Melde mich zurück. Excideuil, genauso wie ich, weißt du, dass Bataaf in der Napoleonwiki sich darauf beschränkt, kommentarlos alte Quellen zu übernehmen. Natürlich kam Bagration 1813 in der deutschen Literatur gut weg, man war ja mit den Russen verbündet und die Bösewichter waren die Franzosen. Bataaf beansprucht für sich auch nicht die Quelle der Weisheit zu sein. Er zitiert einfach nur alte Quellen, mehr nicht.
Ich bin es wirklich leid, dass in vielen Bereichen Schulwissen aus der DDR verbreitet wird. Wenn Bagration wirklich der beste russische General war, warum hat ihn Alexander nicht zum Oberbefehlshaber ernannt? Weil er ihn für unfähig hielt! Das kann ich dir auch mit Tarlé belegen. Alexander wollte auch Kutusow nicht, kann ich dir auch belegen, ebenfalls mit Tarlé, immerhin ein sowjetischer Historiker.
Können wir mal die stalinistischen Geschichtsfälschungen, und den Support, den sie in der DDR erhalten haben, außer acht lassen?
Ehrlich gesagt bin ich es leid, dass trotz unterschiedlicher - auch nichtsowjetischer - Quellen, du immer noch darauf beharrst, dass Bagration eine Niete gewesen wäre. Dass du den Zaren dazu als "Zeugen" heranziehst, verleiht deiner "Beweisführung" zusätzlich eine besondere "Note"!
"Barclay war zwar zum Kommandeur der Ersten Armee, aber nicht zum Oberbefehlshaber ernannt worden. Vllt. hatte Alexander das für nicht notwendig gehalten, weil Barclay ja auch Kriegsminister war, oder weil er beabsichtigte, selbst das Oberkommando zu übernehmen. Möglicherweise aber wollte er andere nicht brüskieren, die sich Hoffnungen auf den Posten zu machten.
Es schien, als beschränke sich Alexanders Anteilnahme auf die Inspektion von Befestigungen und die Abnahme von Paraden. Gleichwohl mischte er sich ins militärische Tagesgeschehen ein. Seine Anwesenheit im Hauptquartier musste Barlays ohnehin lädierte Autorität zusätzlich untergraben, da sie zur Insubordination geradezu ermutigte; und es herrschte kein Mangel an solchen, die Barclay hassten und denen es zuwider war, unter ihm dienen zu müssen.
Das galt ganz besonders für General Fürst Pjotr Iwanowitsch Bagration, den Kommandeur der Zweiten Armee. Er war ein schneidiger General auf dem Schlachtfeld, von wagehalsigem Mut, ungestümem Temperament, leidenschaftlichen Gefühlen und dem beherzten Draufgängertum, das ihm die abgöttische Verehrung seiner Offiziere und Mannschaften einbrachte. Obgleich er jünger war als Barclay, stand er schon länger als dieser im Generalsrang und meinte, ein Anrecht auf den Oberbefehl zu haben. Da es keine Dokumente gab, das ihn ausdrücklich anwies, Befehle von Barclay zu befolgen, stellte sich Bagration auf den Standpunkt, er führe ein selbständiges Kommando. Alexanders Ankunft im Hauptquartier lieferte ihm den Vorwand, seine berichte direkt an den Zaren als allerobestem Kommandeur zu senden und barclay vollständig zu übergehen.
Bagrations Position war stark. Er war bei den anderen Generälen ungemein beliebt und verfügte über eine große Anhängerschaft bei Hof. Als ehemaliger Liebhaber der Großfürstin Katharina hatte er einen leichten Vorteil gegenüber Alexander, der ihn zwar nicht mochte, es sich aber nicht erlauben konnte, ihn respektlos zu behandeln." [1]
Auch bei Zamoyski keine negative Bewertung. Kein General ist bei der Truppe beliebt, wenn er unfähig ist!
Was nun den Zaren angeht, war er nicht einmal der Lage, für eindeutige und klare Kompetenzen zu sorgen. Fürwahr, das ist natürlich der Militär, der "Zeuge", der geeignet ist, um zu belegen, mal von persönlichen Abneigungen abgesehen, dass Bagation ein schlechter Feldherr gewesen wäre.
Ich darf feststellen, dass egal, ob vorsowjetische zeitgenössische oder sowjetische oder Nachwende-Literatur zitiert wird, Einhelligkeit in der Beurteilung Bagrations herrscht. Von Niete oder Unfägikeit ist bislang nichts vorgetragen worden.
Grüße
excideuil
[1] Zamoyski, Adam: 1812, Napoleons Feldzug in Russland, C.H. Beck, München, 2012 (2004), Seiten 143 - 144