(Augusteisch-frühtiberisches?) Römerlager Groningen?

Gibt es Urkunden, die den Abriss der ursprünglichen Siedlung und die Errichtung einer mittelalterlichen Planstadt im 12./13. (?) Jahrhundert belegen? Zumindest im Wikipedia Artikel zu Groningen lese ich nichts von Stadtbränden oder kriegsbedingten Verwüstungen vor dem 2. Weltkrieg, Groningen scheint sich ansonsten kontinuierlich entwickelt zu haben, dementsprechend müssten ja auch noch Urkunden zu diesem wichtigen Einschnitt in der Stadtgeschichte erhalten sein.

Nein, Dokumente über geplante Baumaßnahmen in Groningen, die den Stadtkern betreffen gibt es meines Wissens nicht. Von einem historisch interessierten Groninger habe ich neulich die Idee einer Rippenstadt ähnlich Lübeck vernommen. Das ist aber auch nur eine Vermutung weil auch ihm eine römerzeitliche Gründung zu ungewöhnlich erschien.
Zerstörungen hat es im begrenzten Ausmaß wohl gegeben als der Münsteraner Fürstbischof Bernhard von Galen Groningen 1672 belagert und bombardiert hat.
Die ältesten Stadtansichten vor diesem Konflikt aus dem 16. Jhd. belegen aber schon das Stadtbild von heute.

Gruß
jchatt
 
Römisches in und um Groningen

Römische Münzen aus Groningen.

"bij terponderzoek in Groningen en Friesland komen regelmatig Romeinse munten, potscherven en snuisterijen uit de grond" ("bei Warft-Untersuchungen in Groningen und Friesland kommen regelmäßig römische Münzen, Tonscherben und Schmuckstücke zum Vorschein")

Die Website des Thermenmuseums Heerlen listet als römische Straße unter anderem den von mir schon genannten Weg von Groningen nach Haren über das Honsrug auf: "Heereweg (Ook de Hereweg over de hondsrug tussen Groningen en Haren)".
 
Römische Münzen aus Groningen.

"bij terponderzoek in Groningen en Friesland komen regelmatig Romeinse munten, potscherven en snuisterijen uit de grond" ("bei Warft-Untersuchungen in Groningen und Friesland kommen regelmäßig römische Münzen, Tonscherben und Schmuckstücke zum Vorschein")

Die Website des Thermenmuseums Heerlen listet als römische Straße unter anderem den von mir schon genannten Weg von Groningen nach Haren über das Honsrug auf: "Heereweg (Ook de Hereweg over de hondsrug tussen Groningen en Haren)".


Es wurde ja die Behauptung aufgestellt, dass in augusteischer/frühtiberischer Zeit in Groningen ein Römerlager bestanden hat, dessen Strukturen sich heute noch in der Bebauung Groningens abzeichnen aufgrund von Parallelen in der Trassenführung zu Haltern.

Die Auffindung römischer Münzen, Tonscherben und Schmuckstücke sind kein Bweis dieser These, dadurch wird nicht einmal die Anwesenheit von Römern dort bewiesen. Die vorgenannten Funde - interessant wäre in dem Zusammenhang übrigens eine Datierung - können durchaus als Handelsware / Raubgut ins freie Germanien gekommen sein.

Darf ich den Vorschlag machen, den Themenkomplex der "Groningen-Römerlager-These" in einen eigenen Thread zu verschiebe, denn sonst wird der Thread vollkommen unübersichtlich (eigentlich ist er das ja jetzt auch schon=))?
 
...
Die Auffindung römischer Münzen, Tonscherben und Schmuckstücke sind kein Bweis dieser These, dadurch wird nicht einmal die Anwesenheit von Römern dort bewiesen. Die vorgenannten Funde - interessant wäre in dem Zusammenhang übrigens eine Datierung - können durchaus als Handelsware / Raubgut ins freie Germanien gekommen sein. ...


Moin

Wie kann man den Handelsware/Raubgut von Waren "in römischem Besitz" unterscheiden?
Wie müsste denn ein Beweis auf eine römische Existenz ausschauen?
 
Moin

Wie kann man den Handelsware/Raubgut von Waren "in römischem Besitz" unterscheiden?
Wie müsste denn ein Beweis auf eine römische Existenz ausschauen?

Es geht ja darum, dass immer wieder die These von der römischen Gründung Groningens angeführt wird. Nur dass, was ich hier immer zu lesen bekomme, kann auch und überzeugender anders erklärt werden. Vielleicht war das Handelsware aus einer germanischen Siedlung, vielleicht haben Römer dort Handel getrieben. Vielleicht haben römische Truppen dort die Sachen liegen gelassen. Vielleicht....

Jedenfalls habe ich bisher nichts handfestes gelesen, was auf die Existenz eines Römerlagers dort hinweist. Es gilt allerdings auch Absentia evidentii non evidentium absentiae oder so ähnlich...(wie war denn dieser lateinische Spruch noch mal?:confused:
 
Es wurde ja die Behauptung aufgestellt, dass in augusteischer/frühtiberischer Zeit in Groningen ein Römerlager bestanden hat [...] Die vorgenannten Funde - interessant wäre in dem Zusammenhang übrigens eine Datierung [...]

Was die abgebildeten Münzen unter Divicos Link Afbeelding van 7 munten uit de Romeinse tijd, gevonden in Groningen - Het Geheugen van Nederland - Online beeldbank van Archieven, Musea en Bibliotheken anbelangt, so meine ich, drei der Münzen Galba und Otho zuordnen zu können. Desweiteren müssten die beiden bärtigen Herren ja irgendwelche Kaiser irgendwann nach Hadrian darstellen. Bliebe also (zumindest auf dieser Abbildung) nur noch die Münze ganz oben rechts und die Münze ganz unten übrig, um aus augusteischer/ tiberischer Zeit zu stammen. Kann jemand was auf denen erkennen oder sie gar zuordnen?
 
Es geht ja darum, dass immer wieder die These von der römischen Gründung Groningens angeführt wird. Nur dass, was ich hier immer zu lesen bekomme, kann auch und überzeugender anders erklärt werden. Vielleicht war das Handelsware aus einer germanischen Siedlung, vielleicht haben Römer dort Handel getrieben. Vielleicht haben römische Truppen dort die Sachen liegen gelassen. Vielleicht....

Jedenfalls habe ich bisher nichts handfestes gelesen, was auf die Existenz eines Römerlagers dort hinweist. Es gilt allerdings auch Absentia evidentii non evidentium absentiae oder so ähnlich...(wie war denn dieser lateinische Spruch noch mal?:confused:

Ich denke, daß ich offensichtlich immernoch nicht in der Lage war zu vermitteln wie exakt Wall und Wegeführung von Groningen mit dem Lager in "Oberaden" identisch ist. Wer will kann ja, um selber mal ein Gefühl für die Technik zu bekommen, versuchen eine willkürliche Figur in einem x-beliebigen Stadtplan wiederzufinden. Man beginnt am besten mit einer Gerade fest definierter Länge, die eigentlich immer irgendwo zu finden ist. Mit einer zweiten Gerade mit vorher definiertem Abstand und Länge zur ersten Gerade wird es aber schon schlagartig schwieriger. Bei einer willkürlichen Figur aus max 5 Linien kommt man ohne weitreichende Zugeständnisse an die Überlieferungsgeschichte nicht mehr hin.
Die Wahrscheinlichkeit das diese willkürliche Figur in einem Stadtplan wiederzufinden ist, geht also ab einer bestimmten Zahl von Linien,Winkeln und Abständen gegen NULL.
Jetzt haben wir in Groningen aber weit mehr als nur fünf Übereinstimmungen. Und unsere Figur ist auch nicht willkürlich sondern steht in einem römischen Kontext, der zudem noch durch ein vorher definiertes Regelwerk zusätzlich eingeschränkt wurde um mögliche aufweichende Zugeständnisse an die Überlieferungsgeschichte einzuengen.

Diese Übereinstimmungen allein genommen wiegen aus Wahrscheinlichkeitsgründen schon so schwer, daß man ohne Zweifel eher einen fiktiven Grund für die Fundarmut annehmen müsste, bevor man dieser Struktur ihren römischen Ursprung absprechen könnte. Aber wie oben beschrieben gibt es ja diese Gründe.

Weiterhin haben wir bei einem griechischen Geographen, der ja, auch für Leute die seine Arbeit nicht verstehen, ein für seine Zeit sehr genaues Abbild der dortigen Küstenlinie erstellt hat, ziemlich genau dort den Namen eines bei Tacitus überlieferten römischen Lagers eingetragen, an der diese Struktur im Stadtplan von Groningen auftaucht. Dazu wissen wir das genau dort der selbe Feldherr Drusus der für das Vorbild Oberaden verantwortlich ist, auch in dieser Gegend unterwegs war.

Dagegen steht nur ein lediglich auf Erfahrungswerten beruhender archäologischer Fund-Schluss-Automatismus der aber mit der tatsächlichen Situation in Groningen nichts zu tun haben könnte.

Gruss
jchatt
 
Dagegen steht nur ein lediglich auf Erfahrungswerten beruhender archäologischer Fund-Schluss-Automatismus der aber mit der tatsächlichen Situation in Groningen nichts zu tun haben könnte.
wie oft kommt es vor, dass innerhalb der Grenzen des (west)römischen Imperiums frühmittelalterliche Siedlungen die Struktur eines temporären römischen Militärlagers (keines festen Kastells etc) übernehmen?

wie oft kommt es vor, dass außerhalb der Grenzen des (west)römischen Imperiums frühmittelalterliche Siedlungen die Struktur eines temporären römischen Militärlagers (keines festen Kastells etc) übernehmen?

beide Fragen gelten auch für mittelalterliche und frühneuzeitliche Nachfolgesiedlungen.

ich frage das, weil ich es nicht weiß -- aber ich frage das hierbei mit der Befürchtung, dass es in Sachen Wahrscheinlichkeit schlecht für deine Groningen-These aussieht, wenn solche Strukturübernahmen eher die Ausnahme als die Regel sein sollten.

...was mich stutzig macht, das ist die doch oft ablesbare Tatsache, dass frühmittelalterliche wie auch mittelalterliche Nachfolgesiedlungenen vormals römischer Städte/Siedlungen deutlich kleiner als ihre Vorgänger sind... (z.B. u.v.a. Sumelocenna) -- was mich obendrein misstrauisch macht, das ist die überlieferte Aversion germanischer Gruppen der Völkerwanderungszeit innerhalb verlassener oder halbverlassener Römerstädte und Villen zu siedeln

(spaßeshalber: vielleicht findet sich, da die Welt ja bekanntlich eher groß als klein ist, irgendwo in Übersee ein Dorf, dessen planerische Strukturen an römische Militärlager erinnern - aber wäre das ein Beweis für tiberische oder augusteische Legionen auf (sagen wir mal) den Osterinseln?)
 
wie oft kommt es vor, dass innerhalb der Grenzen des (west)römischen Imperiums frühmittelalterliche Siedlungen die Struktur eines temporären römischen Militärlagers (keines festen Kastells etc) übernehmen?

Das kommt relativ selten vor, weil Städte normalerweise im Lauf der Zeit durch Brände oder Kriege zerstört werden, teilweise sogar mehrmals. Nach so einem Ereigenis beginnt die Stadtplanung, soweit man das vor dem Frühmittelalter so bezeichnen kann, erneut.
Wenn sich eine Stadt aber kontinuierlich entwickelt, werden nicht einfach Häuser mitten auf einer Straße errichtet, ein neues Haus kommt dahin, wo sein Vorgänger auch schon stand. Der Stadtgrundriss bleibt hierbei unverändert.

Ein gutes Beispiel hierfür ist Aosta (http://de.wikipedia.org/wiki/Aosta):
"Die Stadt wurde durch Augustus unter dem Namen Augusta Praetoria aus einem bestehenden Legionslager heraus, dessen Grundriss für die zivile Stadt übernommen wurde, durch Veteranen der kaiserlichen Leibwache, der Prätorianer, gegründet. Als Sicherung der Route über den Kleinen St. Bernhard (Alpis Graia) wurde die Colonia Augusta Praetoria gegründet. Hier wurden 3000 Veteranen der Praetorianergarde angesiedelt. Die Stadt wurde schachbrettartig angelegt. Sie bestand aus 64 Insulae (Stadtteile) und hatte die Form eines Quadrates. Diese römische Struktur ist noch heute im Stadtbild der Altstadt zu erkennen."

Da Menschen aber nunmal sehr gerne Kriege führen, ist eine kontinuierliche Entwicklung einer Stadt über mehrere Jahrtausende leider wirklich eher die Ausnahme als die Regel.

was mich obendrein misstrauisch macht, das ist die überlieferte Aversion germanischer Gruppen der Völkerwanderungszeit innerhalb verlassener oder halbverlassener Römerstädte und Villen zu siedeln

Und genau aus dem Grund denke ich auch, dass hier zumindest ursprünglich keine Germanen siedelten, sondern dass das Legionslager so wie auch Aosta beizeiten in eine zivile Siedlung umgewandelt wurde, als der Standort seine strategische Bedeutung aufgrund der römischen Interessenverlagerung in Richtung Elbe verloren hatte, und dort Veteranen angesiedelt wurden, die beim römischen Rückzug zur Rheingrenze ihren Besitz nicht aufgeben wollten und dort weiter siedelten.
 

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wie oft kommt es vor, dass innerhalb der Grenzen des (west)römischen Imperiums frühmittelalterliche Siedlungen die Struktur eines temporären römischen Militärlagers (keines festen Kastells etc) übernehmen?

wie oft kommt es vor, dass außerhalb der Grenzen des (west)römischen Imperiums frühmittelalterliche Siedlungen die Struktur eines temporären römischen Militärlagers (keines festen Kastells etc) übernehmen?

Das ist doch nur wieder dieses verallgemeinernde Vorgehen, das sensationelle Neufunde erst gar nicht möglich macht, also nach dem Motto "Ich ignoriere alles was nicht innerhalb meines Tellerrandes passt".
Die Wahrscheinlichkeiten aus den bisherigen Erfahrungen interessieren mich nicht. Ich habe was viel Besseres. Das einzige was diese alten liebgewonnenen Pauschalisierungen über mittelalterliche Stadtentwicklung bezüglich Groningen noch retten könnte, wäre der Fund eines Systems mittelalterlicher Stadtplanung, das zufälligerweise die selben Strukturen erzeugt, wie die Konstruktion eines augusteischen Winterlagers.

Von einem temporären Lager war übrigens nie die Rede. Da Oberaden ein mehrjährig genutztes Winterlager zu sein scheint sehen die Nutzungsphasen so aus:


  • Phase I: Winterlager der 17.,18. und 19. Legion unter Drusus
  • Phase II: kleineres Winterlager der 5. und einer weiteren nicht sicher bestimmbaren Legion innerhalb des wasserführenden Grabens des 1. Lagers. Wahrscheinlich zogen die drei Varuslegionen wieder oder erstmals an die Lippe.
  • Phase III 9n Chr.: Rückverlegung der beiden Asprenas Legionen an den Rhein. An ihre Stelle werden Veteranen (Tacitus Lager bei den Chauken) nach 9n. Chr. im Südteil des 2. Lagers stationiert, im Bereich der Legionärsunterkünfte mit wahrscheinlicher Übernahme der vorhandenen Gebäude. Nur dort haben sich die Strukturen der Legionärslagerplätze erhalten.
  • Phase IV: Entwicklung von ungeplanten zivilen Strukturen (ähnlich Haltern) im Bereich der Hilfstruppen und ausserhalb der Porta Decumana sowie im Bereich der mediteranen Häuser an der Porta Praetoria. Diese werden heute fälschlicherweise für die frühesten Besiedlungen gehalten. Sie sind aber nur unstrukturiert, weil in diesen Lagerbereichen keine Gebäude, Strukturen vorhanden waren die man hätte übernehmen können. (s.Oberaden)
  • Phase V: Es muss ein reibungsloser Übergang zu einer frühmittelalterlichen Siedlung stattgefunden haben, ohne gravierenden Bevölkerungsrückgang. Sonst wären nicht so viele römische Strukturen erhalten geblieben.
  • Phase VI bis spätestens 15 jhd: Anlage von zusätzlichen Befestigungsgräben vor der Stadtmauer. Dabei werden zunächst nur dort Gräben gezogen, wo zwischen der Mauer des 2. Lagers und dem wasserführenden Graben des 1. Lagers Freiflächen entstanden sind. Belegt in den frühesten Stadtansichten.
Das alles kann man aus dem Stadtplan und den parallelen historischen und archäologischen Überlieferungen herauslesen.


Gruß
jchatt
 
Wenn sich eine Stadt aber kontinuierlich entwickelt, werden nicht einfach Häuser mitten auf einer Straße errichtet, ein neues Haus kommt dahin, wo sein Vorgänger auch schon stand. Der Stadtgrundriss bleibt hierbei unverändert.

Doch, so etwas kommt vor. Beispiele dafür gibt es im Osten des Reiches, zum Beispiel in Palmyra, wo man sehen kann, wie mittelalterliche Häuser in die Straße hineingebaut werden.
Das hängt davon ab, welche Bedeutung die Stadt noch hat. Wenn sie zeitweise zu einer kleineren Siedlung hinabsinkt, wo die kurzen Laufwege zwischen den Häusern wichtiger sind als eine ungestörte Verbindung, weil keine großen Prozessionen oder Feste mehr stattfinden oder weil kein großartiger handel mehr die Stadt passiert, dann wird der Freiraum schnell genutzt. Will jemand an einem Ort, der keine gefestigte Administration mehr hat, an seinem haus etwas anbauen, und der einzige freie Raum ist der Straßenraum, weil an den anderen drei Seiten vielleicht schon etwas steht, dann baut man natürlich in die Straße hinein.
Selbst in Rom ist so etwas passiert.
 
Will jemand an einem Ort, der keine gefestigte Administration mehr hat, an seinem haus etwas anbauen, und der einzige freie Raum ist der Straßenraum, weil an den anderen drei Seiten vielleicht schon etwas steht, dann baut man natürlich in die Straße hinein.

Da gebe ich dir recht, eine kontinuierliche Administration und eine gleichbleibende Einwohnerzahl sind Voraussetzungen für den Erhalt des Stadtgrundrisses. Zu klären ist, wie das in der von jchatt erwähnten Phase V im Übergang von der Antike zum Frühmittelalter passieren konnte. Eventuell ist die günstige Lage eines Hafens im antiken Groningen und der damit verbundene Handel eine Begründung hierfür (so wie auch in Aosta der transalpine Handel eine Begründung für den Erhalt der Bedeutung der Stadt und damit der römischen Struktur des Stadtgrundrisses sein könnte).
 
Da gebe ich dir recht, eine kontinuierliche Administration und eine gleichbleibende Einwohnerzahl sind Voraussetzungen für den Erhalt des Stadtgrundrisses. Zu klären ist, wie das in der von jchatt erwähnten Phase V im Übergang von der Antike zum Frühmittelalter passieren konnte. Eventuell ist die günstige Lage eines Hafens im antiken Groningen und der damit verbundene Handel eine Begründung hierfür (so wie auch in Aosta der transalpine Handel eine Begründung für den Erhalt der Bedeutung der Stadt und damit der römischen Struktur des Stadtgrundrisses sein könnte).

Einen Handelsweg über den Hondsrug nimmt man schon für die Bronzezeit an.
Im Mittelalter gab es in Westfalen den Vresenewech/Friesenweg der wahrscheinlich bis Friesland ging.:autsch:
Auch sind im Cosmograph von Ravenna für Friesland immerhin zwei Orte (Nocdac und Bordonchar) erwähnt, während es ansonsten im Rechtsrheinischen dort eher mau aussieht.

Gruß
jchatt
 
Das ist doch nur wieder dieses verallgemeinernde Vorgehen, das sensationelle Neufunde erst gar nicht möglich macht, also nach dem Motto "Ich ignoriere alles was nicht innerhalb meines Tellerrandes passt".
Die Wahrscheinlichkeiten aus den bisherigen Erfahrungen interessieren mich nicht. Ich habe was viel Besseres. Das einzige was diese alten liebgewonnenen Pauschalisierungen über mittelalterliche Stadtentwicklung bezüglich Groningen noch retten könnte, wäre der Fund eines Systems mittelalterlicher Stadtplanung, das zufälligerweise die selben Strukturen erzeugt, wie die Konstruktion eines augusteischen Winterlagers.

Von einem temporären Lager war übrigens nie die Rede. Da Oberaden ein mehrjährig genutztes Winterlager zu sein scheint sehen die Nutzungsphasen so aus:


  • Phase I: Winterlager der 17.,18. und 19. Legion unter Drusus
  • Phase II: kleineres Winterlager der 5. und einer weiteren nicht sicher bestimmbaren Legion innerhalb des wasserführenden Grabens des 1. Lagers. Wahrscheinlich zogen die drei Varuslegionen wieder oder erstmals an die Lippe.
  • Phase III 9n Chr.: Rückverlegung der beiden Asprenas Legionen an den Rhein. An ihre Stelle werden Veteranen (Tacitus Lager bei den Chauken) nach 9n. Chr. im Südteil des 2. Lagers stationiert, im Bereich der Legionärsunterkünfte mit wahrscheinlicher Übernahme der vorhandenen Gebäude. Nur dort haben sich die Strukturen der Legionärslagerplätze erhalten.
  • Phase IV: Entwicklung von ungeplanten zivilen Strukturen (ähnlich Haltern) im Bereich der Hilfstruppen und ausserhalb der Porta Decumana sowie im Bereich der mediteranen Häuser an der Porta Praetoria. Diese werden heute fälschlicherweise für die frühesten Besiedlungen gehalten. Sie sind aber nur unstrukturiert, weil in diesen Lagerbereichen keine Gebäude, Strukturen vorhanden waren die man hätte übernehmen können. (s.Oberaden)
  • Phase V: Es muss ein reibungsloser Übergang zu einer frühmittelalterlichen Siedlung stattgefunden haben, ohne gravierenden Bevölkerungsrückgang. Sonst wären nicht so viele römische Strukturen erhalten geblieben.
  • Phase VI bis spätestens 15 jhd: Anlage von zusätzlichen Befestigungsgräben vor der Stadtmauer. Dabei werden zunächst nur dort Gräben gezogen, wo zwischen der Mauer des 2. Lagers und dem wasserführenden Graben des 1. Lagers Freiflächen entstanden sind. Belegt in den frühesten Stadtansichten.
Das alles kann man aus dem Stadtplan und den parallelen historischen und archäologischen Überlieferungen herauslesen.


Gruß
jchatt

Ich finde, es ist deutlich zu früh, von sensationellen gefunden zu reden. Du hast nicht mehr als eine These, die darauf basiert, dass es gewisse Ähnlichkeiten zwischen zwei Plänen gibt, wobei die unterschiede in grosser zahl offenbar nicht interessieren.

Es fehlen weiterhin römische Funde und befunde. Für mich ist das ein klares gegenargument.
 
Es fehlen weiterhin römische Funde und befunde. Für mich ist das ein klares gegenargument.

Wenn ein antiker Spitzgraben im Mittelalter zufällt, und wie z.B. in Kneblinghausen keine römischen Münzen oder weiteren Keramikfunden auf seiner Sole gemacht werden, sind Archäologen trotzdem in der Lage aufgrund der Struktur des Grabens, der Lagerecken oder der Torsituationen diesen als römisch zu klassifizieren.
Nichts anderes mache ich in Groningen. Es ist nur eine andere Art der Überlieferung.

Gruss
jchatt
 
Es fehlen weiterhin römische Funde [...]

Das nur als Aufhänger. Ich finde die "Drusus-Groningen-These" sowie Eure Diskussion recht spannend.
Fundmünzen sind in solchen Zusammenhängen gewiss nicht alles, aber für eine Datierung doch oft sehr hilfreich. Nun befindet sich zwar unter den sieben abgebildeten Münzen unter Divicos Link aus Beitrag #22 keine aus augusteischer Zeit,* aber der nebenstehende Text sagt ja ausdrücklich, dass dort nur einige der bei Groningen gefundenen röm. Münzen abgedruckt sind. Es gibt ein Werk:

Radnoti-Alföldi, Maria; Vin, Jos. P. van der: Die Fundmünzen der römischen Zeit in den Niederlanden, Abteilung 2: Provinzen Groningen [...], 1996.

Ich könnte mir vorstellen, dass, falls in/bei Groningen Münzen aus augusteischer Zeit gefunden worden sind, diese in dem Werk aufgeführt sind. Ich habe leider keinen direkten Zugang zu dem Werk, aber vielleicht kommt ja jemand von Euch daran. Ich fände es für die Verfechter der These zumindest schade, wenn diese Möglichkeit augusteischer Fundmünzen bei Groningen - selbst wenn diese Möglichkeit womögl. gering ist - nicht verfolgt bzw. ausgeschöpft würde. Wer weiß, vielleicht findet sich ja tatsächlich was.

(Edit: Natürl. könnten Augustus-Münzen auch erst später, also nach Augustus, nach Groningen gelangt sein, aber als ein nicht zu verachtenden Indiz für die Richtigkeit der "Drusus-Groningen-These" würden sie ja dennoch allemal taugen - also falls es sie geben sollte).


*Ergänzend zu meinem Beitrag #26:
Münze ganz rechts oben:
Ich lese den Beginn der Münzlegende auf der Vorderseite als D[ominus] N[oster]; diese Kaiser-Titulatur taucht auf Münzen erst ab Diokletian auf. Die Münzlegende auf der Rückseite lese ich als GLORIA ROMANORUM (vgl. die Bronzemünze Nepotianus' in Kampmann: Die Münzen d. röm. Kaiserzeit, 2. Aufl., 2011, S. 448). Diese Legende taucht m. W. erst seit Konstantin d. Gr. auf.
Münze ganz unten:
Ist zu klein. Kann leider nichts erkennen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Für eine numismatische Auswertung, die eine stärkere Aussage als einen terminus post quem (tpq, das Datum der jüngsten Münze) hat, bedarf es Hortfunde, die aufgrund der Häufung der Münzen und dem tpq (der dann natürlich ein ähnliches Alter wie das Gros der Münzen haben sollte, aber normalerweise ist das tatsächlich der Fall, dass tpq und Gros des Hortes ähnlichen Alters sind) ein ungefähres Verlustdatum/Versteckdatum plausibel machen. Ich kann nur darauf aufmerksam machen, dass man in Polen Münzsschatzfunde gefunden hat, die im 8./9. Jhdt. zusammengetragen wurden, in denen aber auch vereinzelte Stücke aus dem 2./3. Jhdt. zu finden waren. Die Aussagekraft einer Einzelmünze ist notwendigerweise auf den tpq beschränkt. Zumal ja völlig unklar ist, wie die Münzen in die Region kommen. Ob durch Handel, durch germanische Söldner im Dienste der römischen Armee, als Beute- und Raubgut, durch römische Soldaten, die dort tatsächlich lagerten.
 
Wenn ein antiker Spitzgraben im Mittelalter zufällt, und wie z.B. in Kneblinghausen keine römischen Münzen oder weiteren Keramikfunden auf seiner Sole gemacht werden, sind Archäologen trotzdem in der Lage aufgrund der Struktur des Grabens, der Lagerecken oder der Torsituationen diesen als römisch zu klassifizieren.
Nichts anderes mache ich in Groningen. Es ist nur eine andere Art der Überlieferung.

Nein, was du tust, machst du aufgrund eines Stadtplans, der auf dich subjektiv römisch wirkt. Die Archäologen arbeiten mit einem archäologischen Befund.


Zwei der hier dargestellten Städte sind tatsächlich römisch. Welche sind es?
 

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