Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Der Fluss- hier die Hunte in etwa 10 Kilometer Entfernung.

Und ist in der Region noch ein Bächlein.

Den Berg-hier der Kalkrieser Berg.
Die schmale sumpfige Fläche- hier der Niedermoorstreifen zwischen Hangsandzone und Flugsandrücken.
Der tiefe Sumpf- hier das Große Moor nördlich der Flugsandzone vorgelagert.
Der Wald – hier die bewaldeten Zonen in der Niewedder Senke zur Zeitwende.
Der Wall – hier der Wall von Kalkriese.
Das sind keine Argumente für oder gegen etwas sondern eine Aufzählung. Was willst du uns damit sagen?


Diese Aussage trifft nicht zu. Es gibt sehr wohl reichhaltige Zeugnisse für einen Wallbeschuss. Nachzulesen in: Kalkriese 4/ Katalog der Römischen Funde vom Oberesch 2008 / Schnitte 1-22. Hier werden 4 Geschossspitzen (davon eine als Wurfgeschoß) und eine Pfeilspitze aufgeführt.Und in Kalkriese 5 / Katalog der römischen Funde vom Oberesch 2011 / Die Schnitte 23-39. Hier gibt es sogar 13 Geschossspitzen und zwei Pfeilspitzen.

Ein bisschen wenig für einen Beschuss, wie beim Angrivarierwall, oder?


Dieser Befund wirft das ganze vorgestellte Varusschlachtszenario über den Haufen, denn demnach sind die Römer nicht wie eine Hammelherde an dem Wall vorbeigezogen und haben sich quasi wehrlos abschlachten lassen. Die Römer hatten genügend Raum und Gelegenheit um ihre Fernwaffen einzusetzen. Also nichts mit dem tollen Kugelmodell im Kalkrieser Museum, denn die Katapulte können nicht über den Köpfen vorbeiziehender Legionäre abgefeuert werden.

Wer behauptet denn, dass die Römer, wie eine Hammelherde am Wall oder wo auch immer vorbeigezogen sein sollen?
 
Es lohnt sich dieses Alles noch einmal durchzukauen, ich verspreche es!

Wir finden bei Kalkriese alle topographischen Attribute die Tacitus für die Schlacht am Angrivarierwall beschreibt.
Der Fluss- hier die Hunte in etwa 10 Kilometer Entfernung.

Ich habe da wie ElQ massiv Zweifel, ob ein Bach von (nach google earth) geschätzter Breite von max. 10 Metern wirklich als Fluss anzusprechen ist.

Zudem scheint die Beschreibung des Tacitus einen vom Fluss und Wäldern umschlossenen Kampfplatz doch einen näherliegenden und größeren Fluss zu meinen und keinen Bach - dafür hätte es mit rivus auch einen passenderen Begriff gegeben. 10 km ist doch sehr weiträumig - aber ich bin kein Militärexperte.
Den Berg-hier der Kalkrieser Berg.

Wo liest du was von einem Berg auf dem Kampfplatz? Eine entsprechende Stelle finde ich bei mir nicht. Kannst du die bitte einmal angeben?

Der Wall – hier der Wall von Kalkriese.

Zum Wall hat ElQ schon oft genug eigentlich genug gesagt. Er ist ganz sicher kein Wall, der zwei Stämme voneinander trennen sollte. Und das spricht ganz klar gegen die Schlacht am Angrivarierwall.

Ein Dank gebührt dir aber maelo: Dank dir kram ich immer mal wieder den Tacitus raus, um darin ein wenig zu lesen.
 
Ich habe da wie ElQ massiv Zweifel, ob ein Bach von (nach google earth) geschätzter Breite von max. 10 Metern wirklich als Fluss anzusprechen ist.

Kurzes Intermezzo:

Wære anhand der Beschreibungen ein Hochwasser denkbar gewesen? Das verwandelt auch kleinste Bæchlein in reisende Strøme - wie ich am eigenen Leib schon erfahren durfte.

Gruss, muheijo
 
Wenn es Maelo bei seiner Argumentation um die Textstelle II,19 geht, dann nicht, denn die lautet: Zuletzt wählten sie einen vom Fluß und Wäldern umgebenen Kampfplatz aus. Im Lateinischen mit flumen wiedergegeben, also nichts außergewöhnliches.
 
naja, die Zahl der Geschosse deutet jetzt nicht auf großen Beschuß irgendeiner Seite hin. Obwohl man natürlich berücksichtiegen muß, das eine Pfeilspitze aus Eisen mit ihrem Gewicht von höchstens 10-20g sehr schnell verrostet. Auf der anderen Seite hinterlassen Bogenschützen natürlich relativ viele Spitzen im Boden, s.Harzhorn. Die Zahl der Geschosse erscheint mir jedoch soo überschaubar, das zu vermuten ist, die Schützen hatten kaum welche/keine mehr. Wenn in Hektik von 5 Pfeilen 2 bewegte Ziele treffen, ist der Bogenschütze schon gut. Einzeln liegende Pfeilspitzen belegen dann , das nicht viel geschossen wurde. Und wer schon mal Pfeile gesucht hat, weiß, wieviele nicht wieder gefunden werden, selbst direkt nach den Schüssen und intensiver Nachsuche. Das würde dann darauf hindeuten, das in Kalkriese ein Schlachtfeld ausgegraben wird, auf dem das Ende einer längeren /mehrtägigen Schlacht stattgefunden hat. Ähnlich oder gleich der Varusschlacht
 
Beim Rückmarsch des römischen Heeres nach der Schlacht bei Idistaviso zurück zur Ems war der Marschweg und das Ziel der Römer den Germanen offensichtlich bekannt, denn um von der mittleren Weser zur Ems zu gelangen führte der nach logischen und logistischen Maßstäben sicher gangbare Weg für ein so gewaltiges Heer durch die Niewedder Senke. Wichtig war hier für Arminius einen Zeitvorsprung zu erhalten, um entsprechende Vorbereitungen für den Ausbau einer Stellung und einer Strategie zu erarbeiten.
Beim ersten Lesen dachte ich, Du willst darauf hinaus, dass Germanicustruppen auf dem Rückmarsch von den Kämpfen bei Idistaviso und Angrivarierwall in den Hinterhalt bei Kalkriese getappt sind. Eine undokumentierte Schlacht im Laufe der Gemanicus-Feldzüge also. Das könnte ich mir noch vorstellen. Auch wenn dann die vielen Münzen und Trossbestandteile, die bei Kalkriese gefunden wurden, erklärungsbedürftig wären. Aber natürlich meinst Du wieder, es sei die Angrivarierwall-Schlacht. Das ist jetzt so oft diskutiert worden, dass ich mir Wiederholungen spare. Also schließe ich mich einfach den Vorrednern an.

Das verstehe ich nicht ganz.
Im Grunde meine ich das, was Maelo etwas weiter oben angedeutet hat und was im Laufe der Debatte schon mehrfach diskutiert worden ist: Warum ist eine offenkundig recht große römische Militäreinheit an dem Wall vorbeimarschiert und hat sich dabei fast "widerstandslos" abschlachten lassen? Warum haben die Legionäre nicht irgendwas unternommen?

Hier setzt mein Argument ein: Wenn die Römer beim Einzug in den Engpass bei Kalkriese schon seit Tagen gewusst hätten, dass sie sich im Krieg befanden, dann hätten sie eine Marschordnung eingenommen, die es ihnen ermöglicht hätte (zumindest potenziell), mit der Lage am Abschnittswall fertigzuwerden. Dann hätte es verschiedene Optionen gegeben. Zum Beispiel umkehren. Oder anhalten und den Wall angreifen. Oder anhalten und - ähnlich wie es am Harzhorn gemacht wurde - den Feind umgehen und in der Flanke oder von hinten packen.

Die Fundsituation am Oberesch lässt aber eher darauf schließen, dass sie nach dem Motto "Augen zu und durch" gehandelt haben.

Das ist nach meiner Ansicht nur auf drei Arten erklärbar:

Erste Möglichkeit: Die Römer wähnten sich in befreundetem Gebiet und hielten die Germanen in ihrer Umgebung für Verbündete. Deshalb marschierten sie in "gelockerter" Ordnung. Angegriffen wurden sie erst, als sie bereits in den Engpass zwischen Hügelkette und Moor eingezogen waren. Oder kurz davor. Im Engpass waren die Verhältnisse dann so beengt, die Zeit so knapp und die Truppe so bedrängt, dass der Zug nicht mehr umgruppiert oder zum Stehen gebracht werden konnte. So sind die Einheiten nach und nach vom Druck der nachschiebenden ("fliehenden") eigenen Einheiten am Wall vorbeigepresst worden. Das würde heißen, dass Kalkriese eine frühe Phase der Varusschlacht ist.

Zweite Möglichkeit: Als die Römer am Wall angekommen sind, waren sie schon so geschwächt, dass sie gar nicht mehr fähig waren, dieses Hindernis zu beseitigen. Oder es auch nur zu versuchen. Das würde heißen, dass bei Kalkriese die letzte Phase der Schlacht stattfand. In dem Fall hätten die Römer aber eigentlich den Tross nicht mehr haben sollen, dessen Spuren am Oberesch nachweisbar sind.

Dritte Möglichkeit: Es ist nicht die Varusschlacht sondern eine ganz andere, die nicht dokumentiert ist und über deren Hintergründe wir rein gar nichts sagen können.

Ich persönlich neige Version 1 zu.

MfG
 
...

Das ist nach meiner Ansicht nur auf drei Arten erklärbar:

Erste Möglichkeit: Die Römer wähnten sich in befreundetem Gebiet und hielten die Germanen in ihrer Umgebung für Verbündete. Deshalb marschierten sie in "gelockerter" Ordnung. Angegriffen wurden sie erst, als sie bereits in den Engpass zwischen Hügelkette und Moor eingezogen waren. Oder kurz davor. Im Engpass waren die Verhältnisse dann so beengt, die Zeit so knapp und die Truppe so bedrängt, dass der Zug nicht mehr umgruppiert oder zum Stehen gebracht werden konnte. So sind die Einheiten nach und nach vom Druck der nachschiebenden ("fliehenden") eigenen Einheiten am Wall vorbeigepresst worden. Das würde heißen, dass Kalkriese eine frühe Phase der Varusschlacht ist.

Zweite Möglichkeit: Als die Römer am Wall angekommen sind, waren sie schon so geschwächt, dass sie gar nicht mehr fähig waren, dieses Hindernis zu beseitigen. Oder es auch nur zu versuchen. Das würde heißen, dass bei Kalkriese die letzte Phase der Schlacht stattfand. In dem Fall hätten die Römer aber eigentlich den Tross nicht mehr haben sollen, dessen Spuren am Oberesch nachweisbar sind.

Dritte Möglichkeit: Es ist nicht die Varusschlacht sondern eine ganz andere, die nicht dokumentiert ist und über deren Hintergründe wir rein gar nichts sagen können.

Ich persönlich neige Version 1 zu.

MfG

Moin

Ich tendiere da eher zu Variante 2! Das da Teile eines Trosses auftauchen irritiert mich dabei nicht sonderlich. Es schließt ja nicht aus, dass dass Gros des Trosses vorher aufgegeben wurde. Sooo ausschließlich darf man die Quellen in meinen Augen nicht lesen. Schließlich wäre da auch ein Wall, von dem, bezüglich der Varusschlacht, auch nicht berichtet wurde!

Gruß
Andreas
 
Wie ich bereits schrieb ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Heer des Germanicus nach der Schlacht bei Idistaviso auf dem Rückweg zur Ems die Kalkrieser Senke querte. Hier war die einzige Passage innerhalb eines weitläufigen Gebiets, welches ein großes Heer auf sicherem Boden benutzen konnte. Südlich der Senke schließt sich das Wiehengebirge und der Teutoburger Wald an. Dass diese Bergregion nicht ohne großen Aufwand durchquert werden konnte versteht sich von selbst. Nördlich der Niewedder Senke beginnen großflächige Moor- und Muddengebiete. Das Gebiet zwischen Kalkriese und Vechta war mit Sicherheit undurchquerbar. Über Vechta hinaus beginnt zwar ein Heidegebiet welches bis nach Oldenburg reicht, aber auch hier durchziehen in Nord-Südrichtung breite Muddenrippen die Landschaft. Südlich von Oldenburg reiht sich wieder ein Moorgebiet an das andere. Amtliche geologische Karten zum selbst durchforschen auf: NIBIS® KARTENSERVER | Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie Nach der Varusschlacht und nach der Schlacht an den Pontes Longi vermieden die Römer sicherlich wo sie nur konnten einen Marschweg durch sumpfige Gebiete.

Und ist in der Region noch ein Bächlein.
Die Hunte wird heute als Fluss bezeichnet, und war es früher umso mehr. Wir dürfen bei der Hunte nicht heutige hydrologische Maßstäbe anwenden. Die Hunte ist nach vielfachen wasserbautechnischen Maßnahmen auf einen schmalen Fluss zusammengeschrumpft. Der Grundwasserspiegel wurde abgesenkt und große Wassermengen durch neue Vorfluter reguliert. Das war vor zwei Jahrtausenden nicht so. Das Wassereinzugsgebiet der Hunte umfasst große Teile des Wiehengebirges, wobei, wie Muhejo richtig bemerkt, bei Regen dieser Fluss auf einen richtigen Fluss anschwoll. Auch hier ist es sinnvoll sich entsprechendes geologisches Kartenmaterial anzuschauen, allein die Breite des Huntetals sagt viel aus.

Das sind keine Argumente für oder gegen etwas sondern eine Aufzählung. Was willst du uns damit sagen?

Ich will sagen, dass sämtliche Aussagen des Tacitus über die Beschaffenheit des Kampfplatzes am Angrivarierwall mit den tatsächlichen Gegebenheiten in der Kalkrieser Senke übereinstimmen. Diese Kongruenzen zu negieren grenzt an Ignoranz.

Ein bisschen wenig für einen Beschuss, wie beim Angrivarierwall, oder?

Wer behauptet denn, dass die Römer, wie eine Hammelherde am Wall oder wo auch immer vorbeigezogen sein sollen?

Auf dem Oberesch wurde nur ein Fragment eines Gladius gefunden, etwas wenig für die Varusschlacht, oder? Im Ernst, es wurde nicht nur hier im Forum vermerkt, dass die einzigen Fernkampfgeschosse die drei Schleuderbleie gewesen wären, die zudem noch entfernt vom Wall und zusammenliegend aufgefunden wurden. Das wurde als Indiz dazu gewertet, dass das römische Heer nicht in der Lage war den Gegner effektiv zu bekämpfen, sondern dass am Wall eine sich auflösende Truppe vorbeigezogen ist und sich wahllos hat abschlachten lassen.

Der Befund der aufgefundenen Geschossspitzen, die über einen weiten Bereich des Walles aufgefunden wurden zeichnet ein ganz anderes Bild. Vor dem Wall in Kalkriese hat ein völlig intaktes römisches Heer gekämpft welches die Germanen hinter dem Wall in die Defensive gedrängt hat. Die Römer hatten Zeit ihre Torsionsgeschütze aufzubauen und einzusetzen. Dabei hatten sie genügend Raum den Bereich zwischen den Geschützen und dem Wall freizuhalten um eine ungehinderte Flugbahn der Geschosse zu gewährleisten. Diese Funde belegen, dass es kein Gedränge in der Kalkrieser Senke gegeben haben kann.

Im Übrigen deckt sich auch dieser Befund mit der literarischen Überlieferung des Tacitus über den Kampf am Angrivarierwall: „Er zog dagegen die Legionen ein wenig zurück und befahl den Schleuderern und Wurfschützen, ihre Geschosse zu werfen und den Feind vom Wall zu vertreiben. Von den Geschützen wurden Speere abgeschossen, und je sichtbarer die Verteidiger waren, mit um so größeren Verlusten wurden sie heruntergeworfen.“ Tacitus/Ann. II 20
 
...
Der Befund der aufgefundenen Geschossspitzen, die über einen weiten Bereich des Walles aufgefunden wurden zeichnet ein ganz anderes Bild. Vor dem Wall in Kalkriese hat ein völlig intaktes römisches Heer gekämpft ...

Moin

Aha, Torsionsgeschütze sind nur in einem "völlig intakten" Heer anzutreffen? :grübel:

Glaube ich nicht!
 
Wie ich bereits schrieb ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Heer des Germanicus nach der Schlacht bei Idistaviso auf dem Rückweg zur Ems die Kalkrieser Senke querte. Hier war die einzige Passage innerhalb eines weitläufigen Gebiets, welches ein großes Heer auf sicherem Boden benutzen konnte. Südlich der Senke schließt sich das Wiehengebirge und der Teutoburger Wald an. Dass diese Bergregion nicht ohne großen Aufwand durchquert werden konnte versteht sich von selbst.

Wäre aber der schnellste Weg zur Lippe gewesen.
Nördlich der Niewedder Senke beginnen großflächige Moor- und Muddengebiete. Das Gebiet zwischen Kalkriese und Vechta war mit Sicherheit undurchquerbar. Über Vechta hinaus beginnt zwar ein Heidegebiet welches bis nach Oldenburg reicht, aber auch hier durchziehen in Nord-Südrichtung breite Muddenrippen die Landschaft. Südlich von Oldenburg reiht sich wieder ein Moorgebiet an das andere. Amtliche geologische Karten zum selbst durchforschen auf: NIBIS® KARTENSERVER | Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie Nach der Varusschlacht und nach der Schlacht an den Pontes Longi vermieden die Römer sicherlich wo sie nur konnten einen Marschweg durch sumpfige Gebiete.

Und ziehen dann bei Kalkriese in ein Sumpfgebiet? Auch wenn es ein kleineres war?




Ich will sagen, dass sämtliche Aussagen des Tacitus über die Beschaffenheit des Kampfplatzes am Angrivarierwall mit den tatsächlichen Gegebenheiten in der Kalkrieser Senke übereinstimmen. Diese Kongruenzen zu negieren grenzt an Ignoranz.

Warum bringst du dann nicht die Tacitus-Stelle von der Schlacht, bei der von einem Berg die Rede ist? Vielleicht bin ich ja nur blind, aber ich finde sich auch bei wiederholtem Lesen nicht.

Auf dem Oberesch wurde nur ein Fragment eines Gladius gefunden, etwas wenig für die Varusschlacht, oder?

Aber genug für eine Schlacht, die mit einer deutlich größeren Truppenmacht ausgefochten wurde? Hatte Germanicus nicht 6 - 8 Legionen unter sich? :nono:

Der Befund der aufgefundenen Geschossspitzen, die über einen weiten Bereich des Walles aufgefunden wurden zeichnet ein ganz anderes Bild. Vor dem Wall in Kalkriese hat ein völlig intaktes römisches Heer gekämpft welches die Germanen hinter dem Wall in die Defensive gedrängt hat. Die Römer hatten Zeit ihre Torsionsgeschütze aufzubauen und einzusetzen. Dabei hatten sie genügend Raum den Bereich zwischen den Geschützen und dem Wall freizuhalten um eine ungehinderte Flugbahn der Geschosse zu gewährleisten. Diese Funde belegen, dass es kein Gedränge in der Kalkrieser Senke gegeben haben kann.

Bei 6 Legionen? Ich war leider noch nie dort, aber soll es nicht ein recht begrenztes Gebiet gewesen sein?
Im Übrigen deckt sich auch dieser Befund mit der literarischen Überlieferung des Tacitus über den Kampf am Angrivarierwall: „Er zog dagegen die Legionen ein wenig zurück und befahl den Schleuderern und Wurfschützen, ihre Geschosse zu werfen und den Feind vom Wall zu vertreiben. Von den Geschützen wurden Speere abgeschossen, und je sichtbarer die Verteidiger waren, mit um so größeren Verlusten wurden sie heruntergeworfen.“ Tacitus/Ann. II 20

Es passt nur nicht die Sache mit dem Wall an sich, das ignorierst du lieber.
 
Maelo, laß die von einem Artilleristen und Bogenschützen sagen, solange genug Munition da ist, hinterlassen die auch reichlich für die Archäologen zum Ausgraben. Da findet kein Germane Geschosse, da mußt du in einem Wall und davor buddeln.
Außerdem war Varuss Truppe vielleicht erschöpft, reichlich dezimiert, aber keines Falls zahnlos und hat sich auch nach Tacitus nicht einfach so abschlachten lassen. Der überflüssige Troß wurde verbrannt/zurückgelassen. Das Truppennotwendige(man muß annehmen, Verpflegung, Geschütze etc wurde mitgenommen.) Und man kann durchaus auch mit einem römischen Katapult im begrenzten Maß indirekt schießen. Also über die Köpfe hinweg. Mit nem Bogen sowieso. Nur für ein intaktes Heer ist die Zahl der gefundenen Geschosse zu gering. Diese Truppe, die bei Kalkriese ihr Leben gelassen hat, war schon vorher in massive Kämpfe verwickelt. Und das Schlachtfeld wurde nach der Schlacht "abgeräumt"/geplündert. Gefallene wurden nach Jahren bestattet, d.h. auch hier wurden noch einmal Waffen und Gerät eingesammelt.
Richtig ist, Maleo, die Befunde von Kalkriese passen nicht gänzlich zur Überlieferung der "Varusschlacht", zu den anderen Schlachten aber noch weniger.

Zu den Torsionsgeschützen:
die können auch was anderes Verschießen , als die normal dafür vorgesehenen Geschosse. Baumstämme Schanzpfähle? z.B. Fliegen zwar nicht so weit und so gut, wirken aber auch.
Hatte ich schon erwähnt, das Archäologen in meinem Garten mehr Pfeilspitzen finden können, als in Kalkriese bisher gefunden wurden?
Außerdem muß nicht jedes Geschoß einer Handwaffe(Pfeil, Speer) auf einem 2000 Jahre alten Schlachtfeld im richtigen Horizont auch in der Schlacht verschossen worden sein. Gerade Pfeilspitzen können auch deutlich jünger oder älter sein
 
Zuletzt bearbeitet:
Gefallene wurden nach Jahren bestattet,

Gut, dass du das noch einmal erwähnst. Wie passt den der archäologische Befund zu deiner Interpretation, maelo? Römer waren ab 2 Jahre nach der Schlacht nicht mehr am Ort, da Ende der Offensive durch Tiberius angeordnet. Und warum sollten Germanen mehrere Jahre mit der Bestattung gewartet haben?

Richtig ist, Maleo, die Befunde von Kalkriese passen nicht gänzlich zur Überlieferung der "Varusschlacht",

Wie viele archäologische Befunde gibt es eigentlich, die komplett zur Überlieferung eines Ereignisses passen?
zu den anderen Schlachten aber noch weniger.

Das auf jeden Fall! Auch wenn es nicht alle wahrhaben wollen.
 
@ Maelonn. Ich möchte mich hier selbst zitieren:

Diese Aussage trifft nicht zu. Es gibt sehr wohl reichhaltige Zeugnisse für einen Wallbeschuss. Nachzulesen in: Kalkriese 4/ Katalog der Römischen Funde vom Oberesch 2008 / Schnitte 1-22. Hier werden 4 Geschossspitzen (davon eine als Wurfgeschoß) und eine Pfeilspitze aufgeführt.Und in Kalkriese 5 / Katalog der römischen Funde vom Oberesch 2011 / Die Schnitte 23-39. Hier gibt es sogar 13 Geschossspitzen und zwei Pfeilspitzen.

Hier einmal OT. Ich betrachte es fast als Unverschämtheit letztendlich erst 2011 im Katalog auf die große Menge der Geschossspitzen hinzuweisen. In keiner vorhergehenden Literatur zu den Ausgrabungsergebnissen war von diesem Befund die Rede. Man schreibt sich hier (und nicht nur hier) auf über dreitausend Beiträge die Finger wund auf der Basis eines unvollständig publizierten Ausgrabungsergebnisses, wohlwissend das dieser Befund Kalkriese in einem neuen Licht erscheinen lässt. Es gibt noch weitere Dinge die mich an eine grundsätzliche Integrität zweifeln lassen. Dazu vielleicht später mehr.
Ich möchte noch einmal betonen, dass ich es sehr befremdlich finde erst aus einer Veröffentlichung von 2011 auf die Geschossbolzen aufmerksam gemacht worden zu sein. In keiner der sehr umfangreichen Literatur über Kalkriese und die Varusschlacht war bis dorthin von diesem Befund die Rede. Ich werde das Gefühl nicht los, dass hierzu erst der ganze Hype im Jubiläumsjahr 2009 abgewartet wurde um bloß nicht die Varusschlachttheorie zu diesem Zeitpunkt ins Wanken zu bringen.

Sind 16 Katapultgeschosse wenig nach zweitausend Jahren, nachdem das Schlachtfeld abgesucht wurde, sich der Wall verlagerte und landwirtschaftlich bearbeitet wurde? Von den Eisenspitzen mal abgesehen die im Laufe der Zeit gänzlich korrodiert sind. Wohlgemerkt, hier handelt es sich nur um die Geschosse die ihr Ziel verfehlt haben und im Wall aufgetroffen sind. Wer es schon einmal bei Vorführungen gesehen hat wird bestätigen, dass die Scorpios sehr zielgenau ihre Geschosse abfeuern konnten: I. ROEMERCOHORTE OPLADEN e.V. | Militär | Artillerie Diese Pfeilgeschütze konnten nicht über den Köpfen davor stehender Personen abgefeuert werden.

Ich schrieb dass nach dieser Fundlage ein vollkommen intaktes römisches Heer in der Kalkrieser Senke gekämpft haben muss. Damit meine ich, dass sämtliche Truppenteile die eine römische Armee umfasste in Kalkriese zugegen waren und dass hier nach klar strukturiertem Schema, mit einer ebensolchen Befehlsgewalt der Kampf angenommen wurde. Also keine Spur einer in Panik geratenen Armee die ihr Heil nur in der überstürzten Flucht suchte.
 
[...] Im Ernst, es wurde nicht nur hier im Forum vermerkt, dass die einzigen Fernkampfgeschosse die drei Schleuderbleie gewesen wären, die zudem noch entfernt vom Wall und zusammenliegend aufgefunden wurden. Das wurde als Indiz dazu gewertet, dass das römische Heer nicht in der Lage war den Gegner effektiv zu bekämpfen, sondern dass am Wall eine sich auflösende Truppe vorbeigezogen ist und sich wahllos hat abschlachten lassen.

Der Befund der aufgefundenen Geschossspitzen, die über einen weiten Bereich des Walles aufgefunden wurden zeichnet ein ganz anderes Bild. Vor dem Wall in Kalkriese hat ein völlig intaktes römisches Heer gekämpft welches die Germanen hinter dem Wall in die Defensive gedrängt hat. Die Römer hatten Zeit ihre Torsionsgeschütze aufzubauen und einzusetzen. Dabei hatten sie genügend Raum den Bereich zwischen den Geschützen und dem Wall freizuhalten um eine ungehinderte Flugbahn der Geschosse zu gewährleisten. Diese Funde belegen, dass es kein Gedränge in der Kalkrieser Senke gegeben haben kann. [...]

Ich halte diese beiden Gegensätze "sich auflösende Truppe" vs. "völlig intaktes römisches Heer" für sowohl zu statisch als auch zu digital. Der Zusammenbruch eines Heeres spielt sich selten in der Reihenfolge:
[Alle Einheiten völlig intakt] - [schwerer Schlag] - [allgemeine Auflösung] ab.

Gerade in einem stark gegliederten Heer wie dem römischen Dreilegionenheer, mit dem wir es hier zu tun haben, halte ich es für höchst wahrscheinlich, dass selbst ganz am Ende immer noch Überbleibsel von Zenturien oder gar ganzer Kohorten intakt und in Ordnung waren. Es sollen sich ja Überlebende nach Aliso gerettet haben - man kann sich nun müßig darüber unterhalten, ob die Chancen dafür größer waren, wenn man als Einzelner alle schweren Ausrüstungsteile wegwarf und die Beine in die Hand nahm, oder ob sich geschlossene Gruppen in Ordnung und unter einer kompetenten Führung durchschlugen.

Wenn wir davon ausgehen, dass der Heerzug anfangs irgendwas zwischen 10 und 20 km lang war, ist zu vermuten, dass einzelne Kohorten schon am ersten Tag - beim Schwerpunkt der ersten Angriffe - vernichtet wurden, während andere ggf. bis zum letzten Tag noch gar keine Feindberührung hatten oder zumindest nicht in schwere Gefechte verwickelt waren. Darüberhinaus spielt natürlich das Glück mit: Einheiten, die bis zum letzten Tag eine intakte Führung besaßen, hatten eine größere Chance, noch geschlossen und einsatzfähig zu sein, als solche, die ggf. von Anfang an schlecht geführt waren oder ihre Führerverluste irgendwann nicht mehr ersetzen konnten. Hier dürfte sehr viel vom Bestand und der Qualität der Zenturionen und der Prinzipales abhängig gewesen sein.

Ich halte es für durchaus wahrscheinlich, dass am Wall in Kalkriese sowohl eine Horde führungsloser und panischer Einzelpersonen vorbeihasteten (inkl. ggf. der türmenden Reiterei mit dem weniger tapferen Legaten), während gleichzeitig einige intakte Kohorten versuchten, die Besatzung des Walls niederzuhalten oder diesen ggf. sogar anzugreifen. In einer Quelle stand doch, dass die Truppe erst nach dem Selbstmord des Varus sozusagen die Balliste ins Korn warf. Und es sollen doch noch Getreue versucht haben, die Leiche des Varus zu verbrennen.

Dass am Wall gekämpft wurde (intakte Einheit im Flankenschutz) schließt m. E. nicht aus, dass wenige Dutzend Meter weiter der Flüchtlingsstrom gejagt und dezimiert wurde. Dazu passt Paterculus' Nennung der beiden Lagerpräfekten: Der eine ist ein Held, während der andere feige die Übergabe anbietet. Und selbst eine Kohorte, die gerade dabei ist einen Abschnitt des Walls zu erobern und zu zerstören, kann, während sie vorn noch siegreich ist, gleichzeitig in Flanken und Rücken gepackt und aufgerieben werden. Dieses zu meiner Ansicht, dass o. a. Sichtweise zu statisch ist: Es können durchaus noch intakte und disziplinierte Truppenteile mit schwerer Ausrüstung gegen den Wall gezogen sein, die an diesem Tag und an diesem Ort zerschlagen wurden.

Zum freien Schußfeld: Ich gehe davon aus, dass die hartgesottene Profis, die um ihr eigenes Überleben kämpften, sich nicht mehr groß drum kümmerten, welche 'Trottel', 'Feiglinge' oder wahlweise 'arme Teufel' durch ihr Schußfeld rannten. Erstens dürfte auch denen damals ihr Hemd näher gewesen sein als die Joppe, zweitens dürften die in Flüchtenden als Kameraden zur gegenseitigen Unterstützung abgeschrieben gewesen sein.
 
Ich hab noch einmal ein wenig in Tacitus gelesen. Bei II, 20,3 steht: Dem Feind versperrte im Rücken der Sumpf, den Römern der Fluss oder die Berge den Ausweg.

Da steht wenigstens mal was von den Bergen, die maelo immer erwähnt.

Was mich aber mehr interessiert:
Die Germanen kämpfen ja vom Wall her. Davor stehen die Römer und dahinter befindet sich doch der Sumpf (Von Süden nach Norden gesehen). Wie kann bei dieser Situation den Feinden (=Germanen) der Sumpf im Rücken den Ausweg versperren? Und den Römern die Berge?

Wie passt diese Textstelle zu Kalkriese und dem dort angenommenen Szenario?
 
Die Hunte, ein "tiefer und reißender Strom"

Die_Hunte_bei_Hunteburg.jpg
Die_Hunte_bei_Hunteburg

Maelo, Du hast mich überzeugt.... Das ist wirklich ein Strom, auf den die Aussage "Romanos flumen aut montes claudebant" voll zutrifft. Unpassierbar hat er den Römern den Weg versperrt. [/ironie off]
 
Es gibt keinen Grund, weshalb die Ballisten nicht über die Köpfe über der vor Ihnen kämpfenden Truppen hätten schiessen können. Noch weniger wenn der Feind auf einem Wall und dahinter an einem Hang aufgestellt war.

Und ich denke ebenfalls, dass die Zersetzung nicht simultan gewesen sein muss. Es gibt häufige Beispiele von Truppenteilen die noch standhalten während alles um sie herum davon läuft: "La Garde meurt mais ne se rend pas"

Sei es durch eine bessere Führung, höhere Moral oder schlichtweg weil sie ausgeruher sind. Es ist auch eine oft festgestellte Tatsache, dass Armeen in der Schlacht sich von hinten auflösten, also gerade von Truppen die nicht im direkten Feindkontakt standen. Die Panik beginnt sich auszubreiten während ein Teil der Armee noch organisiert kämpft. Wenn diese dann jedoch merkt, dass hinter ihnen Unruhe herrscht und die Reihen sich lichten, bricht sie auch zusammen und flieht. Die Mehrheit der Verluste erfolgt meistens erst dann.
 
Zuletzt bearbeitet:
maleon, glaub mir, mit diesen Pfeilgeschützen kann man über die Köpfe von ~160cm langen Römern germanen auf einem Wall bekämpfen. Wenn man gut bzw brutual genug ist, sogar , wenn die zwei direkt voreinander stehen. Und sollte eben doch mal ein Kurzschuß passieren, gut, friendly Fire kann schon mal vorkommen.

Aber ich denke, allen Varusschlachttheorien liegt ein ganz großer Fehler zu grunde. Varus zog aus dem Sommerlager ins Winterlager und wollte einen "kleineren Aufstand" unterwegs niederschlagen. Er hatte also wahrscheinlich nur die wirklich kampfkräftigen dabei. Also keine Legionen in voller Stärke,-18000 -, sondern sehr deutlich weniger. Sonst hätte Arminius ja nicht noch Hilfstruppen anwerben müssen. (Die ja dann gegen Varus kämpften).
Wieviel Leute wohnten denn in der Gegend, mit wieviel Kriegern hatte Varus zu rechnen?
 
Wieviel Leute wohnten denn in der Gegend, mit wieviel Kriegern hatte Varus zu rechnen?


Die Cherusker dürften ein Potential von einigen zehntausend Kämpfern gehabt haben, ebenso die anderen Stämme die im Zusammenhang mit der Varusschlacht erwähnt werden. Ungefähre Zahlen hat mal der Siedlungsarchäologe Heiko Steuer per Hochrechnung versucht zu ermitteln. Vgl. Heiko Steuer in W. Schlüter, R. Wiegels (Hrsg.), Rom, Germanien und die Ausgrabungen von Kalkriese. Internationaler Kongreß der Universität Osnabrück ... 1996. Osnabrücker Forschungen zu Altertum und Antike-Rezeption Bd. 1 (Osnabrück 1999), S. 467-493.

Potential heißt nicht, dass es voll ausgeschöpft wurde.
 
Zurück
Oben