Machtergreifung 1933

In diese Richtung ist das am 30.1.23 veröffentlichte Interview der Berliner Morgenpost mit dem Historiker Dan Diner zur Machtübertragung an H. vor 90 Jahren angelegt.
Danke für den Link – Zitat daraus:

Den tatsächlichen Vorgang beschreibt das Wort Machtübertragung viel zutreffender. Diejenigen, die die Macht in Händen hielten, übertrugen diese Macht in einem bestimmten Augenblick auf Hitler. Er bekam sie gewissermaßen geschenkt.

Eben. Das hat @thanepower in diesem Faden schon am 31. Januar 2023 gesagt:
Dass die „Bürgerlichen“ mit dieser Machtübertragung an die Nazis Verrat an der Demokratie begannen haben, steht für mich außer Zweifel. Welche Motive sie bei diesem Tun leiteten, spielt keine Rolle, schließlich haben alle gewusst oder wissen müssen, was die Nazis vorhaben, denn deren Pläne waren allgemein bekannt.

Deshalb lohnt es sich, aus dem von @thanepower verlinkten Artikel zu zitieren:

Der Adel und große Teile des konservativen Bürgertums hatten die Demokratie immer gehasst. Ihre Ablehnung der Nazis speiste sich vielmehr aus Standesdünkel und Sorge vor allzu antikapitalistischen Tönen aus den Reihen der NSDAP. Doch der gemeinsame Feind einte sie: Kommunisten, Sozialdemokraten, Juden.
(…)
Die Wähler der NSDAP waren im Durchschnitt protestantische Männer der Mittelschicht. Die Lüge von der Erosion der Demokratie durch extreme Ränder, muss erzählen, wer – bis heute – eine Äquivalenz von Links- und Rechtsextremismus herstellen will.
(…)

Es geht um tatsächliche Lehren aus der Geschichte. Denn wie die Politikwissenschaftler Steven Levitsky und Daniel Ziblatt 2018 in ihrem Buch Wie Demokratien sterben feststellten, ist das Entstehen einer demokratiefeindlichen Bewegung noch kein hinreichendes Ereignis für die Erosion eines demokratischen Staates. Erfolg haben diese immer erst dann, wenn sie Verbündete aus den etablierten Eliten finden. Das Paradebeispiel der Autoren? Der 30. Januar 1933.
 
Dass die „Bürgerlichen“ mit dieser Machtübertragung an die Nazis Verrat an der Demokratie begannen haben, steht für mich außer Zweifel.

Ja, mit Verlaub gesagt, für dich steht ja vieles außer Zweifel, was bei den Meisten anderen doch erhebliche Zweifel hervorruft.
Wer sind in diesem Kontext "die Bürgerglichen"?
Die Betrachtungsweise einer "Machtübertagung" entgegen der älteren Darstellung der "Machtergreifung", kapriziert sich im Gegensatz zu deiner Darstellung ja durchaus nicht ausschließlich auf die Zustimmung zum "Ermächtigungesetz", sondern vor allem auch auf das Handeln Hindenburgs und anderer Persönlichkeiten in seinem Umfeld, im Hinblick auf das Kabinett Hitler an sich, die Auflösung des Reichstags und die "Reichstagsbrandverordnung".

Insofern ist es durchaus relativ problemfrei möglich der Darstellung der "Machtübertragung" weitgehend zuzustimmen, gleichzeitig aber deine Darstellung einer entscheidenden Bedeutung des "Ermächtigungsgesetztes" zu widersprechen.
Ander ausgedrückt, entgegen deiner Annahme unterstützt diese Sichtweise durchaus nicht deine Interpretation.
 
Dion, es hat hier meines Wissens doch niemand bestritten, dass Papen, Hindenburg oder Hugenberg eine Mitschuld am Machtgewinn der NS-Bewegung hatten? Die Diskussion der letzten Tage betraf eher die Motive, aus denen man Hitler die Kanzlerschaft übertrug und die Ziele, die man damit verband. "Der gemeinsame Feind [...] Kommunisten, Sozialdemokraten, Juden" erscheint mir dabei kein wirklich hinreichender Grund. Natürlich spielte die Hoffnung eine Rolle, den "Marxismus" mit Hilfe der NS-Bewegung leichter bekämpfen zu können, aber dazu musste man Hitler ja nicht unbedingt die Macht übertragen. Auch eine nationalkonservative Regierung Papen/Hugenberg/Duesterberg wäre sicherlich gegen SPD und KPD vorgegangen. Ob sie am Ende auch die Juden entrechtet und ermordet hätte, lässt sich hingegen durchaus anzweifeln. Dazu müsste man schon sehr gute Belege anführen.

Shinigami, ich habe Deinen Beitrag erst danach gelesen und stimme Dir zu. "Machtergreifung" war natürlich (auch) ein Propagandabegriff des NS-Regimes und sollte sicherlich das Handeln Hitlers und seiner Paladine aufwerten. Man hatte demnach die Macht eben nicht von einem sehr betagten Reichspräsidenten und einem intriganten Exkanzler in die Hand gelegt bekommen, sondern sie heldenhaft selbst erkämpft. Das ist zweifellos Unsinn und wird meines Wissens auch von keinem Historiker so vertreten.
 
"Der gemeinsame Feind [...] Kommunisten, Sozialdemokraten, Juden" erscheint mir dabei kein wirklich hinreichender Grund.
Und doch leitete sich die Zustimmung der damaligen Machteliten zu Hitler aus der gemeinsamen Gegnerschaft zu Kommunisten, Sozialdemokraten und Juden: Die Kommunisten und Sozialdemokraten waren aus egoistischen Motiven ein Schreckgespenst für die bürgerlichen Konservativen, und die Juden wurden aus rassistisch-historischen Gründen abgelehnt.
 
Es hat hier meines Wissens doch niemand bestritten, dass Papen, Hindenburg oder Hugenberg eine Mitschuld am Machtgewinn der NS-Bewegung hatten?

Sagen wir das mal so:

Dass die „Bürgerlichen“ mit dieser Machtübertragung an die Nazis Verrat an der Demokratie begannen haben, steht für mich außer Zweifel.

Ausweislich seiner bisherigen Einlassungen verengt @Dion die "Machtübergragung" an die Nazis auf den Erlass des Ermächtigungsgesetzes von 1933, dessen tatsächliche Bedeutung er vor dem Hintergrund der realen Machtverhältnisse vollständig verkennt.

Die Formulierung "die Bürgerlichen" hätten Hitler die Macht übertragen, insinuiert ja zunächst mal, dass "die Bürgerlichen" kollektiv im Besitz der Macht gewesen wären.
Das entspricht durchaus nicht den Tatsachen, die machtpolitischen, wenn man so will "Geschenke" an Hitler kamen vor allem von Reichspräsident Hindenburg und gegebenenfalls noch, sofern sich entsprechender Einfluss belegen lässt (Pyta argumentiert da ja eher dagegen), noch von seinem Umfald, aber sicherlich nicht von "den Bürgerlichen" im Kollektiv.

Das "die Bürgerlichen" (also alles was irgendwie rechts der SPD stand), im Kollektiv die Macht an Hitler übertragen hätten, lässt sich nur dann behaupten, wenn man (hier ist @Dion ausnahmsweise mal konsequent) dem Ermächtigungsgesetz von 1933 und der Zustimmung dazu die alles entscheidende Rolle, bei der Einrichtung der Diktatur Hitler beimisst.
Wenn aber das Ermächtigungsgesetz die alles entscheidende Frage gewesen wäre (und nur dann lässt sich eine Kollektivschuld der "Bürgerlichen", wie Dion sie postuliert hat, vertreten), müsste das im Umkehrschluss bedeuten, dass alles, was die Herren Hindenburg, Hugenberg, Papen und Konsorten im Vorfeld betrieben hatten, im Grunde nicht so wichtig, da für das Zustandekommen von Hitlers Diktatur nicht entscheidend sei.

Mit anderen Worten, wenn @Dion eine Kollektivschuld "der Bürgerlichen" und vor allem eine massive Schuld der Zentrumspartei (und das ist ja der eigentliche Punkt, an den er sein Herz gehängt hat) unterstellen möchte, müsste er damit die genannten Personen zu Nebendarstellern degradieren, die entweder an der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes im Reichstag selbst keinen Anteil hatten (Hindenburg) oder deren Anteil nicht über denjenigen aller anderen Bürgerlichen hinausgegangen wäre, dadurch, dass sie zustimmten (Hugenberg).

Dieser Sichtweise möchte ich einfach vehement widersprechen, weil sie weder den realen Machtverhältnissen, noch denn Rollen der genannten Personen hinreichend Rechnung trägt.

Die Diskussion der letzten Tage betraf eher die Motive, aus denen man Hitler die Kanzlerschaft übertrug und die Ziele, die man damit verband.

Gerade die interessieren den zitierten User ja ausweislich seiner eigenen Einlassung nicht:

Welche Motive sie bei diesem Tun leiteten, spielt keine Rolle, schließlich haben alle gewusst oder wissen müssen, was die Nazis vorhaben, denn deren Pläne waren allgemein bekannt.

"Der gemeinsame Feind [...] Kommunisten, Sozialdemokraten, Juden" erscheint mir dabei kein wirklich hinreichender Grund

Vor allem wäre, wenn man das zum zentralen Aufhänger machen wollte die einfache Frage zu stellen, warum das Bündnis zwischen Hitler und den anderen beteiligten Herrschaften erst 1933 zustande kam und sie sich vorher nicht einigen konnten, obwohl doch ihre Feindbilder auch früher schon die Gleichen waren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Shinigami, ich habe Deinen Beitrag erst danach gelesen und stimme Dir zu. "Machtergreifung" war natürlich (auch) ein Propagandabegriff des NS-Regimes und sollte sicherlich das Handeln Hitlers und seiner Paladine aufwerten. Man hatte demnach die Macht eben nicht von einem sehr betagten Reichspräsidenten und einem intriganten Exkanzler in die Hand gelegt bekommen, sondern sie heldenhaft selbst erkämpft. Das ist zweifellos Unsinn und wird meines Wissens auch von keinem Historiker so vertreten.

Mir geht es eigentlich nicht um den Diskurs "Machtergreifung" vs. "Machtübertrgung" .
Ausweislich meiner ganzen Argumentationslinie die ja unterstellt, dass die anderen Beteiligten aus dem hochkonservativen/nationalkonservativen Lager unter diesen Umständen hätten bereit sein müssen sich letztendlich auch mit einer unbeschränkten Diktatur Hitler abzufinden, habe ich mich, meine ich, recht deutlich auf das Modell "Machtübertragung" festgelegt, und ich denke, dass es im Hinblick auf dieses Modell auch mittlerweile einen gewissen Konsens gibt.

Mein Aufänger dafür das bei Dion aufzugreifen ist der Umstand, dass dieser hier versucht das Modell der "Machtübertragung" zur Untermauerung seins Postulats einer Kollektivschuld "der Bürgerlichen" und vor allem der Zentrumspartei, gewissermaßen zu kapern und umzudeuten.

Denn was Dion hier unterstellt hat, nämlich dass es ein kollektives Bürgertum gegeben hätte, dass sich im Besitz der Macht befunden und diese qua Ermächtigungsgesetz 1933 auf Hitler übertragen habe, geht in dieser Form ja durchaus am Modell der "Machtübertragung" vorbei.
Das ist in diesem Sinne einfach der Versuch gewesen, nicht ein historiographisches Modell aufzugreifen, sondern die eigenen Sentiments einfach in die Verpackung eines durchaus anders funktionierenden Modells hinein zu tun und zu behaupten die Forschung würde diese Sentiments untermauern, was sie nicht tut.

Mir ging es einfach darum das so nicht stehen zu lassen, sonst wollte ich wegen der Termini eigentlich keine große Diskussion anfangen.
 
Und doch leitete sich die Zustimmung der damaligen Machteliten zu Hitler aus der gemeinsamen Gegnerschaft zu Kommunisten, Sozialdemokraten und Juden: Die Kommunisten und Sozialdemokraten waren aus egoistischen Motiven ein Schreckgespenst für die bürgerlichen Konservativen, und die Juden wurden aus rassistisch-historischen Gründen abgelehnt.

Das erscheint mir ein wenig zu verallgemeinernd. "Die bürgerlichen Konservativen" sind ja keine geschlossene Gruppe gewesen. Einige von ihnen arbeiteten in Teilen vertrauensvoll mit der SPD zusammen und trugen gemeinsam mit ihr die Republik, etwa Joseph Wirth oder Gustav Stresemann. Matthias Erzberger und Walther Rathenau wurden sogar von Rechtsradikalen für ihr politisches Engagement auf Seiten der Republik ermordet. Dann gab es Männer wie Heinrich Brüning, welche zwar alle "Marxisten" ziemlich stark ablehnten, aber der NSDAP mindestens mit demselben Misstrauen gegenüberstanden wie der KPD. Und dann gab es diejenigen, die wie Hindenburg, Hugenberg und Papen Hitler letztlich an die Macht brachten, die aber deshalb noch lange nicht alle Elemente der NS-Ideologie teilten.

Ja, es gab zweifellos bürgerliche Konservative, die Antimarxisten, Antisemiten und Rassisten ganz im Sinne der NS-Ideologie waren, aber es gab auch viele Vernunft- und Herzensrepublikaner unter ihnen.
 
Mir geht es eigentlich nicht um den Diskurs "Machtergreifung" vs. "Machtübertrgung" .
Ausweislich meiner ganzen Argumentationslinie die ja unterstellt, dass die anderen Beteiligten aus dem hochkonservativen/nationalkonservativen Lager unter diesen Umständen hätten bereit sein müssen sich letztendlich auch mit einer unbeschränkten Diktatur Hitler abzufinden, habe ich mich, meine ich, recht deutlich auf das Modell "Machtübertragung" festgelegt, und ich denke, dass es im Hinblick auf dieses Modell auch mittlerweile einen gewissen Konsens gibt.

Das stimmt ganz gewiss. Wie gesagt, ich kenne eigentlich aktuell keinen Historiker, der ernsthaft die These vertreten würde, die NS-Bewegung hätte die Macht im dem Sinne ergriffen, dass sie gegen massiven Widerstand der bisherigen politischen Eliten an die Macht gekommen wäre. Auch hier im Faden hat das meiner Erinnerung nach keiner getan.
 
Wie gesagt, ich kenne eigentlich aktuell keinen Historiker, der ernsthaft die These vertreten würde, die NS-Bewegung hätte die Macht im dem Sinne ergriffen, dass sie gegen massiven Widerstand der bisherigen politischen Eliten an die Macht gekommen wäre.

Das zu vertreten, wäre allerdings, wenn ich hier mal ein wenig den "advocatus diaboli" spielen darf insofern nicht inkonsequent, als dass man den Hugenbergs und Papens ja durchaus an Gewisses Maß an Widerstand gegenüber Hitler zugesteht, wenn man der Vorstellung, dass sie effektiv versucht hätten ihn einzurahmen und an der Übernahme der unumschränkten Macht zu hindern, folgt.

Da sehe ich dann einen gewissen Widerspruch, wenn man behauptet sie hätten es versucht und Hitler hätte sie einfach übertölpelt, denn dann hätte er den Griff nach der unumschränkten Macht leetztendlich doch gegen (wenn auch schwachen und dilletantischen) Widerstand durchgesetzt.

Die beiden Narrative passen für mich nicht so ganz zusammen, muss ich ehrlich sagen.
 
Es gab zweifellos bürgerliche Konservative, die Antimarxisten, Antisemiten und Rassisten ganz im Sinne der NS-Ideologie waren, aber es gab auch viele Vernunft- und Herzensrepublikaner unter ihnen.
Klar gab es auch Politiker in der Zentrumspartei – der von dir genannte Joseph Wirth war einer, der „links“ dachte wie später Norbert Blüm in der CDU –, aber sie haben sich nicht durchgesetzt, denn die Mehrheit dachte anders. Zentrum tat zwischen 1928 und 1933 vor allem das, was vom Vatikan erwartet wurde – nicht umsonst ist dessen Vorsitzender Ludwig Kaas, der ein Priester und Vertreter des politischen Katholizismus war, nach der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes nach Rom verschwunden und verhandelte auf Seiten des Vatikans das Konkordat mit aus. Er war in erster Linie ein Mann der Kirche, nicht Deutschlands.
 
Zentrum tat zwischen 1928 und 1933 vor allem das, was vom Vatikan erwartet wurde

Mit den Sozialdemokraten zusammen zu arbeiten (Tolerierung des Kabinetts Brüning durch die SPD) entspricht dem, was vom Vatikan erwartet wurde? Halte ich für ein Gerücht.

nicht umsonst ist dessen Vorsitzender Ludwig Kaas, der ein Priester und Vertreter des politischen Katholizismus war, nach der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes nach Rom verschwunden und verhandelte auf Seiten des Vatikans das Konkordat mit aus. Er war in erster Linie ein Mann der Kirche, nicht Deutschlands.

Ja, dass ein Katholischer Prister an der Aushandlung eines Konkordats beteiligt war ist sicherlich der Beweis, dass er und seine Partei schon immer nichts weiter als "vaterlandslose Lakeien" des Papstes waren.

Meinst du nicht, dass du es da ein kleines Bisschen übertreibst?
Selbstredend kann man Kaas und seine Haltung durchaus kritisch sehen, aber weder war Kaas die Zentrumspartei, noch war es eine ausgemachte Sache, dass sich die Zentrumspartei einen Priester zum Anführer wählte.
Es dürfte dir in der Tat schwerfallen irgendeine formelle oder informelle Vasallenschaft von Leuten wie Wilhelm Marx oder Heinrich Brüning, die die Geschichte der Partei und des politischen Katholizismus wesentlich stärker prägten als ein Kaas gegenüber dem Vatikan zu konstruieren.
Da verrennst du dich einmal mehr in deine Abneigung gegenüber der katholischen Kirche, die in dieser Form überzogen ist.
 
Das zu vertreten, wäre allerdings, wenn ich hier mal ein wenig den "advocatus diaboli" spielen darf insofern nicht inkonsequent, als dass man den Hugenbergs und Papens ja durchaus an Gewisses Maß an Widerstand gegenüber Hitler zugesteht, wenn man der Vorstellung, dass sie effektiv versucht hätten ihn einzurahmen und an der Übernahme der unumschränkten Macht zu hindern, folgt.

Da sehe ich dann einen gewissen Widerspruch, wenn man behauptet sie hätten es versucht und Hitler hätte sie einfach übertölpelt, denn dann hätte er den Griff nach der unumschränkten Macht leetztendlich doch gegen (wenn auch schwachen und dilletantischen) Widerstand durchgesetzt.

Die beiden Narrative passen für mich nicht so ganz zusammen, muss ich ehrlich sagen.

Naja, man wird aber doch auch bei Deiner These nicht behaupten wollen, dass Hitler und seine Paladine selbst überhaupt keinen Anteil an ihrem Erfolg hatten? Natürlich hat die NS-Führung mit einer Mischung aus Propaganda, Gewalt und Manipulation dafür gesorgt, dass mögliche Konkurrenten um die Macht und alle, die einer totalitären Diktatur im Wege hätten stehen können, bereits in den ersten Monaten des neuen Kabinetts stark unter Druck gerieten. Dieser Befund erscheint mir nicht davon abhängig zu sein, ob Papen und Hugenberg so etwas erwarteten oder sogar begrüßten, denn Planung und Durchführung der zahlreichen Aktivitäten von Führung und Basis der NSDAP lagen sicherlich nicht in ihrer Hand.
 
Klar gab es auch Politiker in der Zentrumspartei – der von dir genannte Joseph Wirth war einer, der „links“ dachte wie später Norbert Blüm in der CDU –, aber sie haben sich nicht durchgesetzt, denn die Mehrheit dachte anders. Zentrum tat zwischen 1928 und 1933 vor allem das, was vom Vatikan erwartet wurde – nicht umsonst ist dessen Vorsitzender Ludwig Kaas, der ein Priester und Vertreter des politischen Katholizismus war, nach der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes nach Rom verschwunden und verhandelte auf Seiten des Vatikans das Konkordat mit aus. Er war in erster Linie ein Mann der Kirche, nicht Deutschlands.

Das sind drei recht starke Thesen, die man möglichst anhand von Quellen begründen müsste und die mir auch in sich nicht ganz schlüssig erscheinen.

1) Wirth war nur ein Beispiel für einen republikanisch denkenden Zentrumsmann, ich hätte auch Marx oder Fehrenbach nennen können. Selbst Brüning war sicher kein Sympathisant des Nationalsozialismus. Wenn "die Mehrheit anders [dachte]", weshalb wurden dann solche Männer zu Kanzlern gemacht? Der deutlich weiter rechts stehende Papen gelangte beispielsweise nur an die Macht, indem er Brüning in den Rücken fiel - und trat dann auch rasch aus der Partei aus.

2) Die Zentrumsleute waren in der Regel Katholiken, aber welchen Beleg gab es dafür, dass sie alle taten, "was vom Vatikan erwartet wurde"? Es gab schon im Kaiserreich innerparteiliche Flügelkämpfe bis hin zu regelrechten regionalen Spaltungen, und die bayrische Landespartei machte sich Ende 1918 sogar ganz selbständig. Übrigens wäre die politische Einstellung der Zentrumsleute aus 1) im Grunde unerheblich, wenn diese These zutreffen würde.

3) Kaas war Priester, aber eben auch deutscher Politiker mit einer gewissen Verantwortung für seine Parteimitglieder und Wähler/innen. Und er war gewiss nicht der bedeutendste Zentrumsmann der frühen 30er-Jahre, das dürfte sicherlich Brüning gewesen sein. Aber selbst, wenn er Anfang 1933 den Kurs der Partei hätte nach Gutdünken bestimmen können: Welche Belege gibt es, dass er die Interessen Deutschlands - welche es auch immer waren - hintangestellt hat? Das kirchliche Amt allein kann es ja nicht sein, sonst müsste man Joachim Gauck und Christine Lieberknecht diesen Vorwurf auch machen.
 
Naja, man wird aber doch auch bei Deiner These nicht behaupten wollen, dass Hitler und seine Paladine selbst überhaupt keinen Anteil an ihrem Erfolg hatten?

Durchaus nicht, die Leistung von Hitler und Konsorten bestand darin die Grundlagen für eine anschlussfähige Massenbwegung, die sie zum Machtfaktoor machte zu legen und sie aufzubauen und zu organisieren.

Nichtsdesto weniger fielen den Nazis (Teils unbabsichtigt) wichtige Bausteine ohne große Leistung zu. Z.B. war es ja alles andere als ausgemacht, dass es die Wahlen in 1932 die Hitlers Partei zur stärksten politischen kraft im Land machten, überhaupt zustande kamen.
Nachdem im Herbst 1930 gewählt worden war, (die Nazis holten 18,3%) wäre die nächste turnusmäßige Wahl im Herbst 1934 fällig gewesen.
Ob im Herbst 1934 die wirtschaftliche Lage und die sonstigen Verhältnisse für Hitler noch so günstig gewsen wären, wie im Sommer 1932, kann niemand sagen, aber man wird durchaus Zweifel äußern dürfen.
Mit den 18% von 1930, wäre die NSDAP natürlich ein politischer Faktor gewesen, aber keiner der als Sprungbrett zur Diktatur taugte.
Die Wahlen von 1932 kamen einzig dadurch zustande, dass Hindenburg ohne dass es dazu besondere Not gegeben hätte mit der Absicht die politische Rechte zu stärken den Reichstag auflöste und außerordentliche Neuwahlen ansetzte.
Insofern kann man Hitler hier die Leistung attestieren sehr erfolgreich Demagogie und Wahlkampf betrieben zu haben, aber die Möglichkeit das zu diesem Zeitpunkt übeerhaupt zu tun, war ein reines Geschenk Hindenburgs, auch wenn das seinerzeit eher Papen als Hitler zugedacht war.

Weiterhin brauchte es keiner besonderen Manipulations- oder Durchsetzungskunst Hindenburg zu überzeugen ihn zum Kanzler zu machen, denn der spielte ohnehin seit dem Erdrutschsieg der Nazis mit diesem Gedanken, nur eben noch ohne diktatorische Vollmachten.

Ebenso bedurfte es keiner außerordentlichen Überredungskunst um Hindenburg, nachdem man sich auf ein Kabinett unter Einbeziehung der Konservativen geeinigt hatte, dazu zu bringen den Reichstag aufzulösen um zu versuchen über Neuwahlen eine parlamentarische Mehrheit zu beschaffen.
Auch das war etwas dass Hindenburg wohl durchaus entgegen kam.

Der einzige Punkt in diesem Zusammenhang, wo ich mir vorstellen kann, dass es etwas Überzeugungsarbeit bedurfte, war die Ausgestaltung der "Reichstagsbrandverordnung" (wohlbemerkt die Ausgestaltung, nicht die Tatsache an sich).
Ob Hitler sich den Anlass dafür selbst geschaffen hat oder ob auch dieser ihm zuviel, daran scheiden sich in der Frage, wer nun für den Reichstagsbrand verantwortlich war, ja nach wie vor die Geister.

Nach der Reichstagsbrandverordnung und der faktischen Ausschaltung der Kommunisten und der dadurch stattgefundenen Verschiebung der Machtverhältnisse, spielte die Zeit für Hitler.
Da beedurfte es keiner besonderen Anstrengungen mehr, die gesamte politische Macht zu usurpieren.
 
2) Die Zentrumsleute waren in der Regel Katholiken, aber welchen Beleg gab es dafür, dass sie alle taten, "was vom Vatikan erwartet wurde"?

Das taten sie ja nun nachweislich nicht, die ganze Kooperation des Zentrums mit der SPD stand ja nun den eigentlichen Wünschen Roms durchaus entgegen.
Hinzu kommt der weitere Umstand, den @Dion geflissentlich auszublenden versucht, nämlich auch nach 1930 die Kooperation zwischen Zentrum und SPD nicht endete, weder innerparlamentarisch (Kabinett Brüning II.), noch außerparlamentarisch (Zusammenarbeit im Rahmen des "Reichsbanners").

Darüber wünscht der betreffende User aber keinen sinnvollen Diskurus zu führen, weil dass seiner Neigung "katholisch" grundsätzlich in "ultramontan" umzudeuten entgegenstehen würde.
 
die Rechtfertigungsbemühungen der involvierten Persönlichkeiten
Diese sind hinlänglich in der einschlägigen Lit. überliefert, teils hier angeführt. Siehe auch Grundlagen-Studie von Turner, Hitlers Weg zur Macht, oder die auf breite Überlieferungsbasis basierende Veröffentlichung von Ullrich, Adolf Hitler. Die Jahre des Aufstiegs 1889-1939.
Wie wäre es mit einer substanziellen Widerlegung des Aussagewertes der beiden genannten Titel? Auf Basis einer systematischen, detaillierten Quellen- und Methodenkritik?

Es lässt sich hinreichend dicht und konsistent belegen, dass man H. glaubte einrahmen zu können. Ebenso waren weiter oben die diversen analogen Einschätzungen zu Situation H.s. und der NS-Bewegung im Januar hinreichend dargestellt worden. Es bleibt Dir überlassen, auch weiterhin wissenschaftlich valide, hinreichend belegte Kenntnisse jeweils entweder zu übergehen oder ihren Aussagewert zu relativieren. So wirkt das bislang und auch weiterhin.

Ich sehe auch keine grundsätzliche methodische, wissenschaftlich haltbare und und jenseits Deiner rein persönlichen Einschätzung nachvollziehbare und übertragbare systematische Vorgehensweise als von Dir entwickelte und nachvollziehbare, plausible, wissenschaftlich-systematische Alternative.
Und Du hast nun viele viele Beiträge in diesem Faden gepostet.

Ich sehe aber keineen Grund, warum man sie nicht aufmachen sollte.
Deinerseits wurden nun viele viele gleichlautende oder ganz inhaltlich ähnliche Beiträge in diesem Faden gepostet, weitestgehend ohne Quellen, Belege oder Rezeption einschlägiger wissenschaftlicher Artikel und Veröffentlichungen. Der stets erneuerte Hinweis in weiteren neuen Post auf Deine persönliche Einschätzung wurde ja inzwischen hinreichend wahrgenommen und braucht wohl keine wiederholte Erneuerung.

Wenn nun so viele gut fundierte Wissenschafts-Lit., Tagebuch-Editionen aus dem Umfeld der Entscheider, sehr gut orientierte, damalige Zeitungsveröffentlichungen von relevanten Publikationen mit einschlägigen Verbindungen und Kenntnissen vor Ort offenbar keinen Einfluss auf Deine persönliche Meinung hat, bitte ich um Verständnis, dass ich meinerseits keine Notwendigkeit sehe, auf die immer gleichen, inhaltlich wenig variierten und stoisch vorgebrachten Vorbehalte und Posts Deinerseits weiter einzugehen.

Auch dieser Faden verliert sich im Nirvana....
 
1) Wirth war nur ein Beispiel für einen republikanisch denkenden Zentrumsmann, ich hätte auch Marx oder Fehrenbach nennen können. Selbst Brüning war sicher kein Sympathisant des Nationalsozialismus. Wenn "die Mehrheit anders [dachte]", weshalb wurden dann solche Männer zu Kanzlern gemacht?
Wirth stimmte für das Ermächtigungsgesetz, emigrierte anschließend in die Schweiz. Marx spielte 1933 in der Politik keine Rolle mehr, und Fehrenbach war längst tot, als die Nazis anfingen, stark zu werden. Brüning wurde Kanzler, weil Hindenburg es so wollte, und stimmte für das Ermächtigungsgesetz, weil Kaas es so wollte.

2) Die Zentrumsleute waren in der Regel Katholiken, aber welchen Beleg gab es dafür, dass sie alle taten, "was vom Vatikan erwartet wurde"?
Ich habe nicht gesagt, dass alle taten, "was vom Vatikan erwartet wurde", sondern dass die Partei bzw. die Fraktion es tat – Zitat aus Wikipedia:

Auch gegenüber dem Ermächtigungsgesetz war Brünings Haltung schwankend: Nach anfänglich klarer Ablehnung machte Hitler ihm und dem Parteivorsitzenden Ludwig Kaas beruhigende Versprechungen, wenn er auch vermied, sie in schriftlicher Form zu geben. Nachdem Kaas, der eine Annahme des Ermächtigungsgesetzes wollte, seine Position innerhalb der Fraktion gegen den Widerstand Brünings und Adam Stegerwalds durchgesetzt hatte, stimmte die gesamte Zentrumspartei wie auch Brüning am 23. März im Reichstag dem Gesetz zu. Nach den Angaben von Elfriede Kaiser-Nebgen und Theodor Heuss waren die Mitteilungen von Brüning über die nur teilweise schriftlich festgelegten Versprechungen Hitlers – z. B. zum Reichskonkordat mit Rom und zur Zusammenarbeit mit den christlichen Kirchen – der Grund dafür, dass auch die Deutsche Staatspartei geschlossen dem Ermächtigungsgesetz zustimmte.

3) Kaas war Priester, aber eben auch deutscher Politiker mit einer gewissen Verantwortung für seine Parteimitglieder und Wähler/innen. Und er war gewiss nicht der bedeutendste Zentrumsmann der frühen 30er-Jahre, das dürfte sicherlich Brüning gewesen sein. Aber selbst, wenn er Anfang 1933 den Kurs der Partei hätte nach Gutdünken bestimmen können: Welche Belege gibt es, dass er die Interessen Deutschlands - welche es auch immer waren - hintangestellt hat?
Kaas war in den entscheidenden Jahren von 1928 bis 1933 Parteivorsitzender, aber nachdem der Schaden mit dem Ermächtigungsgesetz angerichtet war, verschwand Kaas nach Rom und überließ das Schicksal seiner Partei Brüning - Zitat aus Wikipedia (Fettschreibung durch mich):

Im Vorfeld der Abstimmung des Ermächtigungsgesetzes machten Hitler und Göring Kaas einige Versprechen. Sie nahmen einige Äußerungen von Kaas zum Verhältnis von Staat und Kirche in eine Regierungserklärung auf und machten dem Zentrum mündliche Versprechungen, auf deren schriftliche Fixierung die Partei vergeblich wartete.[17] Papen deutete die Möglichkeiten eines Konkordats zwischen dem Reich und dem Heiligen Stuhl an. Dies war ein Ziel, das Kaas schon seit Langem verfolgte. Kaas war so gutgläubig, dass er sich für eine Zustimmung für das Gesetz in seiner Fraktion und Partei einsetzte. Hinzu kam, dass er selbst das parlamentarische System für Deutschland als untauglich und gescheitert ansah. Bei der entscheidenden Sitzung am 23. März konnte sich Kaas gegen eine Minderheit in der Reichstagsfraktion um Brüning durchsetzen. Brüning erinnerte sich später: Sein Widerstand „wurde schwächer, als Hitler von einem Konkordat sprach und Papen versicherte, dass ein solches so gut wie garantiert sei. Das war die Frage, die Kaas am meisten interessierte, aus seiner ganzen Anschauungswelt heraus.
Kaas ging Anfang April, ohne die Partei zu informieren, nach Rom. Die zurückgebliebenen Parteiführer fühlten sich von Kaas im Stich gelassen. In Rom beauftragte der Kardinalstaatssekretär Pacelli Kaas mit den Verhandlungen für ein Konkordat mit dem Reich. Diese waren im Juli 1933 abgeschlossen, und der Vertrag wurde einige Monate später ratifiziert. Von der Kurie und Kaas war das Konkordat so konzipiert, dass es die Rechte der Kirche möglichst stark sicherte. Die Kirche erhielt die Zusicherung freier Entfaltung in religiöser Hinsicht, gab aber die politischen, sozialen und berufsständischen Organisationen des katholischen Milieus auf. Es zeigte sich aber bereits während des Kirchenkampfes, dass dieser Schutz eng begrenzt war. Für das Regime war das Konkordat von großer Bedeutung, indem es sein Ansehen unter den deutschen Katholiken stärkte, zum Ende des politischen Katholizismus beitrug und das außenpolitische Prestige verstärkte. Drei Tage vor der Paraphierung des Vertrags löste sich das Zentrum, dessen nomineller Vorsitzender Kaas immer noch war, auf.[19]


Daraus geht hervor: Kaas war das Schicksal der katholischen Kirche wichtiger als das Schicksal Deutschlands.
 
Brüning wurde Kanzler, weil Hindenburg es so wollte

Brüning wurde Kanzler, weil nach dem Scheitern des Kabinetts Müller II zunächst mal keine Mehrheitsfähige Koalition zustande kam.
Da kein mehrheitsfähiger Kandidat gefunden werden konnte, war es die Aufgabe Hindenburgs in diesem Fall jemanden zu ernennen. Es wäre plausibel gewesen einen Politiker aus den Reihen der SPD zu ernennen, weil diese im gegebenen Moment die stärkste Partei war, es war allerdings ebenfalls nicht unplausibel einen Kandidaten des Zentrums zu ernennen, dessen Partei in beide Richtungen Anschlussfähig war und der im Gegensatz zu einem SPD-Mann unter Umständen auch auf die Unterstützung der rechtskonservativen Kreise rechnen konnte.

Das Brüning durchaus kein ausgemachter Liebling Hindenburgs war, lässt sich an der Weise nachvollziehen, in der Brüning dann völlig ohne Not abgesetzt und durch Hindenburgs tatsächlichen Favoriten v. Papen ersetzt wurde.

Der Umstand, dass Hindenburg Brüning unter diesen Umständen ernannte, ist Brüning durchaus nicht anzukreiden, noch ist es Ausweis einer antirepublikanischen oder gar vatikanhörigen Gesinnung Brünings.

und stimmte für das Ermächtigungsgesetz, weil Kaas es so wollte.
Auch das ist Bullshit. Kaas war der Vorsitzende, nicht der Diktator der Zentrumspartei.
Wirth und Brüning trugen die Zustimmung, obwohl ihnen das gegen den Strich ging mit, nicht weil Kaas oder der Vatikan es ihnen befohlen hätten, sondern aus den Gründen, die bereits diskutiert wurden:

Nämlich denen, so wie die Dinge lagen die Zustimmung des Zeentrums ohnehin nicht entscheidend war, sie es also ohne dies nicht verhindern konnten, ein Teil der Fraktion um Kaas durchaus bereit war zuzustimmen und es hier auch um die Sicherheit der eigenen Person, Organisation und diejenige der eigenen Parteifreunde ging.

Ich habe nicht gesagt, dass alle taten, "was vom Vatikan erwartet wurde", sondern dass die Partei bzw. die Fraktion es tat

Wann noch gleich hatte der Vatikan die Zentrumspartei dazu aufgerufen doch bitte dem "Ermächtigungsgesetz" zuzustimmen?
Das ist eine reine Erfindung von deiner Seite.
Immehin schränkte das Ermächtigungsgesetz in dieser Fassung ohne dezidierte Bestandsgarantie für die katholischen Organisationen auch deren Schutz massiv ein, bzw. schaffte diesen ab und ich kann mir schwerlich vorstellen, dass der Vatikan darüber so unbedingt begeistert war.

Daraus geht hervor: Kaas war das Schicksal der katholischen Kirche wichtiger als das Schicksal Deutschlands.

Das geht daraus durchaus nicht hervor.

Schon deswegen, weil ein Konkordat in dieser Situation keine rein kirchliche Angelegenheit war, sondern, je nach verhandeltem Inhalt einen Ansatzpunkt bot, die Regierung Hitler auf eine vertragliche Abmachung festzulegen, nicht gegen die katholischen Organisationen und das konnten in diesem Sinne auch die Zentrumspartei und die katholischen Gewerkschaften sein, vorzugehen.

Nachdem die Nazis die Diktatorische Macht bereits in der Hand hatten und die Zustimmung der Zentrumspartei für dieses Faktum nicht mehr von Belang war, Hitler also auf nationaler Ebene nichts effektives mehr entgegenzusetzen war, musste die einzige Möglichkeit noch effektive Garantien zu erhalten in Abkommen des Regimes mit dem Ausland liegen und in dieser Hinsicht konnte ein Konkordat (denn damit dass der Vatikan Wert auf den Schutz der katholischen Organisationen leegte durfte geerechnet werden) durchaus auch im Sinne der Erhaltung von Teilen der Zivilgesellschaft ein sinnvoller Ansatz sein.
 
Durchaus nicht, die Leistung von Hitler und Konsorten bestand darin die Grundlagen für eine anschlussfähige Massenbwegung, die sie zum Machtfaktoor machte zu legen und sie aufzubauen und zu organisieren.

Nichtsdesto weniger fielen den Nazis (Teils unbabsichtigt) wichtige Bausteine ohne große Leistung zu. Z.B. war es ja alles andere als ausgemacht, dass es die Wahlen in 1932 die Hitlers Partei zur stärksten politischen kraft im Land machten, überhaupt zustande kamen.
Nachdem im Herbst 1930 gewählt worden war, (die Nazis holten 18,3%) wäre die nächste turnusmäßige Wahl im Herbst 1934 fällig gewesen.
Ob im Herbst 1934 die wirtschaftliche Lage und die sonstigen Verhältnisse für Hitler noch so günstig gewsen wären, wie im Sommer 1932, kann niemand sagen, aber man wird durchaus Zweifel äußern dürfen.
Mit den 18% von 1930, wäre die NSDAP natürlich ein politischer Faktor gewesen, aber keiner der als Sprungbrett zur Diktatur taugte.
Die Wahlen von 1932 kamen einzig dadurch zustande, dass Hindenburg ohne dass es dazu besondere Not gegeben hätte mit der Absicht die politische Rechte zu stärken den Reichstag auflöste und außerordentliche Neuwahlen ansetzte.
Insofern kann man Hitler hier die Leistung attestieren sehr erfolgreich Demagogie und Wahlkampf betrieben zu haben, aber die Möglichkeit das zu diesem Zeitpunkt übeerhaupt zu tun, war ein reines Geschenk Hindenburgs, auch wenn das seinerzeit eher Papen als Hitler zugedacht war.

Dem würde ich voll und ganz zustimmen. Daraus könnte man aber nun auch nicht direkt ableiten, dass Hindenburg die Sommerwahlen von 1932 ansetzte, um der NSDAP einen Erdrutschsieg zu ermöglichen. Natürlich hatten die NS-Leute großes Glück - und Deutschland und die Welt damit großes Unglück - dass zwischen 1930 und 1933 sehr viele Dinge zu ihren Gunsten liefen. Das heißt aber eben nicht im Umkehrschluss, dass alle Beteiligten es darauf anlegten, Hitler die absolute Macht zu übertragen. Man kann durchaus mit plausiblen Gründen annehmen, dass einige mächtige Männer ganz andere Pläne verfolgten, sich selbst weit überschätzten, sich gegenseitig neutralisierten, private Fehden austrugen etc.

Wie gesagt, ich würde in keiner Weise bestreiten, dass Papen und Hugenberg, aber auch Hindenburg und seine Entourage Hitler an die Regierung brachten, weil ihnen die Demokratie ohnehin nichts wert war und sie hofften, ein autoritäres System an deren Stelle setzen zu können. Ich bezweifle nur, dass sie dabei an eine Diktatur dachten, in der Hitler die unumschränkte Macht innehaben würde.
 
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