Wann begann das Ende des Rittertums?

Also ich würde Marbod zustimmen und neben Sempach und Moorgarten auch noch die Schweizer Burgunderkriege mit den Schlachten von Grandson,Murten und Nancy mit einbeziehen.
Spätestens ab diesem Zeitpunkt war klar, daß schwergepanzerte Kavallerie unabhängig von den Geländebedingungen allein durch den taktischen Einsatz von Landsknechtshaufen mit Stangenwaffen jederzeit schlagbar war und damit ihre schlachtentscheidende Rolle im wesentlichen verloren hatte . Die Burgunderkriege hatten in so fern Signalwirkung, als damit klar war, daß ,wie der Absturz Karls des Kühnen und Burgunds zeigte ,keine europäische Macht mehr auf die Landsknechte als zentralen Bestandteil des Heeres verzichten konnte.
 
Möchte hier noch etwas hinzufügen.
Ich denke,eine Unterscheidung zwischen millitärischer Notwendigkeit und gesellschaftlichem Standeserhalt könnte hier durchaus sinnvoll sein. Denn ohne den millitärischen Bedeutungsverlust wäre vielleicht der Ritterstand an sich verkommen, schwer gepanzerte Reiterei hätte es jedoch weiter gegeben,solange sie sinnvoll gewesen wäre. Andersherum hätte der Ritterstand ohne die gesellschaftlichen Veränderungen sicher weiter bestanden,lediglich unter einer Metarmorphose was Ausrüstung und Kampfweise anbelangt.
 
Möchte hier noch etwas hinzufügen.

Da schließe ich mich gleich an, denn ich kann Dir nicht zustimmen...

... ohne den millitärischen Bedeutungsverlust wäre vielleicht der Ritterstand an sich verkommen, schwer gepanzerte Reiterei hätte es jedoch weiter gegeben,solange sie sinnvoll gewesen wäre.

Schwer gepanzerte Reiterei hat es doch auch weiter gegeben; wir hatten das in diesem Thread schon - gehe bspw. einmal zurück zu http://www.geschichtsforum.de/162045-post55.html und http://www.geschichtsforum.de/162075-post56.html.

Andersherum hätte der Ritterstand ohne die gesellschaftlichen Veränderungen sicher weiter bestanden,lediglich unter einer Metarmorphose was Ausrüstung und Kampfweise anbelangt.

Auch das stimmt nicht, denn wie ich bereits im Schlußabschnitt meines Beitrages http://www.geschichtsforum.de/253806-post79.html schrieb, verschwand der Ritterstand ja keineswegs.
Und obgleich ich es nicht mag, mich selbst zu zitieren, hier noch der entscheidende Satz:
Aus diesem Grund spricht übrigens die neuere Forschung auch nicht mehr von einem regelrechten Niedergang, sondern von einem durch ungünstige Rahmenbedingungen begleiteten Selektionsprozeß unter den Geschlechtern.
sowie nochmals der zugehörige Literaturverweis: Andreas Schlunk/Robert Giersch "Die Ritter: Geschichte - Kultur - Alltagsleben" (Begleitbuch zur Ausstellung "Die Ritter" im Historischen Museum der Pfalz Speyer) - Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2003
 
Zwar spielen berittene gepanzerte Einheiten militärisch keine Rolle
mehr.

Aber die Idee des Rittertums lebt auch in der Moderne weiter:

So wurden im 19 Jhdt. der Malteserorden wieder errichtet, ebenso der Ritterorden vom Heiligen Grab
Im zwanzigsten Jahrhundert die Militiae Immaculatae vom heiligen Maksymilian Kolbe neugegründet.
Auch die Templer sind inzwischen als "militia templi" wiederbelebt
und päpstlich anerkannt.
Der Deutsche Ritterorden ist zwar seit 1929 nur noch ein geistlicher Orden,
nimmt aber Laien als Familiaren auf.
Der dem Ordo Teutonicus nahestehende Deutschmeisterbund pflegt allerdings
die militärische Tradition des Ordens.

Ich möchte wetten, dass in den nächsten Jahren weitere Ordensgründungen stattfinden....

Dios lo vult?
 
So wurden im 19 Jhdt. der Malteserorden wieder errichtet...

Der Malteserorden wurde nicht wiedererrichtet, sondern existiert durchgängig seit 1099 (offizielles Gründungsjahr) bis heute; es gab im 19. Jh. lediglich mit Zar Paul I. einen vom Papst nicht anerkannten Großmeister 1799/1801 und von 1805 bis 1879 eine Phase ohne Großmeister, als der Orden von Statthaltern in Rom geleitet wurde.
Lit.: Ernst Staehle "Johanniter und Templer" - Weishaupt Verlag, Gnas 1999

Auch die Templer sind inzwischen als "militia templi" wiederbelebt und päpstlich anerkannt.

Die Militia Templi ist ein Laienritterorden und kein geistlicher Ritterorden (und schon gar nicht ein Kampforden wie das historische Vorbild); zwar beruft man sich auf die Ideale der Templer, beansprucht jedoch keine direkte Abstammung vom historischen (originalen) Templerorden.
Was die päpstliche Anerkennung angeht, so ist die Militia Templi kirchenrechtlich ein "Verein von Gläubigen".
 
Guten Abend

zum Thema Ende des Rittertums kann man viele Gründe sagen,

Ich würd jetzt mal sagen:

- Reformation
- Ende der Stauferzeit (Barbarossa und Co.)
- Entdeckung neuer Länder (Amerika etc.) und neuer Erfindungen z.B. Schießpulver...

Das ist jetzt die Version aus dem Geschichtsunterricht, das Schießpulver war damals mein Beiträg :scheinheilig:. Für mich mit der Wahrscheinlichste, führte doch das Schießpulver dazu, dass tolle Rüstungen, Schwert und Lanze nichts mehr wert waren, gegen Handfeuerwaffen konnten sie nichts ausrichten. Habe auch gelesen, dass die Burgen nichts mehr wert waren und viele durch die Erfindung des Schießpulvers einfach dem Erdboden gleichgemacht wurden

Grüße
Balduin
 
... zum Thema Ende des Rittertums kann man viele Gründe sagen...

Das mit Sicherheit.


Wohl kaum; als die Reformation begann, war das Rittertum i.d.S. bereits vorüber.

- Ende der Stauferzeit (Barbarossa und Co.)

Zum Teil: nach dem Untergang der Staufer setzte bereits während des Interregnums ein Umbruch der althergebrachten gesellschaftlichen Verhältnisse ein, der u.a. einen Aspekt für die v.a. im 14. Jh. offenbar werdende gesellschaftliche Krise des Rittertums darstellte.

- Entdeckung neuer Länder (Amerika etc.)...

Was die (Wieder-)Entdeckung der Neuen Welt mit dem Rittertum zu tun hat, ist mir offen gestanden schleierhaft...

... und neuer Erfindungen z.B. Schießpulver...

Das ist jetzt die Version aus dem Geschichtsunterricht, das Schießpulver war damals mein Beiträg :scheinheilig:. Für mich mit der Wahrscheinlichste, führte doch das Schießpulver dazu, dass tolle Rüstungen, Schwert und Lanze nichts mehr wert waren, gegen Handfeuerwaffen konnten sie nichts ausrichten. Habe auch gelesen, dass die Burgen nichts mehr wert waren und viele durch die Erfindung des Schießpulvers einfach dem Erdboden gleichgemacht wurden...

Da überschätzt Du mE aber einiges...
Es waren eher die Taktiken der neu etablierten Fußtruppen, welche den Ritterheeren schwer zusetzten, zumal die Feuerwaffen zunächst den bis dahin vorherrschenden Schußwaffen (Bogen, Armbrust) noch nachstanden und eher durch ihren Knall auf die Pferde wirkten, die dadurch erschreckt wurden, als durch ihre Durchschlagskraft. Die Rüstungen wurden übrigens mit der Verbesserung der Feuerwaffen zudem ebenfalls immer mehr verstärkt; und es dauerte noch bis ins 16. Jh., bis die Rüstungsfertigung nicht mehr mithalten konnte - und da gab es längst keine Ritterheere mehr.
Daß die Feuerwaffen i.S.v. Geschützen beim Belagern und Ausheben bspw. sog. Raubritterburgen hilfreich waren, stimmt zum Teil, jedoch darf dabei nicht darüber hinweg gesehen werden, daß bereits vorher Wurfgeschütze zur Belagerung von Burgen eingesetzt wurden, die als mindestens ebenso effektiv angesehen werden müssen: http://www.geschichtsforum.de/f246/raetsel-der-vergangenheit-die-mittelalterliche-wurfmaschine-9994/

Zum Niedergang des Rittertums seien nochmals einige Beiträge aus diesem Thread sowie aus einem Nachbarthread verlinkt:
http://www.geschichtsforum.de/94825-post49.html
http://www.geschichtsforum.de/213486-post62.html
http://www.geschichtsforum.de/253806-post79.html
http://www.geschichtsforum.de/153268-post19.html
http://www.geschichtsforum.de/153399-post20.html
 
Da überschätzt Du mE aber einiges...
Es waren eher die Taktiken der neu etablierten Fußtruppen, welche den Ritterheeren schwer zusetzten, zumal die Feuerwaffen zunächst den bis dahin vorherrschenden Schußwaffen (Bogen, Armbrust) noch nachstanden und eher durch ihren Knall auf die Pferde wirkten, die dadurch erschreckt wurden, als durch ihre Durchschlagskraft. Die Rüstungen wurden übrigens mit der Verbesserung der Feuerwaffen zudem ebenfalls immer mehr verstärkt; und es dauerte noch bis ins 16. Jh., bis die Rüstungsfertigung nicht mehr mithalten konnte - und da gab es längst keine Ritterheere mehr.
Insgesamt stimme ich dir zu, wobei man aber sagen muss, dass die Handbüchsen schon die einfacheren Platten der Infanterie (also die in Masse produzierten Rüstungsteile) durchschlagen konnte. Eine Handbüchsekugel des 15.Jhd. wies eine Intialenergie von bis zu 1000 Joule auf! Die aus dem 16.Jhd. mit gekörntem Pulver, sogar bis zu 3000 Joule! Da konnt wirklich nur die besten harnische mithalten. Also die Masse an Soldatenw ar denen auf kurze Distanz Schutzlos ausgeliefert.
Aber das war ja auch nciht der wirkliche Vorteil einer Handbüchse.
Wichtiger waren die geringen Produktions- und Asubildungskosten/zeiten. Während man für die sichere Handhabung eines Bogens ein ganzes Leben trainieren kann, kann man einen Büchsenschützen in ein paar Tagen ausbilden. Man hatte quasi den vorteil der Armbrust + geringen kosten! Perfekt für die MAssenheere des SpäMi!

Taktiken der Infanterie
Also die Taktik, Spieße in einer dichten Formation gegen anstürmende Kavallerie einzusetzen, ist wohl so alt, wie die Kavallerie selbst.
Das Problem ist einfach, dass so ein 50km/h fahrender Kleinwagen, konzentriert auf eine Lanzenspitze, nicht so einfach aufzuhalten ist, besonders dann nicht, wenn er 500 Kumpels mitgebracht hat. :friends:
Nicht nur der physische sondern auch der psychische Druck waren ausschlaggebend.
Dagegen brauch man einen ekzessiven Drill, den erst die Schweizer, die ja als Modell für die späte Infanterie hergehalten haben, so wirklich wieder eingeführt haben, eben weil man Zeit und Anlass dazu hatte. Diese Bedingungen waren vorher nicht gegeben!
Wenn man die Kavallerie einmal zum Stillstand kriegt und man sich shcnell vom Schock erhohlen kann, sehen sie in einem Wald aus Spießen wohl nicht mehr ganz so gut aus.:D

Insgesamt halte ich die gesellschaftliche Umstrukturierung für den Untergang der Ritter. Das aufstrebende Bürgertum hatte Kapital und konnte es sich leisten, massenweise Söldner anzuheuern. Die waren billiger als die Ritter (die sich wahrscheinlich eh nicht dazu herab gelassen hätten) und trotzdem effektiv. Der Stand der Ritter wurde unwichtig und ging unter in den Massenheeren des SpäMi.
 
Insgesamt halte ich die gesellschaftliche Umstrukturierung für den Untergang der Ritter. Das aufstrebende Bürgertum hatte Kapital und konnte es sich leisten, massenweise Söldner anzuheuern. Die waren billiger als die Ritter (die sich wahrscheinlich eh nicht dazu herab gelassen hätten) und trotzdem effektiv. Der Stand der Ritter wurde unwichtig und ging unter in den Massenheeren des SpäMi.
Sollte das bedeuten, dass die Städte gesellschaftlich die Rolle der Ritter einnahmen? Der Stand der Ritter, wenn wir jetzt vom politischen sprechen, wurde ganz unterschiedlich in den Gegenden verändert. Die Reichsritterschaft existierte teilw. auch erfolgreich bis ins 19.Jh. (1806) weiter, aber da gab es regionale Unterschiede.

Ich denke aber, es soll beim Niedergang des Rittertums, wenn dies hier Thema sein sollte, eher um das gehen, was man langläufig darunter versteht, nämlich das Ende der "Ritterheere", da die Ritter als Teil des niederen Adels die ganze Frühe Neuzeit hindurch immer noch wichtige Aufgaben in den meisten Staaten erfüllten.

Die Ritterorden etc. würde ich ebenso wie die Rolle des Ritters als Lehensträger aus der Betrachtung heraus nehmen, weil dabei eine Kontinuität bis in die Neuzeit oder bis in die Frühe Neuzeit fortbestand, wobei die einschneidenderen Ereignisse eher in der Aufklärung, Franz. Revolution etc. zu sehen sind.

Militärisch betrachtet würde ich im 15./16.Jh. den Wandel vom (maßgeblichen) Teil der Kav. zu einer Funktion als Offiziere etc. ansehen. Es war ja nicht so, dass schwere Kavallerie grundsätzlich nicht mehr benötigt wurde und dessen Ausrüstung, z.B. der Lanzenreiter des 16.Jh. wich auch nicht so eklatant von jener der Ritter ab, aber man brauchte dafür nicht mehr unbedingt den adeligen Kämpfer, sondern konnte auch einen Söldner hernehmen. Wenn man sich überlegt, welche Ausbildung ein Ritter genoss, um bei Hofe, in der Gesellschaft, in der Führung seines Lehens etc. erfolgreich zu sein, war der Einsatz dieser "Fachkräfte" eigentlich in Zeiten der immer größer werdenden Heere auch eine ziemliche Verschwendung.:grübel::D
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann erlaube ich mir auch noch einige Anmerkungen...

Insgesamt stimme ich dir zu, wobei man aber sagen muss, dass die Handbüchsen schon die einfacheren Platten der Infanterie (also die in Masse produzierten Rüstungsteile) durchschlagen konnte. Eine Handbüchsekugel des 15.Jhd. wies eine Intialenergie von bis zu 1000 Joule auf! Die aus dem 16.Jhd. mit gekörntem Pulver, sogar bis zu 3000 Joule! Da konnt wirklich nur die besten harnische mithalten. Also die Masse an Soldatenw ar denen auf kurze Distanz Schutzlos ausgeliefert.

Dem widerspreche ich überhaupt nicht; nur gilt es dabei eben zu bedenken, daß zu der Zeit, über welche Du sprichst (15. & 16. Jh.), die Zeit der "klassischen" Ritterheere bereits vorüber war.

Aber das war ja auch nciht der wirkliche Vorteil einer Handbüchse.
Wichtiger waren die geringen Produktions- und Asubildungskosten/zeiten. Während man für die sichere Handhabung eines Bogens ein ganzes Leben trainieren kann, kann man einen Büchsenschützen in ein paar Tagen ausbilden. Man hatte quasi den vorteil der Armbrust + geringen kosten! Perfekt für die MAssenheere des SpäMi!

Erneut kein Widerspruch.
Auch hier gilt aber wiederum, daß zu der Zeit, in welcher dies zum Tragen kam, die letzten Ritterheere untergingen bzw. bereist untergegangen waren.

... die Taktik, Spieße in einer dichten Formation gegen anstürmende Kavallerie einzusetzen, ist wohl so alt, wie die Kavallerie selbst.
Das Problem ist einfach, dass so ein 50km/h fahrender Kleinwagen, konzentriert auf eine Lanzenspitze, nicht so einfach aufzuhalten ist, besonders dann nicht, wenn er 500 Kumpels mitgebracht hat. :friends:
Nicht nur der physische sondern auch der psychische Druck waren ausschlaggebend.
Dagegen brauch man einen ekzessiven Drill, den erst die Schweizer, die ja als Modell für die späte Infanterie hergehalten haben, so wirklich wieder eingeführt haben, eben weil man Zeit und Anlass dazu hatte...

Unbedingt zu berücksichtigen ist hier ebenfalls noch, daß wir fürs Hochmittelalter nicht von Stangenwaffen ausgehen können, welche die Dimension der späteren Landsknechtpiken (5...6 m Länge) erreichten, sondern bspw. während der Blütezeit des Rittertums (Hochmittelalter im 11. bis 13. Jh.) deutlich kürzer waren als die ritterlichen Lanzen (2,00...2,20 m vs. 2,50...3,00 m).

Insgesamt halte ich die gesellschaftliche Umstrukturierung für den Untergang der Ritter. Das aufstrebende Bürgertum hatte Kapital und konnte es sich leisten, massenweise Söldner anzuheuern. Die waren billiger als die Ritter (die sich wahrscheinlich eh nicht dazu herab gelassen hätten) und trotzdem effektiv. Der Stand der Ritter wurde unwichtig und ging unter in den Massenheeren des SpäMi.
Sollte das bedeuten, dass die Städte gesellschaftlich die Rolle der Ritter einnahmen? Der Stand der Ritter, wenn wir jetzt vom politischen sprechen, wurde ganz unterschiedlich in den Gegenden verändert. Die Reichsritterschaft existierte teilw. auch erfolgreich bis ins 19.Jh. (1806) weiter, aber da gab es regionale Unterschiede.

Ich hatte mich bemüht, dies bereits in einem früheren Beitrag darzulegen.
Die Ritter fanden durchaus auch eine neue Rolle in der Gesellschaft, bspw. auch in den Städten. Es gelang somit einigen Geschlechtern, die gesellschaftliche Krise zu überleben: zum einen beim landständischen Adel bspw. durch Übernahme von Pfleger-, Landrichter- und Amtsmannposten (Wahrnehmen von Gerichtsrechten, Polizeibefugnissen und Verwaltungsaufgaben für den Landesherrn), zum anderen durch Integration in die städtische Oberschicht, wo bspw. der Ministerialität entstammende Geschlechter die neuen wirtschaftlichen Möglichkeiten nutzten (z.B. Fernhandel).
Daher sollte man eben auch nicht mehr von einem regelrechten Niedergang sprechen, sondern von einem durch ungünstige Rahmenbedingungen begleiteten Selektionsprozeß unter den Geschlechtern.

Ich denke aber, es soll beim Niedergang des Rittertums, wenn dies hier Thema sein sollte, eher um das gehen, was man langläufig darunter versteht, nämlich das Ende der "Ritterheere", da die Ritter als Teil des niederen Adels die ganze Frühe Neuzeit hindurch immer noch wichtige Aufgaben in den meisten Staaten erfüllten.

Es sollte eben nicht nur um den militärischen, sondern auch um den gesellschaftlichen und sozialen Aspekt gehen, denn das Rittertum definierte sich bekanntlich nicht nur über den Stand der Kämpfenden, sondern auch seinen Platz im Lehnssystem sowie seine damit verbundene Lebensweise und Weltsicht.

Die Ritterorden etc. würde ich ebenso wie die Rolle des Ritters als Lehensträger aus der Betrachtung heraus nehmen, weil dabei eine Kontinuität bis in die Neuzeit oder bis in die Frühe Neuzeit fortbestand, wobei die einschneidenderen Ereignisse eher in der Aufklärung, Franz. Revolution etc. zu sehen sind.

Das Mönchsrittertum als Sonderform des Rittertums verdient dabei
Wenn ich da bspw. die Johanniter betrachte, so mußten auch diese neben der Öffnung für neue militärische Entwicklungen ihre Rolle bereits ab dem Spätmittelalter neu finden; sie fanden sie auf Rhodos und Malta in der Türkenabwehr. Allerdings hast Du recht, daß der Malteserorden dann allerdings bis ins 18. Jh. seiner traditionellen Lebensweise grundsätzlich noch weitgehend folgen konnte.

Militärisch betrachtet würde ich im 15./16.Jh. den Wandel vom (maßgeblichen) Teil der Kav. zu einer Funktion als Offiziere etc. ansehen. Es war ja nicht so, dass schwere Kavallerie grundsätzlich nicht mehr benötigt wurde und dessen Ausrüstung, z.B. der Lanzenreiter des 16.Jh. wich auch nicht so eklatant von jener der Ritter ab, aber man brauchte dafür nicht mehr unbedingt den adeligen Kämpfer, sondern konnte auch einen Söldner hernehmen. Wenn man sich überlegt, welche Ausbildung ein Ritter genoss, um bei Hofe, in der Gesellschaft, in der Führung seines Lehens etc. erfolgreich zu sein, war der Einsatz dieser "Fachkräfte" eigentlich in Zeiten der immer größer werdenden Heere auch eine ziemliche Verschwendung.:grübel::D

Dem ist allerdings hinzuzufügen, daß vormals ritterlicher Adel im militärischen Bereich durchaus in der frühneuzeitlichen schweren Kavallerie ein neues Betätigungsfeld fand. Allerdings hast Du auch hier insofern recht, daß man hier nicht mehr unbedingt auf einen speziell festgelegten Stand angewiesen war.
 
Daher sollte man eben auch nicht mehr von einem regelrechten Niedergang sprechen, sondern von einem durch ungünstige Rahmenbedingungen begleiteten Selektionsprozeß unter den Geschlechtern.
Stimmt denn der Niedergang ist ja gewisserweise Ansichtssache, auch wenn die Bezeichnung, wenn ich mich recht entsinne, immer mal wieder auch in Sachbüchern auftaucht.

Der Ritter als Söldner ist wiederum ein eigenes Thema, wobei es schwierig ist zwischen dem Ritter auf adeliger Kavalierstour unterwegs ist und in fremden Ländern und Armeen einfach die dortige Lebensart kennenlernen will, und dem Ritter, der finanziell auf solche Dienste angewiesen war, deutlich zu trennen. Die Grenzen sind sicherlich fließend.

Zum Rittertum im Spätmittelalter ist es interessant anzuschauen, wie die Aufgebote von manchen Städten ausschauten, wo schonmal Ritter dabei waren, welche innerhalb der Mauern der Städte wohnten und eben nicht von dem "klassischen" Felsennest, welches uns Hutten beschreibt, "hausten".

Leider bin ich kein Mittelalterkenner, aber der schleichende Prozess, welcher überall regional unterschiedlich abgeschlossen wurde und hin zu einem neuen Status, auch einer neuen Selbstauffassung des Ritters führte ist schon spannend. Dabei darf man Ritter nicht ganz singulär sehen, es geht um die Umsituierung des gesamten Adels, vom Kleinsten bis zum Höchsten. Die Grafen, Herzoge, Könige usw. allesamt waren sie "auch" Ritter, manche mehr manche weniger, aber alle trugen sie zum Bild des Rittertums bei, welches sich schwerlich nur durch Einflüsse von außen sondern auch durch Entwicklungen von innen erklären lassen muss.

Wenn wir die ritterliche Kampfesweise als Teil der Selbstauffassung des Ritters anschauen, dann können wir uns durch eine Modifizierung des Kodex etc. auch den Pistolen schwingenden Ritter vorstellen, solange diejenigen welche Heere aufstellten, die Rolle des Ritters akzeptierten und nicht, vielleicht durch finanzielle aber auch andere Beweggründe, dazu gezwungen oder veranlasst waren, diese anzuzweifeln, spielten sie diese ganz ausschließlich.


Zum Ende der Stauferzeit: Die Erklärung wäre dann aber doch immerhin für einen großen Raum zutreffend oder zumindest denkbar, nämlich Italien, Burgund, Böhmen etc. also jene Gebiete, wo der Kaiser direkten Einfluss hatte. In Ländern mit ohnedies geringem Einfluss des Kaisers ist die Deutung fraglicher. Ebenso fragt sich, ob dies zu einem Niedergang beitrug oder ob, bspw. die Zersplitterung der großen Territorien nicht auch eine Chance für viele Ritter war, wobei wir wiederum bei dem eingangs von mir verwendeten Zitat von timo wären. Wir haben deutliche Zeitpunkte des Wandels, aber die Bewertung ist nicht einfach.:grübel:
 
Nur noch zwei Anmerkungen von mir...

Der Ritter als Söldner ist wiederum ein eigenes Thema, wobei es schwierig ist zwischen dem Ritter auf adeliger Kavalierstour unterwegs ist und in fremden Ländern und Armeen einfach die dortige Lebensart kennenlernen will, und dem Ritter, der finanziell auf solche Dienste angewiesen war, deutlich zu trennen. Die Grenzen sind sicherlich fließend.

Peter Thorau hat dazu eine Abhandlung geschrieben:
Der Krieg und das Geld schrieb:
Dargelegt wurde, daß sich das Heer Friedrichs II. nicht vorwiegend - wie meist angenommen- aus Söldnern rekrutierte, sondern der Kaiser im militärischen Bereich grundsätzlich auf der aus dem Lehnrecht abgeleiteten Heerfolge seiner Vasallen bestand. Da die Heranziehung zum Kriegsdienst aber eine zunehmende wirtschaftliche Belastung für seine Vasallen darstellte, ging Friedrich II. vermehrt dazu über, sie ebenso mit Geld zu entlohnen wie die außerhalb des engeren Lehnsverbandes stehenden milites. Dies führte zwar angesichts der daraus resultierenden immensen Kosten zu inflationären Zuständen und zu einer Erschöpfung des regnum Siciliae, jedoch bewirkte die bloße Bezahlung noch keine "Versöldnerung" des Lehnskriegertums.
Diese bislang gängige Einschätzung geht von der falschen Prämisse aus, daß irgendwann im Mittelalter Kriegsdienst ohne eine wie auch immer geartete Entlohnung geleistet wurde - und werden konnte- und daß die pekuniäre Entschädigung den Ritter zum Söldner gemacht habe.
Abweichend von der bisherigen Forschungsmeinung ist stattdessen festzuhalten: Bezahlung - gleichgültig in welcher Form - stellt für sich allein noch keine Depravierung des Lehnrechts dar und macht aus dem Ritter noch keinen "Soldritter" oder Söldner. Mit der Terminologie "Soldritter" bzw. Söldner sollte daher künftig behutsamer umgegangen werden, will man militärgeschichtliche Aspekte der mittelalterlichen Geschichte darstellen.
Text von R. Oldenbourg Verlag: Historische Zeitschrift

Wenn wir die ritterliche Kampfesweise als Teil der Selbstauffassung des Ritters anschauen, dann können wir uns durch eine Modifizierung des Kodex etc. auch den Pistolen schwingenden Ritter vorstellen, solange diejenigen welche Heere aufstellten, die Rolle des Ritters akzeptierten und nicht, vielleicht durch finanzielle aber auch andere Beweggründe, dazu gezwungen oder veranlasst waren, diese anzuzweifeln, spielten sie diese ganz ausschließlich.

Derartige Ehrauffassungen u. dgl. sind ja auch in der Neuzeit keineswegs verloren gegangen: die neuzeitliche Kavallerie hielt an ritterlichen Idealen fest, als längst Feuerwaffen auch von ihr eingesetzt wurden; und selbst noch Kampfpiloten im 1. Weltkrieg sahen ihre Kampfeinsätze noch als Zweikämpfe am Himmel, in denen Fairness und Ehrenhaftigkeit zu befolgen sei.
 
Peter Thorau hat dazu eine Abhandlung geschrieben:

Text von R. Oldenbourg Verlag: Historische Zeitschrift
Das Beispiel hatten wir schon (vielleicht an anderer Stelle) und bis zu den Rittern, welche in den Ordonnanzkompanien der französischen Könige des 15. und 16.Jh. agierten, hatten wir die Spur des Wandels des Ritters im Kriegsgeschäft bereits verfolgt, weshalb die Antwort auf das "Wann" ja so schwierig wird, da wir soviele "Ja aber"-Beispiele finden können, welche einem konkreten Ende des Rittertums und vor allem im späten Mittelalter angesiedelt, widersprechen. Bei der Frage, welche Infanterie die Ritterangriffe stoppen konnte, sind wir ja auch zur einfachen, vielleicht für manchen verblüffenden, Antwort gekommen: jede - die genug diszipliniert und gedrillt ist.
Das Rittertum wurde weniger von äußeren Eindrücken errichtet, als von dem Aufbau eines eigenen Verständnisses konstruiert. Das Ende rührt auch nicht von der Waffentechnik, sondern zum einen von den Entscheidungen von Standesgenossen des Ritterstandes selbst, zum anderen von einer Hinterfragung der ständischen Ordnung, welche ich ganz frech z.T. dem Zugang eines breiten Teils des 3. Standes zu Bildung und Printmedien zuschreiben würde. Die diesbezüglichen Probleme trafen aber auch nicht bloß die Ritterschaft sondern, so fest wie diese in die ganze existierende Ordnung verwurzelt war, auch kein Wunder, den gesamten Adel.

Entschuldige bitte timo, dass ich gerade deswegen nicht nachgeschlagen habe, um meine These zu untermauern.:rotwerd:
 
Die ritterliche Ehrauffassung galt doch wohl nur gegenüber seinesgleichen.

Bei der Frage, welche Infanterie die Ritterangriffe stoppen konnte, sind wir ja auch zur einfachen, vielleicht für manchen verblüffenden, Antwort gekommen: jede - die genug diszipliniert und gedrillt ist.

Das sehe ich nicht ganz so: Lange Stangenwaffen in geschlossener Formation müssen da schon sein. Berufskämpfer wie Schweizer und deutsche Landknechte hatten da wohl nur wenig zu fürchten, aber gibt andere Beispiele. Im Bauernkrieg 1525 war es fast immer die schwere Reiterei des Truchsess von Waldburg, die die Sonntagskrieger aus den aufständischen Haufen auseinandertrieb und erbarmungslos abmetzelte. Soviel zur vielgepriesenen Ritterlichkeit.
 
Die ritterliche Ehrauffassung galt doch wohl nur gegenüber seinesgleichen.

Natürlich; es war ein Ehrenkodex einer gesellschaftlichen Schicht von Berufskämpfern - hier Ritter und Sergenten - gemäß der mittelalterlichen Dreiteilung in Betende, Kämfende und Arbeitende. Demzufolge besagte diese Ehrauffassung auch, daß man seinesgleichen eben so behandelte, wie man selbst behandelt werden wollte.

Berufskämpfer wie Schweizer und deutsche Landknechte hatten da wohl nur wenig zu fürchten, aber gibt andere Beispiele. Im Bauernkrieg 1525 war es fast immer die schwere Reiterei des Truchsess von Waldburg, die die Sonntagskrieger aus den aufständischen Haufen auseinandertrieb und erbarmungslos abmetzelte. Soviel zur vielgepriesenen Ritterlichkeit.

Auf Söldnereinheiten wurde während ihrer Anfangszeit durchaus ebenso herabgesehen wie bereits zuvor auf das gemeine Fußvolk. Respekt gab es lediglich gegenüber denjenigen Söldnern, die auf der eigenen Seite kämpften: ein diesbezüglich anschauliches Beispiel ist die Schlacht von Falkirk (1298).
In den Schlachten, wo sich ansonsten noch Ritterheere und Gewalthaufen gegenüberstanden, läßt sich das Ganze ehedem nur vermuten, da in diesen Schlachten die Ritter bekanntlich besiegt wurden.
Als man von Schweizern und Landsknechten als Berufskämpfer spricht, wurden bzw. waren die letzten Ritterheere bereits selbst Geschichte, und Ritter führten sogar längst selbst Söldnerheere und Gewalthaufen in die Schlacht. Insofern ist auch die schwere Reiterei im Heer des Georg Truchsess von Waldburg-Zeil ("Bauernjörg") bereits als frühneuzeitliche Kavallerie und nicht mehr als Ritter zu charakterisieren.
Und selbst wenn dem so wäre: Aufständische Bauernhaufen wurden - wie oben verdeutlicht - nicht als regulär Kämpfende anerkannt, woraus sich das aus unserer Sicht "unritterliche" Verhalten der Schweren Kavallerie ergibt.
 
Als man von Schweizern und Landsknechten als Berufskämpfer spricht, wurden bzw. waren die letzten Ritterheere bereits selbst Geschichte, und Ritter führten sogar längst selbst Söldnerheere und Gewalthaufen in die Schlacht. Insofern ist auch die schwere Reiterei im Heer des Georg Truchsess von Waldburg-Zeil ("Bauernjörg") bereits als frühneuzeitliche Kavallerie und nicht mehr als Ritter zu charakterisieren.
Für mich wäre die Frage, wie hoch der Anteil an Rittern per Ritterschlag in dem Heer war, um zu sagen, ob es sich um ein frühneuzeitliches Ritterheer handelt, welches man natürlich von dem mittalalterlichen Ritterheer unterscheiden muss.
Das besondere an den Ritterheeren sehe ich in dem Anteil an Adeligen, welche sozusagen den Kern der kämpfenden Truppe bildeten, während bei späteren Heeren die Adeligen (niederen und hohen) den Kern des oder gar das gesamte Offizierskorps bildete.
 
Für mich wäre die Frage, wie hoch der Anteil an Rittern per Ritterschlag in dem Heer war...

Das würde Dir nichts nützen, denn ein Ritterheer bestand aus einem Kontigent ("Schlachthaufen") oder auch mehreren, deren Zahl wiederum von Heer zu Heer verschieden war, da es davon abhing, welcher Lehnsherr sein Heer versammelte.
Ein "Schlachthaufen" umfaßte fünf bis zehn Banner, ein Banner umfaßte eine unteschiedliche Zahl Lanzen (für ~1300 heißt es vier bis sechs Lanzen).
Die Lanze war die kleinste Einheit und bestand aus einem Ritter samt seiner mitgeführten Kämpfer (sowohl Berittene als Fußkämpfer, sowohl Schwere als auch Leichte): im Hochmittelalter konnten einer Lanze durchaus bis zu 20 Kämpfende (plus 2 Nichtkämpfer [Knecht & Mundschenk]) angehören, von denen etwa 5...10 Reiter waren.
Ein hochmittelalterlicher "Schlachthaufen" bestand also aus 500 bis 1000 adligen und nichtadligen Kämpfern, von denen also gewöhnlich 20...50% Reiter waren (im günstigsten Fall auch ca. 60% Reiter). Diese Reiter waren aber eben - wie anhand der Lanze dargelegt - nicht alles Ritter; selbst der Teil, den man als "Schwere Kavallerie mit Lanzen" charakterisieren muß und die oftmals als vergleichbare Berufskämpfer den Rittern zugeschlagen werden, waren überwiegend Sergenten.

Soweit zum Hochmittelalter; denn im Spätmittelalter sanken die Ansprüche immer mehr herab: in der 1. Hälfte des 14. Jh. bestand die Lanze aus einem Ritter, seinem Knappen, einem Coutiller (Kämpfer mit Langdolch/Kurzschwert), bis zu sechs Bogenschützen, einer nicht festgelegten Anzahl von Fußkämpfern mit Stangenwaffen (Spieß, Kuse) sowie dem Knecht und dem Mundschenk. Ende 14./Anfang 15. Jh. gehörten zur sog. "Vollen Lanze" (Iance fournie) neben dem Ritter etwa fünf Bewaffnete; 1445 erfolgte in Frankreich durch Charles VII. die Festlegung auf einen Waffenträger zu Pferde (Ritter, Adligen), einen Knappen/Pagen, einen Coutiller, zwei Bogenschützen und einen Knecht (Valet); in Burgund umfaßte diese Einheit in den 1470ern (also unter Karl dem Kühnen) einen Ritter, einen Knappen, drei berittene Bogenschützen, drei Fußkämpfer (Stangenwaffe, Bogen/Armbrust) und einen Knecht.

Um die Mitte des 15. Jh. erfolgte ergo - auch wenn die burgundischen Heere unter Karl dem Kühnen als letzte Ritterheere gelten, welche untergingen - bereits ein Übergang zum Stehenden Heer, zumal auf den Schlachtfeldern seit dem 14. Jh. mehr und mehr die Initiative auf die Infanterie (Gewalthaufen) überging.

... um zu sagen, ob es sich um ein frühneuzeitliches Ritterheer handelt, welches man natürlich von dem mittalalterlichen Ritterheer unterscheiden muss.

Die frühneuzeitlichen Heere waren eben keine Ritterheere mehr, da sie nicht mehr auf der Lanze nach Vasallität aufbauten, sondern entweder diese Lanze den neuen Gegebenheiten angepaßt war (und eben ein Stehendes Heer vorliegt) oder selbst Ritter bzw. ritterliche Adlige (das berühmteste Beispiel ist Kaiser Maximilian I.) Gewalthaufen in die Schlachten führten. Auch bei dem oft für die letzte Niederlage eines Ritterheeres angeführten Heeresverband, welcher bei Hemmingstedt 1500 von den Dithmarscher Bauern besiegt wurde, handelte es sich nicht um ein solches: ca. 5000 Mann waren Landwehr (bürgerliches Aufgebot), ca. 4000 Söldner ("Schwarze Garde"), die Ritter umfaßten samt Knechten(!) lediglich 2000 Mann.

Das besondere an den Ritterheeren sehe ich in dem Anteil an Adeligen, welche sozusagen den Kern der kämpfenden Truppe bildeten, während bei späteren Heeren die Adeligen (niederen und hohen) den Kern des oder gar das gesamte Offizierskorps bildete.

Auch wenn - insbesondere im Hochmittelalter - Ritter und (übrigens nichtadlige) Sergenten als Berufskämpfer die Schlachten schlugen und alle anderen quasi als "Hilfstruppe" galten, wäre dies aus den oben dargelegten Gründen zu einfach gedacht.
 
Auch wenn - insbesondere im Hochmittelalter - Ritter und (übrigens nichtadlige) Sergenten als Berufskämpfer die Schlachten schlugen und alle anderen quasi als "Hilfstruppe" galten, wäre dies aus den oben dargelegten Gründen zu einfach gedacht.
Das ist mir alles klar und durch Literatur bewusst. Mir ging es allerdings darum, dass innerhalb der Lanzen die Ritter doch als Kavalleristen selbst mitfochten, das machte den Unterschied dann zur Zeit der stehenden Heere aus (von Ausnahmen wie das "Garde du Corps" in Preußen mal abgesehen). Wenn der Prozentsatz an Adeligen in einem Heer ähnlich demjenigen in der Zeit der Ritterheere (also solcher Heere wie dem franz. Heer bei Crécy z.B.) ist, würde ich von einem Ritterheer sprechen, auch wenn sich die Taktik und Ähnliches durch die Veränderung von Rüstungen und Waffen ein wenig geändert haben sollte.

Bei dem Heer des Truchsess von Waldburg-Zell würde ich aber auch ohnehin von einem hohen Anteil an Landsknechten ausgehen (Wikipedia spricht von anfangs 4.000 Landsknechten). D.h. die Rolle der adeligen Kämpfer (also Ritter), wenn denn so vorhandenen, dürfte marginal gewesen sein. Überhaupt habe ich manchmal den Eindruck, dass in der Literatur bisweilen der Begriff "Ritterheer" eher ungezügelt und ideologisch verwendet wird, wie wenn man in der DDR-Literatur bei napoleonischen Heeren im Gegensatz zu den "guten" Gegnern von Landsknechten sprach, auch wenn der Landsknecht eigentlich seit dem 16.Jh. nicht mehr existierte.
 
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