Die Fürsten lebten im Luxus, die Bauern mussten darben!

Dafür, dass die Begriffe "Bauern" und "darben" im 18.Jh. nur bedingt zusammen passen spricht eine sehr schöne Primärquelle.
Die Memoiren eines Tyroler Waisenknaben (der es später als Possenreißer bis an den Wiener Hof schaffte):
leider hab ich sie nicht mehr parat und kann nur aus dem Gedächtnis zitieren. Nachdem seine Eltern gestorben waren wollte er sich zunächst als Sennerbub verdingen, aber ein wohlwollender Nachbar meinte zu ihm, dass er dann ja im Winter nichts zu tun hätte und legte ihm das Geld aus um bei einem Großhändler eine Kraxe und ein Fass Öl zu kaufen, damit er als Hausierer herumziehen konnte.
Er schrieb, dass er statt in die Städte, auf dem Land umherzog (vor allem in Bayern) und dort die Bauernhöfe abklapperte. Dort konnte er zwar nicht so viel Öl verkaufen, aber er bekam von den Bäuerinnen immer etwas zu essen und durfte auf der warmen Ofenbank schlafen. Ich glaube in dem Zusammenhang schrieb er auch, dass ihn eine Bäuerin mit so vielen Dampfnudeln gefüttert hätte, dass er nicht mehr konnte (und ich denke das heißt bei einem zehnjährigen, der den ganzen Tag marschiert ist einiges ;)
 
Genau hier liegt die Krux, wehalb man vom verkommenen, haltlosen und verschwenderischen Adel und Großbürgertum sprach.
Wobei man nicht vergessen sollte, dass man Adel und Reichtum nicht gleichsetzen darf. In der Bretagne gab es zum Beispiel einen "armen" Geburtsadel 77% des Adels des Adels von Plouha unterschieden sich durch nichts außer dem Titel von den übrigen Bauern (Sprichwort: Noblaz plouha, noblaz netia). Ca. 1/3 des Adels von Saint-Brieuc wurde sogar zum Adelsplebs gezählt.
Quelle: "der Mensch der Aufklärung" Michel Vovelle

Dafür, dass die Begriffe "Bauern" und "darben" im 18.Jh. nur bedingt zusammen passen spricht eine sehr schöne Primärquelle.
Dem würde ich zustimmen, dieses Klischee trifft wohl eher auf Tagelöhner zu. Während des "guerre des farines" (Mehlkrieg) im Jahre 1775 wurden zB. die großen Bauernhöfe geplündert. In Beaumont-sur-Oise (Ursprung des Aufstandes) griff der im nachher zum Tode verurteilte Tagelöhner Charles Degaast einen Bauern an, der ihn am Plündern der Mehlsäcke hindern wollte.
Die Situation "der" Bauern muss man differenziert betrachten, genau wie die des Adels. In der Region um Paris waren die Bauern zum großteil wohlhabend und beschäftigten Tagelöhner (oftmals verarmte Kleinbauern). In der Bretagne sah es da schon wieder ganz anders aus.

Gruß An Dro
 
1.
Dem würde ich zustimmen, dieses Klischee trifft wohl eher auf Tagelöhner zu. Während des "guerre des farines" (Mehlkrieg) im Jahre 1775 wurden zB. die großen Bauernhöfe geplündert. In Beaumont-sur-Oise (Ursprung des Aufstandes) griff der im nachher zum Tode verurteilte Tagelöhner Charles Degaast einen Bauern an, der ihn am Plündern der Mehlsäcke hindern wollte.

2.
Die Situation "der" Bauern muss man differenziert betrachten, genau wie die des Adels. In der Region um Paris waren die Bauern zum großteil wohlhabend und beschäftigten Tagelöhner (oftmals verarmte Kleinbauern). In der Bretagne sah es da schon wieder ganz anders aus.
1. Oder eben auf die Kleinbauern, wie ich sie schon mal erwähnte.

2. Ich denke, da kann man Parallelen durchaus zwischen Frankreich und dem HRR finden, wobei die Unterschiede im HRR durch die Grenzen zwischen den einzelnen Reichsständen und ihre unterschiedliche Wirtschaftspolitik z.B. bedingt gewesen sein mochten. In Frankreich hängt das neben Gründen in der Topograhie, anderes Klima, andere Böden etc. sicherlich auch an Traditionen. Die Bretagne wurde ja bis in die beginnende Neuzeit noch seperat von Frankreich regiert. Hier entwickelte sich der Adel auch ganz anders vielleicht gerade daher.
 
zu 2
Sicherlich einer der Gründe für die Aufstände gegen die frz. Revolution in der Bretagne und der Vendee. Einer der Anführer, François Athanase de Charette de la Contrie, des Vendeeaufstandes war zum Beispiel ein Landadliger (allerdings relativ erfolgreich). Es gab soweit ich mich erinnern kann mehrere andere Ballungsräume des Adelsplebs; unter anderem Spanien und Polen.

zu den Kriterien:
Ich habe erst neulich gelesen das um Paris hauptsächlich Mehl für Weißbrot angebaut wurde, also eigentlich keine Ware für den Tagelöhner oder Kleinbauern.

 

zu den Kriterien:
Ich habe erst neulich gelesen das um Paris hauptsächlich Mehl für Weißbrot angebaut wurde, also eigentlich keine Ware für den Tagelöhner oder Kleinbauern.

Ach deswegen hat die Marie-Antoinette gesagt, dass sie lieber Kuchen essen sollen :D

Spaß beiseite, Paris war ja sicherlich im Zeitalter des Barock kein so kleines Dorf mehr und es dürfte genug Wohlstand geherrscht haben, um die Nachfrage nach Weißbrot entsprechend zu generieren. Immerhin war ja auch der Hof dort bzw. in der Nähe.
 
Mir ist über die Feiertage ein Lied aus dem 17.Jh. vorgekommen, das eigentlich ganz gut zu dem Thread passt. Interessant daran ist das eigentlich typische durchaus vorhandene Selbstbewusstsein des Bauernstandes.

"Ich bin ein freier Bauernknecht"

"Ich habe auch keinen Rittersitz
Bin nicht beredt, voll List und Witz
So hab ich doch ein Bauerngut
Bin frisch fröhlich doch von Mut
Traltiralla
Bin drauf beflissen
Was einem Bauern dient zu wissen.

Ich bin gar selten krank von Leib
Das macht, dass ich den Pflug oft treib
Jener aber säuft und frist
Das macht, dass er so krank oft ist
Traltiralla
Bin frischer daneben
als jene, die am Hofe stets leben."

(Nur in Auszügen)
 
Lebensweise der armen Leute im Barock

Ich muss den Ablauf der Mahlzeiten, Getränke, Sitten, Bräuche und Rezepte sowie typische Menüs der einfachen Leute im Barock, den Reichen gegenüber stellen. Leider habe ich nichts über die Unterschicht dieser Zeit gefunden. Über die Wohlhabenden bin ich dafür bestens informiert.

Kann mir jemand weiterhelfen bzw. Links schicken?

Danke
 
Ich muss den Ablauf der Mahlzeiten, Getränke, Sitten, Bräuche und Rezepte sowie typische Menüs der einfachen Leute im Barock, den Reichen gegenüber stellen. Leider habe ich nichts über die Unterschicht dieser Zeit gefunden. Über die Wohlhabenden bin ich dafür bestens informiert.

Kann mir jemand weiterhelfen bzw. Links schicken?

Danke


Ausführliche Informationen dazu gibt Ernst Schubert in seinem Klassiker:

Arme Leute, Bettler und Gauner im Franken des 18. Jahrhunderts. Neustadt/ Aisch 1983 S. 13- 17, S. 23-26. Das Buch sollte in einer guten Bibliothek verfügbar sein.


Die Kost der ärmeren Zeitgenossen, und das waren mehr als 60% der Bevölkerung war wenig abwechslungsreich. Geronnene Milch, Schwarzbrot, Hülsenfrüchte und im weiteren Verlauf des 18. Jahrhunderts auch zunehmend Kartoffeln standen auf dem Speisezettel. Getrocknete erbesen, Linsen und Hafergrütze galten vielerorts schon als Feiertagsmahl. In das Brot wurden oft Erbsen- und Wickenmehl oder gar Pottasche als Hefeersatz beigemischt. Weißbrot war ein Feiertagsmahl, und ein Bauer, der sich sonntags Sauerkraut mit ein paar Speckstreifen leisten konnte, galt bereits als reich. In der Erntezeit gab es allerdings etwas mehr Fleisch. Als Zubrot waren auch verschiedene Singvogelarten beliebt, die mit Leimruten und Netzen gefangen wurden. Mancherorts wurden selbst wenig schmackhafte Rabenvögel wie Dohlen in essig gebeizt und nach Art von Wildtauben zubereitet. Gemeinsame Nahrungssorgen zwangen zu enger Nachbarschaft. So wird von einem Dorf berichtet, dessen Einwohner Sauerkraut oder weiße Rüben in mit ausgehauenen Sandsteinen präprarierten Erdlöchern lagerten, die mit Stroh umhüllt waren. Da ein solches angebrochenes Behältnis möglichst schnell verbraucht werden musste, aß immer die ganze Nachbarschaft mit, und die Öffnung der Vorratskrüge geschah nach festgelegter Reihenfolge.

Sparsam waren auch die Getränke. Ein gepflegtes hochwertiges Starkbier war den meisten Zeitgenossen unerschwinglich. Oft wurde das übliche Dünnbier gestreckt und mit Birkensaft, Wacholder oder Kümmel versetzt, um ihm Geschmack zu geben. So gepanschtes Dünnbier war neben Wasser das Hauptgetränk, und es wurde meist lauwarm getrunken. Gutes, hochwertiges Starkbier wurde nur im Frühjahr und Herbst ausgegoren und in kühlen Felsenkellern gelagert, woraus der Ausdruck Lagerbier herrührt. Vor allem unter der hart arbeitenden bevölkerung wurde auch viel Schnaps getrunken, der bereits zum Frühstück genossen wurde. §Branntwein ist Medizin, mit schnaps wird schon der Säugling zum Schlaf gebracht", wusste ein Zeitgenosse zu berichten. Neben Korn wurde in Gegenden mit Obstkulturen auch Obstler gebrannt. Meist war das allerdings ein ein billiger, mit Trester und Weinhefe gebrannter Fusel, der vor allem in der Winterzeit viel verbraucht wurde.

Im Laufe des 18. Jahrhunderts etablierte sich allmählich auch der Kaffee unter der Landbevölkerung, wobei vielerorts Kaffee mit Surrogaten wie Eicheln, Möhren und Zichorien gestreckt wurde. Da Kaffee importiert werden musste, setzten viele Fürsten hohe Steuern auf Kaffee oder verboten ihn dem gemeinen Volk gleich ganz wie Friedrich II. von Preußen.


Vielleicht ist dazu ein Artikel "Kulturgeschichte des Kaffees" interessant, den ich unter "Sonstiges in der Neuzeit" im Herbst 2006 geschrieben habe.
 
.... Leider habe ich nichts über die Unterschicht dieser Zeit gefunden. Über die Wohlhabenden bin ich dafür bestens informiert.

Danke

....das liegt nunmal in der Unnatur der Sache. Wenn man die "Menufolge" der armen vornehmlich bäuerlichen Bevölkerung betrachtet, sollte man daran denken, das diese evt. sehr abhängig waren von Viehbeständen, so sie glücklicherweise welche hatten ,und diese ja ebenfalls mitgefüttert werden mußten. - So wäre in einer vergleichenden Analyse von sozialen Bedingungen dieser Zeit interessant, dass sich z.B. am Hofe der "aufgeklärten" Markgräfin Wilhelme v. Bayreuth die höfische Gesellschaft beim Hofball vergnügte ,aufs trefflichste Verköstigte, wärend die Bauern Draußen wegen Kälte und Hunger ihr Stroh von den Dächern zum Füttern der Tiere verwenden mußten. Dies gehört m.M. nach auch zum "Menuplan" der Zeit..:grübel:
 
Dazu passt ein Auszug aus den Erinnerungen bzw. der Familiengeschichte der Gräfin Elisabeth von Plessen, der Eigentümerin der Hasselburg. Sie erzählt unter anderem ...
Louise Emma Augusta Birgitte Gräfin v. Scheel-Plessen, 1860 auf Sierhagen geboren, heiratete ihren Vetter Baron Gabriel Plessen aus Nehmten am Plöner See.
Gräfin Louise diente als Palastdame der Kaiserin Auguste Viktoria. Ebendiese Kaiserin sollte zu Besuch kommen, wohl von Plön kommend, wo ihre 6 Söhne im Internat lebten. Es war an einem heißen Sommertag, mitten in der Erntezeit. Die Dienerschaft sollte neue Livreen erhalten, die Pferde neues Geschirr bekommen und ein Festmahl sollte dem allerhöchsten Ehrengast zuliebe gegeben werden. Das aber wollte der "Opapa" Scheel-Plessen nicht. "Wir sind mitten in der Ernte, sie bekommt, wie alle, Rote Grütze mit Milch, danach einen Tee."
Die Kaiserin genoß alles überglücklich, denn sie, aus dem heimatlichen Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, hatte Rote Grütze seit ihrer Kindheit nicht mehr gegessen.

Ich finde diese Textstelle bezeichnend bezüglich der vorherrschenden Meinung man habe sich an den Fürstenhöfen dem Repräsentationswahn und der diesbezüglichen Verschwendung nicht entziehen können.
Dem alten Graf von Scheel-Plessen ging es hier zwar weniger um Geiz, als um eine tägliche Pragmatik, denn er fand das Personal habe mit der Ernte genug zu tun und könne nicht auch noch eine Reisenmenü zaubern, aber auch das finde ich sympathisch. Noch sympathischer die Kaiserin, die Rote Grütze mit Milch glücklich verzehrte und dabei ihrer Kindheit gedachte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun ist 1860 nicht mehr gerade der Barock...
Willst Du andeuten 1860 wurde das Geld an den Fürstenhöfen nicht mehr unnötig zum Fenster rausgeblasen?
Im Grunde gab es doch Solche und Solche schon immer, sonst gäbe es kein Wirtschaft. Das begann mit den Kämmen der Frauen und dem Ausschmücken von Werkzeugen und Waffen der Männer. :grübel:
Seit Menschengedenken wetteifern Männer und Frauen untereinander (eigentlich Grundgedanke der Evolution, bei den Tieren läuft's ja nicht anders): Wer ist der/die Schönste, Stärkste und Wer hat am meisten von Weiß-der-Himmel-was. Es gibt nun einmal jene, die ihren Wert nur in einem Vergleich ermessen können und zu beweisen trachten. Auch das keine Erfindung des Barock. Andererseits fügen wir uns auch heute noch dem Wettbewerb (nicht nur Männer, sondern auch Frauen) wenn es heisst: Mein Auto, mein Haus, meine Frau/mein Mann.
Wozu bräuchte der Mensch sonst Statussymbole und die Unterschiede der Bestuhlung in den Büros, entsprechend der Hierarchie. Nein, es geht tatsächlich und ursächlich um die Evolution, um das Auslosen oder auskämpfen des Alpha-Männchens und des Alpha-Weibchens. Beim Menschen müssen oder sollen sie äusserlich sichtbar sein.
Das sehe ich nun einmal anders:"An deinen Taten sollst du gemessen werden und nicht an Kaisers Kleidern."
Wir wissen ja, dass Neid die Runde machte, wenn ein Fürst sozusagen königlicher lebte, als sein Herrscher und dass er sozusagen gefährlich lebte, wenn seine Beutel besser gefüllt waren, als die des Königshauses. Er konnte nie wissen, wann der Neid des Königs zu groß werden würde ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Nachtrag
Auszug aus einem Link zum Leben am Hofe, den ich unter "höfische Kultur" gepostet hatte:
Die prächtige Hofhaltung erforderte einen ungeheuren Aufwand. 4.000 Hofbedienstete sorgten allein für das Wohl des Königs. Zu ihnen gehörten 75 Kapläne, 48 Ärzte, 128 Sänger, 62 Herolde, 68 Quartiermeister und 383 Köche. Zur engsten Dienerschaft des Königs zählten 24 Kammerherren und 24 Pagen, 32 Kammerdiener, 12 Mantelträger, 2 Flintenträger, 5 Uhrmacher, 8 Rasierer, 1 Abreiber und 3 Knüpfer. 10.000 Mann und einige hundert Pferde umfasste die Leibwache des Königs. Insgesamt waren am Hofe etwa 60.000 Personen beschäftigt. Ein einziges festliches Mahl kostete die Summe von 300.000 Francs. Es war ein prächtiges Schauspiel, das der Sonnenkönig Europa bot. Voll Bewunderung sah die Welt auf seinen Reichtum und seine Macht. So wurde Versailles zum Vorbild für die Hofhaltung aller Fürsten in Europa und viele Schlösser dem von Versailles nach gebaut.
Nymphenburg - Schönbrunn - Sancouci - Karlsruhe - Schleißheim - u.a.
 
Interessant für diesen Thread, da genau zu der Zeit thematisch passend wäre wohl:
Heiko Laß/ Rudolstädter Arbeitskreis zur Residenzkultur (Hrsg.): "Hof und Medien im Spannungsfeld von dynastischer Tradition und politischer Innovation zwischen 1648 und 1714" Deutscher Kunstverlag, 2008

Habe ich leider selber (noch) nicht. Hat das jemand? Wie ist es so? Es soll sich um 13 wissenschaftliche Beiträge zu dynastischer Selbstdarstellung, fürstlichem Selbstverständnis usw. handeln.
 
Anscheinend wird man in dieser Diskussion nicht weiter kommen, da niemand seinen Standpunkt verlässt.

Und so beharre ich auch auf dem meinen. :pfeif:

Ich kann nur immer wieder betonen, dass die Ausgaben eines Hofes für Kunst, Musik und andere kulturelle Dinge selbst die Hofhaltung an sich, in den seltensten Fällen der Grund für die Armut der Bauern war.
Sicher gab es einige Fürsten gerade im deutschen Raum, die ihre finanziellen Kräfte überschätzen und deren Schlossbauten zum Bankrott führten (Hessen Darmstadt z.B.)

Aber man sollte erst einmal daran denken, das von diesen Ausgaben auch eine Menge Arbeitsplätze abhängig waren.
Und ich bleibe auf dem Standpunkt, das eine Verteufelung der Kunstausgaben im Barock, bzw. überhaupt eine Ohrfeige für jeden Künstler ist.
Kunst ist wichtiger als Brot !

Das was fast jeden Staat ausbluten ließ, war von je her die Ausgaben für den Krieg.
Das kann man in allen seriösen Quellen nachlesen.
Das die Hofhaltung Schuld am Elend der Bevölkerung (bzw. eines Teils der Bevölkerung) sei, ist revolutionäre, bzw. sozialistische Propaganda die fern jeder Realität ist.

Genauso gut kann man behaupten, dass der Grund der Armut und Arbeitslosigkeit in unserer Zeit an den Ausgaben der Politiker für ihre Dienstwagen, Anzüge oder Staatsempfänge zu suchen ist.

Hier werden teilweise auch Quellen zitiert, die mit dem Barock, bzw. mit dem 17. und 18. Jahrhundert nichts zu tun haben, das 19. Jahrhundert ist eine völlig andere Epoche, mit ganz anderen Faktoren. Die Industrialisierung die Napoleonischen Kriege, das alles war verheerend für die einfache Bevölkerung. Immerhin befand sich Europa seit ca. 1790 bis zum entgültigen Sturz Napoleons 1815 fast ununterbrochen im Krieg. Ein Krieg der genauso widerlich und wüst gewesen war die der 30 jährige Krieg.
Dazu kam noch die Industrialisierung, die im Vergleich zum Gesellschaftsmodell des Ancien Regime nun noch einen „vierten Stand“ hervorbrachte, der wirklich im absoluten Elend lebte: das Proletariat.
Mag sein das die Industrialisierung als Fortschritt gesehen wird, rein menschlich, kulturell und gesellschaftlich war es ein Rückschritt – ein unmenschlicher Rückschritt.
Das was 1789 so vielversprechend begonnen hatte, ist einfach in eine unsagbare Katastrophe gestolpert.
Und ich tendiere mittlerweile zu Adornos Aussage in seiner Dialektik der Aufklärung:
Im Grund ist die Aufklärung nichts weiter als ein Betrug der Masse.

Natürlich muss man Heute die Hofhaltung des Absolutismus verurteilen, da der Absolutismus, wie auch die Diktatur der Feind der Demokratie ist.
Deshalb ist per se alles schlecht, was unter diesen Regimen entstand.
Eigentlich ein Denken, das man nur von diktatorischen Regimen her kennt....

Heute ist das Elend noch genauso groß wie damals. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist gewaltig. Ist unsere Zeit soviel besser, weil einem Heute sieben Bettler weniger begegnen als anno 1754 ? Das schlimme ist, das es nach wie vor Bettler gibt.

Im Vergleich zu damals werden Heute viel größere Summen für Kunst „verschwendet“
So gab es z.B. in London eine Aktion, wo zwei Künstler eine Millionen Pfund einfach verbrannten (sie hatten das Geld zuerst mit einem Plattenlabel erwirtschaftet).
Und warum macht man sowas ?
Eine grandiose Aktion, die genau das getroffen hat, was allgegwärtig ist.

Oder man denke nur an die enormen Beträge die für einen Gerhard Richter gezahlt werden.
Wenn man also unbedingt Äpfel mit Birnen vergleichen will, dann bitte, oder um es noch mehr zu polemisieren:
Ich halte in dieser Sache die absolutistischen Fürsten für weitaus sozialer, da die sogenannten „verschwenderischen Feste“ nur alle paar Jahre veranstaltet wurden.
(Unter Louis XIV gab es z.B. nur 3 solcher großen Festlichkeiten.)


Ich kann es nur noch mal wiederholen, ich halte es für einen Fehler, eine Gesellschaft abzustrafen bzw. den Rand einer Gesellschaft als Bewertungsmaßstab für eine ganze Epoche heranzuziehen.


Und noch etwas


„wenngleich Frauen der Zugang zur Akademie der Künste lange verwehrt blieb.


Also entschuldige bitte, aber das ist absoluter Blödsinn.

An den frz. Akademien waren natürlich Frauen zugelassen, ebenso hier in Kassel, der ältesten Kunstakademie in Deutschland, gegründet 1777.
Ich zitiere:

„21 Studenten waren im Jahr 1780 in Kassel eingetragen und am Ende ihrer Ausbildung wurde nicht nur Elisabeth de Boor, [aus Hamburg stammend] sondern auch die Tochter ihres Professors Amalie Wilhelmine Caroline Tischbein (1757-1839) als Ehrenmitglied (!) der Kunstakademie aufgenommen. (...)“

Quelle: Dr. Marianne Heinz, Staatliche Museen Kassel
Archiv der Familie de Boor


Wäre das nämlich so, dann gäbe es keine Elisabeth Claude Jacquet de la Guerre, keine Barbara Strozzi, keine Elisabeth Vigée le Brun, keine Angelika Kauffmann usw.


Diese Behauptung Frauen wäre der Zugang zu den Akademien verwehrt gwesen gehört nun wirklich in den Bereich Märchen, das war nachweißlich nicht so!
 
Zuletzt bearbeitet:
1.
Anscheinend wird man in dieser Diskussion nicht weiter kommen, da niemand seinen Standpunkt verlässt.

2.
Ich kann nur immer wieder betonen, dass die Ausgaben eines Hofes für Kunst, Musik und andere kulturelle Dinge selbst die Hofhaltung an sich, in den seltensten Fällen der Grund für die Armut der Bauern war.
Sicher gab es einige Fürsten gerade im deutschen Raum, die ihre finanziellen Kräfte überschätzen und deren Schlossbauten zum Bankrott führten (Hessen Darmstadt z.B.)

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Aber man sollte erst einmal daran denken, das von diesen Ausgaben auch eine Menge Arbeitsplätze abhängig waren.


Das was fast jeden Staat ausbluten ließ, war von je her die Ausgaben für den Krieg.
Das kann man in allen seriösen Quellen nachlesen.


4.
Und ich tendiere mittlerweile zu Adornos Aussage in seiner Dialektik der Aufklärung:
Im Grund ist die Aufklärung nichts weiter als ein Betrug der Masse.


5.

Ich halte in dieser Sache die absolutistischen Fürsten für weitaus sozialer, da die sogenannten „verschwenderischen Feste“ nur alle paar Jahre veranstaltet wurden.
(Unter Louis XIV gab es z.B. nur 3 solcher großen Festlichkeiten.)

6.
Ich kann es nur noch mal wiederholen, ich halte es für einen Fehler, eine Gesellschaft abzustrafen bzw. den Rand einer Gesellschaft als Bewertungsmaßstab für eine ganze Epoche heranzuziehen.



7.
Diese Behauptung Frauen wäre der Zugang zu den Akademien verwehrt gwesen gehört nun wirklich in den Bereich Märchen, das war nachweißlich nicht so!
1.
Also zumindest ich revidiere auch meine Ansichten gern, wenn mal ein überzeugendes Argument kommt. Ich glaube auch durchaus abgewogen zu haben.

2.
Selbst wenn die Ausgaben für den Luxus bei Hofe so immens waren, so führten sie doch zumeist eher zu finanziellen Schwierigkeiten des Staates bzw. eine Verschiebung der Prioritäten innerhalb des "Staats"haushaltes. So gaben schlicht manche Staaten dann eben weniger für das Militär aus. Eine Gegenüberstellung von Militärausgaben - es kann sich ja auch um Subsidiengelder für größere Mächte handeln - gegenüber den Ausgaben für die Hofhaltung, den Schlossbau etc. wäre immer mal sehr interessant. Gerade besonders interessant wäre es im Falle von Staaten, welche heute für ihre über die Maßen aufwändige Hofhaltung bekannt sind.

3.
Da denke ich auch und gerade an die Verarbeitung von Kunst. Ich denke an Karminschirme mit Motiven von Greuze oder Fragonard, Fächerblätter mit Werken von Chodowiecki. Für die Herstellung von Luxusgüstern war sicherlich die Kunst ein ganz wichtiger Punkt und die Luxusgüter wurden ja weiß Gott nicht nur vom Adel erworben.

4.
Da wäre ich vorsichtig. Auf manchen Vertreter der Aufklärung mag es zutreffen. Aber oftmals denke ich auch, dass die Aufklärer missbraucht wurden. Sicherlich gab es auch einige, die nicht bar jeglicher Polemik waren und manche waren sogar sehr polemisch und griffen z.B. die Hofhaltung an, während sie Tatsachen verdrehten.

5.
Ich denke die "soziale" Ader entsprang bei Herrschern oft einem christlichen Ethos. Man denke an die Gemahlin von Louis XV, die sich der Armenfürsorge und dergleichen verschrieb. Die Heilige Elisabeth erfreute sich nicht umsonst im 18.Jh. als Wohltäterin besonderer Beliebtheit. Das pfälzische Beispiel mit dem in dem Sinne gestifteten Orden, führte ich wahrscheinlich bereits an.

6.
Das halte zumindest ich für selbstverständlich. Zumal es auch noch heute schwerfällt, die Gesellschaft der damaligen Zeit halbwegs in allen ihren Facetten zu erfassen.

7.
Es gab v.a. Limitierungen. Ich entsinne mich an Frau Therbusch, die ihre Probleme mit der Académie Royale hatte. Dass die limitierten Stellen für Damen in der Akademie besetzt waren, zeigt allerdings auch wie umtriebig sich die Frauen in diesem anspruchsvollen Métier im 18. Jh. beschäftigen konnten. Mir fielen auf Anhieb wohl zwanzig und mehr große Malerinnen des 18. Jh. ein und Frau Therbusch ist dabei nicht einmal die hervorragenste unter ihnen gewesen.
 

Natürlich muss man Heute die Hofhaltung des Absolutismus verurteilen, da der Absolutismus, wie auch die Diktatur der Feind der Demokratie ist.
Deshalb ist per se alles schlecht, was unter diesen Regimen entstand.
Eigentlich ein Denken, das man nur von diktatorischen Regimen her kennt....

Heute ist das Elend noch genauso groß wie damals. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist gewaltig. Ist unsere Zeit soviel besser, weil einem Heute sieben Bettler weniger begegnen als anno 1754 ? Das schlimme ist, das es nach wie vor Bettler gibt.


Im Grunde stimme ich dir da schon zu, auch wenn ich diese Pauschalverurteilung des Absolutismus nicht ganz so ausgeprägt sehe, aber das sei jetzt mal so dahingestellt. Darum geht es mir eigentlich gar nicht, sondern darum was die einfachen Leute denn vom Fürstenluxus hielten. Ich klammere hier mal die Französische Revolution aus, da es meines Erachtens relativ deutlich gemacht wurde, was zu diesen Zeiten davon gedacht wurde, und beziehe meine Frage ganz bestimmt auf die Herrschaftszeit Ludwigs XIV und/oder XV.

Mir fehlt momentan die Quellenangabe, die irgendwo in einem Stapel Papier untergegangen ist, aber ich erinnere mich in einem Buch über Paris ca 1700 gelesen zu haben, daß Brotaufstände eigentlich keine Seltenheit waren, wobei der Autor sich alleine auf die Brotpreise bezieht. Nur frage ich mich gerade in wie Weit die Pariser dabei an soziale Ungerechtigkeit dachten, oder ob überhaupt jemand an den Prunk von Versailles dachte, und sich dementsprechend ungerecht behandelt fühlte. Oder dachten die Aufständischen wirklich 'nur' an den Brotpreis und nahmen alles andere als die gegebene und göttliche Ordnung der Dinge an?

Des Weiteren frage ich mich ob nicht auch verschwenderische Hofhaltung erwartet wurde, und auch noch heute bis zu einem gewissen Grad erwartet wird. Auf der einen Seite haben zum Beispiel, viele Menschen in England mal verlangt, daß die Königin auch endlich Steuern zahlen soll, ärgern sich immer wieder darüber wieviel die Monarchie kostet, aber auf der anderen Seite wird auch von ihrer Majestät erwartet, daß sie ein ordentliches Spektakel zum Besten gibt. Wieviele Menschen unterstützten die Monarchie nach wie vor, zöge sie morgen in meinem Nachbarshaus ein und ginge selbst in meinem lokalen Supermarkt einkaufen? Vom 'Gefühl' wäre das einfach falsch.

(Sollten diese oder ähnliche Ausführungen irgendwo in diesem Thread schon stehen, bitte ich darum mich einfach zu ignorieren- ich schlicht zu faul mir alles durchzulesen :pfeif:)
 
Man sollte berücksichtigen, dass das letzte große Fest unter Louis XIV 1674 stattfand.
Ab 1685 gab es dann kaum noch größere Festlichkeiten, das ist einmal auf den Einfluss der Madame de Maintenon zurückzuführen und auf die immer schwierigere politische Situation.
Die Höflinge beschwerten sich teilweise darüber, dass einfach nichts mehr geboten wurde.
Natürlich gab es jeden Tag in der königlichen Kapelle die Aufführung der großen Motetten, Staatsempfänge etc., aber diese Mega Feste wie 1664, 1668 und 1674 wurden nicht mehr veranstaltet.

Die Hauptereignisse waren die Opernpremieren in Paris (in Versailles wurden kaum noch Opern uraufgeführt)
Als dann noch die vielen Todesfälle in der königlichen Familie passierten, wurde es vollkommen düster am Hofe, so das die jüngeren Adligen sich nach Sceaux begaben, wo die Duchesse du Maine die "Grands Nuits de Sceaux" ins Leben rief.
Das waren Nächtliche Veranstaltungen, die ursprünglich mit kleinen Konzerten und Aufführungen von Kantaten begannen und sich dann zu größeren Festen mit Oper, Feuerwerk und großer Gesellschaft entwickelten.
Das finanzierte sie aber von ihrem Privatvermögen.


Um 1710 gab es zudem noch eine Mini-Eiszeit, die große Teile der Ernte vernichtete - das war der Auslöser für den Unmut und die Aufstände.
In den Jahren zuvor ist so was eigentlich nicht zu beobachten.
Dazu kam der Krieg.
Louis XIV war gezwungen wegen den enormen Kriegskosten (spanischer Erbfolgekrieg) die wertvollen Silbermöbel einzuschmelzen, die in den 1670er Jahren für das Grand Appartement angefertigt wurden.

Von verschwenderischer Hofhaltung kann in dieser Zeit keine Rede sein.

Überhaupt gab es viele Höfe, die generell bescheidener lebten.
Man denke nur an die Höfe der Habsburger, oder an den preußischen Hof.
Am kaiserlichen Hof unterzogen sich viele Monarchen einem fast klösterlichen Leben. Prächtige Hofkleidung war verpönt, man hatte eine schwarze Hofuniform zu tragen.

Das Klischee vom Luxusadel und hungernden Bauern stimmt einfach nicht immer.
Ich denke da muss man einfach differenzieren und unterschiedlichen Regionen beachten.
Sicher gab es Fürsten die vielleicht dem Klischee entsprachen, aber der Landadel war ja von der Arbeit seiner Bauern abhängig - lässt man seine Arbeitskräfte einfach verhungern ?
Das gleiche gibt es ja bei den Sklavenhaltern in Amerika, natürlich ist die Sklaverei ein Unrecht.
Aber die meisten Sklavenhalter, haben ihre Leute gut behandelt - denn sie waren ja auch deren Arbeitsleistung angewiesen.
Diese Menschen betrachteten sie ja als ihr Eigentum.

Hier wird imer wieder behauptet, dass im Grunde das Elend bestimmter Teile der Bevölkerung den Fürsten egal gewesen wäre.
Wäre das so gewesen, dann hätte man keine Schulen, keine Hospitäler, keine Armenküchen gebaut. Es wurde etwas getan, das abzustreiten ist einfach nicht richtig.
Die meisten Adligen engagierten sich für die Armen und spendeten sehr viel Geld.

Der Luxus am frz. Hof hatte ja auch einen ganz bestimmten Zweck, eben den Adel davon abzuhalten politisch aktiv zu werden. Deshalb gab es überhaupt dieses Staatszeremoniell.
Der frz. Adel war gefährlich, aber durch die Vorgabe bestimmte Hofroben tragen zu müssen um seinem Rang entsprechend gekleidet zu sein, ruinierten sich die Fürsten. Sie waren abhängig vom König.
Um sich diese Klamotten überhaupt keisten zu können, verschuldeten sich die meisten Adligen bis in die dunkelroten Zahlen.

Die Idee den Adel bei seiner Eitelkeit zu packen ist einfach genial und es funktionierte. Man muss sich einfach mal ansehen, was vor der Regierung Louis XIV in Frankreich los war - Versailles war ein Garant für den inneren Frieden. Leider haben Louis XV und Louis XVI nicht verstanden dieses Spiel weiterzuspielen - der Adel ging wieder in die Opposition, es kam zur Revolution.
Es waren die hohen Adligen, wie Philippe d'Orleans, der mit geschickten Intrigen und Veröffentlichungen von Rechnungen der Königin etc. den Volkszorn anheizte. In seinem Palast in Paris empfing er die Demagogen und unterstützte sie finanziell.
Die Verunglimpfungen der königlichen Familie, die schon unter Louis XV begonnen hatte, ging vom Adel aus – nicht vom Volk!
(Zu diesem Thema kann ich ein Buch empfehlen: Danton, Poesie und Polizei. Öffentliche Meinung und Kommunikationsnetzwerke im Paris des 18. Jahrhunderts)

Und jetzt noch eine gewagte These: :D

Man könnte also annehmen, dass die Aufgabe des höfischen Amüsement, die Aufgabe der strengen Hofetikette erst in die Katastrophe der Revolution führte mit all ihrem Schrecken, dem Völkermord, der Willkür und dem endlosen Krieg der Millionen von Menschenleben forderte.
Meiner Meinung nach ging es ohnehin nicht darum, dem Volk eine gewisse Souveränität zu geben, wie es die 17 Artikel der Erklärung von 1789 darstellen, sondern die Revolution war nichts weiter als ein missglückter Putsch des Herzogs von Orleans. :pfeif:
Aber das ist meine persönliche Meinung :scheinheilig:
 
Man sollte berücksichtigen, dass das letzte große Fest unter Louis XIV 1674 stattfand.
Ab 1685 gab es dann kaum noch größere Festlichkeiten, das ist einmal auf den Einfluss der Madame de Maintenon zurückzuführen und auf die immer schwierigere politische Situation.
Die Höflinge beschwerten sich teilweise darüber, dass einfach nichts mehr geboten wurde.
Natürlich gab es jeden Tag in der königlichen Kapelle die Aufführung der großen Motetten, Staatsempfänge etc., aber diese Mega Feste wie 1664, 1668 und 1674 wurden nicht mehr veranstaltet.

Was mich dabei interessieren würde, wäre was das Volk auf der Straße davon hielt, daß es plötzlich vorbei war mit 'Pomp and Circumstance'. Persönliche Ansicht über Monarchie hin oder her, wenn Elizabeth II hier über die Straße fährt, erwarte ich schon, daß sie das nicht in Lockenwicklern und hinter dem Steuer eines alten Landrover tut. :D

Und jetzt noch eine gewagte These: :D

Man könnte also annehmen, dass die Aufgabe des höfischen Amüsement, die Aufgabe der strengen Hofetikette erst in die Katastrophe der Revolution führte mit all ihrem Schrecken, dem Völkermord, der Willkür und dem endlosen Krieg der Millionen von Menschenleben forderte.
Meiner Meinung nach ging es ohnehin nicht darum, dem Volk eine gewisse Souveränität zu geben, wie es die 17 Artikel der Erklärung von 1789 darstellen, sondern die Revolution war nichts weiter als ein missglückter Putsch des Herzogs von Orleans. :pfeif:
Aber das ist meine persönliche Meinung :scheinheilig:


Hmm, ich bin ja eher für einen multikausalen Ansatz, aber das ist auch mal interessant. :) Wäre es möglich das näher zu erläutern? Meinst du, daß der Glaube an die Monarchie von Gottes Gnaden mit dem ehemaligen Glanz höfischer Amüsements und Präsentation verblasste?


Um 1710 gab es zudem noch eine Mini-Eiszeit, die große Teile der Ernte vernichtete - das war der Auslöser für den Unmut und die Aufstände.
In den Jahren zuvor ist so was eigentlich nicht zu beobachten.


Ich habe trotz Suchen meine Quelle noch immer nicht gefunden, aber ich bin ziemlich sicher, daß es darin um die Jahre vor 1700 ging und die besagten 'Brotaufstände' weniger Aufstände im organisierten Sinne waren, sondern eher Unruhen. Meines Wissens nach waren die 1690er wetterlich auch nicht gerade guten Ernten zuträglich, also frage ich mich ob man die 'moderne' Sicht gelten lassen könnte, daß das Volk wollte, daß der König 'Versailles stückchenweise verkauft' um sein Volk zu füttern, oder ob eine solcher Gedankengang überhaupt vollführt wurde. Persönlich denke ich momentan eher, daß dem nicht der Fall war, sondern das es wirklich einfach nur darum ging, daß die Preise unbezahlbar waren und gesenkt werden sollten. Ich weiß es aber nicht.


 
1.
Von verschwenderischer Hofhaltung kann in dieser Zeit keine Rede sein.

2.
Überhaupt gab es viele Höfe, die generell bescheidener lebten.

3.
Man denke nur an die Höfe der Habsburger, oder an den preußischen Hof.
Am kaiserlichen Hof unterzogen sich viele Monarchen einem fast klösterlichen Leben. Prächtige Hofkleidung war verpönt, man hatte eine schwarze Hofuniform zu tragen.

4.
Das Klischee vom Luxusadel und hungernden Bauern stimmt einfach nicht immer.
Ich denke da muss man einfach differenzieren und unterschiedlichen Regionen beachten.
...

5.
Die Idee den Adel bei seiner Eitelkeit zu packen ist einfach genial und es funktionierte. Man muss sich einfach mal ansehen, was vor der Regierung Louis XIV in Frankreich los war - Versailles war ein Garant für den inneren Frieden. Leider haben Louis XV und Louis XVI nicht verstanden dieses Spiel weiterzuspielen - der Adel ging wieder in die Opposition, es kam zur Revolution.
Es waren die hohen Adligen, wie Philippe d'Orleans, der mit geschickten Intrigen und Veröffentlichungen von Rechnungen der Königin etc. den Volkszorn anheizte. In seinem Palast in Paris empfing er die Demagogen und unterstützte sie finanziell.
Die Verunglimpfungen der königlichen Familie, die schon unter Louis XV begonnen hatte, ging vom Adel aus – nicht vom Volk!
(Zu diesem Thema kann ich ein Buch empfehlen: Danton, Poesie und Polizei. Öffentliche Meinung und Kommunikationsnetzwerke im Paris des 18. Jahrhunderts)

6.
Und jetzt noch eine gewagte These:

Man könnte also annehmen, dass die Aufgabe des höfischen Amüsement, die Aufgabe der strengen Hofetikette erst in die Katastrophe der Revolution führte mit all ihrem Schrecken, dem Völkermord, der Willkür und dem endlosen Krieg der Millionen von Menschenleben forderte.
Meiner Meinung nach ging es ohnehin nicht darum, dem Volk eine gewisse Souveränität zu geben, wie es die 17 Artikel der Erklärung von 1789 darstellen, sondern die Revolution war nichts weiter als ein missglückter Putsch des Herzogs von Orleans.
1.
Du meinst um 1710?

Ich glaube, da steckten meisten Höfe ohnehin in höchsten Ausgaben für den Krieg. Selbst August der Starke soll während der schwierigen Zeiten des Nordischen Krieges keine großen Festlichkeiten mehr veranstaltet haben. IN die Zeit des Nordischen Krieges fielen allerdings noch die überaus prachtvollen Dresdener Feierlichkeiten anlässlich der Vermählung des Kurprinzen mit Maria Josepha von Österreich

2.
Das ist so.

3.
a) Hast Du Bilder von einer schwarzen Hofuniform am Habsburgerhof? Ich kenne v.a. aus der Zeit das Spanische Hofkleid. Eine Quelle aus den 1720ern legt allerdings für dieses eine überaus teure Verzierung nahe.

b) Zu Zeiten von Friedrich I. in Preußen soll es am Berliner Hof noch sehr prächtig zugegangen sein. Aber um 1710 war der König schon recht alt und in der Zeit seiner 3. Ehe lebte er wohl schon deutlich ruhiger. Leider habe ich bis jetzt aber auch außer der Krönungsfeierlichkeit von 1701 noch kein Beispiel höfischer Festlichkeiten in Preußen unter Friedrich I. gelesen. Dennoch wird Friedrich I. immer wieder Verschwendung in Hinsicht auf die Hofhaltung vorgeworfen. :grübel:

4.
Das ganz sicher. Bin immer erstaunt wie unterschiedlich sich der Adel regional gegenüber den Untertanen verhielt. Einen schlesischen Junker kann man nicht mit einem sächsischen, einen sächsischen Adeligen nicht mit einem vorderösterreichischen gleichsetzen. Der Feudalismus hatte sich ja schon innerhalb Deutschlands völlig unterschiedlich ausgebildet, erst recht innerhalb Europas.

5.
Ja, da mögen Louis XV und Louis XVI ein ziemliches Unvermögen in der Hinsicht gehabt haben. Allerdings hatte ich auch einmal gelesen, dass zumindest ab einem gewissen Zeitpunkt, als Louis XV erwachsen wurde, der Adel zunehmend wieder vom Versailler Hof angezogen wurde. Gerade aus den 1740ern sind mir wiederum Fälle von besonderem Selbstruin des Hofadels durch aufwändige Kleidung bekannt. Das kann aber auch mit den Festlichkeiten um die Vermählung der ältesten Tochter des Königs zu tun haben...

6.
Eine gewagte These, für wahr.
Das mit dem Herzog von Orléans halte ich für übertrieben, auch wenn die Agitatoren rund um das Palais Royale hockten - Camille Desmoulins hatte da nicht umsonst seine berühmte Rede 1789 vor dem Bastillesturm geschwungen.
Das mit der Aufgabe des Zeremoniells, wie schon in 5. beschrieben, halte ich für weniger unwahrscheinlich. Weder den berühmten Prince de Conti, Louis François I de Bourbon, noch die Orléans brachten Louis XV oder Louis XVI je unter Kontrolle. Am besten war wahrscheinlich noch der Kurs von Louis XV, der den Prince de Conti einfach in seinem "Freundes"kreis hatte, was ihn einband. Aber das hielt bekanntlich auch nicht sehr lange.
 
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