Caesars Komet

Und denken wir an die "Santo subito!" Rufe bei der Beerdigung Johannes Paul II.; oder entsprechende Forderungen nach dem Tod von Mutter Theresa. Dem hat die Kirche auch nicht ungerne entsprochen, auch wenn sie es sicher nicht von selbst so schnell ins Werk gesetzt hätte.

Eine solche Gelegenheit lässt sich kein fähiger Politiker entgehen. Auch das sah man bei den genannten Gelegenheiten.
 
Hier mal ein interessanter Bericht zu "Caesars Komet"
Sidus Iulium

Für mich steht aufgrund der hier aufgestellten FAKTEN fest daß es sich bei den Beobachtungen in China und im Römischen Reich um ein und denselben Kometen handeln muß.

Was auch noch zu erwähnen ist ist daß die chinesischen Aufzeichnungen fast lückenlos überliefert sind und sich auch ein weiterer zeitnaher Komet sowohl in den chinesischen als auch den römischen Aufzeichnungen wiederfindet.
Im Dezember des Jahres 13 uZ. verzeichnet China einen Kometen, den auch Seneca (7, 17, 2) erwähnt. Offenbar wurde er nicht im Zusammenhang mit dem Tod des Augustus (19.8. 14 uZ.) gedeutet, da der Senat die Himmelserscheinung nicht als Zeichen der Göttlichkeit des Verstorbenen ansah, sondern einen Augenzeugen bestellte, der dessen Himmelfahrt vor dem Senat beeiden musste (Tac. ann. 15, 74).
 
Vielen Dank, Sepiola, für die Versachlichung der Diskussion. Jedoch, mit Ihrem Zitat: ‚Wie Augustus das (propagandistische Meisterstück) gelungen ist, wird sich wohl mangels detaillierter Quellen leider nicht mehr feststellen lassen.‘ wären Ramsey/Licht nicht ganz einverstanden, denn sie schreiben:

‚Our sources tell us, however, that in 44 BC it was not scholarly opinion but rather the common people (vulgus) who adopted the view that the comet was a sign of Caesar’s apotheosis. Significantly the common people are said to have arrived at this conclusion with encouragement from Octavian, and we must also bear in mind that the extend accounts of Caesar’s comet reflect primarily the view of the event that Octavian (Augustus) chose to present just over two decades later when he wrote his ‚Memoirs‘. According to this Augustan tradition, the people first interpreted the celestial phenomenon as a sign that Caesar’s soul had been elevated to the rank of the gods, and then Octavian dedicated a statue of Caesar with a „star“ (sidus) - not a „comet“ (sidus crinitum) - above his head in keeping with the popular interpretation of the heavenly sign. … It was, after all, a star rather than a comet, that was adopted by Octavian in 44 BC as a symbol for Caesar’s new divinity, and … Octavian placed a star on his own helmet to advertise his own connection with Caesar.‘ (Ramsey/Licht, S. 136, Hervorhebung von mir)

Hier sagen die Autoren deutlich, daß nicht etwa Octavian dem Volk die Interpretation der Himmelserscheinung vorgeschlagen hat, sondern im Volk ein selbstständiger Meinungsumschwung in der Beurteilung der Zeichen am Himmel vorging, der dann erst von Octavian entsprechend weitergenutzt und propagandistisch ausgebaut wurde (Münzprägung, etc.). Nur in dieser Reihenfolge konnte der noch vergleichsweise junge Octavian eine Glaubwürdigkeit erringen, die fortan nicht in Frage stand.

Hier ist durchaus ausreichend Material für eine eindeutige Interpretation der Handlung des Octavian gegeben.

Daraus folgt aber dann auch, daß hier eine äußerst ungewöhnliche Erscheinung am Himmel sichtbar war. Wenn das römische Volk schon von sich aus bereit war, seine Meinung über die Interpretation himmlischer Zeichen zu ändern, kann keine ‚gewöhnliche‘ Kometenerscheinung dafür die Ursache sein, denn sie wäre immer negativ aufgeladen gewesen. Die Erscheinung muß vielmehr so deutlich anders wahrgenommen worden sein, daß bereits der einfache Römer geneigt war, diesmal eine andere als die sonst übliche Deutung zu zu lassen.

Wir müssen uns also auf die Suche machen nach einer deutlich anderen Erscheinungsform des Kometen als ein himmlisches Zeichen der Götter an die Römer. Der Komet von 44 BC hat dafür nicht genug Potential geboten.

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Wir müssen uns also auf die Suche machen nach einer deutlich anderen Erscheinungsform des Kometen als ein himmlisches Zeichen der Götter an die Römer. Der Komet von 44 BC hat dafür nicht genug Potential geboten.

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In der Hoffnung, dass auch dieser Beitrag als sachlich durchgeht... :fs:

Und hätte der von dir favorisierte Komet von 188 n. Chr. eine solch besondere Erscheinungsform besessen? Wie genau unterscheidet sich dieser Komet in seiner Erscheinungsform von dem von 44 v. Chr.?

Gibt es irgendwelche Quellen, die zeigen, dass sich die Interpretation von Kometen anhand ihrer Erscheinungsform verändert hat?

Und dann kann man vielleicht noch das hier lesen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kometenfurcht#Kometen.C3.A4ngste_und_ihre_scheinbare_Best.C3.A4tigung

Zitat: Kometen wurden schon in der antiken Mantik als Vorzeichen gedeutet und sowohl Katastrophen als auch bedeutenden politischen Ereignissen zugeordnet.

Kometen also durchaus als Zeichen von Unglück aber nicht immer und ausschließelich als solche Zeichen.

Der Mord an Caesar war ein bedeutendes politisches Ereignis, Caesar war gerade und besonders bei Volk extrem populär.

Ich sehe noch keinen nachvollziehbaren Grund dafür, dass das römische Volk einen besonderen Kometen hätte brauchen müssen!
 
Hier sagen die Autoren deutlich, daß nicht etwa Octavian dem Volk die Interpretation der Himmelserscheinung vorgeschlagen hat, sondern im Volk ein selbstständiger Meinungsumschwung in der Beurteilung der Zeichen am Himmel vorging

Die Autoren können ebensowenig wie ich auf Umfragen unabhängiger Meinungsforschungsinstitute zurückgreifen wie ich. Unsere einzige relevante Quelle ist die Behauptung des Augustus, soweit sie von Plinius referiert wird (Cassius Dio ist noch viel später).

Und das ist auch den Autoren klar. Sie schreiben ja ausdrücklich: "According to this Augustan tradition, the people firstinterpreted..."

Augustus war Propagandist in eigener Sache. So viel ist sicher. Wenn man das nicht in Rechnung stellt, kann man keine sinnvollen Schlüsse ziehen.

Und zur Erscheinungsform sehe ich bisher keine andere Beschreibung in den Quellen als die bereits erwähnten. Das war ein Komet, der so aussah wie man sich einen Kometen normalerweise vorstellt (cometes / sidus crinitum = "Haarstern" / hui = "Besenstern").

Nach etwas, was nicht wie ein Komet aussieht, brauchen wir nicht zu suchen.
 
Wir müssen uns also auf die Suche machen nach einer deutlich anderen Erscheinungsform des Kometen als ein himmlisches Zeichen der Götter an die Römer. Der Komet von 44 BC hat dafür nicht genug Potential geboten.

Warum? Sowohl die römischen wie die chinesischen Quellen berichten von einem Kometen im Jahre 44 BC, also hat es diesen Kometen wohl gegeben. Dieser wurde von den Anhängern Caesars als Zeichen für die Vergöttlichung des Imperators interpretiert. Nach einigen Jahren des weiteren Bürgerkrieges hat sich ein Anhänger Caesars - nämlich Octavian - als Alleinherrscher durchgesetzt und seine Sicht der Dinge aufgeschrieben, was von der Historiographie aufgegriffen wurde. So wurde diese Kometenerscheinung überliefert.

Wo ist nun eigentlich das Problem? Ich denke, hier in diesem Thread sind schon etliche Erläuterungen zu deiner Frage gekommen, warum gehst du darauf nicht ein? Warum willst du unbedingt einen Kometen aus einem anderen Jahr haben?

LG
Frederuna
 
Daraus folgt aber dann auch, daß hier eine äußerst ungewöhnliche Erscheinung am Himmel sichtbar war. Wenn das römische Volk schon von sich aus bereit war, seine Meinung über die Interpretation himmlischer Zeichen zu ändern, kann keine ‚gewöhnliche‘ Kometenerscheinung dafür die Ursache sein, denn sie wäre immer negativ aufgeladen gewesen. Die Erscheinung muß vielmehr so deutlich anders wahrgenommen worden sein, daß bereits der einfache Römer geneigt war, diesmal eine andere als die sonst übliche Deutung zu zu lassen.

Wir müssen uns also auf die Suche machen nach einer deutlich anderen Erscheinungsform des Kometen als ein himmlisches Zeichen der Götter an die Römer. Der Komet von 44 BC hat dafür nicht genug Potential geboten.
Dass auch ein Komet nicht zwangsläufig negativ konnotiert sein musste, zeigt ein anderes berühmtes Beispiel, der "Stern von Betlehem". Insbesondere in der Spätantike und im Mittelalter wurde er häufig als Komet gedeutet und auch dargestellt, also zu einer Zeit, als Kometen normalerweise noch als Unglücksboten galten. Der Stern von Betlehem galt Christen jedoch als Zeichen für die Geburt Jesu, somit natürlich als etwas überaus Positives.
Im Matthäusevangelium wird der Stern von Betlehem jedoch nicht als Komet bezeichnet, sondern eben einfach nur als "Stern" (ἀστήρ), ohne irgendetwas Spezielles über seine Natur auszusagen. Dass er später dennoch von Christen als Komet gedeutet werden konnte, zeigt doch klar, dass es durchaus möglich war, etwas, das üblicherweise als Unglückszeichen galt, auch als etwas Positives zu deuten, wenn eine derartige Deutung naheliegend erschien.
 
Daraus folgt aber dann auch, daß hier eine äußerst ungewöhnliche Erscheinung am Himmel sichtbar war. Wenn das römische Volk schon von sich aus bereit war, seine Meinung über die Interpretation himmlischer Zeichen zu ändern, kann keine ‚gewöhnliche‘ Kometenerscheinung dafür die Ursache sein, denn sie wäre immer negativ aufgeladen gewesen. Die Erscheinung muß vielmehr so deutlich anders wahrgenommen worden sein, daß bereits der einfache Römer geneigt war, diesmal eine andere als die sonst übliche Deutung zu zu lassen.

Wieso? Ein Komet, der mit bloßem Auge gesehen werden kann, ist ja schon per se beeindruckend.

Aber der Komet von 44 v.Chr. soll ja laut Chinesischen Quellen ungewöhnlich groß gewesen sein. Aber lassen wir die Chinesen mal beiseite.

Denn noch etwas hob ihn heraus: Er erschien kurz nach Cäsars Ermordung und dann wieder zu den Gedenkfeierlichkeiten. Da kämen doch auch heutige Wahrsager auf den Gedanken eines Zusammenhangs. Schließlich müssen sie die Anwendbarkeit ihrer Kunst beweisen. Und das Ereignis war doch dazu prädestiniert. Wer wollte damals den Zusammenhang ernsthaft bezweifeln? In Rom war es nicht üblich zu verkünden, dass es keine Götter gibt, und Kometen keine weitere Bedeutung haben. Zumal die Interpretation als Zeichen für die Vergöttlichung Cäsars nicht nur Octavian in die Hände spielte, sondern generell den Anhängern Cäsars. Und man denke nur mal an die, die bloß daran interessiert waren, dass seine Anordnungen in Kraft blieben!

(Also in etwa so: "Wir wissen, hier ist unser größter Zeitgenosse gestorben, und wir wissen, die Götter machen solche Leute gern zu ihresgleichen, und siehe da, ein Komet. An solchen Dingen können wir die Ordnung der Welt erkennen!" Gut, sie mögen sich gestritten haben, ob der Komet Cäsar ist, oder nur ein Zeichen, aber das spielt für die hier gestellte Frage keine Rolle.)

EDIT: Wieso eigentlich soll der Tod Cäsars ein freudiges Ereignis gewesen sein? Ich denke, dass wurde dann doch negativ gesehen. Da passt dann auch ein übel beleumdeter Komet im Zusammenhang. Er wurde ja ermordet. Und wer wusste, was durch die Tat noch für Unheil entstand? So kann die Vorstellung von der Vergöttlichung Cäsars ganz klar auch negative Aspekte enthalten haben. Dass der Tod die Vergöttlichung überschattete, wäre natürlich anachronistisch formuliert. Aber hier geht es um die Folgen. Und genau diese stehen ja immer im Blick der Wahrsager.

Der Gedanke kam mir gerade so in den Sinn. Ich habe noch nicht entschieden, ob ich ihn befürworte.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Sepiola: ‚Augustus war Propagandist in eigener Sache. So viel ist sicher. Wenn man das nicht in Rechnung stellt, kann man keine sinnvollen Schlüsse ziehen.‘
Vielen Dank, Sepiola, aber das ist ein Selbstläufer und gilt für jeden Regierenden bis hin zu Frau Merkel. Damit wird die Aussage von Ramsey/Licht jedoch in keiner Weise entwertet oder umgedeutet.

@ Riothamus: ‚Wieso? Ein Komet, der mit bloßem Auge gesehen werden kann, ist ja schon per se beeindruckend.‘
Bis in das hohe Mittelalter hinein wurden alle Sterne am Himmel mit bloßem Auge gesehen, sie waren nicht deswegen schon beeindruckend. Kometen wurden erst interessant mit der Ausbildung eines ordentlichen Schweifes.

Wie schwierig für die Römer bzw. der gesamten mediterranen Kultur das Thema Kometenbeobachtung war, kann man an beispielsweise am Kometen Lovejoy von 2013 erahnen. Komet Lovejoy C/2013 R1
(Wenn man dort herunterscrollt, gibt es ein Video vom Kometen, in dem die Ambivalenz der Sichtbarkeit eines Kometen deutlich wird. Man bedenke dabei, diese Aufnahmen sind mit technischem Gerät gemacht - nicht mit bloßem Auge.)
Daran kann man erkennen, daß ein Komet ohne Schweif - und so beginnen nun mal alle Kometen - nur dann Aufmerksamkeit erregt, wenn danach systematisch - wie im Falle der Chinesen und auch der Babylonier - Ausschau gehalten wird.
Ich behaupte jetzt mal, daß im mediterranen Raum die Kometen deswegen so - im Vergleich zu den Chinesen - selten gesehen wurden, weil dort wohl alle Kometen ohne Schweif gerne übersehen wurden.

Nur wenn der Kometenschweif durch einen Gasausbruch wirklich wie mit der Holzhammermethode auf sich aufmerksam macht, wurde er in Rom gesehen und hat die Römer dann beeindruckt. Die Chinesen haben aber auch Kometen verzeichnet, die keinen oder nur einen schwachen Schweif ausgebildet haben, weil sie eine Kultur der professionellen Beobachtung besassen.

Worauf will ich hinaus?

Eine Kultur, in der nur die wirklich eindrucksvollen Sichtungen (Ausbildung des Schweifes) zur Kenntnis genommen werden, tendiert natürlich eher zu einer negativen Bewertung der Erscheinung, weil sie nahezu unvorbereitet zufällig erscheinen. Vom chinesischen Raum ist mir diese Haltung nicht bekannt.

Wenn in Rom die Erscheinung eines Kometenschweifes sogleich den Reflex der Suche nach dem Übel auslöste, dann aber im Volk sich die Überzeugung eine Bahn brach, daß diesmal die Himmelserscheinung von der positiven Aufnahme Caesar’s in den Rang der Götter berichtete, so muß schon etwas besonderes am Himmel sichtbar gewesen sein.
So einfach, mir nichts - dir nichts, fällt die Volksseele nicht um und behauptet das Gegenteil seiner eingefleischten Reflexe. Und vor allem würde die Volksseele sehr lange nachtragend auf alle Versuche reagieren, ihr weiterhin ein X für ein U vormachen zu wollen, sprich: die Propaganda des Octavian wäre übel aufgestoßen.

Allein die Tatsache, daß Octavian von keinem der antiken Autoren deswegen später in Misskredit gebracht wurde, sollte Bände sprechen. Und noch einmal: Jeder Römer konnte die Glaubwürdigkeit Octavians mit der Münze des ‚sidus iulius‘ buchstäblich in der Hand halten - und für zu leicht befinden. Es gab immerhin eine jahrzehntelange Bürgerkriegs-Auseinandersetzung im römischen Staat. Da spielen auch solche unterschwelligen Kleinigkeiten eine Rolle - vor allem dann, wenn sie für unwahr befunden werden.

Nein, der ‚sidus iulius‘ muß etwas außergewöhnliches gewesen sein, etwas, dass vielleicht einmal im Jahrhundert nur oder noch seltener überhaupt sichtbar wird.

Für Astronomen ist das nicht so überraschend, für sie gibt es solche seltenen Ereignisse!
FR
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Sepiola: ‚Augustus war Propagandist in eigener Sache. So viel ist sicher. Wenn man das nicht in Rechnung stellt, kann man keine sinnvollen Schlüsse ziehen.‘
Vielen Dank, Sepiola, aber das ist ein Selbstläufer und gilt für jeden Regierenden bis hin zu Frau Merkel. Damit wird die Aussage von Ramsey/Licht jedoch in keiner Weise entwertet oder umgedeutet.

Die Aussagen von Ramsey/Licht sind nicht mehr wert als die Quellen, aus denen sie ihre Aussagen schöpfen.

Die einzige Quelle ist Augustus' Selbstpropaganda. Der kann man nun aufs Wort glauben, oder man bleibt misstrauisch.

Ich bleibe da lieber misstrauisch.

Die Entscheidung, ob Himmelserscheinungen und sonstige "Zeichen" als Prodigia zu werten waren, traf der Senat. "Professionellen" Rat holte sich der Senat von den Haruspices, den Pontifices und den Decemviri. Der Normalbürger hielt sich an das Urteil der Experten, was blieb ihm auch anderes übrig.

Sollten diese Experten bei "des Volkes Meinungsbildung" keine Rolle gespielt haben? Das zu glauben, hielte ich für mehr als naiv.

Eine Kultur, in der nur die wirklich eindrucksvollen Sichtungen (Ausbildung des Schweifes) zur Kenntnis genommen werden, tendiert natürlich eher zu einer negativen Bewertung der Erscheinung, weil sie nahezu unvorbereitet zufällig erscheinen. Vom chinesischen Raum ist mir diese Haltung nicht bekannt.

In diesem Fall empfehle ich eine nähere Beschäftigung mit dem chinesischen Raum.

Auch in China hatten Kometen grundsätzlich eine negative Bedeutung.
 
Nein, der ‚sidus iulius‘ muß etwas außergewöhnliches gewesen sein, etwas, dass vielleicht einmal im Jahrhundert nur oder noch seltener überhaupt sichtbar wird.

Daher noch mal die bislang ignorierte Frage: Was unterscheidet den Kometen von 188 n. Chr., der ja von manchen Leuten vorgebracht wird von dem 44 v. Chr.? Was genau macht dann gerade diesen Kometen zu etwas außergewöhnlichem?

Warum reicht es nicht, dass zum passenden Zeitpunkt ein Komet zu sehen war, dem man die Deutung mit geben konnte, die man gerne haben wollte? Caesar war extrem populär beim Volk gewesen, Oktavian mit Caesars alten Beratern war politisch extrem gerissen und wussten, wie man das Volk "manipulieren" kann. Ein Komet ist sichtbar, man lanciert die Sichtweise, dass das ein Zeichen für die Himmelfahrt Caesars ist, das Volk glaubt dies, weil es dies glauben will. Und Oktavian hat im innenpolitischen Machtkampf gerade auch mit Antonius ein weiteres grandioses Argument, das er auch für sich ausschlachten kann.

Also: Ich sehe nicht, warum wir für dieses Szenario einen außergewöhnlichen Kometen brauchen.

Abgesehen davon, dass ja überhaupt noch nicht dargelegt worden ist, wie sich Kometen unterscheiden, wann und warum Kometen als "außergewöhnlich" angesehen werden dürfen usw.

Aber vielleicht kommt da noch was - siehe Eingangssatz oben.
 
Welche Eigenschaften machen Caesar’s Kometen so ungewöhnlich?

Obwohl das hier von mir schon lang und breit dargestellt wurde, wiederhole ich mich - auf Nachfrage - und werde die Punkte noch einmal zusammenfassen:

A1. Mit heute bekannten Kometen, die man zurückberechnen kann, lassen sich die antiken Beschreibungen für das Jahr 44 BC nicht zur Deckung bringen, sagen Ramsey, Licht (1997): ‚Given our estimated parameters for the comet of 44 BC., we explain the difficulty of matching them with the parameters of known comets and so identifying them with one whose period is known.‘

A2. Brian Marsden, NASA:
‚Did the roman report really refer to a comet? There is no mention of a tail to distinguish it from a supernova, say.‘
Marsden spricht aus, wovon die römischen Berichte nicht berichten!
A3. Man erblickt in Rom (Baebius Macer / Servius): ‚ein(en) große(n) Stern, bedeckt mit bändergleichen Strahlen‘.
A4. Der Stern ist in Rom bereits tagsüber, ab ‚der elften Stunde‘ sichtbar (Octavian Augustus / Plinius, Seneca, Sueton).
A5. Die Münze des ‚sidus iulius‘ zeigt einen achtstrahligen Stern mit einem nur kurzem, buschigen Schweif.
A6. Hinzu kommen mehrere begriffliche Beschreibungen, die darauf schließen lassen, daß der Komet eher als ‚Stern‘ denn als ‚Schweifstern’ wahrgenommen wurde. (Nachweis s. Ramsey/Licht)

Die Äußerungen (A2 - A4) plus der Münzgraphik (A5) geben ein deutliches Bild der Kometenerscheinung: Bereits am Tageshimmel erschien ein Stern mit einer Gloriole - also ohne eine deutliche Schweifausbildung - wie es auch Brain Marsden noch einmal treffend zusammenfaßt. Und Baebius Macer Beschreibung paßt sehr gut auf eine sich kräftig entwickelnde Koma. Wenn dabei dennoch kein Schweif zu sehen ist, liegt das am Kurs des Kometen in Richtung Sonne. Verläuft der Kurs des Kometen nahe der Erde, so fällt der Schweif optisch mit dem Kometenkopf zusammen.

A7. Plutarch: ‚among the divine portents there was also the great comet; it appeared very bright for seven nights after the murder of Caesar, then disappeared.‘
Die Äußerung Plutarch’s wird gerne übersehen! Er gibt bereits für den Todeszeitpunkt Caesar’s eine Kometensichtung an. Sie muss nach den Iden des März stattgefunden haben - also im März/April 44 BC und sie läuft damit den Feierlichkeiten zur Eröffnung der Spiele ‚ludi veneris genetricis‘ (Juli/August 44 BC) um ca. 120 Tage voraus. Das ist deutlich zu lange für eine Zuschreibung zu nur einem Kometen. Es müssen zwei Kometen beteiligt gewesen sein.

B. Was kann die heutige Gleichsetzung der chinesischen Sichtung von 44 BC mit den römischen Berichten nicht leisten?

B1.
In China berichtet man im Jahr 44 BC nur von einem einzigen Kometen. Er erschien im Zeitraum Mai/Juni und war für etwa 60 Tage zu sehen. Das könnte ausreichen um auch den Zeitraum vom Juli/August abzudecken, es reicht aber nicht um die Erscheinung nach den Iden des März zu erklären.

B2. Die Autoren Ramsey/Lewis haben ihre Zweifel, daß sich die berichteten Positionen am Nachthimmel der Römer und Chinesen zur Deckung bringen lassen:
‚It is difficult, if not impossible, to make the location of the comet that is given by our chinese sources fit a date in July, as opposed to May-June. according to those sources, the comet was seen in the NW, in ‚Shen‘ and the comet’s tail pointed NE. This means that the comet must have been north and east of the Sun, since a comet’s tail points away from the sun. However, by 20-30 July the Sun would have been nearly 4 hours east of ‚Shen‘, and so the comet could not have been both NE of the Sun and in the vicinity of the constellation Orion at the time when the Romans report having seen the comet.‘ (Ramsey/Licht, S. 69 - Hervorhebung von mir)

B3. In der chinesischen Quelle gibt es keine Hinweise auf die fehlende oder verkürzte Ausbildung eines Schweifes, im Gegenteil wird eine reguläre Ausbildung des Schweifes mit einer Länge von mehr als ‚1 Chang = 10 Fuß‘ beschrieben. Auch fehlen Hinweise auf eine Erscheinung am Tageshimmel, zur elften Stunde in Rom.

FR
 
Zuletzt bearbeitet:
A7. Plutarch: ‚among the divine portents there was also the great comet; it appeared very bright for seven nights after the murder of Caesar, then disappeared.‘
Die Äußerung Plutarch’s wird gerne übersehen! Er gibt bereits für den Todeszeitpunkt Caesar’s eine Kometensichtung an.
Ich hatte dich bereits wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass Plutarch zunächst nur von unspezifizierten Himmelslichtern vor Caesars Tod spricht: σέλα μὲν οὖν οὐράνια (Plutarch, Caesar 63)
Die einzige Datierung für die siebennächtige explizit als solche bezeichnete Kometensichtung (μέγας κομήτης, Plutarch, Caesar 69) gibt er nach Caesars Tod an.

Sie muss nach den Iden des März stattgefunden haben - also im März/April 44 BC und sie läuft damit den Feierlichkeiten zur Eröffnung der Spiele ‚ludi veneris genetricis‘ (Juli/August 44 BC) um ca. 120 Tage voraus.
Das ist nicht gesagt, siehe oben. Die einzige Angabe ist nach Caesars Tod für sieben Nächte. Wie lange danach, wird nicht angegeben. Datiert wird der Komet bei Seneca, Sueton und Plinius (der Augustus selbst als Quelle benutzt) als zeitgleich mit den Spielen. Dem widersprechende Datierungen gibt es nicht, auch Plutarch nicht, der zur Erinnerung und auch wenn ich wie eine gesprungene Schallplatte wirke, nur angibt, dass der Komet nach Caesars Tod erschien, aber nicht, wann.
B1. In China berichtet man im Jahr 44 BC nur von einem einzigen Kometen. Er erschien im Zeitraum Mai/Juni und war für etwa 60 Tage zu sehen. Das könnte ausreichen um auch den Zeitraum vom Juli/August abzudecken, es reicht aber nicht um die Erscheinung nach den Iden des März zu erklären.
Nach den obigen Ausführungen müsste klar sein, dass es sich um ein konstruiertes Scheinproblem handelt.

B3. In der chinesischen Quelle gibt es keine Hinweise auf die fehlende oder verkürzte Ausbildung eines Schweifes, im Gegenteil wird eine reguläre Ausbildung des Schweifes mit einer Länge von mehr als ‚1 Chang = 10 Fuß‘ beschrieben. Auch fehlen Hinweise auf eine Erscheinung am Tageshimmel, zur elften Stunde in Rom.
Die 11. Stunde ist bereits eine Dämmerstunde, nicht der Tageshimmel. Du überstrapazierst womöglich die Leistbarkeit der Quellen, die nicht immer die Informationen bieten, welche wir uns als Historiker vielleicht wünschen würden. Aber so ist Geschichte eben: Kein Wunschkonzert.
Die einzige Quelle für eine Erscheinung über Tage ist 500 Jahre nach den Ereignissen verfasst, eben Servius' Kommentar zu Vergils Eklogen, wo er Baebius Macer überliefert:
Cum Augustus Caesar ludos funebres patri celebraret, die medio stella apparuit, ille eam esse confirmauit parentis sui. Baebuis Macer circa horam octauam, stellam amplissimam, quasi lemniscis ornatam, ortam dicit, quam quidam ad illustrandam gloriam Caesaris iuuenis pertinere existimabant, ipse animam patris sui esse voluit, eique in Capitolio statuam, super caput auream stellam habentem. posuit. Inscriptum in basi fuit Caesari emitheo. Sed Vulcatius aruspex in concione dixit, cometam esse, qui finita oratione in ipsa concione concidit. Hoc etiam Augustus in libro secundo de memoria vitae suae complexus est.
Neben der auffällig abweichenden Tageszeitangabe (die wahrscheinlich schlicht ein Irrtum ist) ist das interessanteste Detail bei Servius eigentlich, dass er offenbart, dass die Interpretation der Sichtung (Komet oder nicht) durchaus uneinheitlich war.
 
A5. Die Münze des ‚sidus iulius‘ zeigt einen achtstrahligen Stern mit einem nur kurzem, buschigen Schweif.

Die Strahlen wird man kaum für eine "naturgetreue" Darstellung halten können. Man vergleiche das Foto des Kometen ISON mit der Abbildung des Kometen ISON auf einer Münze.

Auffällig ist aber der buschige Schweif auf der Münze.

Aus dem buschigen Schweif würde ich die Schlussfolgerung ziehen, dass hier tatsächlich an einen Kometen mit einem sichtbaren buschigen Schweif erinnert werden soll.


Die Äußerung Plutarch’s wird gerne übersehen! Er gibt bereits für den Todeszeitpunkt Caesar’s eine Kometensichtung an. Sie muss nach den Iden des März stattgefunden haben - also im März/April 44 BC
Wo schreibt Plutarch von einer Sichtung für den Todeszeitpunkt Caesars?

Den Kometen erwähnt er am Ende der Caesar-Biogroaphie, im Zusammenhang mit einer Reihe von Ereignissen, die nach Caesars Tod stattfanden:

In folgender Reihenfolge:

1. Selbstmord des Cassius (nach der Schlacht von Philippi, Oktober 42 n. Chr., zweieinhalb Jahre nach Caesars Ermordung!)

2. Der Komet, der sieben Nächte lang zu sehen war

3. Die Verdunklung der Sonne, die das ganze Jahr lang angehalten haben soll

4. Das Gespenst, das dem Brutus erschien (kurz vor der Schlacht von Philippi)


In China berichtet man im Jahr 44 BC nur von einem einzigen Kometen. Er erschien im Zeitraum Mai/Juni und war für etwa 60 Tage zu sehen.
Die 60 Tage finde ich in der Quelle nicht. Wo ist das mit den 60 Tagen her?

http://www.geschichtsforum.de/762246-post38.html
 
Die Aussagen von Ramsey/Licht sind nicht mehr wert als die Quellen, aus denen sie ihre Aussagen schöpfen.

Die einzige Quelle ist Augustus' Selbstpropaganda. Der kann man nun aufs Wort glauben, oder man bleibt misstrauisch.

Gerade finde ich die Servius-Zitate bei Ramsey/Licht. Servius war offensichtlich auch nicht naiv. Er schreibt klipp und klar, dass die "Überredung des Augustus" das Volk dazu gebracht habe, an den "Caesar-Stern" zu glauben: "... persuasione Augusti Caesaris esse populus credidit"

Von wegen "selbstständiger Meinungsumschwung"... ;)
 
Berichtigung
Im großen und ganzen wird meine Aufzählung also nicht bestritten, wenn folgende Ergänzungen übernommen werden:
A7. Plutarch: … Die Äußerung Plutarch’s wird gerne übersehen! Er gibt bereits für den Zeitpunkt sieben Tage nach Caesar’s Ermordung eine Kometensichtung an.
B1. In China berichtet man im Jahr 44 BC nur von einem einzigen Kometen. Er erschien im Zeitraum Mai/Juni. Eine Angabe zur Dauer der Erscheinung wird nicht gegeben.

Ich habe überlegt, wo ich bloß diese 60 Tage aufgelesen hatte? Habe dann versucht, die Wikipedia-Seite zu Caesar’s Kometen noch einmal aufzurufen, um nachzuschauen, aber … die war schon nicht mehr aufzurufen! Hat jemand von Euch da seine Finger drin?

Notabene, Servius schrieb mehr als dreihundert Jahre später!
FR
 
A7. Plutarch: … Die Äußerung Plutarch’s wird gerne übersehen! Er gibt bereits für den Zeitpunkt sieben Tage nach Caesar’s Ermordung eine Kometensichtung an.

Eben nicht sieben Tage nach Caesars Ermordung sondern nach Caesars Ermordung - wann genau wird nicht gesagt - über einen Zeitraum von sieben Nächten. Das ist ein eklatanter Unterschied!

Habe dann versucht, die Wikipedia-Seite zu Caesars Kometen noch einmal aufzurufen, um nachzuschauen, aber … die war schon nicht mehr aufzurufen! Hat jemand von Euch da seine Finger drin?

Laut Versionsgeschichte ist sie im Dezember - vor gut zwei Monaten also - letztmalig bearbeitet worden. Du kannst in der Versionsgeschichte jede Veränderung (und wenn es nur ein Satzzeichen ist) nachverfolgen.
(Aktuell | Vorherige) 16:38, 22. Dez. 2015
 
A7. Plutarch: … Die Äußerung Plutarch’s wird gerne übersehen! Er gibt bereits für den Zeitpunkt sieben Tage nach Caesar’s Ermordung eine Kometensichtung an.

Immer noch falsch.

Plutarch gibt keinen Zeitpunkt nach Caesars Ermordung an.

Der Komet war sieben Nächte lang zu sehen - ob das vier Monate oder vier Jahre nach Caesars Ermordung oder wann auch immer war, schreibt Plutarch nicht.

(Wie in mehreren Beiträgen El Quijotes inzwischen nachzulesen war...)


B1. In China berichtet man im Jahr 44 BC nur von einem einzigen Kometen.
Und um das noch zu ergänzen: Auch in Rom berichtet man im selben Jahr 44 BC nur von einem einzigen Kometen.

Keine einzige Quelle schreibt etwas von zwei Kometen.


Notabene, Servius schrieb mehr als dreihundert Jahre später!
Richtig. Das sind immerhin noch tausendsiebenhundert Jahre vor Ramsey & Licht. ;)

Allerdings haben auch Plutarch, Sueton, Seneca oder Plinius den Kometen nicht gesehen. Die schrieben auch schon alle mehr als hundert Jahre nach den Ereignissen.

Augustus war allerdings ein Augenzeuge. Und der beschreibt den Stern als Kometen, so wie man sich eben einen Kometen vorstellt, mit Schweif: sidus crinitum = "Haarstern".

Einen propagandistischen Grund für die Erfindung eines "Haarsterns" (der im allgemeinen als böses Vorzeichen galt) kann ich nicht erkennen.

Den Kometen zu einem glücklichen Zeichen umzudeuten, dafür gab es allerdings gute Gründe. Und damit die "öffentliche Meinung" die Umdeutung akzeptiert, muss Propaganda betrieben werden.

Und dieses Mittel hat Augustus offenbar beherrscht, nicht nur hinsichtlich des Kometen:

"Die Souveränität, die Augustus im Umgang mit den Zeichen an den Tag legte, zeigt sich darin, daß er problemlos das gleiche Vorzeichen je nach Kontext als günstig oder ungünstig erklären konnte. Galt das Hochwasser von 22 v. Chr. als unheilverkündend, so wurde die Tiberüberschwemmung vom Januar 27 v. Chr., in der Nacht, nachdem er den Namen Augustus angenommen hatte, zugunsten des Princeps gedeutet. Ohnehin finden nur wenige der zahlreichen Naturkatastrophen, die sich in augusteischer Zeit in Rom ereigneten, Niederschlag in den Vorzeichenlisten. Prodigien wurden durch günstige Omina für den Herrscher ersetzt, der nicht nur der Garant für das gute Verhältnis zu den Göttern war, sondern selbst als Gott angesehen werden konnte. Anstelle der komplexen Entsühnungsriten, an denen neben ihm selbst auch noch andere an exponierter Stelle teilnehmen konnten, verwendete Augustus andere Medien wie Inschriften, Architektur, Plastik und Münzprägung, um die Bevölkerung des Römischen Reiches von seiner Politik zu überzeugen und an seine Person zu binden. Insgesamt wurde Augustus zwar als abergläubisch dargestellt, doch bei genauer Betrachtung erweist sich, daß die Macht der Zeichen, vor allem als Mittel der Kommunikation von Meinungen, eine wichtige Rolle innerhalb des weitgefächerten Instrumentariums zur Legitimierung und Festigung der Herrschaft spielte."
(Veit Rosenberger, Gezähmte Götter - Das Prodigienwesen der römischen Republik, Stuttgart 1998, S. 238/239)
 
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