Sepiola
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Welche konkrete Zahl kann nicht stimmen? (Bitte mit Seitenzahlangabe)Die Zahl der Krieger, die Steuer angibt, kann nicht stimmen
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Welche konkrete Zahl kann nicht stimmen? (Bitte mit Seitenzahlangabe)Die Zahl der Krieger, die Steuer angibt, kann nicht stimmen
Auch bei den Römern mussten Bauern Nahrung produzieren - trotzdem wurden sie in der meisten Zeit der Republik im Bedarfsfall als Krieger eingezogen. Das führte zwar zu veritablen wirtschaftlichen und sozialen Problemen, änderte aber trotzdem nichts daran. Ich sehe also keinen Grund anzunehmen, wieso bei den Germanen produzierende Bauern geschont worden sein sollten.
Die Zahlen habe ich bereits in meinem zweiten Beitrag in diesem Faden zitiert – ich zitiere sie hier noch einmal:Welche konkrete Zahl kann nicht stimmen? (Bitte mit Seitenzahlangabe)
In die Zahlendiskussion will ich mich nicht einmischen. Jedoch wissen wir nicht, wie viele Cherusker sich gegen die Römer stellten.Wir wissen nur, dass auch noch im Jahr 16 Cherusker im Heer des Germanicus waren. Ob diese eine bedeutende Fraktion des Stammes darstellten oder nur eine verschwindend geringe Anzahl, wissen wir nicht. Im Grunde genommen wissen wir von ihnen nur durch die Anwesenheit von Arminius' Bruder, der sich nach dem Bericht des Tacitus mit Arminius am Ufer der Weser gestritten haben soll. Und hätten nicht die jeweiligen Umstehenden sie zurückgehalten, behauptet Tacitus, dann hätten sich Arminius und Flavus in die Weser gestürzt, um sich zu prügeln (und wahrscheinlich gegenseitig ersäuft (das schreibt Tacitus so explizit nicht)).Konkret bedeutet dies: Wenn nur die Hälfte der Cherusker für den Krieg gegen Römer war, dann könnten sie keine "4000 bis 16 000 Krieger" stellen, sondern nur 2000 bis 8000.
Die Zahlen habe ich bereits in meinem zweiten Beitrag in diesem Faden zitiert – ich zitiere sie hier noch einmal:
„Für die Cherusker werden 20 000 bis 80 000 Menschen in einem Territorium zwischen 10 300 (etwa 100 auf 100 km) und 22 000 (etwa150 auf 150 km) km2 geschätzt; dann können sie 4000 bis 16 000 Krieger (jeweils ein Fünftel) stellen. Für die Angrivarier werden 22 000 bis 25 000 Menschen gerechnet und ein Territorium von 7400 (86 auf 86 km) bis 8000 (89 auf 89 km) km2. Die Zahl der zu rekrutierenden Krieger wird auf 7500 Krieger geschätzt.“
Dieser Absatz findet sich auf den Seiten 814 und 815.
Konkret bedeutet dies: Wenn nur die Hälfte der Cherusker für den Krieg gegen Römer war, dann könnten sie keine "4000 bis 16 000 Krieger" stellen, sondern nur 2000 bis 8000.
Sind hauptberufliche Krieger gemeint ?In den erwähnten germanischen Gesellschaften hatte der Kriegerstand ein sehr hohes Prestige, insofern ist es nicht verwunderlich, wenn man von einem für heute sehr hohen Anteil von ca ein Fünftel der Bevölkerung ausgeht.
Natürlich nicht.Sind hauptberufliche Krieger gemeint ?
Stimmt - er sagt nur, so viele Krieger hätten die Cherusker stellen können (ein Fünftel der Bevölkerung). Wie viele dann gegen Varus gekämpft haben, hängt davon ab, wie viele sich Arminius angeschlossen haben. Um keine Partei zu bevorteilen bzw. zu benachteiligen, habe ich die Hälfte der genannten Zahlen genommen: 2000 bis 8000.Soweit ich sehe, behauptet Steuer hier mitnichten, die Cherusker hätten 4.000 bis 16.000 Krieger gegen die Römer eingesetzt.
Ist das jetzt Mutmaßung deinerseits oder soll das indirekte Rede sein?Und die Tatsache, dass auf dem Schlachtfeld in Kalkriese fast ausschließlich römische Waffen und Ausrüstungen gefunden wurden, spräche dafür, dass auch auf der germanischen Seite nicht nur mehrheitlich aus Germanen bestehende Auxiliareinheiten des Varus gekämpft haben, sondern auch zurückgekehrte Legionäre.
Dann nennt er in diesem Zusammenhang noch die Angrivarier, außerdem dürften die Marser, Brukterer und Chatten sich der Arminius-Koalition angeschlossen haben. (Die Rachefeldzüge des Germanicus richteten sich gegen diese Gruppen; einer der von den Varus-Gegnern erbeuteten Legionsadler soll den Marsern, ein anderer bei den Brukterern wiedergefunden worden sein.)Stimmt - er sagt nur, so viele Krieger hätten die Cherusker stellen können (ein Fünftel der Bevölkerung).
. Und die Tatsache, dass auf dem Schlachtfeld in Kalkriese fast ausschließlich römische Waffen und Ausrüstungen gefunden wurden, spräche dafür, dass auch auf der germanischen Seite nicht nur mehrheitlich aus Germanen bestehende Auxiliareinheiten des Varus gekämpft haben, sondern auch zurückgekehrte Legionäre.
Ist das jetzt Mutmaßung deinerseits oder soll das indirekte Rede sein?
Ja, das wird so gesagt. Aber Steuer sagt (Seite 1138) – Zitat: „Die Angehorigen der Praetorianergarde des Augustus und weiterer romischer Kaiser waren Germanen.“Wie können zurückgekehrte Legionäre gekämpft haben, wenn ausschließlich in Italien geborene Legionäre sein konnten?
Da frage ich mich, wie konnten die „sehr viel weniger“ gerüsteten Germanen die „gut gerüsteten Römer“ besiegen?Von den gut gerüsteten Römern ist ja einiges zu erwarten an Funden. Von den Germanen hingegen sehr viel weniger.
Augustus und andere Kaiser unterhielten zeitweise tatsächlich eine germanische Leibwache. Sie war formal aber nicht Teil der Prätorianergarde.Da frage ich mich, wie kann das sein: Gewöhnliche Legionäre mussten Römer sein, aber die Elitetruppe (Prätorianer), deren Angehörige aus den Legionen ausgewählt wurden, nicht?
Über Sieg und Niederlage entscheiden nicht nur die Rüstung, sondern auch die Kampfweise der Gegner, das Gelände, die Verfassung und Moral der Soldaten, das Zusammenwirken verschiedener Waffengattungen etc. Schwere Infanterie kann durchaus von leichter Infanterie besiegt werden - wenn sich die leichte Infanterie nicht auf einen Nahkampf in Formation einlässt, nicht dazu gezwungen werden kann und auch nicht wirkungsvoll von Kavallerie bekämpft werden kann, siehe etwa die Schlacht bei Lechaion, als spartanische Hopliten, der Stolz der Nation und die angesehensten Kämpfer Griechenlands, von Peltasten aufgerieben wurden.Da frage ich mich, wie konnten die „sehr viel weniger“ gerüsteten Germanen die „gut gerüsteten Römer“ besiegen?
Ich „kenne“ Steuer ja nun schon seit einigen Jahren (gemeint ist nicht die Person, ich bin ihm nie begegnet, sondern verschiedene Publikationen). Insofern war ich ein wenig enttäuscht, als ich mich heute ins Varusschlachtkapitel in seinem Buch eingelesen habe, es liest sich für mich teilweise wie eine oberflächliche Zusammenschau der Diskussionen vergangener Jahre, symptomatisch dafür ist auch, dass er aus Ortisi einen römischen Adeligen macht („Orsini“). Viel Forschung wird Steuer auch nicht mehr betreiben, der Mann ist emeritiert und über 80 Jahre alt.Die Zukunft wird zeigen, ob sich Steuers Meinung durchsetzen wird.
Steuer sagt was anderes. Aber er hat das wohl auch nur (falsch) übernommen von Bédoyère 2017 und Bingham 2013. Von Bédoyère (Praetorian: the rise and fall of Rome's imperial bodyguard) gibt es online nur Abstract zu lesen. Aber das Binghams Dokument (The Praetorian Guard: a history of Rome's elite special forces) konnte ich online einsehen – und dort steht im Kapitel über Augustus, was auch du gesagt hast:Augustus und andere Kaiser unterhielten zeitweise tatsächlich eine germanische Leibwache. Sie war formal aber nicht Teil der Prätorianergarde.
Ob oberflächlich oder nicht, dürfte eine Ansichtssache sein. Und wenn jemand wie er 80 Jahre alt wird, dann ist es normal, Erkenntnisse, die er in seinem langen Forscherleben gesammelt hatte, zusammenfassend darzustellen – jedenfalls ist dieses Buch „Germanen“ aus Sicht der Archäologie gespickt mit Literaturverweisen auch neueren Datums, d.h.: Er ist nach wie vor gut informiert. Außerdem gefällt mir sein Ansatz, die antiken Schriftsteller, um deren Glaubwürdigkeit heftig gestritten wird, erstmal beiseite zu lassen und sich mehr auf archäologische Spuren zu verlassen; denn wo diese Spuren die schriftlichen Zeugnisse bestätigen, gewinnen die letzteren an Glaubwürdigkeit.… es liest sich für mich teilweise wie eine oberflächliche Zusammenschau der Diskussionen vergangener Jahre, …
Das sieht man z.B. an obigen Beispiel über Prätorianer.weshalb das Buch stellenweise schlampig wirkt
Nicht dass wir uns missverstehen: wenn ich sage, dass von ihm nicht mehr viel Forschung kommen wird, dann ist das a) auf sein fortgeschrittenes Lebensalter bezogen und b) darauf, dass er wohl kaum noch mal die Gelegenheit bekommt ein wissenschaftliches Großprojekt anzustoßen, es sei denn, er würde es aus seinem Privatvermögen finanzieren. Man wählt geisteswissenschaftliche Studiengänge nicht, um einen Beruf zu erlernen*. Sprich, Geisteswissenschaftler mögen verrentet, pensioniert oder emeritiert werden, sie bleiben aber immer Geisteswissenschaftler - sofern sie nicht überraschende Charakterwandel vollziehen. Das sehe ich bei anderen Berufsgruppen, auch bei den anderen Wissenschaften, nicht so in dem Maß wie bei Geisteswissenschaftlern (aber das mag natürlich auch an meiner speziellen Brille liegen).Und wenn jemand wie er 80 Jahre alt wird, dann ist es normal, Erkenntnisse, die er in seinem langen Forscherleben gesammelt hatte, zusammenfassend darzustellen – jedenfalls ist dieses Buch „Germanen“ aus Sicht der Archäologie gespickt mit Literaturverweisen auch neueren Datums, d.h.: Er ist nach wie vor gut informiert.
Dieser Ansatz ist nicht neu** und kann durchaus nützlich sein, um Zirkelschlüsse oder Betriebsblindheit zu vermeiden. Für die Wissenschaft ist es z.B. letztlich unwichtig, ob Kalkriese das Varusschlachtfeld (bzw. einen Teil davon) abbildet - sofern man das Einwerben von Drittmitteln mal außer Acht lässt. Die Frage für die Wissenschaft ist eher, wie man Kalkriese zu lesen hat und was uns Funde und Befunde von Kalkriese darüber hinaus mitteilen können.Außerdem gefällt mir sein Ansatz, die antiken Schriftsteller, um deren Glaubwürdigkeit heftig gestritten wird, erstmal beiseite zu lassen und sich mehr auf archäologische Spuren zu verlassen; denn wo diese Spuren die schriftlichen Zeugnisse bestätigen, gewinnen die letzteren an Glaubwürdigkeit.
***eigentlich graben Archäologen nicht selbst, sie legen nur hin und wieder mal Hand an.
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