Die Lusitania - ein Hilfskreuzer?

... kommen leider keinen neuen Argumente. Meine Kritik an Deinen Beiträgen bleibt deshalb die alte: keine Strukturierung der völkerrechtlichen Probleme anhand der damaligen Rechtsquellen, ständiger Aspektwechsel, du gehst von der Richtigkeit einzelner Literaturauffassungen aus und versuchst anhand dieser das 1915 geltende Recht zu konstruieren anstatt dass Du von den Rechtsquellen ausgehend die Literaturauffassungen kritisch hinterfragen würdest, etc.

Wer sucht, der findet. Dabei habe ich mich sehr bemüht. Schade, dass es bei Dir erfolglos blieb. :grübel:
Literaturauswertung finde ich eigentlich recht passend, und bei Verwendung von Monographien zu den damaligen völkerrechtlichen Rechtsquellen (zB Entstehungsgeschichte der Prisenordnung) fühle ich mich doch wohler als bei Verwendung von Handwörterbüchern. Keineswegs gehe ich ungeprüft von der Richtigkeit einzelner Meinungen aus, die von mir zitierten angelsächsischen und deutschen Literaturstellen sind jedoch durchaus erdrückend im Umfang, so dass man schon auf den Gedanken der herrschenden Meinung kommen könnte. Dass ich dabei auch die Argumentation der Literaturstellen „prüfe“, davon kannst Du ausgehen. Im Übrigen ist das keine bloße Erbsenzählung, sondern ich gebe die Begründungsstrukturen an.

Zurück zum Thema:
1. Das Kriterium der Bewaffnung hat Ausstrahlungswirkung auf die Interpretation des Umwandlungsabkommens, nämlich hinsichtlich der fraglichen Ausschließlichkeit der Regelung, sowie zur Bedeutung des Registers.

2. Wechselnde Aspekte?
Die imho etwas unpassende Heranziehung des Fryatt-Falles (den ich wie gesagt als Justizskandal betrachte) ist erledigt?

3. Dann bliebe die Frage der Bewaffnung von Handelsschiffen in der „Länderstatistik“. Hier hatte ich nachgefragt, woher Deine Länderaufzählungen stammten. Denen kann ich nämlich nicht folgen.
Ich rekapituliere:
1. Es gab ein Land, welches aus der Bewaffnung von Handelsschiffen nicht die Behandlung als Kriegsschiff folgert (GB)
2. Es gab Länder, die Bewaffnung eingeschränkt akzeptieren (Status Handelsschiff), wenn sie „defensiv“ ist (USA etc., siehe oben)
3. Es gab Länder, die überhaupt keine Bewaffnung bei Handelsschiffen akzeptieren und bei Bewaffnung die Behandlung als Kriegsschiff freigeben (D, NL)
4. Es gab Länder, die keine Position bezogen.

Aber immerhin wird deutlich, dass Argentinien, Brasilien, Chile, Großbritannien, Kolumbien, Kuba, Ecuador, Norwegen, Paraguay, Peru, Spanien, Salvador und Venezuela der vom Umwandlungsabkommen abweichenden Auffassung, eine Bewaffnung führe zu einem Statuswechsel (1), widersprochen haben. Rechnet man noch die britischen Verbündeten Belgien, Frankreich, Japan, Luxemburg, Montenegro, Russland und Serbien (Stand: 1.5.1915) hinzu, widersprachen der deutschen Vertragsabweichung bis Mai 1915 die Hälfte der 40 Unterzeichnerstaaten!!!

Das gibt diese Aussage unrichtig wieder:
1. Der Beurteilung der USA über die Zulässigkeit ausschließlich defensiver Bewaffnung haben sich angeschlossen:
Argentinien, Brasilien, Chile, China, Columbien, Cuba, Ekquador, El Salvador, Honduras, Norwegen, Paraguay, Peru, Spanien, Uruguay, Venezuela.
(jeweils unter dem Vorbehalt, ob nach Sachverhalt eine defensive oder offensive Bewaffnung vorlag).

4. Meine Statistik hatte ich oben dargelegt. Denkwürdig fand ich nun Deinen Hinweis bei der oben dargestellten Differenzierung in den Positionen einzelner Länder.
Offensive Bewaffnung des Handelsschiffes führt nach dem Standpunkt dieser Länder zur Behandlung als Kriegsschiff (egal, wie der Pott nach dem Umwandlungsabkommen listenmäßig geführt oder tatsächlich ansonsten ausgestattet worden ist).
Beispiel Spanien:
Gleichstellung: Instruktionen an die Kriegsschiffskommandanten von in Hilfskreuzer umgewandelten ODER bewaffenten Handelschiffen vom 20.6.1898.
Spanisches Seekriegshandbuch vom 6.5.1941 formuliert schriftlich die Haltung des Landes, in Übereinstimmung mit dem seit 1916 vorgenommenen Anschluß an die Meinung der USA in dieser Frage:
Kapitel 10, Seeprisen, Artikel 87: Ausübung des Aufbringungsrechtes: „Als kriegführende Kriegsschiffe jeder Art werden angesehen: Kriegschiffe … und Schiffe, die in Kriegschiffe umgewandelt worden sind. Diese Eigenschaft wird von Privatschiffen nicht erfüllt, auch wenn sie Verteidigungswaffen führen“. Der Umwandlungsakt gilt also bei Angriffswaffen als vorgenommen.

Rechnet man noch die britischen Verbündeten Belgien, Frankreich, Japan, Luxemburg, Montenegro, Russland und Serbien (Stand: 1.5.1915) hinzu, widersprachen der deutschen Vertragsabweichung bis Mai 1915 die Hälfte der 40 Unterzeichnerstaaten!!!
Fangen wir mal an, dass zu zerlegen:
Zu Frankreich:
Französische Marine-Instruktion vom 8.3.1934, unter Berücksichtigung des VII. Haager Abkommens 1907: Kap. I, Art. 2, nach Aufzählung von Angriffsoptionen auf Handelsschiffe: „Sie werden ein Handelsschiff nicht lediglich aus dem Grunde angreifen, weil es defensiv bewaffnet ist.“ Hieraus folgt, dass die Behandlung als Kriegsschiff bei offensiver Bewaffnung zulässig ist.
Diese Position ist mW unverändert sei dem 20.10.1915, Instruktionen betreffend bewaffnete Handelsschiffe – NWC 1917, S. 153.

Zu Belgien:
hat dazu überhaupt keine Position bezogen, dass 1914 eingerichtete Prisengericht endete im Okt. 1914 und wurde erst 1919 wieder errichtet. Vorher: nur Abkommensbeitritt.

Zu Japan:
Japanische Prisenordnung vom 6.10.1914, Kapitel V, Artikel 15: Hinweis auf Geltung des Umwandlungsabkommens,
Keine Regelung zur Behandlung bewaffneter Handelsschiffe, die Frage ist ungeregelt (auch idF von 1942)´

Auch bei den übrigen Zuordnungen zu einer Partei finde ich nichts. Daher gehe ich von einer Mehrheit der Länder aus, die mindestens bei offensiver Bewaffnung über die von Dir angeführte „Abgeschlossenheit“ des Umwandlungsabkommens hinausgehen. Zur der Frage: konstitutive oder deklaratorische Wirkung der Kriegsschiffslistung (wie bei der Lusitania – die Rückstufung während des Krieges wird im Meinungstreit als unzulässig angesehen) werden wir ebenfalls nicht auf einen Nenner kommen, die Argumente waren bereits ausgetauscht.

5. Dass die Abgrenzung zwischen offensiver und defensiver Bewaffnung untauglich ist, dafür lässt sich beispielhaft eine Diskussion sehr gut anführen: USA.
Es gelang nie, taugliche Abgrenzungskriterien (zB das zitierte Kaliber 12,7cm) zu entwickeln, weil JEDE Waffe einsatzabhängig offensiv genutzt werden kann. Vom
Memorandum des State Department betreffend bewaffnete Handelsschiffe vom 25.3.1916 (kürzere Fassung 19.9.1914) – NWC 1916, S. 101 über
Instruktionen an die Marine der USA zur Seekriegsführung vom 8.4.1917/30.6.1917 zur
Diskussion und Memorandum von US-Völkerrechtlern an Roosevelt im Oktober 1939, bis zum
US-Seekriegshandbuch vom 25.9.1955 – NWC 1955, S. 359ff zieht sich das Ringen um die Abgrenzungskriterien offensiv-defensiv. Während dieser Zeit führte die offensive Bewaffnung STETS (und als mit Seekriegsrecht übereinstimmend angesehen) zur Behandlung als Kriegsschiff: warnungslose Versenkung. Die unsinnige, fruchtlose Diskussion erreichte schließlich folgenden Stand: Kapitel V, Aufbringung und Zerstörung, No. 503 lit. b) Zerstörung feindlicher bewaffneter Handelsschiffe VOR Aufbringung, idF warnungslose Versenkung und Behandlung als Kriegsschiff: „wenn sie bewaffnet sind und wenn Grund zur Annhame besteht, dass diese Bewaffnung zu Angriffen gegen einen Feind benutzt worden ist oder dass dieses beabsichtigt wird“. Es geht hier nicht mehr um den Qualität der Bewaffnung, sondern um ihre Nutzung bzw. Nutzungsabsicht.

Bei dieser Quellenlage finde ich die herrschende Auffassung dort, das zumindest „offensiv“ bewaffnete Handelsschiffe – egal ob in Liste und/oder umgewandelt oder nicht – stets Kriegsschiffe darstellen. Darum ging es mir.

Sollte dieses akzeptabel sein, wird die Abgeschlossenheit der Schiffsliste zur Illusion. Das wäre ein wichtiger Schritt in der rechtshistorischen Interpretation des Abkommens und im Nebeneinander mit dem Völkergewohnheitsrecht.
 
Mal ein kleiner Einwurf:

Wurde denn die "Listenführung" während des Krieges praktiziert, sprich: Wurde dem Gegner mitgeteilt, welche Zivilschiffe in Kriegsschiffe umgerüstet wurden?

Oder hat man das heimlich still und leise getan?

Denn die Auflistung derartiger Schiffe ist ja nur dann als Argument anzuführen, wenn diese eingehalten wurde!

Wurde diese "Listenführung" von umgewandelten Schiffen nicht eingehalten, so ist doch automatisch jedes zivile Feindschiff als potentielles Kriegsschiff anzusehen!

Gruß,

Andreas
 
Mal ein kleiner Einwurf:
:scheinheilig:


Beispiel GB: Es gab die warship-List der Admiralität mit Unterteilung nach Flotte und Reserveflotte für die Kriegsschiffe. Ohne das jetzt nachgeschlagen zu haben, wurde diese Liste auch während des Krieges mW fortgeführt. Die Lusitania war nach den meisten Quellen in der Reserveflotte der Royal Navy ab Oktober 1914 geführt. Die Listen wurden offiziell publiziert und in diversen Veröffentlichungen ausgewertet, z. B. in:

Brassey's Naval Annual 1914
Das gab es als Jahresausgaben/-bände.

(welches U-20 neben Janes Fighting Ships 1914 an Bord hatte). Im Brassey war die L. nach manchen Quellen als bewaffneter Hilskreuzer geführt. Das Buch liegt mir nicht vor, der Abdruck würde mich auch sehr interessieren.

Kennt jemand eine Fundstelle für die Kriegsschiffsliste der Marineleitung?
Aus manchen Prisenordnungen bzw. Regelungen für die Seekriegsführung einzelner Nationen kann man ebenfalls entnehmen, dass die jeweiligen Marineleitungen Kriegsschiffslisten geführt und publiziert haben. Damit wurden auch gegenüber den eigenen Streitkräften Kriegsschiffe von Handelsschiffen getrennt.

Ansonsten war die Kriegsschiffsliste vom Umwandlungsabkommen vorausgesetzt worden, da die Umwandlung mit Aufnahme dort zu vermerken war:
http://www.gesetze.ch/sr/0.515.123/0.515.123_000.htm
 
Der Weyer des Jahrgangs 1914 (wird im Okt/Nov. 1913 erschienen sein) enthält eine Liste der vom jeweiligen Land zur Umrüstung vorgesehenen Schiffe.
Die Lusitania ist mit aufgeführt!

Meines Wissens ist der Weyer von den U-Booten mitgeführt worden. Ich habe in meinem Leben noch durch kein U-Boot-Seerohr geschaut, aber die Verantwortung für die Freund - Feind-Erkennung anhand Seerohr und Schattenriss im Weyer möchte ich nicht übernehmen! Was bei Kriegsschiffen anhand von typischen Bauarten noch möglich erscheint, halte ich bei Handelsschiffen für schlicht unmöglich.

Ergo: Mit Beginn der Versenkung von Handelsschiffen mussten solche Verwechslungen passieren. Verwunderlich ist, dass nicht viel mehr geschehen ist.


Meine persönliche Einschätzung: Hätte das deutsche Kaiserreich den Krieg gewonnen, man nie wieder viel von U-Boot-Krieg und Lusitania geredet. Dagegen wäre die "Hungerblockade" als großes Verbrechen in die Menschheitsgeschichte eingegangen!
 
Meines Wissens ist der Weyer von den U-Booten mitgeführt worden. Ich habe in meinem Leben noch durch kein U-Boot-Seerohr geschaut, aber die Verantwortung für die Freund - Feind-Erkennung anhand Seerohr und Schattenriss im Weyer möchte ich nicht übernehmen! Was bei Kriegsschiffen anhand von typischen Bauarten noch möglich erscheint, halte ich bei Handelsschiffen für schlicht unmöglich.

Nun war gerade dieses Schiff bzw. das Schwesterschiff (davon gab es eine Handvoll auf der Atlantikroute mit der Schornsteinzahl) gut erkennbar.

Im übrigen war ein Offizier für die Erkennung dabei, die aber ausweislich KTB problemlos vor sich ging, der folgende Ablauf stammt aus dem in der Literatur zitierten und auch abgedruckten KTB von U-20:

Calling to the U-boat's pilot, Schwieger said,
"four funnels, schooner rig, upwards of 20,000 tons and making about 22 knots."
Lanz, the pilot, checked in his copies of Jane's fighting ships
and Brassey's naval annual. Lanz called back to Schwieger,
"either the Lusitania or the Mauretania, Herr Kapitan-Leutnant."
(Both were listed in Brassey's as being armed merchant cruisers).
"Both are listed as cruisers and used for trooping."

http://links.jstor.org/sici?sici=0022-2801(193609)8:3<320:GDRTT">2.0.CO;2-2

abgedruckt und erläutert bei: Diana Preston, Lusitania

Dann folgte der Angriff.
Die Wiedergabe "pilot" ist mE falsch, da ein Angehöriger der Handelsmarine mit an Bord war und die Identifizierung vornahm. Bereits an der Geschwindigkeitsangabe (22) sah man die sonstige Ungenauigkeit, da die L. die Knotenzahl wegen Stillegung einer von 4 Maschinen und Reduzierung der Kohle nicht mehr laufen konnte.
 
Mein Posting zur Identifizierung bezog sich nicht auf die Lusitania, bei den paar weltbekannten Schnelldampfern war das natürlich nicht das Problem.

Das Schwesterschiff Mauretania hielt ja noch 15 Jahre länger das "Blaue Band", die Identifizierung für einen Seemann damals bestimmt kein Problem.

Sowas wurde ja auch nur einmal versenkt. Als absoluter Unglücks-Zufall.

Aber der 30 Jahre alte Paketdampfer der Argentinischen Sowieso-Reederei der den Eigentümer schon fünfmal gewechselt hatte. Dürfte eher ein Problem gewesen sein.
 
Zu der Kriegsschiffsliste habe ich noch etwas gefunden:

British Foreign Office, Political Correspondence, Germany:

1. Reel 40/FO 371, für 1912
unter Nr. 28571: Presentation of copy of the British Navy List to the German Emperor.

2. Reel 44/FO 371, für 1913
unter Nr. 21771: Presentation of British Navy List to Adm. von Tirpitz.

3. Reel 48/FO 371, für 1914
unter Nr. 19634: Presentation of navy list to Adm. von Tirpitz.


Demnach wurden die Kriegsschiffs-Listen auf diplomatischem Wege offiziell ausgetauscht.
 
Antwort auf silesia # 301

Silesia schrieb:
Wer sucht, der findet. Dabei habe ich mich sehr bemüht. Schade, dass es bei Dir erfolglos blieb. :grübel:
Schade ist, dass auch Dein # 301 auf Deinem alten Missverständnis aufbaut, dass sich ein Handelsschiff durch Bewaffnung in ein Kriegsschiff verwandeln würde. Doch wie im Landkriegsrecht auch, wird aus einem Zivilisten der zur Waffe greift, zwar ein militärisches Ziel, aber eben kein Soldat, es sei denn, er verwandelt sich aufgrund den einschlägigen Umwandlungsvorschriften in einen Soldaten. Im Seekriegsrecht finden sich diese im Umwandlungsabkommen (1907). Dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck und der Entstehungsgeschichte dieses Abkommens zufolge, ist eine Bewaffnung für die Umwandlung eines Handelsschiffs in ein Kriegsschiff weder erforderlich noch ausreichend – vgl. # 291.

Der Streit zwischen Deutschland und England über die Zulässigkeit der Bewaffnung von Handelsschiffen konnte sich ohnehin nur auf der gemeinsamen Auffassung beider Staaten entwickeln, dass eine Bewaffnung zu keiner Umwandlung führt. Zudem betraf er nur die zu Verteidigungszwecke bewaffneten Handelsschiffe:
  • Das Deutsche Reich bestritt, dass Handelsschiffe überhaupt bewaffnet werden durften. Sein Argument, die Bewaffnung sei mit dem Charakter eines Handelsschiffs nicht vereinbar, setzte gerade die Vorstellung voraus, dass die Bewaffnung (gleich welcher Art) nicht zu einer Umwandlung führt.
  • GB hielt die Bewaffnung von Handelsschiffen zu Verteidigungszwecken für vereinbar mit dem Charakter eines Handelsschiffs. Wenn aber die Bewaffnung mit dem Charakter eines Handelsschiffs vereinbar ist, kann diese logischerweise auch keine Umwandlung in ein Kriegsschiff begründen.
  • Hinsichtlich der zu Angriffszwecken bewaffneten Handelsschiffe waren sich beide Staaten darin einig, dass diese Schiffe keine Kriegsschiffe sind und deshalb auch keine kriegsrechtlichen Handlungen wie z.B. prisenrechtliche Maßnahmen durchführen durften sowie dass diese ihren prisenrechtlichen Schutz als Handelsschiffe verwirkt hatten und somit warnungslos angegriffen werden durften.
Dein Fehlverständnis von diesem Streit zieht sich wie ein roter Faden durch Deine Beiträge. Nun versuchst Du sogar anhand der offensiv bewaffneten Handelsschiffe, deren Behandlung zwischen GB und D gar nicht strittig war, nachzuweisen, dass eine Umwandlung durch Bewaffnung doch möglich gewesen sein soll, obwohl kein Staat der Welt (welcher denn?) solche Schiffe für berechtigt hielt, die Rechte eines Kriegsschiffs auszuüben wie z.B. das Recht zur Durchführung prisenrechtlicher Maßnahmen.

Silesia schrieb:
Literaturauswertung finde ich eigentlich recht passend, und bei Verwendung von Monographien zu den damaligen völkerrechtlichen Rechtsquellen (zB Entstehungsgeschichte der Prisenordnung) fühle ich mich doch wohler als bei Verwendung von Handwörterbüchern.

Bei der von Dir verwendeten „Monographie“ zur „Entstehungsgeschichte der Prisenordnung“ handelt es sich in Wirklichkeit um Stauffenbergs Aufsatz in der Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht über „Das Prisenrecht der französischen Instruktionen vom 8. März 1934“ (ZAÖRV 1938, S. 23 - 47). Der Aufsatz hat 25 Seiten. Auf den letzten drei Seiten (S. 45 – 47) geht Stauffenberg auf das „bewaffnete Handelsschiff“ ein. Dabei widmete er einen Absatz mit 17 Zeilen (S. 45/46) der Schilderung der Rechtslage im Ersten WK. Das nennst Du also eine umfassende und abschließende wissenschaftliche Abhandlung (= Monographie)...

Ich kann Dich natürlich nicht zwingen, Zemanks kompakte Schilderung der Rechtsgeschichte des bewaffneten Handelsschiffs im monumentalen dreibändigen „Wörterbuch des Völkerrechts“ zur Kenntnis zu nehmen. Aber vielleicht solltest Du einmal darüber nachdenken, ob sich die von Dir vertretene These, dass das alte Gewohnheitsrecht der Bewaffnung von Handelschiffen zu Verteidigungszwecken bis zum Ausbruch des Ersten WKs untergegangen sei, noch aufrechterhalten lässt, wenn ein so international renommiertes und international besetztes Institut wie das Institut de Droit International in seinem 1913 (!) beschlossenen Entwurf eines „Manual des lois de la guerre maritime“ dieses Gewohnheitsrecht ausdrücklich bestätigt hat. Das sollte Dir eigentlich zu denken geben.;)
Silesia schrieb:
(1) Spanisches Seekriegshandbuch vom 6.5.1941 formuliert schriftlich die Haltung des Landes, in Übereinstimmung mit dem seit 1916 vorgenommenen Anschluss an die Meinung der USA in dieser Frage:
Kapitel 10, Seeprisen, Artikel 87: Ausübung des Aufbringungsrechtes: „Als kriegführende Kriegsschiffe jeder Art werden angesehen: Kriegschiffe … und Schiffe, die in Kriegschiffe umgewandelt worden sind. Diese Eigenschaft wird von Privatschiffen nicht erfüllt, auch wenn sie Verteidigungswaffen führen“. Der Umwandlungsakt gilt also bei Angriffswaffen als vorgenommen.
(2) Französische Marine-Instruktion vom 8.3.1934, unter Berücksichtigung des VII. Haager Abkommens 1907: Kap. I, Art. 2, nach Aufzählung von Angriffsoptionen auf Handelsschiffe: „Sie werden ein Handelsschiff nicht lediglich aus dem Grunde angreifen, weil es defensiv bewaffnet ist.“ Hieraus folgt, dass die Behandlung als Kriegsschiff bei offensiver Bewaffnung zulässig ist.
(3) Bei dieser Quellenlage finde ich die herrschende Auffassung dort, das zumindest „offensiv“ bewaffnete Handelsschiffe – egal ob in Liste und/oder umgewandelt oder nicht – stets Kriegsschiffe darstellen. Darum ging es mir.
Hervorhebungen durch Gandolf
In Deinem # 301 zitierst Du aus einigen nationalen Seekriegshandbüchern, bspw. (1) und (2), und ziehst dann aus diesen Zitaten Schlüsse („also“, „hieraus folt“), die zu bestätigen scheinen, dass eine offensive Bewaffnung zur Umwandlung in ein Kriegsschiff führte. Hier meine Kritik hierzu:
Bei (1) zitierst Du eine spanische Rechtsvorschrift aus dem Jahr 1941, aus der sich Deiner Interpretation zufolge ergeben soll, dass offensiv bewaffnete Handelsschiffe als umgewandelt gelten. Zugleich weist Du darauf hin, dass Spanien diese Auffassung erstmals 1916 eingenommen hat. Angenommen das alles wäre richtig, dann würde dies doch bedeuten, dass Spanien den von Dir geschlussfolgerten Standpunkt zum Zeitpunkt des Lusitania-Zwischenfalls (1915) gerade nicht vertrat.

Ferner ist Deine Interpretation bei (1) auch recht eigenwillig. Die Formulierung, „diese Eigenschaft wird von Privatschiffen nicht erfüllt“, kann auch dahingehend verstanden werden, dass Privatschiffe ganz allgemein nicht als Kriegsschiffe anzusehen sind. Der zweite Halbsatz, „auch wenn sie Verteidigungswaffen führen“, würde dann lediglich zum Ausdruck bringen, dass hieran selbst eine zulässige Bewaffnung nichts ändert. Für unzulässig bewaffnete Handelsschiffe würde bei diesem Verständnis das Gleiche erst recht gelten.

Das bei (2) genannte Zitat, Kriegsschiffe „werden ein Handelsschiff nicht lediglich aus dem Grunde angreifen, weil es defensiv bewaffnet ist“, lässt sich auch dahingehend verstehen, dass ein Angriff auf ein Handelsschiff mehr voraussetzt als nur eine defensive Bewaffnung, z.B. Widerstandsleistung, Fluchtversuch oder eben eine offensive Bewaffnung. Bei diesem Verständnis ergibt sich aus dem Regelwerk lediglich, dass offensiv bewaffnete Handelsschiffe ihren Schutz als Nichtkombattant verlieren und angegriffen werden durften, nicht aber Deine Folgerung, dass diese Schiffe aufgrund ihrer Bewaffnung den Charakter eines Kriegsschiffes hätten.

Fazit: Deine Schlussfolgerungen sind nicht nachvollziehbar bzw. sehr eigenwillig.
Silesia schrieb:
Keineswegs gehe ich ungeprüft von der Richtigkeit einzelner Meinungen aus, die von mir zitierten angelsächsischen und deutschen Literaturstellen sind jedoch durchaus erdrückend im Umfang, so dass man schon auf den Gedanken der herrschenden Meinung kommen könnte. Dass ich dabei auch die Argumentation der Literaturstellen „prüfe“, davon kannst Du ausgehen. Im Übrigen ist das keine bloße Erbsenzählung, sondern ich gebe die Begründungsstrukturen an.
Ich zeige Dir mal anhand obiger Zitate (1) bis (3), was ich an Deinem methodischen Vorgehen für grundlegend falsch halte:

Bei (1) ist der Ausgangspunkt Deiner Betrachtung keine Völkerrechtsquelle sondern ein spanisches Regelwerk. Diesem Regelwerk kann die Auffassung der spanischen Regierung zur Seekriegsführung entnommen werden. Du interpretierst einen bestimmten Satz dieses Regelwerks recht eigenwillig in die Dir angenehme Richtung (s.o.). Diese Vorgehensweise wiederholst Du dann mehrfach. Bei (2) z.B. anhand der französischen Marineinstruktionen. Bei (3) verdichtest Du dann die aus diesen eigenwillig interpretierten Auffassungen gewonnen Eindrücke zur angeblich „herrschenden Meinung“, derzufolge – man höre und staune – „zumindest“ eine offensive Bewaffnung zur Umwandlung in ein Kriegsschiff führte. Entgegen allen Beteuerungen hast Du Dich mit den Völkerrechtsquellen, insb. dem Umwandlungsabkommen, gar nicht beschäftigt oder die von Dir zitierten Auffassungen auf ihre Verträglichkeit mit den Völkerrechtsquellen überprüft. Im Gegenteil: mit Hilfe der von Dir eigenwillig interpretierten Auffassungen versuchst Du die Deiner Argumentation entgegenstehenden Völkerrechtsquellen auszuhebeln.

Methodisch richtig wäre die umgekehrte Vorgehensweise: zur Grundlage Deiner Betrachtungen müsstest Du die Völkerrechtsquellen wie das Umwandlungsabkommen machen und dann müsstest Du der Frage nachgehen, ob und ggf. wie diese zwischen 1907 und 1915 eine Änderung erfahren haben und die diesbezüglichen völkerrechtlichen Anforderungen nachweisen. Alles andere ist murks!

Übrigens was soll eigentlich „zumindest“ bedeuten?? Aus jedem Deiner Zitate ergab sich ganz ausdrücklich, dass die entsprechenden Staaten defensiv bewaffnete Handelsschiffe nicht als Kriegsschiffe ansahen: „Diese Eigenschaft wird von Privatschiffen nicht erfüllt, auch wenn sie Verteidigungswaffen führen“ (Spanien); „Sie werden ein Handelsschiff nicht lediglich aus dem Grunde angreifen, weil es defensiv bewaffnet ist“ (Frankreich). Ich habe den Eindruck, dass Du einen gewaltigen Popanz bei den offensiv bewaffneten Handelsschiffen aufführst, deren Behandlung zwischen GB und D gar nicht strittig war, um den Eindruck zu erwecken, dass defensiv bewaffnete Handelsschiffe möglicherweise doch als Kriegsschiffe anzusehen waren, obwohl dies nach übereinstimmender Auffassung von GB und D gar nicht der Fall war.
Silesia schrieb:
Das gibt diese Aussage unrichtig wieder:
Hier möchte ich den interessierten Leser bitten, den Beitrag # 291 selbst durchzulesen. Dann wird deutlich, dass an den Nachweis einer gewohnheitsrechtlichen Abänderung einer Völkerrechtsquelle sehr hohe Anforderungen gestellt werden, dass @silesia diesen Nachweis bislang nicht annähernd erbringen konnte und dass sich aufgrund seiner eigenen Recherchen ergibt, dass die überwiegende Mehrzahl der Vertragsstaaten des Umwandlungsabkommens der Charakterisierung von defensiv bewaffneten Handelsschiffen als Kriegsschiffe widersprach.

Wie ich aber in # 298 nachwies, ergibt sich aus der Prisenordnung des Deutschen Reichs, dass noch nicht einmal das Deutsche Reich defensiv bewaffnete Handelsschiffe als Kriegsschiffe qualifizierte. Es qualifizierte diese als Handelsschiffe und behandelte deren Besatzungen im Falle bewaffneter Widerstandsleistung lediglich aus Kulanzgründen, dh. Ohne sich hierzu verpflichtet zu sehen, als Kriegsgefangene. Vielleicht solltest Du, Silesia, nochmals Deine „Monographie“ zur „Entstehungsgeschichte der Prisenordnung“ lesen. Stauffenberg schrieb in dieser selbst, dass „Deutschland (...) insofern der Auffassung seiner Gegner allerdings bis zu einem gewissen Grade entgegengekommen (ist), dass es nicht die Konsequenz zog, die Besatzung feindlicher Handelsschiffe, die bewaffneten Widerstand geleistet hatten, zu bestrafen, sondern sie als Kriegsgefangene zu behandeln“ (Stauffenberg, Das Prisenrecht der französischen Instruktionen vom 8. März 1934, (ZAÖRV 1938, S. 46). Die Behandlung als Kriegsgefangene war ein Entgegenkommen der Deutschen Reichsregierung und nichts, wozu sich diese ihrer Rechtsauffassung nach verpflichtet fühlte.
 
Bei der von Dir verwendeten „Monographie“ zur „Entstehungsgeschichte der Prisenordnung“ handelt es sich in Wirklichkeit um Stauffenbergs Aufsatz in der Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

1. Das ist ein dickes Ding und eine glatte Unterstellung, nach der ich eigentlich abbrechen sollte (ich weiß auch nicht, was diese permanenten Seitenhiebe in einer Sachdiskussion sollen). Vielleicht handelt es sich aber hier tatsächlich um Mißverständnisse, jedenfalls ergeben sich aus den bereits vorhandenen Hinweisen bzw. aus den Beiträgen rd. ein Dutzend Schriften außerhalb von irgendwelchen Aufsätzen. Man kann natürlich diese alle negieren (vor oder nach dem Lesen).

2. btw eine persönliche Meinung: "monumentale" Regelungswerke zum Völkerrecht weisen in der speziellen Fragestellung keine Tiefe auf, ich habe bislang jedenfalls keine gesehen. Daher die Zitate aus diversen seekriegsrechtliche Schriften. Beweis des Gegenteiles: gerne.

3. Ich begreife, dass der Streit nach wie vor um die Reichweite/Abgeschlossenheit des Umwandlungsabkommens geht. Hier steht Meinung gegen Meinung, was Wirkung der Listung angeht. Hinweis am Rande noch zu Deiner 1:1-Aufzählung der juristischen Methodenlehre auf völkerrechtliche Verträge: dynamische Interpretation. Genau dieses Streitfeld haben wir hier im Kern in der 1915er Diskussion. Ich habe nun schon derart viele zitiert, dass ich von einer herrrschenden Meinung ausgehe, die dieses Problem der bewaffneten Handelsschiffe sieht.

4. Mir ging es stets um die Diskussion offensiv bewaffneter Handelsschiffe, die als Kriegsschiffe zu behandeln sind, wie schon aus meinen Zitaten aus Marinearchiv, Der U-Boot-Krieg Band 2, sowie zur US-amerikanischen Kontroverse um das Memorandum deutlich wurde: Verlust des Schutzes der Prisenordnung, 24-Stunden-Regel, warnungslose Versenkung. Sollte ich mich mißverständlich ausgedrückt haben, ist dieses nochmal klarstellend zum Ausdruck gebracht.

5. Um die Sinnhaftigkeit der Diskussion und den Hintergrund Deiner Abwertung meiner Länderstatistik beurteilen zu können, würde ich nochmals höflich und letztmals den Wunsch äußern, Du würdest Deine oben vorgenommene Zählweise darlegen und begründen, insbesondere die bislang behaupteten Gegenmeinungen, die zur Position von GB gezählt worden sind, und mit denen die Kontroverse um die Offensivbewaffnung bestritten bzw. die dieses kritisierenden Länder als Mindermeinung abgewertet worden sind. Oder waren das alles nur Vermutungen von Dir und Du hattest keine Länderpositionen vorliegen?

6. actio et reactio: Die Diskussion zu Spanien ist interessant. Ist Deine Wiedergabe ausschließlich aus meinem Zitat? Nebenbei wäre die Kodifizierung 1916 von der tatsächlichen Positionierung 1915 zu trennen.

Ich wollte genau dieses indirekt nochmal von Dir bestätigt haben, nämlich welche Problematik in den Zählweisen Deiner Statistik steckt. Wir können nun gerne die spanischen durch die russischen kodifizierten Regelungen zum Thema ersetzen (von 1914 und weiter zurück). Ich hatte mir dazu die Mühe gemacht, alle Regelungen einmal durchzugehen.

Hättest Du weitere Nationen, an deren Kodifikationen zum Seekriegsrecht die Positionierung 1915 festgemacht werden kann? Wie wäre aus bestimmten Gründen mit Rumänien?


EDIT:
Dann wird deutlich, dass an den Nachweis einer gewohnheitsrechtlichen Abänderung einer Völkerrechtsquelle sehr hohe Anforderungen gestellt werden, dass @silesia diesen Nachweis bislang nicht annähernd erbringen konnte und dass sich aufgrund seiner eigenen Recherchen ergibt, dass die überwiegende Mehrzahl der Vertragsstaaten des Umwandlungsabkommens der Charakterisierung von defensiv bewaffneten Handelsschiffen als Kriegsschiffe widersprach.

Das ist besonders krass, und in der Diskussionsführung unsachlich:
Es reicht die Umwandlung aufgrund des Kriteriums offensiv bewaffneter Schiffe, um die Ausschließlichkeit des Umwandlungsabkommens zu widerlegen. Darum ging es mir. Was diese konstruierte Diskussion um akzeptierte Defensivbewaffnung soll (abgesehen davon, dass die Unterscheidung von militärischer Seite schlicht Unfug ist - wie ausgeführt, und zwischenzeitlich aufgegeben worden ist), ist mir schleierhaft.

Deshalb nochmals zur Klarstellung:
1. Es gibt mE keine Mehrheitsmeinung für die Schädlichkeit der Defensivbewaffnung
2. Es gab eine Mehrheitsmeinung für die Schädlichkeit der Offensivbewaffnung, siehe oben: angeführt von den USA.

Zu 2. stehen Deine Belege der Widerlegung aus.
 
Zuletzt bearbeitet:
silesia schrieb:
1. Das ist ein dickes Ding und eine glatte Unterstellung, nach der ich eigentlich abbrechen sollte (ich weiß auch nicht, was diese permanenten Seitenhiebe in einer Sachdiskussion sollen). Vielleicht handelt es sich aber hier tatsächlich um Mißverständnisse, jedenfalls ergeben sich aus den bereits vorhandenen Hinweisen bzw. aus den Beiträgen rd. ein Dutzend Schriften außerhalb von irgendwelchen Aufsätzen. Man kann natürlich diese alle negieren (vor oder nach dem Lesen).
Nur nicht aufregen! Monographien sind dicke Dinger. Unter einer solchen versteht man nun einmal eine umfangreiche wissenschaftliche Abhandlung. Stauffenbergs Aufsatz zum „Prisenrecht der französischen Instruktionen vom 8. März 1934“ kann nun wirklich nicht als eine Monographie zur Entstehungsgeschichte des Prisenrechts bezeichnet werden. Das allein wollte ich kritisieren.
silesia schrieb:
2. btw eine persönliche Meinung: "monumentale" Regelungswerke zum Völkerrecht weisen in der speziellen Fragestellung keine Tiefe auf, ich habe bislang jedenfalls keine gesehen. Daher die Zitate aus diversen seekriegsrechtliche Schriften. Beweis des Gegenteiles: gerne.
Im Hinblick auf Deine spekulative These, dass das alte Gewohnheitsrecht der Bewaffnung von Handelsschiffen bis 1914 untergegangen sei, halte ich den im „Wörterbuch des Völkerrechts“ nachlesbaren Hinweis, dass das Institut de Droit International in seinem 1913 (!) beschlossenen Entwurf eines „Manual des lois de la guerre maritime“ dieses Gewohnheitsrecht ausdrücklich bestätigte doch für Widerlegung genug.
silesia schrieb:
3. Ich begreife, dass der Streit nach wie vor um die Reichweite/Abgeschlossenheit des Umwandlungsabkommens geht. Hier steht Meinung gegen Meinung, was Wirkung der Listung angeht. Hinweis am Rande noch zu Deiner 1:1-Aufzählung der juristischen Methodenlehre auf völkerrechtliche Verträge: dynamische Interpretation. Genau dieses Streitfeld haben wir hier im Kern in der 1915er Diskussion. Ich habe nun schon derart viele zitiert, dass ich von einer herrrschenden Meinung ausgehe, die dieses Problem der bewaffneten Handelsschiffe sieht.
Damals wurden Verträge primär nach dem historischen Willen der Vertragsstaaten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausgelegt, es sei denn, die Vertragsstaaten konnten sich im Laufe der Zeit auf eine andersartige Auslegung einigen. Aber eine solche Einigung müsste dann, von dem der sie behauptet (das bin nicht ich), erst einmal nachgewiesen werden und zwar dass es zu dieser bis zum Lusitania-Zwischenfall (7. Mai 1915) kam. Zudem sind an solche Einigungen bestimmte fachliche Voraussetzungen geknüpft. Völlig unbrauchbar halte ich den Hinweis auf Auffassungen, die in den 3oer oder 40er Jahren vertreten wurden.
silesia schrieb:
4. Mir ging es stets um die Diskussion offensiv bewaffneter Handelsschiffe, die als Kriegsschiffe zu behandeln sind, wie schon aus meinen Zitaten aus Marinearchiv, Der U-Boot-Krieg Band 2, sowie zur US-amerikanischen Kontroverse um das Memorandum deutlich wurde: Verlust des Schutzes der Prisenordnung, 24-Stunden-Regel, warnungslose Versenkung. Sollte ich mich mißverständlich ausgedrückt haben, ist dieses nochmal klarstellend zum Ausdruck gebracht.
Missverständlich fand ich Dein „zumindest“ schon. Das erweckte den Eindruck, den ich auch sonst aus Deinen Beiträgen gewonnen hatte, dass Du auch daran denkst, die defensiv bewaffnete Handelsschiffe als Kriegsschiffe zu qualifizieren. Das würde sowohl der deutschen als auch der britischen Auffassung widersprechen.
Über offensiv bewaffnete Handelsschiffe müssen wir uns nicht streiten. Diese durften sowohl nach deutscher als auch nach britischer Auffassung warnungslos angegriffen werden. Nun gibt es Autoren in der Völkerrechtsliteratur die infolgedessen schreiben diese Schiffe seien (passiv) „wie Kriegsschiffe zu behandeln“ gewesen. Damit wird aber nicht die Auffassung vertreten, dass es sich bei diesen Schiffen – rechtsdogmatisch betrachtet – tatsächlich um Kriegsschiffe handelte. Davon könnte nur dann die Rede sein, wenn diese auch berechtigt sein sollten, die Rechte von Kriegsschiffen, wie z.B. prisenrechtliche Maßnahmen, (aktiv) auszuüben. Diesen Standpunkt hat aber niemand vertreten (wer denn?). Fazit: bei offensiv bewaffneten Handelsschiffe handelte es sich um (freilich schutzlose) Handelsschiffe, aber eben um Handelsschiffe.
silesia schrieb:
5. Um die Sinnhaftigkeit der Diskussion und den Hintergrund Deiner Abwertung meiner Länderstatistik beurteilen zu können, würde ich nochmals höflich und letztmals den Wunsch äußern, Du würdest Deine oben vorgenommene Zählweise darlegen und begründen, insbesondere die bislang behaupteten Gegenmeinungen, die zur Position von GB gezählt worden sind, und mit denen die Kontroverse um die Offensivbewaffnung bestritten bzw. die dieses kritisierenden Länder als Mindermeinung abgewertet worden sind. Oder waren das alles nur Vermutungen von Dir und Du hattest keine Länderpositionen vorliegen?
Welche „Statistik“ meinst Du denn genau? # 291 enthält zwei:
a) 4 von 40 - hier trägst Du die Beweislast für die 4+X - oder
b) die Hälfte von 40 - hier knüpfe ich an Deinen eigenen Vortrag an und sehe in der Positionierung der Staaten, die eine Defensivbewaffnung von Handelsschiffen für zulässig hielten, einen Widerspruch gegen die These, dass Handelsschiffe durch Bewaffnung umgewandelt würden. Für diesen Vortrag trage ich zwar die Beweislast. Aber ich habe mich auf Deine Angaben (# 290) verlassen. Das wirst Du mir doch nun nicht vorwerfen, oder?
silesa schrieb:
6. actio et reactio: Die Diskussion zu Spanien ist interessant. Ist Deine Wiedergabe ausschließlich aus meinem Zitat? Nebenbei wäre die Kodifizierung 1916 von der tatsächlichen Positionierung 1915 zu trennen.
Meine Wiedergabe Deines Zitats stammt tatsächlich aus Deinem Beitrag # 301. Falls ich mich irren sollte, bitte ich um einen Hinweis.
Die Diskussion zu Spanien ist nicht wirklich interessant, weil Du die Rechtslage im Jahr 1915 mit Hilfe eines Regelwerks aus dem Jahr 1941 diskutieren willst. Ich halte das für nicht zielführend.
silesia schrieb:
Ich wollte genau dieses indirekt nochmal von Dir bestätigt haben, nämlich welche Problematik in den Zählweisen Deiner Statistik steckt. Wir können nun gerne die spanischen durch die russischen kodifizierten Regelungen zum Thema ersetzen (von 1914 und weiter zurück). Ich hatte mir dazu die Mühe gemacht, alle Regelungen einmal durchzugehen.
silesia schrieb:
Hättest Du weitere Nationen, an deren Kodifikationen zum Seekriegsrecht die Positionierung 1915 festgemacht werden kann? Wie wäre aus bestimmten Gründen mit Rumänien?
Lass uns doch über das Deutsche Reich diskutieren!

Vertrittst Du immer noch die Auffassung, dass das Deutsche Reich bewaffnete Handelsschiffe als Kriegsschiffe bewertete??? Entgegen den Regelungen der deutschen Prisenordnung und entgegen Stauffenbergs Bemerkung zur „entgegenkommenden“ Behandlung der Besatzungen dieser Schiffe als Kriegsgefangene???

silesia schrieb:
Das ist besonders krass, und in der Diskussionsführung unsachlich:
silesia schrieb:
Es reicht die Umwandlung aufgrund des Kriteriums offensiv bewaffneter Schiffe, um die Ausschließlichkeit des Umwandlungsabkommens zu widerlegen. Darum ging es mir. Was diese konstruierte Diskussion um akzeptierte Defensivbewaffnung soll (abgesehen davon, dass die Unterscheidung von militärischer Seite schlicht Unfug ist - wie ausgeführt, und zwischenzeitlich aufgegeben worden ist), ist mir schleierhaft.
Zwischenzeitlich mag diese Unterscheidung ja aufgegeben worden sein. Aber zur Beurteilung des Lusitania-Falls interessiert nun einmal die Rechtslage im Jahr 1915 und damals hat man sehr wohl unterschieden zwischen Defensiv- und Offensivbewaffnung.

Bei der angeblich ach so „konstruierte(n) Diskussion um akzeptierte Defensivbewaffnung“ geht es in Wirklichkeit doch um die Diskussion, die damals die Regierungen und Völkerrechtler bewegte. Über Offensivbewaffnung hat niemand gestritten. Offensiv bewaffnete Handelsschiffe durften völlig unstreitig warnungslos versenkt werden.

Ich kann nicht erkennen, dass es Dir gelungen wäre, die Ausschließlichkeit des Umwandlungsabkommens mittels des Aspektes der Offensivbewaffnung zu erschüttern. Hierzu müsstest Du erst einmal beweisen, dass 1915 die Mehrzahl der Unterzeichnerstaaten die Auffassung vertrat, dass offensiv bewaffnete Handelsschiffe die Rechte eines Kriegsschiffes (wie z.B. prisenrechtliche Maßnahmen) ausüben durften und keiner der anderen Unterzeichnerstaaten dieser Auffassung widersprach. Den einen Widerspruch, den man nachweisen muss, um diese Konstruktion zu Fall zu bringen, kann man ohne weiteres in der Nr. 1 des Befehls vom 22. Juni 1914 (Anlage zur Prisenordnung) sehen, wonach prisenrechtsrelevante Handlungen von bewaffneten Handelsschiffen (gleich wie diese bewaffnet waren!) als Seeraub bewertet wurden (vgl. # 298). Fazit: These widerlegt – das Umwandlungsabkommen war 1915 nicht abgeändert.

Allerdings kann ich gleich wohl erkennen, dass Du Dich aufgrund eines rein sprachlichen Problems in die These von der Umwandlung durch Offensivbewaffnung verrannt hast. Es gibt Autoren, die davon schreiben, dass offensiv bewaffnete Handelsschiffe ihren Schutzstatus verloren hätten und „wie Kriegsschiffe“ zu behandeln wären, etc. Doch das heißt eben nicht, dass es sich tatsächlich um Kriegsschiffe handelte. Ich kann auch ein Mädchen wie einen Jungen behandeln, ohne dass es sich deshalb um einen Jungen handeln würde.

Silesia schrieb:
Deshalb nochmals zur Klarstellung:
1. Es gibt mE keine Mehrheitsmeinung für die Schädlichkeit der Defensivbewaffnung
2. Es gab eine Mehrheitsmeinung für die Schädlichkeit der Offensivbewaffnung, siehe oben: angeführt von den USA.

Zu 2. stehen Deine Belege der Widerlegung aus.
Der Schädlichkeit der Offensivbewaffnung stimme ich ausdrücklich zu. Ich habe sie auch nie bestritten (wo denn?).

ABER ich bestreite, dass sich offensiv bewaffnete Handelsschiffe aufgrund ihrer Bewaffnung in Kriegsschiffe umgewandelt hätten. Diese Umwandlungs-These wurde bislang von Dir vertreten und kann schon mit Hilfe des Umwandlungsabkommens und der deutschen Prisenordnung (s.o.) widerlegt werden.
 
ABER ich bestreite, dass sich offensiv bewaffnete Handelsschiffe aufgrund ihrer Bewaffnung in Kriegsschiffe umgewandelt hätten. Diese Umwandlungs-These wurde bislang von Dir vertreten und kann schon mit Hilfe des Umwandlungsabkommens und der deutschen Prisenordnung (s.o.) widerlegt werden.

Na denn, auf der Basis kann es sachlich weitergehen. Bei der bisher interessanten Diskussion hätte mich auch gewundert, wenn wir keine Basis finden könnten.

Umwandlungsabkommen, Kriegsschiffsliste inkl. umgewandelter Hilfskreuzer, (zugegeben) angelsächsische (aber das Seekriegsrecht beherrschende) Tradition der Unterscheidung zwischen public/governmental vessel und private vessels sowie die von Dir zitierte Seekriegsrechtsliteratur kennen keinen Zwitter zwischen Kriegsschiff (ungeschützt) und Handelsschiff (geschützt). Der Zwitter ist auch militärisch undenkbar: es gibt nur die entscheidung zwischen warnungslosem Angriff oder nicht. Das ist das Grundproblem. Gleiches gilt im Gesamtrahmen für das neu auftretende "Waffenmaterial" Flugzeug, hier stellen sich die gleichen Probleme.

Wichtig ist nun mE die Unterscheidung zwischen Besatzung/Passagiere und dem Schiffs/bzw. Flugzeugmaterial. Die Regelungen dafür können nicht gleichgesetzt oder übertragen werden. Wir sind nun an einem 1914 - wie man an der deutschen Prisenordnung sieht - völlig unaufgearbeitetem Problem, die Unklarheit läßt sich an der Prisenordnung ablesen: was liegt beim offensiv/defensiv bewaffneten Handelsschiff vor? Nun hier die einfache Übertragung des Kombattantenstatus für Menschen (=Kriegsschiffstatus für das Material) vorzunehmen, greift mE zu kurz.

Manche Autoren ziehen weitere Vergleiche, etwa zu Bodeneinrichtungen, in denen Nichtkombattanten arbeiten bzw. sich darin aufhalten. Dem kann man folgen oder nicht.

Die völkerrechtlichen Verträge zum Seekriegsrecht bei Handelsschiffen zielen jedenfalls auf den Schutz derselben (und ihrer Insassen), allerdings aus einer vermögensbezogenen Sicht. Eine weitergehende Differenzierung zwischen warnungslos zu versenkenden Kriegsschiffen und geschützten Handelsschiffen auf partiell geschützte Einheiten gab es nicht, das wäre also Rechtsfortbildung durch die tatsächliche Praxis. Daraus wird zB die frz. Position verständlich, jedenfalls defensiv bewaffnete private vessels (Handelsschiffe) nicht anzugreifen und warnungslos zu versenken. Hier hätte nun eigentlich das Umwandlungsabkommen Klarheit schaffen sollen, mit zwei wichtigen Einschränkungen: es waren bereits in praktischer Übung "Handelsschiffe", die nicht die formalen Voraussetzungen für die Umwandlung in Kriegsschiffe erfüllten, tatsächlich in die Kriegsschiffslisten aufgenommen worden, sind also deklariert worden. Ferner spielt hier die Rechtsposition zahlreicher Staaten - wie oben vorgetragen - eine Rolle, nach der nach Kriegsausbruch keine rückumwandlung möglich wäre. Das ist unsinnig, wenn es allein auf die formalen Kriterien angekommen wäre.

Aus allem gibt es dann zwei Möglichkeiten der Interpretation: man sieht das Abkommen in der Weise, dass durch diese Handlungen der Staaten eine Fortentwicklung (oder auch ein Bruch der seinerzeitigen Vorgaben bei Abschluß) erfolgt ist, oder man sieht das entsprechend der us-Interpretation: new weapons, new rules, als Fortentwicklung an. Dazu haben wir die unterschiedlichen Positionen vorgestellt, wobei mir die deklaratorische Wirkung der Schiffslisten möglich erscheint, in Abwandlung zu heute würde man sagen: substance or form statt substance over form.

Praktisch folgt aber das weitere Problem, ob die tatsächliche (nicht an den formalen Kriterien ausgerichtete, jedoch wirksame und das Schutzprinzip aushebelnde Deklaration) akzeptiert wird oder nicht: die deutsche Prisenordnung laviert sich hier mitten durch das Problem hindurch: Angriff ja (das geht nur bei Kriegsschiffen oder bei Widerstand - der wird nur wegen "bloßer" Bewaffnung allerdings nicht vorausgesetzt, und besteht als Kriterium nebenbei weiter), aber andererseits kulanzweise Behandlung der Besatzung als Kriegsgefangene (analog der Kriegsschiffe).

Alle mir bekannten Autoren ziehen aus diesen Überlegungen den Schluss, das über die tatsächliche Einordnung der bewaffneten Handelsschiffe ein nicht geklärter Streit zum Kriegsvölkerrecht bestand (Ausnahme in GB: auch offensiv bewaffnete Handelschiffe bleiben im "Vollstatus" Handelsschiff, private vessel in der britischen Abkommens-Interpretation). Der Rest der Welt, soweit er sich tatsächlich dazu geäußert hat, sieht das als zweifelhaft an, ausgehend schon von den Überlegungen der USA ab Oktober 1914 (zur Anwendung der 24-Stunden-Regel auf bewaffnete Handelsschiffe in US-Häfen), denen sich alle Staaten mit einer Meinung zu dem Problem angeschlossen haben (Ausnahme wieder: GB, andere Ausnahme, allerdings negativ: NL). Dieses ist der Hintergrund dafür, dass auf den Atlantiklinien nur britische Handelsschiffe ohne oder ggf. mit getarnter Bewaffnung oder mit nur "vorbereiteter" Bewaffnung) fuhren.

Zum Schluß: meine Kritik an der defensiv-offensiv-Abgrenzung ist nicht heutiger Art, sondern kommt in den Problemabwägungen des US-Memorandums zum Ausdruck. Das ist gesehen worden, weswegen es die Klimmzüge zur Armierung geben mußte. Zur richtigen Würdigung des Problems: die Armierungsgrenze und die Waffenzahl überstieg die zahlreicher Kreuzer zu der Zeit, die mit Kaliber kleiner 15cm bewaffnet waren.

Da ich die Staaten mit der Position genannt habe, wonach offensive Bewaffnung den Schutz der Handelsschiffeigenschaft aufhebt (bewaffnetes Handelsschiff im Status des Hilfskreuzers): nennst Du mir nun bitte die Staaten, die das bestreiten, und die unverändert vom Verbot des warnungslosen Angriffs (= Handelsschiff) ausgingen, bzw. die Zwittereigenschaft akzeptierten (mit welchen Rechtsfolgen)?

Schließlich, auch wenn die o.a. Unterscheidung tragen sollte:
Wenn wir mal den Text der Prisenordnung kritisch hinterfragen: welche deutschen Todesurteile betrafen Besatzungen zweifelsfrei bewaffneter Handelsschiffe? (=ein Indiz, dass die Kulanzregelung kasuistisch eine solche geblieben wäre und nicht als feste Rechtsposition behandelt wurde)
 
Kann es nicht sein, dass Ihr diese Völkerrechtsdiskussion etwas zu "germanozentrisch" angeht?

Ein paar Fakten die hier bisher überhaupt nicht berücksichtigt wurden:

Meiner Meinnung nach ist z B. ein "offensiv" bewaffnetes Handelsschiff entweder ein Kriegsschiff oder ein Pirat, eine andere Definition ist schlicht unmöglich.

Zur Defensiv-Bewaffnung, eigentlich Unsinn, hat Silesia recht, aber die Piraterie muss eben auch berücksichtigt werden. Kein Witz! der Ehemann einer Schulfreundin fiel vor ein paar Jahren als Handelsschiffkapitän in Südostasien Piraten zum Opfer!

Wobei wieder berücksichtigt gehört, dass die 1914 bei allen kriegführenden in Menge vorhandenen "leichten Kreuzer" sehr schwach bewaffnet waren, da sie eigentlich nur "Polizei-Funktion" in den Kolonien hatten. Damit einem bewaffneten Handelsschiff schnell artilleristisch unterlegen waren.

Es gab 2-3 Versuche die Besatzungen der dt. Hilfskreuzer als Piraten zu belangen.
Auch gibt es die Geschichte Luckners, der (als geflohener Kriegsgefangener) die Kaperung eines Handelsschiffs unterließ, da es ihnen nicht gelang rechtzeitig die dt. Uniformen anzuziehen.

Die Besatzungen der britischen Hilfskreuzer des 1. WK waren an den Erfolgen in Form von Prisengeldern beteiligt. Wie sieht denn da die Rechtslage aus? Ein Kombattant kann doch unmöglich private Interessen an der Kriegsführung haben, ohne den Kombattanten-Status zu verlieren.
 
Ein Kombattant kann doch unmöglich private Interessen an der Kriegsführung haben, ohne den Kombattanten-Status zu verlieren.
Oh doch.
Gerade Prisengelder war in der britischen Marine (wohlgemerkt der offiziellen staatlichen Navy) über lange Zeit Praxis (ich weiß gar nicht, ob das heute überhaupt abgeschafft ist) und für Offiziere und Mannschaften eine sehr lukrative Einnahmequelle.
Für den völkerrechtlichen Kombattanten-Status ist es jedenfalls völlig irrelevant, ob ein Staat seinen Kämpfern "Erfolgsprämien" zahlt.
 
Kann es nicht sein, dass Ihr diese Völkerrechtsdiskussion etwas zu "germanozentrisch" angeht?

Ein paar Fakten die hier bisher überhaupt nicht berücksichtigt wurden:

Meiner Meinnung nach ...
Ich verstehe, Du willst die Diskussion nun etwas mehr repo-zentristisch führen - weit weg von den Quellen des Völkerrechts und der Völkerrechtsliteratur. Das ist keine gute Idee!

Überhaupt verstehe ich nicht wie Du auf die Idee kommst, dass wir die Diskussion zu germanozentrisch führen würden. Bislang wurden in der Diskussion neben der deutschen Auffassungen auch die Protokolle der 2. Haager Konferenz, britische, amerikanische, niederländische, französische, spanische Auffassungen, etc. herangezogen. Intenationaler geht es kaum. - Hast Du die bisherige Diskussion überhaupt gelesen???

______________
@silesia:
Ich schlage vor, dass wir die Diskussion über bewaffnete Handelsschife nun wirklich in einem neuen Strang weiterführen, den wir in den nächsten Tagen hierzu eröffnen. Ich würde das gerne tun, aber ich brauche noch etwas Zeit, um hierfür eine rechtsgeschichtliche Einleitung (die ich bei diesem Thema für ganz sinnvoll halte) zu schreiben.

Die Lusitana war nicht bewaffnet, jedenfalls konnte das Gegenteil bislang nicht bewiesen werden, so dass hinsichtlich des Lusitania-Zwischenfalls die Problematik des bewaffneten Handelsschiffs eigentlich nicht von Bedeutung ist.

Bei der Lusitania stehen eher die Probleme Kriegsschiffliste und Kriegsrepressalien im Vordergrund. Und die Beiträge vom 29.6.07 (# 302 ff.) zeigen, dass es in diesem Strang auch das Interesse gibt, über diese relevanten Fragen zu diskutieren.
 
Ich verstehe, Du willst die Diskussion nun etwas mehr repo-zentristisch führen - weit weg von den Quellen des Völkerrechts und der Völkerrechtsliteratur. Das ist keine gute Idee!

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Nee, ich wollte in dieser fast eskalierenden Diskussion die Gandolfschen Züge etwas glätten.

Aber seis drum.
Deine haarsträubenden Argumentationen haben ja schon einen gewissen Unterhaltungseffekt.
 
Nee, ich wollte in dieser fast eskalierenden Diskussion die Gandolfschen Züge etwas glätten.

Aber seis drum.
Deine haarsträubenden Argumentationen haben ja schon einen gewissen Unterhaltungseffekt.
Vielen Dank für diesen Beitrag zur Deeskalation und zur sachlichen Diskussion!:rolleyes:
 
Zuletzt bearbeitet:
Oh doch.
Gerade Prisengelder war in der britischen Marine (wohlgemerkt der offiziellen staatlichen Navy) über lange Zeit Praxis (ich weiß gar nicht, ob das heute überhaupt abgeschafft ist) und für Offiziere und Mannschaften eine sehr lukrative Einnahmequelle.
Für den völkerrechtlichen Kombattanten-Status ist es jedenfalls völlig irrelevant, ob ein Staat seinen Kämpfern "Erfolgsprämien" zahlt.

Richtig, R.A.: Diese Prisenregelungen haben mehrere Staaten gekannt, ein Ergebnis ist die Prisenrechtsprechung, die meterdick die Streitfälle klärt.

(EDIT: bspw. regelt solches §§ 160 ff der bereits angesprochenen japanischen Prisenordnung von 1914/1942 - dem Kapitän des Kriegsschiffes standen Teile der Ladung frei verkäuflich zu bzw. ihr Gegenwert, wenn dieser abgeschätzt werden konnte: eine Prämie für den Kriegsschiffskommandanten und seine Besatzung)

Bei den internationalen Aspekten war mir die US-Handhabung wichtig, weil sehr gut dokumentiert und transparent in der Zweifelsfrage der (offensiv) bewaffneten Handelsschiffe.

Wie schon nebenbei im Fryatt-Fall angesprochen, gab es wohl keine deutsche Behandlung der Besatzungen, die Widerstand geleistet haben (was der betroffene U-Boot-Kommandant bei Fryatt bestreitet), oder der bewaffneten Handelsschiffe, die als Piraten hingerichtet worden sind. Insoweit ist auf die deutsche Prisenordnung hingewiesen worden, die eine Behandlung als Kriegsgefangene (=Kombattanten) vorsah und die ohne mir bekannte Ausnahme praktiziert worden ist.


@Gandolf: gibt es denn nun noch weitere Aspekte oder ist das Thema erschöpfend ausgetauscht? Dann würde sich kaum noch ein neuer Strang lohnen.

Allerdings wäre die Idee sehr gut, vielleicht grundsätzlich eine Themengruppe zur Rechtshistrischen Entwicklung zu haben. Es kommen immer wieder Themen und Fragen zu den völkerrechtlichen Bestimmungen, Verträgen etc. auf. Selbst Erbrecht im Mittelalter hatten wir hier schon.
 
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Wie schon nebenbei im Fryatt-Fall angesprochen, gab es wohl keine deutsche Behandlung der Besatzungen, die Widerstand geleistet haben (was der betroffene U-Boot-Kommandant bei Fryatt bestreitet), oder der bewaffneten Handelsschiffe, die als Piraten hingerichtet worden sind. Insoweit ist auf die deutsche Prisenordnung hingewiesen worden, die eine Behandlung als Kriegsgefangene (=Kombattanten) vorsah und die ohne mir bekannte Ausnahme praktiziert worden ist.
Wobei anzumerken wäre, das Fryatt für seinen Rammversuch im britischen Unterhaus belobigt wurde und eine goldene Taschenuhr erhielt. Keine Widerstandsleistung?
@Gandolf: gibt es denn nun noch weitere Aspekte oder ist das Thema erschöpfend ausgetauscht? Dann würde sich kaum noch ein neuer Strang lohnen.

Allerdings wäre die Idee sehr gut, vielleicht grundsätzlich eine Themengruppe zur Rechtshistrischen Entwicklung zu haben. Es kommen immer wieder Themen und Fragen zu den völkerrechtlichen Bestimmungen, Verträgen etc. auf. Selbst Erbrecht im Mittelalter hatten wir hier schon.
Wir machen das so. Ich gehe in einem neuen Strang auf Deine obigen Thesen ein und Du überlegst Dir, ob Du etwas über das Erbrecht im MA schreiben möchtest.
 
Wobei anzumerken wäre, das Fryatt für seinen Rammversuch im britischen Unterhaus belobigt wurde und eine goldene Taschenuhr erhielt. Keine Widerstandsleistung?

Jaja, die Medaille. :D In erstere Linie ist das ein Politikum, welches später Fryatt das Leben gekostet hat. Insofern ist die Diskussion makaber.
Soweit ich weiß, ist das Prahlen über einen Mord kein Beweis der Täterschaft. Der betroffene Augenzeuge hat dagegen einen Angriff auf ihn nicht bestätigen wollen.

Wir machen das so. Ich gehe in einem neuen Strang auf Deine obigen Thesen ein und Du überlegst Dir, ob Du etwas über das Erbrecht im MA schreiben möchtest.
:pfeif: Das hättest Du wohl gerne.
Mich würde mehr das Steuerrecht römischer Unternehmer interessieren. Davon und vom mittelalterlichen Erbrecht habe ich keine Ahnung, und Aktuelles fällt leider wohl unter "politische Diskussion".
 
Macht doch ein Thread "historische Rechtsberatung" auf.
Oder im Premium Rechtsberatung allgemein.
Aber wehe, ihr verlangt Gebühren.
:pfeif:
 
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