Der Grassodenwall von Kalkriese

Guten Morgen,

@ Riothamus

ich kenne auch nur Angaben um die 2000 Münzen. Das kann leicht variieren, jedoch gleich 1000 Münzen mehr? Das wäre extrem.

Grüße
 
Dazu drehst Du aber Moosbauer das Wort im Munde um. Die Abschnitte unterschieden sich mangels Koordination, was eine schnelle Errichtung und genügend Arbeiter für alle Abschnitte nahelegt, was dann beides in den militärischen Zusammenhang weist.
Ich war kurz nach Beginn der Ausgrabung vor Ort und hatte mir damals das flachgedrückte Band im Schnitt erklären lassen, was vom Wallkörper noch übriggeblieben war. Wenn dieser Wall von genügend Arbeitern unkoordiniert errichtet worden sein soll, wobei man die Aufschüttung fest- und sich sicherlich auch auf die Füße trat, so müssen auch eine größere Zahl von Sandalennägeln im Erdreich dieses deutlich abgrenzbaren Wallkörpers eingetreten und dort verblieben sein. Gibt es diesbezügliche Funde? Wenn nicht, waren es wohl doch ausschließlich die Germanen. Gab es solche Funde, könnte man nur noch zwischen Römern und sandalenbewehrten Germanen unterscheiden.
 
Ich war kurz nach Beginn der Ausgrabung vor Ort und hatte mir damals das flachgedrückte Band im Schnitt erklären lassen, was vom Wallkörper noch übriggeblieben war. Wenn dieser Wall von genügend Arbeitern unkoordiniert errichtet worden sein soll, wobei man die Aufschüttung fest- und sich sicherlich auch auf die Füße trat, so müssen auch eine größere Zahl von Sandalennägeln im Erdreich dieses deutlich abgrenzbaren Wallkörpers eingetreten und dort verblieben sein. Gibt es diesbezügliche Funde? Wenn nicht, waren es wohl doch ausschließlich die Germanen. Gab es solche Funde, könnte man nur noch zwischen Römern und sandalenbewehrten Germanen unterscheiden.

Es wurden schon Nägel gefunden, aber ob das in dem von dir angesprochenen Sinne hinreichend ist?

Varusforschung in Kalkriese: Die Örtlichkeit der Varusschlacht (UNIVERSITÄT OSNABRÜCK)

In dem verlinkten Artikel wird außerdem erwähnt, daß ein Teil des Walls mit
einer Trockenmauer aus Kalksteinen versehen war. Ist es vorstellbar, daß die Römer in ihrer Lage noch Mauern errichtet haben?

Es wäre auch mal zu klären, wo denn diese Kalksteine, die ja auch in den Knochengruben auftauchen, überhaupt herkamen. Vom "Kalk"rieser Berg?

Wie schon hier von anderen vermutet, könnte es so gewesen sein, daß der Wall in seinen Grundzügen schon etwas länger dort stand. Die nach Norden abknickenden Enden hingegen scheinen mir römischen Ursprungs zu sein.
Sie sind doch auch für einen germanischen Hinterhalt nutzlos, ja sogar kontraproduktiv?

Es sieht wirklich so aus, als ob die Römer hier unter Ausnutzung der bereits vorhandenen Gegebenheiten ein Notlager bezogen hätten. Also kein Defileegefecht, sondern eine Lagerschlacht, wie von Tacitus und im
weiteren Sinne sogar von Florus, aber auch von Paterculus - seine
Erwähnung der Lagerpräfekten - beschrieben.

Seit Jahrhunderten sucht man das von Tacitus beschriebene Lager mit niedrigem Wall und flachem Graben, in dem sich die bereits zusammengeschmolzenen Reste der 3 Legionen ein letztes Mal verschanzt hatten.

Nun, man könnte sagen: Hier ist doch genau das, was man sucht.

Sogar die Größe paßt einigermaßen: Die Länge des Lagers 400 m, die Breite (bis an den Sumpf heranreichend) 200 m, also 80000 qm, das reicht doch für verbliebene 4000 bis 5000 Mann.
 
Es wurden schon Nägel gefunden, aber ob das in dem von dir angesprochenen Sinne hinreichend ist?

Varusforschung in Kalkriese: Die Örtlichkeit der Varusschlacht (UNIVERSITÄT OSNABRÜCK)

In dem verlinkten Artikel wird außerdem erwähnt, daß ein Teil des Walls mit
einer Trockenmauer aus Kalksteinen versehen war. Ist es vorstellbar, daß die Römer in ihrer Lage noch Mauern errichtet haben?

Es wäre auch mal zu klären, wo denn diese Kalksteine, die ja auch in den Knochengruben auftauchen, überhaupt herkamen. Vom "Kalk"rieser Berg?

Wie schon hier von anderen vermutet, könnte es so gewesen sein, daß der Wall in seinen Grundzügen schon etwas länger dort stand. Die nach Norden abknickenden Enden hingegen scheinen mir römischen Ursprungs zu sein.
Sie sind doch auch für einen germanischen Hinterhalt nutzlos, ja sogar kontraproduktiv?

Es sieht wirklich so aus, als ob die Römer hier unter Ausnutzung der bereits vorhandenen Gegebenheiten ein Notlager bezogen hätten. Also kein Defileegefecht, sondern eine Lagerschlacht, wie von Tacitus und im
weiteren Sinne sogar von Florus, aber auch von Paterculus - seine
Erwähnung der Lagerpräfekten - beschrieben.

Seit Jahrhunderten sucht man das von Tacitus beschriebene Lager mit niedrigem Wall und flachem Graben, in dem sich die bereits zusammengeschmolzenen Reste der 3 Legionen ein letztes Mal verschanzt hatten.

Nun, man könnte sagen: Hier ist doch genau das, was man sucht.

Sogar die Größe paßt einigermaßen: Die Länge des Lagers 400 m, die Breite (bis an den Sumpf heranreichend) 200 m, also 80000 qm, das reicht doch für verbliebene 4000 bis 5000 Mann.
Es geht ausschließlich um Nägel in der Wallsubstanz, zwischen dem Erdreich oder den Grassoden. Nägel rundherum sind uninteressant.
Aber was deine Lagertheorie betrifft: da hätte man ja zuerst einmal die Straße verbarrikadieren müssen! Eine Schutz- oder Angriffsfunktion gab es aber nur im Bereich zwischen Wall und Wald.
Zu der Trockenmauer aus Kalksteinen hatte ich bereits bemerkt, dass die in einer Kampfsituation nicht zu errichten war.
 
Zuletzt bearbeitet:
"Meine Lagertheorie", das hört sich schon gut an.

Aber leider, Wolfgang Schlüter (der Archäologe), war schneller!

Er meint übrigens, die Römer hätten die Straße beidseits durch "Verhaue"
gesperrt.

Es war ja vielleicht auch noch ein Teil des Trosses da, den man verwenden konnte.

Diese Sperren können durchaus spurlos verschwunden sein.
 
....

Diese Sperren können durchaus spurlos verschwunden sein.

Mit abgeschlagenem Brombeergestrüpp lässt sich eine famose Sperre bauen. Klingt albern im militärischen Kontext, aber da hängt man einfach fest, vor allem wenn noch ein paar Pfosten zwischen sind.
Wenn man also nix findet heißt das nicht dass nix da war.
 
Mit abgeschlagenem Brombeergestrüpp lässt sich eine famose Sperre bauen. Klingt albern im militärischen Kontext, aber da hängt man einfach fest, vor allem wenn noch ein paar Pfosten zwischen sind.
Wenn man also nix findet heißt das nicht dass nix da war.
Zumindest die Pfostenlöcher wären noch auffindbar. Außerdem müssten sich im Bereich dieser angedachten Verhaue die Funde konzentrieren. Dazu müsste man natürlich dort graben. Außerdem müsste das anliegende Moor dann ebenfalls fundreich sein.
 
Es wäre auch mal zu klären, wo denn diese Kalksteine, die ja auch in den Knochengruben auftauchen, überhaupt herkamen. Vom "Kalk"rieser Berg?
Genau daher. Am Kalkrieser Berg wurde in den letzten Jahrhunderten Kalk abgebaut und gebrannt.

Die nach Norden abknickenden Enden hingegen scheinen mir römischen Ursprungs zu sein.
Eigentlich wirkt nur das Ostende, wie von einem Römerlager stammend. Das hat aber den nicht zu vernachlässigenden Schönheitsfehler des Annäherungsgrabens an der falschen, nämlich der Innenseite. Wenn es ein Römerlager wäre, dann müsste sich der Graben an der Außenseite befinden, den Gefallen tut der Graben Schlüter aber nicht.

Also kein Defileegefecht, sondern eine Lagerschlacht, wie von Tacitus und im
weiteren Sinne sogar von Florus, aber auch von Paterculus - seine
Erwähnung der Lagerpräfekten - beschrieben.
'Tschuldigung, aber lies doch bitte noch mal die Quellen. Florus schreibt als einziger von einer Schlacht im Lager. Velleius schreibt gar nichts von einem Lager. Der praefectus castrorum war ein Amt in der römischen Legion. Dieses Amt besagt nichts über den Ort, wo sich der Lagerpräfekt gerade befand. Der Hinweis, dass Numonius Vala die Legionen des Schutzes der Reiterei beraubte, indem er sich mit dieser davonzumachen versuchte, zeigt, dass man sich eben nicht im Lager befand, sondern auf dem Marsch. Auf dem Marsch war es die Aufgabe der Reiterei, die Flanken zu sichern.

Tacitus schreibt von mehreren Lagern, mindestens zweien: Das erste (prima) Lager (castra) des Varus (Vari) (Prima Vari castra), zeigte in seiner Anlage die Handanlegung dreier Legionen: lato ambitu et dimensis principiis trium legionum manus ostentabant. Dann - dein - also zu einem späteren Zeitpunkt kam man zu einem anderen Lager, welches anhand seines niedrigen Wall- und Grabensystems den Erschöpfungsgrad der geschröpften Legionen zeigte, also das Gegenteil des ersten Lagers, welches in Anlage und Ausmaß drei Legionen genügte:dein semiruto vallo, humili fossa accisae iam reliquiae consedisse intellegebantur:

Nun, man könnte sagen: Hier ist doch genau das, was man sucht.

Sogar die Größe paßt einigermaßen: Die Länge des Lagers 400 m, die Breite (bis an den Sumpf heranreichend) 200 m, also 80000 qm, das reicht doch für verbliebene 4000 bis 5000 Mann.
Ein Lager besteht normalerweise aus vier Wällen mit Gräben, wobei die Gräben außerhalb des Lagers liegen. Hier haben wir nur einen Wall, wobei die flachen Drainagegräben am Hang, die für einen Menschen weder in Breite (ca. 0,5 - 1 m) noch Tiefe (5 - mx. 50 cm) ein Hindernis waren an der mutmaßlichen Außenseite, die V-Gräben an der Innenseite - was keinen Sinn ergibt. Zudem fehlen drei von vier Seiten (3 von 4!), was Schlüter dahingehend zu immunisieren versucht, dass eben an den Seiten keine Wälle sondern nur Verhaue existiert hätten.

Zumindest die Pfostenlöcher wären noch auffindbar.
Immer vorausgesetzt, es wurde immer nur neues Erdreich aufgetragen und es fand keine Erosion statt. Kalkriese hat aber Hanglage.
 
Eigentlich wirkt nur das Ostende, wie von einem Römerlager stammend. Das hat aber den nicht zu vernachlässigenden Schönheitsfehler des Annäherungsgrabens an der falschen, nämlich der Innenseite. Wenn es ein Römerlager wäre, dann müsste sich der Graben an der Außenseite befinden, den Gefallen tut der Graben Schlüter aber nicht.
[...]
Ein Lager besteht normalerweise aus vier Wällen mit Gräben, wobei die Gräben außerhalb des Lagers liegen. Hier haben wir nur einen Wall, wobei die flachen Drainagegräben am Hang, die für einen Menschen weder in Breite (ca. 0,5 - 1 m) noch Tiefe (5 - mx. 50 cm) ein Hindernis waren an der mutmaßlichen Außenseite, die V-Gräben an der Innenseite - was keinen Sinn ergibt.

Auf der anderen Seite, fällt mir gerade ein, war da ja noch der Bach. Dessen Existenz würde natürlich ggf. erklären, warum der V-Graben nicht an der Außenseite des Walls lag; ich muss mir noch mal bei Gelegenheit die Befundzeichnungen anschauen, wie groß die Entfernung zum Bach denn eigentlich ist. Wobei dann noch immer das im Vorfeld des Walls abgestochene Rasensodenmaterial zu erklären ist und warum nur eine Lagerseite existiert.
 
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'Tschuldigung, aber lies doch bitte noch mal die Quellen. Florus schreibt als einziger von einer Schlacht im Lager. Velleius schreibt gar nichts von einem Lager. Der praefectus castrorum war ein Amt in der römischen Legion. Dieses Amt besagt nichts über den Ort, wo sich der Lagerpräfekt gerade befand. Der Hinweis, dass Numonius Vala die Legionen des Schutzes der Reiterei beraubte, indem er sich mit dieser davonzumachen versuchte, zeigt, dass man sich eben nicht im Lager befand, sondern auf dem Marsch. Auf dem Marsch war es die Aufgabe der Reiterei, die Flanken zu sichern.

Tacitus schreibt von mehreren Lagern, mindestens zweien: Das erste (prima) Lager (castra) des Varus (Vari) (Prima Vari castra), zeigte in seiner Anlage die Handanlegung dreier Legionen: lato ambitu et dimensis principiis trium legionum manus ostentabant. Dann - dein - also zu einem späteren Zeitpunkt kam man zu einem anderen Lager, welches anhand seines niedrigen Wall- und Grabensystems den Erschöpfungsgrad der geschröpften Legionen zeigte, also das Gegenteil des ersten Lagers, welches in Anlage und Ausmaß drei Legionen genügte:dein semiruto vallo, humili fossa accisae iam reliquiae consedisse intellegebantur:


Ein Lager besteht normalerweise aus vier Wällen mit Gräben, wobei die Gräben außerhalb des Lagers liegen. Hier haben wir nur einen Wall, wobei die flachen Drainagegräben am Hang, die für einen Menschen weder in Breite (ca. 0,5 - 1 m) noch Tiefe (5 - mx. 50 cm) ein Hindernis waren an der mutmaßlichen Außenseite, die V-Gräben an der Innenseite - was keinen Sinn ergibt. Zudem fehlen drei von vier Seiten (3 von 4!), was Schlüter dahingehend zu immunisieren versucht, dass eben an den Seiten keine Wälle sondern nur Verhaue existiert hätten.

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Ja, ein erneutes Quellenstudium kann nie schaden. Wobei ich leider auf die deutschen Übersetzungen angewiesen bin.

Du hattest ja schon einige Seiten vorher eine Zusammenfassung der verschiedenen Quellen gebracht, das versuche ich in etwas anderer Form jetzt auch mal.

Cassius Dio: 4-tägige Schlacht, damit haben wir drei in ihrer Größe abnehmende Übernachtungslager.

Das hypothetische Kalkrieser Notlager müßte dann als viertes Lager betrachtet werden, welches aber vielleicht schon am Vormittag des vierten Tages "bezogen" wurde, weil es einfach nicht mehr weiterging. Zu einer Übernachtung kam es hier nicht mehr.

Tacitus: Er spricht von einer Stätte des Grauens und dann von einem ersten Lager., was impliziert, daß es weitere Lager gegeben haben muß.
Die "Stätte" bedeutet damit etwas abweichend vom üblichen Sprachgebrauch nichts Punktuelles, sondern etwas in die Länge gezogenes. Er springt dann sofort von dem ersten Lager zu dem letzten,
aber: Ganz genau genommen beschreibt er dieses gar nicht als Lager, sondern nur als halbeingestürzten Wall mit flachem Graben, an dem sich die Reste gelagert hatten. Insofern kein Widerspruch zu Schlüter!

Velleius Paterculus: Er schildert zuerst den Selbstmord des Varus, dann das heldenhafte Verhalten des Lagerpräfekten Eggius, dann die Übergabe durch den Lagerpräfekten Ceionius. Wie sollen sich denn die
Übergabeverhandlungen gestaltet haben ohne eine definierte Trennlinie zwischen Römern und Germanen? Auf freiem Feld oder an einem Punkt einer kilometerlangen Kolonne? Wie soll die Verbrennung und Bestattung des Varus sich abgespielt haben? Das kann doch nur innerhalb einer Verschanzung stattgefunden haben. Ja, Verschanzung ist vielleicht ein besseres Wort als Lager für diese letzte Zuflucht der Römer.

Was Vala betrifft, so schildert Velleius nur seine Flucht. Wann und unter welchen genauen Umständen und aus welcher Situation heraus diese geschah, ist unbekannt.

Alles in allem: Kein Widerspruch zu Schlüter.

Florus: Er widerspricht sich selbst. Zunächst die Lagerschlacht bei einem Gerichtstag. Dann die Flucht des einen Adlerträgers in den Sumpf. Wer baut ein Lager, in dem er gemütliche Gerichtstage abhalten will, neben einem insektenverseuchten Sumpf? Florus hat wohl den Gerichtstag des Varus im Sommerlager, währenddessen die Verschwörung beinahe aufgedeckt wurde, und die Schlacht um die lagerähnliche Verschanzung (bei Kalkriese ???) unter Auslassung der Marschschlacht zusammengereimt.

Also auch hier kein Widerspruch zu Schlüter.

Schlüters Verdienst besteht darin, daß er den Wall etwas weiter nördlich verortet. Dadurch werden die angeblichen germanischen Angriffsdurchlässe zu dem Wall vorgelagerten Sickergruben, während die germanische Brustwehr mit Laufgang im Süden nun zu einer römischen Brustwehr mit Laufgang im Norden wird (festgemacht an der neuen relativen Position der Pfostenlöcher).

Damit ist das Defileegefecht hinfällig und wir haben eine römische Verschanzung vorliegen.

Womit er sich vielleicht etwas zu weit aus dem Fenster lehnt, ist die Aussage, die Römer hätten den gesamten Wall gebaut (falls er sie denn so getätigt hat bzw. immer noch daran festhält.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Das hypothetische Kalkrieser Notlager müßte dann als viertes Lager betrachtet werden, welches aber vielleicht schon am Vormittag des vierten Tages "bezogen" wurde, weil es einfach nicht mehr weiterging. Zu einer Übernachtung kam es hier nicht mehr.
Wie kommst du auf eine Tageszeit?

Tacitus: Er spricht von einer Stätte des Grauens und dann von einem ersten Lager., was impliziert, daß es weitere Lager gegeben haben muß.
Nicht nur das, er beschreibt sogar kontrastiv, wenn auch in sehr dürren Worten, zwei Lager.

Die "Stätte" bedeutet damit etwas abweichend vom üblichen Sprachgebrauch nichts Punktuelles, sondern etwas in die Länge gezogenes.
Hier liegt das Problem, wenn man sich Übersetzungen verlässt. Im Text steht maestos locos, also ein Plural, während die von dir benutzte ÜS einen Singular wiedergibt.

Velleius Paterculus: Er schildert zuerst den Selbstmord des Varus, dann das heldenhafte Verhalten des Lagerpräfekten Eggius, dann die Übergabe durch den Lagerpräfekten Ceionius. Wie sollen sich denn die
Übergabeverhandlungen gestaltet haben ohne eine definierte Trennlinie zwischen Römern und Germanen? Auf freiem Feld oder an einem Punkt einer kilometerlangen Kolonne? Wie soll die Verbrennung und Bestattung des Varus sich abgespielt haben? Das kann doch nur innerhalb einer Verschanzung stattgefunden haben.
Zunächst einmal ist deine Behauptung in Frage zu stellen, dass das alles nur in einem Lager passiert sein könne. Warum?
Dann solltest du dich auch hier vielleicht nicht an der von dir benutzten Übersetzung allzu starr festhalten. Das Originalwort lautet deditio - 'Unterwerfung', 'Kapitulation' und auch 'Übergabe'. Das zugrundeliegende Verb lautet dedere.

Was Vala betrifft, so schildert Velleius nur seine Flucht. Wann und unter welchen genauen Umständen und aus welcher Situation heraus diese geschah, ist unbekannt.
Im Text steht ausdrücklich, dass er die Fußsoldaten (peditem) zurücklassend (reliquiens) diese der Reiterei (equite) beraubte (spoliatum). Im Lager kann keine Reiterei fliehen, im Lager stört Reiterei eher, weil sie als solche keinen Handlungsspielraum hat. Man ist auf dem Marsch.

Schlüters Verdienst besteht darin, daß er den Wall etwas weiter nördlich verortet. Dadurch werden die angeblichen germanischen Angriffsdurchlässe zu dem Wall vorgelagerten Sickergruben, während die germanische Brustwehr mit Laufgang im Süden nun zu einer römischen Brustwehr mit Laufgang im Norden wird (festgemacht an der neuen relativen Position der Pfostenlöcher).
Schlüters Verdienst ist, dass er vor 30 Jahren Tony Clunn nach Barenau schickte, die Schleuderbleie identifizierte und darum kämpfte, dass die Osnabrücker Landesarchäologie in Kalkriese systematisch forschen konnte. Sein Verdienst ist es auch, dass er mit seiner Lager-Hypothese die Diskussion um den Wall neu entfacht hat. An der Verortung des Wall rüttelt er nicht. Nur an seiner Interpretation. Und gegen die sprechen nun mal einige Fakten, wie die auf der falschen Seite liegenden V-Gräben, die abgestochenen Rasensoden auf der Innenseite, die fehlenden drei übrigen Wälle oder die geschwungene Linie des Walls.

Damit ist das Defileegefecht hinfällig und wir haben eine römische Verschanzung vorliegen.
Es ist schön, dass du etwas, was in der provinzialrömischen Archäologie des Osnabrücker Landes heiß umstritten ist, so genau festlegen kannst. Ich würde mir wünschen, dass du nicht nur die Dinge sähest, die du sehen willst (der Wall wirkt wie ein begonnenes aber nicht fertiggestelltes Römerlager) sondern auch die, die gegen die römische Herkunft des Walles sprechen, wie die, dass die Annäherungshindernisse nicht auf der Außenseite des mutmaßlichen Lagers lägen sondern unsinnigerweise auf seiner Innenseite. Du ignorierst quasi 2/3 der archäologischen Fakten. Eine sinnvolle Interpretation kann nur anhand aller Fakten ohne Ausblendung ihres größeren Teils geschehen.
 
Es ist schön, dass du etwas, was in der provinzialrömischen Archäologie des Osnabrücker Landes heiß umstritten ist, so genau festlegen kannst. Ich würde mir wünschen, dass du nicht nur die Dinge sähest, die du sehen willst (der Wall wirkt wie ein begonnenes aber nicht fertiggestelltes Römerlager) sondern auch die, die gegen die römische Herkunft des Walles sprechen, wie die, dass die Annäherungshindernisse nicht auf der Außenseite des mutmaßlichen Lagers lägen sondern unsinnigerweise auf seiner Innenseite. Du ignorierst quasi 2/3 der archäologischen Fakten. Eine sinnvolle Interpretation kann nur anhand aller Fakten ohne Ausblendung ihres größeren Teils geschehen.

Wie wahr!
Aber genau das ist das eigentliche Grundproblem in der Diskussion zur Verortung der Varusschlacht. Die archäologischen Fakten werden oft ignoriert oder ein einzelner Fund (man denke an das berühmte Mundblech der Schwertscheide) soll die gesamte Theorie infrage stellen.

Aber eigentlich drehen wir uns hier im Kreis - nicht schlimm, denn ein Karussell muß sich ja drehen.

Wie oft wurde hier schon über diesen Wall diskutiert?
Und was ist jetzt wirklich neu? Was hat sich an der Interpretation dieses Walles geändert? Die These von Schlüter? ELQ hat nochmal (fast schon gebetsmühlenartig) die Argumente dargelegt, die gegen einen römischen Wall sprechen. Diese Argumente sprechen für sich wie ich meine.

Aber abgesehen davon:
Der Kalkrieser Berg stellt die engste Stelle in der Niewedder Senke dar. Richtig zu betreten war die Stelle nur an den Rändern. Es ist eben der Flaschenhals! Ideal für einen Angriff auf die durchziehenden römischen Truppen! Die Germanen werden sich das gut überlegt haben. Man sollte sie nicht für dumm verkaufen. Sie haben diesen Wall sehr schlau und an der genau richtigen Stelle angelegt!
 
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Wie oft wurde hier schon über diesen Wall diskutiert?
Und was ist jetzt wirklich neu? Was hat sich an der Interpretation dieses Walles geändert? Die These von Schlüter? ELQ hat nochmal (fast schon gebetsmühlenartig) die Argumente dargelegt, die gegen einen römischen Wall sprechen. Diese Argumente sprechen für sich wie ich meine....

Ich habe gestern abend tatsächlich nochmal den Thread in weiten Teilen durchgeackert und bewundere vor allem ELQs Geduld seitdem um so mehr. Es ist wirklich bereits alles, ob Quelle oder Fundstück, aus allen Blickwinkeln teilweise mehrfach besprochen worden.
 
Ich habe gestern abend tatsächlich nochmal den Thread in weiten Teilen durchgeackert und bewundere vor allem ELQs Geduld seitdem um so mehr. Es ist wirklich bereits alles, ob Quelle oder Fundstück, aus allen Blickwinkeln teilweise mehrfach besprochen worden.
Die Frage nach römischen Sandalennägeln in der Wallsubstanz bleibt nach wie vor offen. Findet sich nicht ein einziges Exemplar, kann eine römische Urheberschaft ausgeschlossen werden.
 
Die Frage nach römischen Sandalennägeln in der Wallsubstanz bleibt nach wie vor offen. Findet sich nicht ein einziges Exemplar, kann eine römische Urheberschaft ausgeschlossen werden.

Nicht vorhandene Fundstücke habe ich bewusst nicht erwähnt ;)

Ist mir auch viel zu vage. So ein kleines Eisenteil ist ruckzuck weggerostet wenn die Bedingungen nach Rosten sind. Und dann spielt es keine Rolle ob einer oder tausend da waren, die sind dann halt nachher weg.
Ich find es einfach erheblich logischer anzunehmen dass der Wall von den Germanen angelegt wurde, aus Gründen die ELQ genannt hat (Hindernisse, Verlauf des Kampfs), mit nicht vorhandenen Gegenständen sollt man gar nicht erst anfangen zu argumentieren. Der Wall war ohnehin umkämpft, da könnt auch mal ein bis mehr Dutzend Legionäre drüber gerockert sein und Nägel verloren haben. Und dann steht man dumm da, wenn so doch noch was gefunden wird (ist die Wallsubstanz schon komplett gesiebt ?).
Vielleicht haben die das Ding sogar noch in ihrem Sinne etwas umgebaut als (falls) sie es mal ein paar Stunden unter Kontrolle hatten, wer weiß.
 
Hallo,

ich habe die Diskussion hier vor einigen Tagen entdeckt, weil ich mich bei einem Besuch des Geländes in Kalkriese über ein Detail im Zusammenhang mit dem Wall gewundert habe.
Ich habe versucht die Beiträge in diesem Thema zu durchforsten und habe schon einiges gefunden und (hoffentlich richtig) verstanden.

Eine Frage die sich mit vor Ort gestellt hat habe ich hier noch nicht gefunden oder möglichweise auf den fast 250 Seiten übersehen:

Ist die Wallanlage (von wem auch immer wann gebaut) geeignet um einen Hinterhalt für jemanden zu stellen, der aus Osten kommt? Beim Betreten des Areals ist mir zunächst sofort aufgefallen, dass man sich dem östlichen, abknickenden Wall von hinten nähert, sofern der mit Stahlplatten angedeutete Pfad dem Weg der Angegriffenen entspricht. Das wurde hier ja auch schon einmal thematisiert. Was mich dann endgültig hat stutzen lassen war der ebenfalls hier ausführlich besprochene Spitzgraben, der den Wall eben nach Westen hin abzusichern scheint.

Ich mag mir nicht anmaßen zu beurteilen wer den Wall gebaut hat und ob er Teil einer größeren Anlage oder Befestigung war etc.

Nur nachdem ich mir das alles einmal vor Ort angeschaut habe würde ich nur auf Basis dessen, was man dort sieht, sehr sicher sein, dass es – sofern sie einem Hinterhalt dienen sollte – diese Wallanlage jemanden als Mausefalle dient, wenn er aus Westen anmarschiert und ihn zwischen Moor und Wall mehr und mehr einkeilt, dann direkt vor den Wall mit vorgelagertem Spitzgraben führt und man ihn dort stellt und über den restlichen Wall in die Flanke fällt. Wie gesagt – immer unter der Annahme dass es alles einem Hinterhalt dient.
Verstehe ich es richtig, dass die Funde – auch in der Umgebung nur einen Schluss auf ein Ziehen der Angegriffenen von Ost nach West zulassen? Wenn ja, könnte das bedeuten, dass die Anlage ursprünglich eine Vorbereitung auf etwas anders (aus dem Westen kommendes) war.

Sollte die Überlegung, dass es sich um einen Hinterhalt für von Westen aus anmarschierende Gegner handelt hier schon diskutiert und ggf. verworfen worden sein habe ich es übersehen und bitte dafür um Entschuldigung wieder mit dem Wall zu nerven.

Viele Grüße
Wolfgang
 
Die Frage nach römischen Sandalennägeln in der Wallsubstanz bleibt nach wie vor offen. Findet sich nicht ein einziges Exemplar, kann eine römische Urheberschaft ausgeschlossen werden.

Im Varus-Kurier 10 ist ein Teilabschnitt dargestellt mit Fundverteilung. In der als 3 m breit angenommenen Standspur sehe ich keine Schuhnägel.

Wurde nicht überhaupt die Standspur so definiert, daß sie fundfrei ist? Fundfrei bedeutet für mich: auch keine Nägel.

Im Wallverflußbereich freilich sind Schuhnägel. Jetzt weiß man nicht, lagen sie unter dem Wallverfluß, dann standen die Römer vor dem Wall, oder lagen sie in dem Wallverfluß, dann standen Römer auch auf dem Wall.

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Hallo Wolfgang,

das Auseinanderfächern der Funde gen Westen hin in zwei Bereiche, einen nördlichen und einen südlichen, wird als Indiz für einen (versuchten) Ausbruch der Römer Richtung Westen betrachtet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Varus-Kurier 10 ist ein Teilabschnitt dargestellt mit Fundverteilung. In der als 3 m breit angenommenen Standspur sehe ich keine Schuhnägel.

Wurde nicht überhaupt die Standspur so definiert, daß sie fundfrei ist? Fundfrei bedeutet für mich: auch keine Nägel.

Im Wallverflußbereich freilich sind Schuhnägel. Jetzt weiß man nicht, lagen sie unter dem Wallverfluß, dann standen die Römer vor dem Wall, oder lagen sie in dem Wallverfluß, dann standen Römer auch auf dem Wall.--

Hallo Wolfgang,
das Auseinanderfächern der Funde gen Westen hin in zwei Bereiche, einen nördlichen und einen südlichen, wird als Indiz für einen (versuchten) Ausbruch der Römer Richtung Westen betrachtet.
Beim Fundort von relevanten Nägeln kommt es tatsächlich haargenau darauf an, dass er mitten in der aufgeschütteten Erdmasse liegt, d.h. weder vor noch auf dem Wall. Und zwar möglichst weit im Inneren der Masse, wo sie nur während der Bauarbeiten hingekommen sein können.
 
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