War Merseburg einst römische Exklave ?

In der Tat muss die Matrize beschichtet werden, wenn man dieselbe Legierung verwendet.

So ist es. Die Germanen der späten Kaiserzeit waren bezüglich der Metallbe- und Verarbeitung keine Anfänger mehr. Das zeigt sich vor allem bei "vermeintlich" römischen Funden der späten Kaiserzeit. So hatte ich dieser Tage eine kleine Korrespondenz mit Frau Dr. Dr. Stefanie Hoss. Nach dem ich ihr einige meiner Funde der späten Kaiserzeit vorlegte teilte diese mir mit, dass man bei einigen Stücken (Beschläge) nicht mehr genau unterscheiden kann, ob diese aus römischen oder germanischen Werkstätten stammten (Technologietransfer). Es sei ihr an dieser Stelle nochmals gedankt !
 
Zuletzt bearbeitet:
@Pardela_cenicienta

Dennoch ist eine Quantifizierung der Funde möglich.
Manche erwarten so etwas wie eine diskrete Zahl (am besten Auxiliarlager mit Ziegelstempel und Weiheinschrift), und dennoch ergibt sich ein wesentlich aussagekräftigeres Bild durch die Punktwolke der militärischen und zivilen Streufunde um Merseburg. Bei mir im Siegerland ist noch nicht ein einziger römischer Fund gemacht worden, obwohl ich den Limes fast in Sichtweite habe.

Meiner Meinung nach waren die Germanen der späten Kaiserzeit hier in Mitteldeutschland und in Unterfranken romanisiert - auf jeden Fall deren Oberschicht. Das zeigen zum einen die von ihnen angelegten burgi (Mitteldeutschland-Oberbeuna), villae rusticae (Unterfranken-Frankenwinheim) und fabricae (Thüringen_Haarhausen) aus diesem Zeitraum (3. Jh. n.Chr.). Das ist bisher einzigartig für die Germania Magna.
 
@Carolus

ja, gibt es.

Ausgrabungen in Sachsen 7 (2020)
Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege, Beiheft 34.

Darin ist der Beitrag von André Gerdts enthalten und alle wichtigen Informationen zu den einzelnen Fundorten.
 
@Opteryx

die Gußform ist aus Bronze. Ob sie immer neu angefertigt werden musste oder mehrfach verwendbar war, geht aus den Bildern und dem Text nicht hervor. Es wurde nicht näher darauf eingegangen.
Wenn die Gussform tatsächlich aus Bronze ist, war sie für eine Serienproduktion der gezeigten Fibel unbrauchbar. Die Form ist nur die obere Hälfte mit Eingussloch. Nach dem Abkühlen bleibt das Metall der Fibel über einen dicken runden Steg mit dem Metall im Einfülltrichter verbunden. Die Fibel kann nur nach der Zerstörung der Form entnommen werden. Dass dies geschah, beweist das abgebrochene Teil des Einfülltrichters. Die Verwendung bleibt daher rätselhaft.
 
@Carolus

leider nein, nur in Buchform. Ich selbst habe den Artikel als PDF erhalten - möchte aber keine weiteren Scans machen, da die Fundstellen auch eingezeichnet sind.
 
@Pardela_cenicienta

ich hatte mir noch eine zweite Experten-Meinung eingeholt. Laut E-Mail von Prof. Dr. Deschler-Erb sind die Militaria Funde alle römisch (3. Jh und evtl. sogar später):

Zitat:
"Lieber Herr . . .,
Haben Sie Dank für diese spannenden Bilder. Ich würde das Material ins
3. Jahrhundert n.Chr. setzen, ein paar Stücke vielleicht sogar später.
Nach meiner Einschätzung haben Sie neben den Schleuderbleien und der
kleinen Figur Anhänger vom Pferdegeschirr, Riemenbeschläge vom
Pferdegeschirr, Gürtelbeschläge (?) und Gefässteile.
Mit den besten Grüssen, Eckhard Deschler-Erb"

Die 2 Schleuderbleie von der Luppe bei Merseburg wurden sowohl von Frau Dr. Dr. Hoss, als auch von Herrn Prof. Dr. Deschler-Erb als solche einwandfrei identifiziert. Beide habe ich 2018 zusammen mit dem Thekenbeschlag bei einer mehrteiligen kleinen Anlage an der Luppe detektiert, welche erst bei einer Geophysik zum Vorschein kam.
 
@Pardela_cenicienta

von einem bekannten Fundplatz, welcher von der Steinzeit (Anlage im Luftbild noch sichtbar)) bis zum Mittelalter (Kirche im Luftbild noch sichtbar) besiedelt worden ist, haben seit 2015 ehrenamtliche Sondengänger neben anderen Artefakten mehr als 100 römische Münzen bis jetzt detektieren können. Diese verteilten sich auf einer Länge von ca. 300 m. Die älteste Münze ist ein As des Augustus (Lugdunum Serie I mit AVG Gegenstempel), die jüngste ein Antoninian des Postumus. Vier Münzen ließen sich nicht mehr bestimmen (blank). Den größten Teil machen Denare des 1./2. Jh. aus. Die erste römische Münze (Denar des Antoninus Pius) wurde jedoch bereits vor 1927 gefunden. Der Fundplatz liegt an einer alten Handelsroute vom Elbe-Knie in Richtung Weser nördlich des Harzes. Interessant an der Sache ist, dass im Luftbild auch eine kleine Anlage mit abgerundeten Ecken erkennbar ist. Diese hat die Größe eines Burgus. Leider wurden bei diesem Fundplatz die Probeschnitte 2016 weiter westlich durchgeführt. Es scheint sich immer mehr zu verfestigen, dass die Germanen Mitteldeutschlands eine Zeit lang Befestigungen nach römischem Vorbild errichteten.
 

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Bemerkenswert ist dass die Funde in Mitteldeutschland nicht in Höhensiedlungen liegen sondern nahe an Handelswegen und vor allem in Flussnähe.
Das ist eher Austausch, Handelsplatz als ein defensiver Rückzugsort.
Zum einen rekrutierten die Römer dort germanische Hilfstruppen, zum anderen bestand ein Kulturtransfer durch Germanen in römischen Diensten. Das Elbe-Saale-Gebiet war Handels- und Verkehrsachse und profitierte solange das römische Germanien wirtschaftlich prosperierte.
Interessant finde ich: Rom versuchte in das Germanien nördlich des Harzes zu expandieren. Warum so wenig römische Aktivität in Mainfranken?


War das Ziel der Ostseeraum, oder eine Sicherung der agrarisch vielversprechenden Bördelandschaften? Oder war Germanien einfach zu groß, fehlte die "Manpower" für eine effiziente Verwaltung?
Die Kastelle in der Wetterau sind nicht defensiv sondern Teile einer Offensivstrategie für das freie Germanien. Zugleich war dieser militärische Aufwand unglaublich kostspielig.
 
Da ich die Woche auf Schulung in meiner alten Heimat bin, hatte ich die Gelegenheit genutzt und bin auf einem meiner Fundplätze um Merseburg Sondeln gegangen. Kurz vor Schluss in der Dämmerung bekam ich zwei astreine Signale, welche nur ein paar Meter von einander entfernt waren. Zum einen fand ich zum x-ten Male einen Denar (Marcus Aurelius, muss noch gecleaned werden) und erstmalig von diesem Platz ein größeres Fragment eines durchlochten Schleudergeschosses. Letzteres wurde in größerer Anzahl auf dem Burnswark Hill/Schottland gefunden. Die Legende besagt, dass einst Römer und Germanen sich in der Großkaynaer Flur eine Schlacht lieferten (siehe Auszug des Heimatforschers Stefan Bruns). Nicht weit entfernt davon lag einst der Janus-Hügel. Es ist jetzt das dritte (!) Schleuderblei, welches ich rund um Merseburg gefunden habe.
 

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