend Sergenten.
Soweit zum Hochmittelalter; denn im Spätmittelalter sanken die Ansprüche immer mehr herab: in der 1. Hälfte des 14. Jh. bestand die Lanze aus einem Ritter, seinem Knappen, einem
Coutiller (Kämpfer mit Langdolch/Kurzschwert), bis zu sechs Bogenschützen, einer nicht festgelegten Anzahl von Fußkämpfern mit Stangenwaffen (Spieß, Kuse) sowie dem Knecht und dem Mundschenk. Ende 14./Anfang 15. Jh. gehörten zur sog. "Vollen Lanze" (
Iance fournie) neben dem Ritter etwa fünf Bewaffnete; 1445 erfolgte in Frankreich durch
Charles VII. die Festlegung auf einen Waffenträger zu Pferde (Ritter, Adligen), einen Knappen/Pagen, einen
Coutiller, zwei Bogenschützen und einen Knecht (
Valet); in Burgund umfaßte diese Einheit in den 1470ern (also unter Karl dem Kühnen) einen Ritter, einen Knappen, drei berittene Bogenschützen, drei Fußkämpfer (Stangenwaffe, Bogen/Armbrust) und einen Knecht.
Um die Mitte des 15. Jh. erfolgte ergo - auch wenn die burgundischen Heere unter Karl dem Kühnen als letzte Ritterheere gelten, welche untergingen - bereits ein Übergang zum Stehenden Heer, zumal auf den Schlachtfeldern seit dem 14. Jh. mehr und mehr die Initiative auf die Infanterie (Gewalthaufen) überging.
... um zu sagen, ob es sich um ein frühneuzeitliches Ritterheer handelt, welches man natürlich von dem mittalalterlichen Ritterheer unterscheiden muss.
Die frühneuzeitlichen Heere waren eben keine Ritterheere mehr, da sie nicht mehr auf der Lanze nach Vasallität aufbauten, sondern entweder diese Lanze den neuen Gegebenheiten angepaßt war (und eben ein Stehendes Heer vorliegt) oder selbst Ritter bzw. ritterliche Adlige (das berühmteste Beispiel ist Kaiser
Maximilian I.) Gewalthaufen in die Schlachten führten. Auch bei dem oft für die letzte Niederlage eines Ritterheeres angeführten Heeresverband, welcher bei
Hemmingstedt 1500 von den Dithmarscher Bauern besiegt wurde, handelte es sich nicht um ein solches: ca. 5000 Mann waren Landwehr (bürgerliches Aufgebot), ca. 4000 Söldner ("Schwarze Garde"), die Ritter umfaßten samt Knechten(!) lediglich 2000 Mann.
Das besondere an den Ritterheeren sehe ich in dem Anteil an Adeligen, welche sozusagen den Kern der kämpfenden Truppe bildeten, während bei späteren Heeren die Adeligen (niederen und hohen) den Kern des oder gar das gesamte Offizierskorps bildete.
Auch wenn - insbesondere im Hochmittelalter - Ritter und (übrigens nichtadlige) Sergenten als Berufskämpfer die Schlachten schlugen und alle anderen quasi als "Hilfstruppe" galten, wäre dies aus den oben dargelegten Gründen zu einfach gedacht.