Laut Marx & Engels soll die kommunistische Gesellschaftsform die ideale sein, freilich nicht ohne die Bedingungen klassenlos und nicht kapitalistisch.
Wobei "Klassenlos" und "nicht kapitalistisch", wenn man Marx Definition davon, was denn ein Kapitalist überhaupt sei, sich ohnehin gegenseitig bedingt, denn im marx'schen Sinne kann der Kapitalist nicht ohne den Proletarier sein, denn wenn niemand mehr gezwungen wäre seine Arbeitskraft unter ihrem eigentlichen Wert an einen Kapitalisten zu verkaufen, worauf sollte dann das Geschäftsmodell des Kapitalisten, dass ja laut Marx vor allen Dingen darin besteht durch die Aneignung des Arbeitsproduktes den Mehrwert abzuschöpfen, noch bestehen?
Und sie wäre, wenn man dieses Ideal teilt, der Demokratie überlegen, denn diese könnte jederzeit wieder per Mehrheitsentscheid in Kapitalismus "zurückfallen".
Ich denke offen gestanden, dass du hier vom marx'schen Kapitalismusbegriff etwas abgehst und Kapitalismus mit Marktwirtschaft durcheinanderwirfst.
Denn um im marx'schen Sinne Kapitalismus betreiben zu können, bräuchte es erstmal Produktionsmittelbesitzer, da hätte ein demokratischer Beschluss nicht hingereicht, sondern es hätte gleichzeitig auch der Besitz an Produktionsmitteln auf einzelne Privatpersonen konzentriert werden müssen.
Jetzt könnte man das Beispiel Russland vor Augen haben, wo sich ab 1991 eine solche Abwicklung vollzog, allerdings wäre dann die Frage zu stellen, inwiefern sich die Verhältnisse der staatlich gelenkten und im Staatsbesitz befindlichen Wirtschaft, mit dem Postulat vom "Absterben des Staates" verträgt?
Unabhängig davon, dass ich der Meinung bin, dass dies sicherlich nicht im anarchischen Sinne der völligen Auflösung staatlicher Strukturen gemeint war, würde ich doch meinen, dass für Marx/Engels der Staat nicht unbedingt natürlicher Träger/Verwalter der Produktionsmittel gewesen sein dürfte, sondern das den beiden eher ein genossenschaftliches Modell vorgeschwebt haben wird.
Das allerdings hätte die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft zu direkten Mitbesitzer der Produktionsmittel gemacht, was die Bewohner der Sowjetunion und der anderen Ostblock-Länder stets nur auf dem Papier waren.
An dieser Stelle wäre die Frag gewesen, was die Bewohner eines solches Systems, davon gehabt hätten ihren eigenen genossenschaftlichen Anteilsbesitz auf eine andere Person zu übertragen nur um dann unter Aufgabe des eigenen Mitbestimmungsrechts in den gleichen Verhältnissen zu verbleiben?
Das eine solche marx'sche Idealgesellschaft qua demokratischer Abstimmung in den Kapitalismus "zurückfallen" hätte können, sehe ich eher nicht.
Etwas, worüber sich Marx aber mMn zu wenig Gedanken gemacht hat, ist das genossenschaftliche Organisation der Produktionsmittel und absolut freie Verfügbarkeit der Produzierenden darüber, zu einer vollkommenen Desintegration des Wirtschaftsraums geführt hätte, zumal zu Marx' Zeiten die meisten Unternehmen in keiner Weise vertikal integriert und diverse Normen nicht vorhanden waren.
Wenn die Belegschaft eines Stahlproduzenten in demokratischer Abstimmung entscheidet nur Schienenmaterial für Breitspurbahnen zu produzieren und die Belegschaft der gegenüberliegenden Lokomotivfabrik aus exportorientirten Gründen nur Schmalspurbahnen bauen will, ist das irgendwie Mist.
Marx hat ja im Manifest bei seinen Spekulationen was Eigenschaften einer kommunistischen Gesellschaft sein könnten eher lapidar die Vorstellung einer Bewirtschaftung der Produktionsmittel "nach gemeinsamen Plan" vorgeschlagen, aber keine Vorstellung geliefert, auf welcher Plattform dass eigentlich ausgehandelt werden sollte/konnte, während der gleichzeitig wohl davon ausging, dass der Staat nicht träger dieser Entwicklung wäre.
Wenn das aber im Sinne der Kontrolle der Produtkionsmittel durch die Produzierenden basisdemokratisch geregelt werden sollte, wäre die Atomisierung des Wirtschaftsraums die logische Folge gewesen.
Und die hätte wiederrum das ganze System zerlegt, weil sie den Produktionsstätten, im Besonderen den größeren Fabriken den Zugang zu Rohstoffen und Absatzmärkten extrem erschwert oder verunmöglicht hätte.
Ein anderes Problem, dass ich hier sehe, ist dass ein solches System absolut innovationsfeindlich wäre, denn technische Innovationen, die Funktionsträger in den Betrieben überflüssig gemacht hätten, hätten dann nicht vorkommen dürfen.
Denn einen genossenschaftlichen Anteilseigner kann man im Gegesatz zu einem abhängigen Angestellten nicht mal eben so entlassen, wenn allerdings die Grundbedingung für die Beteiligung darin besteht, dass die Person im Betrieb notwendige Aufgaben übernimmt, sie aber durch eine Maschine ersetzt wird, ist das nicht mehr gegeben.
Heißt entweder müsste ein solches System auf Innovation komplett verzichten oder es würde sich selbst sprengen, weil es entweder die genossenschaftlichen Anteile eines Arbeiters enteignen müsste, wenn dieser durch eine Maschine ersetzt würde, um ihn entlassen zu können.
In dem Fall würde die kommunistische Gesellschaft absurder Weise ihr eigenes Proletariat schaffen.
Oder aber in dem man das Leisten eigener Arbeit als Grundbedingung für Beteiligung am Betrieb und Mitbestimmungsrecht aufheben würde, in diesem Fall würde die kommunistische Gesellschaft dann eine Klasse von Rentiers schaffen, die keine Arbeit verrichten, aber trotzdem über die Produktionsmittel mitverfügen könnten.
Alles keine befriedigenden Ansätze.
Das sstem hätte sich sehr wahrscheinlich selbst zerlegt, aber nicht durch politischen Beschluss, sondern durch seine inneren wirtschaftlichen widersprüche.