"haud procul" und seine Bedeutung bei Tacitus

Das ist deine Interpretation. Er landet an der Ems und verwüstet alles Land zwischen Ems und Lippe, als er nicht weit vom Schlachtfeld ist.

Fast richtig!! Es müsste allerdings heißen: ..verwüstet alles Land zwischen Ems und Lippe und ist dann nicht weit vom Schlachtfeld entfernt. Dieser Feldzug hat ihn erst in die Nähe des Schlachtfeldes geführt! Es war vorher nicht beabsichtigt.


Nur wo ist Germanicus dann und was ist 'nicht weit'? Wir können es nicht sagen.
:autsch: Doch! Du hast es doch fast! Er ist zwischen Ems und Lippe!
 
:autsch: Doch! Du hast es doch fast! Er ist zwischen Ems und Lippe!

Richtiger wäre: Vielleicht ist er zwischen Ems und Lippe.

Und was ist 'nicht weit'?
Wenn du alles (besser) weißt, dann weißt du das doch sicher auch! Aber ich will dir die Antwort ersparen. Da die Varusschlacht so, wie du die Quellen interpretierst, an der Lippe stattgefunden haben muss, ist 'nicht weit', wenn er sich an der Lippe befindet, wirklich nicht weit!

Also, pack das Rad nächstes Frühjahr aus, radel den Lipperadweg entlang, halte die Augen offen und du findest sicher den Ort der Varusschlacht. :ironie:
 
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Hallo, Gemeinde!

Diese ganze Diskussion finde ich langsam ermüdend, weil hier immer wieder Dinge aus dem Tacitus-Text herausgelesen oder hineininterpretiert werden, die da nicht drinstehen.

Zunächst sei hier mal die gebetsmühlenartig wiederholte Behauptung genannt, dass Germanicus von seinem Landepunkt an der Ems aus in Richtung Lippe bezogen sei. Davon steht bei Tacitus nichts! Tacitus schreibt, dass Germanicus von der Ems aus das Heer zu den äußersten Grenzen der Brukterer geführt hat. Gelegentlich habe ich auch die Übersetzung gelesen, er sei bis zu den "äußeren Brukterern" gezogen. In der Sache dürfte das aber egal sein, denn zweifellos zog sich die Grenze der Brukterer-Gebiets um deren gesamtes Gebiet herum. Diese Grenze befand sich definitiv nicht nur an der Lippe.

Zweitens steht bei Tacitus, "das Gebiet zwischen Lippe und Ems". Da steht nichts vom Gebiet zwischen den OBERLÄUFEN von Lippe und Ems, auch wenn das hier immer wieder behauptet wird.

Schließlich ist es nicht logisch, wenn die Art des Aufmarschs der Truppen immer wieder als "Zangenangriff" gegen die Brukterer dargestellt wird, andererseits aber ein völlig anderer Ablauf der Ereignisse behauptet wird. Warum hätte Germanicus das halbe Heer von der Lippe aus zur Ems marschieren lassen sollen, wenn er dann zusammen mit diesen von Caecina befehligten Truppen anschließend wieder zur Lippe zurückmarschieren wollte? Wo wäre denn dann die "zweite Backe" der Zange gewesen? Die Brukterer (die nach dieser Sicht der Dinge der einzige Gegner des Feldzugs gewesen wären) hätten dann einfach nach Süden ausweichen können.

Außerdem möchte ich noch anmerken, dass wir hier nicht von Fronleichnamsprozessionen oder Rosenmontagszügen reden, sondern von Militäroperationen. Bei allem, was man da hineininterpretieren will, sollte man zumindest versuchen, im Kopf zu behalten, dass militärisch relevante Zielsetzungen zu erfüllen waren. Das heißt im Klartext, dass es völlig abstrus ist, so zu tun, als hätten sich die Germanicus-Truppen während eines Kriegseinsatzes in dem Gelände genauso bewegt wie die Varus-Legionen bei einer bloßen Truppenverlegung in Friedenszeiten durch befreundetes Gebiet.

Und schließlich sollte man nicht immer ignorieren, dass Germanicus acht Legionen und zusätzlich dazu auch noch umfangreiche Hilfstruppen ins Feld geführt hat. Da ist es einfach ausgeschlossen, dass die Brukterer der einzige Gegner waren. Das steht auch nicht im Einklang mit dem erklärten Kriegsziel, den Feind zu "zersplittern", ehe sich die Arminiuskoalition neu formieren kann. Tacitus schreibt unmissverständlich, dass sich nicht nur die Cherusker (die zweifellos östlich der Brukterer lebten) sondern auch "die angrenzenden Völkerschaften" dem Aufstand angeschlossen hätten. Also mehr als ein Stamm.

Und selbst wenn wir annehmen, dass Germanicus mit seinen Truppen nur in der Lippe-Ems-Region unterwegs war: Wenn meine Geografiekenntnisse mich nicht trügen, liegt Kalkriese 40 oder 50 Kilometer Luftlinie von der Ems entfernt. Oder? Korrigiert mich, wenn ich mich irren sollte.

Abschließend: Ob Kalkriese nun der Varusschlacht zugerechnet werden kann oder nicht, ist mir an dieser Stelle völlig egal. Fakt ist, dass dort eine Schlacht stattgefunden hat und dass Römer daran beteiligt waren und dass sich dieser Kampf nach dem Jahr 7 und vor dem Jahr 16 abgespielt hat. Praktisch genau östlich von Kalkriese (also genauso weit nördlich der Lippe) liegt Barkhausen, wo ein römisches Marschlager ähnlicher Zeitstellung ausgegraben wurde oder noch wird. Allein diese beiden Fundorte belegen, dass die Legionen so weit nördlich der Lippe Krieg geführt haben. Die Lippe war nur in Drusus-Zeiten die "Front". Danach war sie für die römischen Truppen das AUFMARSCHGEBIET auf dem Weg zur Front.

MfG
 
Schade, daß ich nochmals darauf eingehen muß, aber es geht wohl nicht anders...

Ich gehe nach wie vor von der Tatsache aus, dass die Römer von einen veränderten Lippelauf ausgingen. In dieser Hinsicht bekämen viele bisherigen Ausgangslagen eine vollkommen andere Wertung. Insbesondere die Aussage des Tacitus von der Zerstörung des Gebietes zwischen Ems und Lippe, wie auch das Lippelager Aliso welches an der heutigen Issel wiederzufinden wäre.

"Ich gehe davon aus, daß... In dieser Hinsicht bekämen... wiederzufinden wäre" - ist Dir die Anzahl der Konjunktive bewußt?
Aber sei's drum: Bis auf Vermutungen, welche aufeinander aufbauen, habe ich ansonsten bis jetzt noch nichts gelesen...

Anm.: Im Übrigen habe ich inzwischen auch einmal die Sache bzgl. Rheinstromverlagerung bei Klostermann etwas genauer durchgesehen (daß die Lippeeinmündung in den Rhein auch bereits im römischer Zeit beim heutigen Xanten zu sehen war, steht für ihn interessanterweise außer Frage).

Aber zu den "beanstandeten" Punkten...

Innerhalb dieses ehemaligen Flusslauf gibt es keinerlei Todgewässer, sondern nur ein wenig aktives Fließgewässer (Wolfstrang). Das angesprochene Schwarze Wasser in der Flürener Heide befindet sich ca. 1,5 Kilometer östlich dieses Bettes. (Die Erwähnung des Schwarzen Wassers durch Timotheus zeigt offensichtlich, dass er in dieser Gegend nicht Ortskundig ist.)

Zunächst etwas Grundsätzliches: Es gehört ein gerüttelt Maß vorsätzlichen Mißverstehens dazu, meine Beiträge derart selektiv zu lesen.

Aber noch einmal zum Mitschreiben: Es ging dabei um die Heidelandschaft bzw. deren Charakteristik samt ihrer Heideweiher - daß von diesen heutzutage nur noch das Schwarze Wasser übrig ist, hat mW niemand von uns verschuldet. Um zu erklären, was ein Heideweiher ist bzw. was ihn charakterisiert bzw. wie er entstanden ist, war ein Beispiel notwendig - sonst nichts (der Einwand hinsichtlich Entfernung etc. geht also in eine Richtung, die hier irrelevant ist).
Kernpunkt war vielmehr, daß es sich um eine abflußlose Heidelandschaft handelt - d.h., es gibt nun einmal nachweislich keinen nacheiszeitlichen Abfluß. Wäre es anders, wäre die Charkteristik dieser Landschaft auch eine andere; d.h., wäre also nacheiszeitlich "ein Teil des Hochwassers... durch die Flürener Heide durch das Bett des heutigen Wolfstrangs" (Zitat der Seite Clades Variana) geströmt, so hätte diese Heidelandschaft ein anderes Antlitz...

Das von mir angegebene Flussbett verläuft noch heute deutlich topographisch in der Landschaft erkennbar, vom Scheitel des Flürener Mäanderbogens in nördlicher Richtung zur Ouden Ijssel. Innerhalb dieses Bettes gibt es keine Flugsandablagerungen was auf einen Durchfluss in jüngerer Zeit schließen läst.

Wie bitte?
Keine Flugsandablagerungen -> Durchfluß in jüngerer Zeit?
Was sich sagen läßt: Keine Flugsandablagerungen -> keine Bildung von (Binnen-)Dünen und/oder Sanddecken; d.h., seit dem Ende des Pleistozän wurde kein Flugsand aufgeweht und abgelagert - sonst erst einmal gar nichts. Warum das so ist, bedarf dann dafür näherer Untersuchungen...

Ach, ja; und bei der Gelegenheit, da wir gerade dabei sind: Zusammenfassung der Diplomkartierung
Anm.: Mit dem Verfasser habe ich nichts zu tun - nur damit keine Mißverständnisse aufkommen!

Der angesprochene Damm ist mit Sicherheit erbaut worden um diesen Flusslauf gegen einfließendes Wasser von Rhein/Lippe abzuriegeln. Der Deich hat eine Länge von etwa 300 Metern und schließt sich beidseitig an vorhandene Flugsanddünen an, die ihrerseits in jüngerer Zeit nicht von Hochwasser überspült wurden.

Schön und gut, aber warum ergibt sich dann zwingend der Behuf der Abriegelung eines Flußlaufes anstatt der sonst im Raum üblichen Banndeiche und Leitdämme?

Anm.: Flugsanddüne ist übrigens ein klassischer Pleonasmus, da Dünen äolische (d.h. vom Wind aufgewehte) Bildungen aus Sand (da vom Wind aufgeweht und abgelagert, eben Flugsand) sind. Zwar kann Flugsand auch als Decke abgelagert werden (s.o.), aber ohne Flugsand gibt es keine natürliche Dünenbildung.

Die angesprochene Untersuchung in der bestritten wird, dass es einen Zufluss vom niederländischen Nederrhein zur Ijssel in römischer Zeit gegeben haben soll, beruft sich auf Bodenuntersuchungen die im Bereich der Durchbruchstelle (Westervoort Doesborg) gemacht wurden. Das Ergebnis dieser Studie bestreite ich nicht. Es ist allerdings eine äußerst kühne Behauptung, dass es in römischer Zeit keine Ijssel gegeben haben soll. Dass diese keine dermaßen großen Wassermengen wie heute zur Flevosee abgeführt hat scheint unter diesen Umständen klar, jedoch eine gänzliche Leugnung dieses Flusses würde bedeuten, dass die Flüsse Issel, Bocholter Aa, Berkel und Vecht irgendwo im nirgendwo versickert sind.

Nur als Hinweis dazu: Das ergibt durchaus einen Sinn, wenn man zugleich berücksichtigt, daß die Alte Issel um die Zeitenwende mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Nebenarm des Rheinstroms war (hatte ich in einem früheren Beitrag übrigens bereits erwähnt).
Aber das sind Dinge, deretwegen Du Dich z.B. an die geowissenschaftliche Fakultät in Utrecht - die sind wie erwähnt bzgl. der geologischen Erforschung des Niederrheins sehr kompetent - wenden müßtest, wenn Du derartige Details brauchst.



... wir suchen hier ein ausgedehntes Sumpfgebiet, dass sich zwischen Ems und Lippe befindet (bzw. um Christi Geburt befand). Insofern war dein Beitrag sehr wichtig, auch wenn du dir dessen nicht bewusst bist.

Wenn ich mir vom eingeschränkten Horizont begrenzter Intelligenz einen Einwand erlauben darf: Wer oder was sagt Dir, daß das von mir o.g. Gebiet das einzige ausgedehnte Sumpfgebiet im Bereich zwischen Ems und Lippe zu römischer Zeit gewesen ist?
 
Hallo, Gemeinde!

Diese ganze Diskussion finde ich langsam ermüdend, weil hier immer wieder Dinge aus dem Tacitus-Text herausgelesen oder hineininterpretiert werden, die da nicht drinstehen.

Dem kann ich mich nur anschließen und deinen Beitrag wirklich loben, versuchst du doch auf sehr fundierte Art und Weise, die Diskussion in das Feld des genuin geschichtswissenschaftlichen zurückzuführen. Zu vermuten steht allerdings, dass deine Worte nicht bei allen Mitdiskutanten auf offene Ohren stoßen werden, da diese Diskussion eben nicht von allen Teilnehmern aus rein fachwissenschaftlichem Interesse geführt zu werden scheint. Stattdessen haufenweise Wortklaubereien, Übergehen bzw. absichtliches Missinterpretieren von Argumenten, Ins-Lächerliche-Ziehen von Beiträgen usw. usf.

Ich finde das sehr schade.

Anderereits: Die Diskussion bietet schon einen interessanten Blick darauf, welch emotionsgeladene Einstellungen und Reaktionen noch immer durch ein nun doch schon 2000 Jahre vergangenes Ereignis hervorgerufen werden können. Oder, in den Worten J. Assmanns, auf „die Tradition in uns, die über Generationen, in jahrhunderte-, ja teilweise jahrtausendelanger Wiederholung gehärteten Texte, Bilder und Riten, die unser Zeit- und Geschichtsbewußtsein, unser Selbst- und Weltbild prägen".

Jan Assmann: Das kulturelle Gedächtnis. In: Thomas Mann und Ägypten. C. H. Beck, München 2006, S. 70, nach: Kulturelles Gedächtnis ? Wikipedia
 
Floxx lobt den Beitrag von Maelonn zu Recht.


Praktisch genau östlich von Kalkriese (also genauso weit nördlich der Lippe) liegt Barkhausen, wo ein römisches Marschlager ähnlicher Zeitstellung ausgegraben wurde oder noch wird. Allein diese beiden Fundorte belegen, dass die Legionen so weit nördlich der Lippe Krieg geführt haben.
Zur Zeit macht Barkhausen eher mehr Fragen als Lösungen. Wer marschierte hier? Drusus? Varus? Germanicus? Ich habe jetzt noch keine Auswertung der Fundmünzen gelesen. Vielleicht haben wir dann mehr Klarheit als jetzt.

Wir wissen nach jetzigem Stand, dass in Barkhausen wohl kein nachweisbares Gefecht stattgefunden hat. Demnach ist Barkhausen keines der letzten Lager des Varus gewesen. Wir wissen nur, dass römisches Militär von irgendwo her nach Barkhausen kam und nach irgendwohin wieder abmarschierte. Eines der vielen Rätsel der römischen Okkupation Norddeutschlands.
 
Hallo Maelonn,

Ich stimme dir in alle Punkten zu, außer dem einen:
Zweitens steht bei Tacitus, "das Gebiet zwischen Lippe und Ems". Da steht nichts vom Gebiet zwischen den OBERLÄUFEN von Lippe und Ems, auch wenn das hier immer wieder behauptet wird.
Wenn allerdings vom Gebiet zwischen Ems und Lippe die Rede ist, dann ist anzunehmen, dass es sich um das Gebiet handelt, in dem beide Flüsse mehr oder minder parallel fließen, also nicht weiter westlich als Warendorf oder Münster.

Und noch eine kleine Anmerkung:
Tacitus schreibt, dass Germanicus von der Ems aus das Heer zu den äußersten Grenzen der Brukterer geführt hat. Gelegentlich habe ich auch die Übersetzung gelesen, er sei bis zu den "äußeren Brukterern" gezogen.

Im lateinischen Text steht "ad ultimos Bructerorum". Da es sich bei Bructerorum um einen Genitiv Plural handelt, wäre also "bis zu den entlegensten Brukterern" eine nicht korrekte Übersetzung. Vielleicht "bis zu den Entlegensten der Brukterer". Das klingt, da es sich um Menschen handelt, im Deutschen unschön. Daher wird die Übersetzung "bis zu den äußersten Grenzen der Brukterer" häufig bevorzugt, obwohl ein Wort für Grenzen (limites, terminos - Akkusativ Plural) dort nicht explizit steht. Allerdings wird durch die Verwendung des Genitivs angezeigt, dass dort noch etwas mitgedacht werden muss, auf dass sich der Genitiv bezieht, also Grenzen, Siedlungen, Stammesgebiete o.ä.
 
Diese ganze Diskussion finde ich langsam ermüdend, weil hier immer wieder Dinge aus dem Tacitus-Text herausgelesen oder hineininterpretiert werden, die da nicht drinstehen.


Da hast Du leider Recht.


Zunächst sei hier mal die gebetsmühlenartig wiederholte Behauptung genannt, dass Germanicus von seinem Landepunkt an der Ems aus in Richtung Lippe bezogen sei. Davon steht bei Tacitus nichts!

Ach nein? Wenig später schreibst du aber:

Zweitens steht bei Tacitus, "das Gebiet zwischen Lippe und Ems". Da steht nichts vom Gebiet zwischen den OBERLÄUFEN von Lippe und Ems, auch wenn das hier immer wieder behauptet wird.



Autsch! Nocheinmal:
Germanicus landete an der Ems an. Danach verwüstete er das Land zwischen Ems und Lippe. Wie soll ihm das deiner Meinung nach gelungen sein, wenn er nicht in Richtung Lippe gezogen ist?

Zu den OBERLÄUFEN:
Wenn allerdings vom Gebiet zwischen Ems und Lippe die Rede ist, dann ist anzunehmen, dass es sich um das Gebiet handelt, in dem beide Flüsse mehr oder minder parallel fließen, also nicht weiter westlich als Warendorf oder Münster.
Danke.



Schließlich ist es nicht logisch, wenn die Art des Aufmarschs der Truppen immer wieder als "Zangenangriff" gegen die Brukterer dargestellt wird,
Jetzt beziehst du dich auf maelos Beiträge. Du solltest präzisieren, wen du ansprichst. Das ist im wissenschaftlichen Diskurs so üblich.



andererseits aber ein völlig anderer Ablauf der Ereignisse behauptet wird. Warum hätte Germanicus das halbe Heer von der Lippe aus zur Ems marschieren lassen sollen, wenn er dann zusammen mit diesen von Caecina befehligten Truppen anschließend wieder zur Lippe zurückmarschieren wollte?

Jetzt wird´s wirklich ermüdend. Ich gebe dir trotzdem einen Tipp: Weil es auch noch andere Wege vom Rhein zur Ems gibt. Und zwar den Hellweg vor dem Sandforde.




Und selbst wenn wir annehmen, dass Germanicus mit seinen Truppen nur in der Lippe-Ems-Region unterwegs war: Wenn meine Geografiekenntnisse mich nicht trügen, liegt Kalkriese 40 oder 50 Kilometer Luftlinie von der Ems entfernt. Oder? Korrigiert mich, wenn ich mich irren sollte.

Nochmals:
Wenn Germanicus von der Ems aus kommend das Land zwischen Ems und Lippe verwüstete, dann hat er sich von der Ems wegbewegt. Einverstanden? Da er sich in Richtung Lippe bewegt hat, hat er sich gleichfalls von Kalkriese wegbewegt. Ebenfalls einverstanden?
Bitte Karte in die Hand nehmen!






Praktisch genau östlich von Kalkriese (also genauso weit nördlich der Lippe) liegt Barkhausen, wo ein römisches Marschlager ähnlicher Zeitstellung ausgegraben wurde oder noch wird. Allein diese beiden Fundorte belegen, dass die Legionen so weit nördlich der Lippe Krieg geführt haben.

Kampfspuren wurden in Barkhausen bisher nicht endeckt. Nach meinen Informationen nicht einmal Wälle oder Gräben. Aber dafür gibt es einen eigenen thread.


Die Lippe war nur in Drusus-Zeiten die "Front". Danach war sie für die römischen Truppen das AUFMARSCHGEBIET auf dem Weg zur Front.

Auch wenn Du den Begriff Front in Anführungszeichen setzt, ist seine Verwendung vollkommen falsch. Du meinstest sicher „Kampfgebiet“ oder ähnliches. Dabei vergisst Du aber, dass auch zu den Zeiten des Germanicus die Lippe Raum kriegerischer Handlungen zwischen Römern und Germanen war.
 
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Und selbst wenn wir annehmen, dass Germanicus mit seinen Truppen nur in der Lippe-Ems-Region unterwegs war: ...

Zur Erinnerung:

Tac Ann. I, 61:
"Dann führte er sein Heer weiter bis zu der äußersten Grenze der Bructerer, und das ganze Gebiet zwischen den Flüssen Amisia und Lupia, nicht weit entfernt vom Teutoburger Wald, in dem, wie es hieß, die Überreste des Varus und seiner Legionen unbegraben lagen, wurde verwüstet."


Wie kommst Du dazu, zu bezweifeln, dass Germancius in der Ems-Lippe-Region unterwegs war?
Muss ich daraus schließen, dass Du für Amisia (Ems) und Lupia (Lippe) andere Übersetzungen vorschlägst?
 
Wenn Germanicus von der Ems aus kommend das Land zwischen Ems und Lippe verwüstete, dann hat er sich von der Ems wegbewegt. Einverstanden? Da er sich in Richtung Lippe bewegt hat, hat er sich gleichfalls von Kalkriese wegbewegt. Ebenfalls einverstanden?
Wenn man es so vereinfacht, klingt das wunderbar. Nur war der Feldzug schon dann erfolgreich, wenn er von der Ems aus die Lippe erreicht hat? Oder musste man noch ein wenig ausschwärmen - z.B., um zu den Gebieten der weiter entfernt lebenden Brukterer zu kommen? Kann man aus der zusammenfassenden Darstellung des Tacitus wirklich sich darauf festlegen, dass sich Germanicus zwingend, alternativlos, an der Lippe befunden haben muss, als er 'haud procul' war?

Deiner Meinung nach ja, denn damit kannst du Kalkriese ablehnen - mehr scheint dich ja nicht zu interessieren. Meiner Meinung nach lässt die Darstellung des Tacitus nicht deutlich werden, wo sich Germanicus befand, als er 'haud procul' war.

Bei Tacitus steht direkt vor dem 'haud procul' zwei unterschiedliche geographische Angaben. (1) das Heer wird in die entlgengsten Teile des Bruktererlandes geführt und (2) alles Gebiet zwischen Ems und Lippe wird verwüstet. Worauf bezieht sich haud procul? Auf Angabe 1 oder Angabe 2?

Was spricht eigentlich gegen die Annahme, dass das ganze Gebirgsmassiv, dass sich von Rheine bzw. Ibbenbüren über Bielefeld, Detmold und Paderborn zieht und von der Ems insgesamt nicht allzu weit entfernt ist, in der Antike als ein Gebirge wahrgenommen wurde und mit dem Teutoburger Wald bezeichnet wurde? In diesem Fall läge Kalkriese am Nordrand dieses Gebirges und die Bezeichnung des Tacitus würde auch mit Kalkriese in Einklang zu bringen sein. Denn das Gebirge als ganzes ist 'haud procul' von der Ems entfernt (wer sagt denn, dass wir von der Lippe aus messen müssen? Bei Tacitus steht das jedenfalls nicht!). Und es ist ja eigentlich auch falsch das haud procul auf Kalkriese zu beziehen, da Tacitus ja als Bezugspunkt den saltus nimmt.
 
Wenn Germanicus von der Ems aus kommend das Land zwischen Ems und Lippe verwüstete, dann hat er sich von der Ems wegbewegt. Einverstanden? Da er sich in Richtung Lippe bewegt hat, hat er sich gleichfalls von Kalkriese wegbewegt. Ebenfalls einverstanden?

Wenn man es so vereinfacht, klingt das wunderbar.

Danke. Das ist doch immerhin etwas. Welche Veranlassung gibt es denn, die Sache kompliziert zu sehen? Die Interpretation der Textpassage wird doch erst dann kompliziert, wenn man das Germanicusheer plötzlich nach Kalkriese bugsieren muss.


Kann man aus der zusammenfassenden Darstellung des Tacitus wirklich sich darauf festlegen, dass sich Germanicus zwingend, alternativlos, an der Lippe befunden haben muss, als er 'haud procul' war? (…)
Meiner Meinung nach lässt die Darstellung des Tacitus nicht deutlich werden, wo sich Germanicus befand, als er 'haud procul' war.

Das hatten wir schon einmal besprochen. Es ist unerheblich, wo Germanicus stand. Haud procul bezieht sich auf das Gebiet zwischen Ems und Lippe, das verwüstet wurde.

...,denn damit kannst du Kalkriese ablehnen - mehr scheint dich ja nicht zu interessieren.
Oh doch. Mich interessiert schon, wo sich die Varusschlacht zugetragen hat. Leider verweisen die geographischen Angaben des Tacitus nicht nach Kalkriese. Auch nicht nach Holland oder Halberstadt.

Um es noch einmal zu sagen: Anhand der Texte des Tacitus lässt sich die Kalkriese-Varusschlacht-These nicht widerlegen. Ich möchte nur zeigen, dass die Annalen des Tacitus, so wie sie uns vorliegen, bezüglich der Varusschlacht in eine andere Gegend verweisen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Um es noch einmal zu sagen: Anhand der Texte des Tacitus lässt sich die Kalkriese-Varusschlacht-These nicht widerlegen. Ich möchte nur zeigen, dass die Annalen des Tacitus, so wie sie uns vorliegen, bezüglich der Varusschlacht in eine andere Gegend verweisen.

Du zeigst, wie man die Texte interpretieren muss, wenn man beschlossen hat, dass Kalkriese nicht der Ort der Varusschlacht sein darf.

Widerspricht der Tacitustext der Deutung, dass das gesamte, nordöstlich der Ems gelegene Gebirge - an dessen Nordrand Kalkriese liegt - der saltus T. gewesen sein kann? Dieses Gebirge ist von der Ems nur 'haud procul' entfernt und auch von der Lippe nur unwesentlich weiter - auf jeden Fall nicht soweit, dass es mit 'haud procul' nicht mehr abgedeckt wäre.

Hast du etwas gegen diese Deutung einzuwenden? Wahrscheinlich ja, weil dann Kalkriese nicht mehr zwingend aus dem Spiel wäre!:devil:
 
Widerspricht der Tacitustext der Deutung, dass das gesamte, nordöstlich der Ems gelegene Gebirge - an dessen Nordrand Kalkriese liegt - der saltus T. gewesen sein kann? Dieses Gebirge ist von der Ems nur 'haud procul' entfernt und auch von der Lippe nur unwesentlich weiter - auf jeden Fall nicht soweit, dass es mit 'haud procul' nicht mehr abgedeckt wäre.

Auf diese Idee ist man schon lange vor dir gekommen. Aus diesem Grunde hat man den Osning in "Teutoburger Wald" umbenannt. :winke:
 
Richtig. Nicht nur die Textstelle zum Jahr 15 n.Chr., über die wir hier diskutieren, deutet darauf hin, sondern auch Tac. II, 7:
„Er (Germanicus) selbst führte auf die Nachricht, das an dem Fluss Lupia (Lippe) angelegte Kastell werde belagert, sechs Legionen dorthin. (…) Und auch dem Caesar gaben die Belagerer keine Gelegenheit zu einem Kampfe. Sie verschwanden bei der Kunde von seinem Erscheinen. Jedoch hatten sie den erst kürzlich für die Legionen des Varus errichteten Grabhügel und einen früher für Drusus erbauten Altar zerstört.“

Auch hier wird eine gewisse Nähe des Varusschlachtfeldes zur Lippe deutlich. Oder glaubt jemand, die Belagerer sind von der Lippe mal eben nach Kalkriese gezogen, um den Hügel einzuebnen? Oder haben Germanicus´ Späher mal eben einen Abstecher nach Kalkriese gemacht, um dort mal nachzuschauen?

Dies ist doch wirklich interessant!
Da ist ein Kastell an der Lippe, welches wohl 14/15 n. Chr. angelegt wurde. Wo, darüber kann man nur spekulieren. Zu weit westlich also in Rheinnähe ist wohl eher fraglich, da eine solche Belagerung wenig Sinn macht und die Römer recht schnell Ersatztruppen vom Rhein schicken konnten. Dann rückt Germanicus mit sechs Legionen aus und "verscheucht" die Belagerer. Die zerstören allerdings noch den Grabhügel und Altar. Eigentlich müßte man hier doch denken, daß das Varusschlachtfeld sich also in der Nähe dieses Kastells an der Lippe befunden haben muß.

Allerdings wirft das auch wieder Fragen auf. Im gleichen Jahr hat lt. Tacitus der Germanicus eine gigantische Armee auf über tausend Schiffe zur Ems oder Weser verschifft. Also müßte er mit seinen sechs Legionen wieder zurück an den Rhein und dann die Legionen per Schiff weiterbringen. Aber das ist doch wohl unlogisch. Warum hat er mit diesen Legionen nicht gleich den (Land-)Weg weiter Richtung Osten genommen.
Oder hat er er das vieleicht sogar? Dies vermutet zumindest Brepohl.

Seltsame Geschichte!:confused::confused:
 
Allerdings wirft das auch wieder Fragen auf. Im gleichen Jahr hat lt. Tacitus der Germanicus eine gigantische Armee auf über tausend Schiffe zur Ems oder Weser verschifft. Also müßte er mit seinen sechs Legionen wieder zurück an den Rhein und dann die Legionen per Schiff weiterbringen. Aber das ist doch wohl unlogisch. Warum hat er mit diesen Legionen nicht gleich den (Land-)Weg weiter Richtung Osten genommen.
Oder hat er er das vieleicht sogar? Dies vermutet zumindest Brepohl.

Absolut berechtigte Frage.
Es könnte in der Logistik begründet sein. Germanicus zog entlang der Lippe bis zum genannten Lager, um dieses zu befreien. (Zeitgleich zog Silius gegen die Chatten).
Germancius konnte seine sechs Legionen auf diesem Feldzug über die Lippe versorgen. Ein Feldzug von der Lippe bis zur Weser, also über den Teutoburger Wald, war ihm offensichtlich zu riskant.
Deshalb ließ er das Heer (wie im Vorjahr) über die Ems kommen und auf dem Hellweg vor dem Sandforde bis zur Weser marschieren. Dabei kamen sie auch in Kalkriese vorbei und konnten ein paar Knochen unter die Erde bringen, die dort noch aus der Schlacht an den pontes longi lagen.
 
Auf diese Idee ist man schon lange vor dir gekommen. Aus diesem Grunde hat man den Osning in "Teutoburger Wald" umbenannt. :winke:

Und Kalkriese liegt am Nordrand dieses Gebirges, das Gebirge ist nicht weit weg von der Ems. Ein Widerspruch zwischen den Angaben des Tacitus und Kalkriese löst sich damit ziemlich auf! Dumme Sache aber auch.
 
Dabei kamen sie auch in Kalkriese vorbei und konnten ein paar Knochen unter die Erde bringen, die dort noch aus der Schlacht an den pontes longi lagen.

Kalkriese kann unmöglich der Ort der pontes longi gewesen sein, wie du bei Tacitus nachlesen kannst. Man traf sich nämlich wieder an der Ems und alle Einheiten sollen an den Rhein zurückkehren. Germanicus wieder mit den Schiffen, Caecina dabei über die pontes longi. Wenn ich von der Ems aber an den Rhein will, dann ist Kalkriese in der falschen Richtung! Nach Tacitus befinden sich die pontes longi eindeutig und absolut unzweifelhaft westlich der Ems!
 
Deshalb ließ er das Heer (wie im Vorjahr) über die Ems kommen und auf dem Hellweg vor dem Sandforde bis zur Weser marschieren. Dabei kamen sie auch in Kalkriese vorbei und konnten ein paar Knochen unter die Erde bringen, die dort noch aus der Schlacht an den pontes longi lagen.
Na endlich rückst Du damit raus, warum es Kalkriese nicht sein kann. (Ausgenommen den Fall Pontes Longi und die Varusschlacht überlappen sich, was den Ort des Geschehens anbelangt, was, geht man von einer mehrtägigen Schlacht aus, die sich über eine größere Strecke hinzieht, auch nicht unmöglich wäre.:still:)
 
(Ausgenommen den Fall Pontes Longi und die Varusschlacht überlappen sich, was den Ort des Geschehens anbelangt, was, geht man von einer mehrtägigen Schlacht aus, die sich über eine größere Strecke hinzieht, auch nicht unmöglich wäre.)
D.h. natürlich nur, wenn man sich der Meinung von Nicole H. anschließen möchte, dass Pontes Longi nun auf der Fläche von Kalkriese läge.
:angsthab:
 
Was spricht eigentlich gegen die Annahme, dass das ganze Gebirgsmassiv, dass sich von Rheine bzw. Ibbenbüren über Bielefeld, Detmold und Paderborn zieht und von der Ems insgesamt nicht allzu weit entfernt ist, in der Antike als ein Gebirge wahrgenommen wurde und mit dem Teutoburger Wald bezeichnet wurde? In diesem Fall läge Kalkriese am Nordrand dieses Gebirges und die Bezeichnung des Tacitus würde auch mit Kalkriese in Einklang zu bringen sein. Denn das Gebirge als ganzes ist 'haud procul' von der Ems entfernt (wer sagt denn, dass wir von der Lippe aus messen müssen? Bei Tacitus steht das jedenfalls nicht!). Und es ist ja eigentlich auch falsch das haud procul auf Kalkriese zu beziehen, da Tacitus ja als Bezugspunkt den saltus nimmt.

Gegen diese Annahme spricht eigentlich garnichts!
Im Grunde genommen ist sie sehr einfach aber stark in der Argumentation.

Natürlich bezieht er sich auf den saltus teutoburgensis und nicht direkt auf das Schlachtfeld! Wie groß dieser saltus teutoburgensis ist, können wir letztlich nicht wissen und auch nicht wo genau darin das Schlachtfeld ist.

Wenn ich aus heutiger Sicht sagen würde:

"Ich befinde mich hier in einem Gebiet südlich von München und unweit der Alpen in denen das Matterhorn liegt."

dann käme wohl niemand auf die Idee das Matterhorn in die Nähe von München zu verorten - oder doch?

Eigentlich müßte dieses Argument den Kalkriese Gegnern ziemlich zu denken geben!:winke:
 
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