Elsaß-Lothringen

Zur Frage, ob die Annexion sinnvoll ist, gibt es doch irgendwo eine Rede von Bismarck. Aus dem Gedächtnis heraus meine ich, dass er gesagt hat, dass die Errichtung eines Pufferstaats nicht sinnvoll wäre, da die dortige Bevölkerung im Zweifel Frankreich zugeneigt sei.

Bismarck war sinngemäß der Auffassung, das Frankreich, ob mit oder ohne Annexion, die Niederlage ohnehin nicht verzeihen würde und dann könne man auch gleich annektieren. Man muss auch natürlich den großen öffentlich Druck in Rechnung stellen.
 
Zur Frage, ob die Annexion sinnvoll ist, gibt es doch irgendwo eine Rede von Bismarck.

Wie Bismarck dazu stand, ist mir durchaus klar.

Er wollte zum einen mindestens das Elsass als militärisches Vorfeld, weil er relativ fest auf den nächsten Krieg rechnete, das geht aus seinen Briefwechseln hervor.

Und mir ist auch seine Einlassung bekannt, mit der er die Annexion rechtfertigte, in der er sinngemäß ausführte, dass man Frankreich immer wieder entgegengekommen sei und ihm immer wieder Milde vorteilhafte Bedingungen geboten haben um dauerhaft Frieden zu machen, was aber den französischen Expansionswünschen und neuem Krieg nie entgegengestanden habe.
Dann folgte noch eine Liternei darüber wie oft Frankreich seit dem 30-Jährigen Krieg die deutschen Lande angegriffen habe etc.

Ich halte diese Bismarck'sche Einlassung zwar für übertrieben, was das Ausholen angeht, würde aber meinen, dass da, was das 19. Jahrhundert angeht schon ein wahrer Kern drann ist.

Frankreich war 1814 und 1815 zwei mal besiegt, bekam 2 mal einen relativ milden Frieden und fand sich dennoch nicht damit ab.
1840 wurde wegen der Rheingrenze mit dem Säbel gerasselt, 1866-1670 auf Luxemburg (immerhin bis dato ein deutscher Bundesstaat) und Zugewinne im Rheinland spekuliert, 1870 wurde sich dann dazu verstiegen, dass man nun auch österreichische Niederlagen rächen müsse und im Falle eines Sieges im Krieg gegen Preußen hätte man sich sicherlich auch im Rheinland bedient.

Von dem her würde ich meinen, die Vorstellung, dass Frankreich nicht so ohne weiteres durch einen milden Frieden zu pazifizieren gewesen wäre, lässt sich schon begründen.
Zumal gerade das Schlagwort "Rache für Sadowa" ja klar macht, dass es der öffentliche Meinung mehr um die Stärkung Preußens als um tatsächliche französische Verluste oder Demütigungen ging, die nicht wenigen als veritabler Kriegsgrund galt.
Wenn aber bereits die Stärkung Preußens 1867 in Frankreich als so inaktzptabel betrachtet wurde, dass ein Teil der öffentlichen Meinung dahin ging, dass man deswegen Krieg gegen Preußen führen müsste um die Verhältnisse zurück zu drehen, lässt sich natürlich auch vermuten, dass die Reichseinheit selbst in Frankreich als inakzeptabel hätte empfunden werden können.
Und wenn das der Fall gewsen wäre, wäre der Revanchekrieg zu erwarten gewesen, selbst wenn man auf jegliche Annexion verzichtet hätte.

In den französischsprachigen Gebieten von Elsaß-Lothringen wurde keine sprachliche Assimilierungspolitik durchgeführt.

Es wurde keine sprachliche Assimilationspolitik mit Brachialgewalt durchgeführt, dass ist richtig, dafür wurden allerdings nach der Annexion Franzosen, die nicht bereit waren ihre Staatsbürgerschaft aufzugeben und Deutsche zu werden nach Frankreich ausgewisen, wenn ich das richtig im Kopf habe.
 
enn aber bereits die Stärkung Preußens 1867 in Frankreich als so inaktzptabel betrachtet wurde, dass ein Teil der öffentlichen Meinung dahin ging, dass man deswegen Krieg gegen Preußen führen müsste um die Verhältnisse zurück zu drehen, lässt sich natürlich auch vermuten, dass die Reichseinheit selbst in Frankreich als inakzeptabel hätte empfunden werden können.

Ab 1867 war es nur noch eine Frage der "richtigen" Gelegenheit, das es zum Krieg zwischen Deutschland und Frankreich kommt.
 
Es war auch Frankreich klar, das die Vereinigung mit den Süden kommen würde; es galt natürlich diese so lange als irgend möglich zu verzögern.

Naja, war es klar, dass es diese Vereinigung geben würde?
Ich meine, du kennst ja ein wenig meine Positionen und ich bin eigentlich der Auffassung, dass ein Anschluss der Süddeutschen Statten an den Norddeutschen Bund nicht unbedingt zwingend war und dass sich, wenn Österreich Zeit gehabt hätte seine Position zu konsoliderien möglicherweise auch die Perspektive eines süddeutschen Gegenbundes unter österreichischer Führung hätte eröffnen können.

Dazu hätte Wien wahrscheinlich seine protektionistische Zollpolitik aufgeben müssen, aber wenn es das getan hätte, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass die süddeutschen Katholiken sich bei Österreich wohler gefühlt hätten, als als Minderheit und Anhängsel des evangelischen Nordens.

In Frankreich machte man eben den Kardinalfehler ausgerechnet in einem Augenblick in dem Österreich geschlagen und als Schutzmacht ausgeschaltet war, aggressiv aufzuteten (Luxemburg) und die Süddeutschen Staaten dadurch dazu zu zwingen sich an die eizig handlungsfähige Schutzmacht Preußen zu hängen.

Von dem her würde ich sagen, Frankreich hat mit der Luxemburgkriese viel getan um eine deutsche Reichseinheit herbei zu führen, die sonst viel viel später, möglicherweise aber auch nie zustande gekommen wäre.

Unter Jules Ferry gab es kurzzeitig verhältnismäßig gute Beziehungen

Ja, allerdings auch nur weil Bismarck den franzsösischen Kolonialprojekten nicht im Weg stand, was aber insofern eine einmalige Sache war, als dass die Welt danach im Wesentlichen verteilt war.
Beim Erwerb welcher Kolonien hätten sich Bismarcks Nachfolger den Franzosen gegenüber konziliant zeigen können um deren Wohlwollen zu erkaufen und wie oft hätte sich das widerholen lassen?

Österreich suchte, eben wegen seiner Balkaninteressen, nachdem man aus Deutschland und Italien ja verabschiedet worden war, Unterstützung und Deckung gegen Russland.

Eben, aber auf welchem Spielfeld hätte Frankreich dauerhaft deutsche Unterstützung benötigt?

Bezüglich einer Gegnerschaft Italiens 1871 habe ich Zweifel. Immerhin verhandelt man ja am Vorabend des deutsch-französischen Krieges mit Frankreich und Österreich über ein Militärbündnis gegen Preußen. Italien hatte den Krieg dann genutzt, um in Rom die Verhältnisse im eigenen Sinne umzugestalten

Und das zeigt wie wenig Italien daran tatsächlich interessiert war.
Natürlich mussten Verhandlungen zwischen Paris und Wien auf Florenz Druck ausüben, weil sich da zwei Mächte zusammentaten, die beide an Italien grenzten und beide nicht das beste Verhältnis zu Italien hatten.
Dadurch bestand natürlich auch die Gefahr, dass sich ein potentielles anti-preußisches Bündnis auch in ein anti-italienisches wandeln konnte, wenn Preußen erstmal besiegt war.
Also war es für Florenz sinnvoll sich dem anzuschließen, wenn es kein Gegenbündnis zustande bringen konnte, um letzterem vorzubauen.
Ein tatsächliches Interesse Italiens Preußen zu schaden, sehe ich da nicht.

Und wenn Wien einen dezidierten Revanchkrieg gegen Berlin vom Zaun gebrochen hätt um 1867 zu rächen, hätten auch in Florenz/Rom die Alarmglocken gehen müssen.
 
Ich kann mich nicht genau erinnern: Hatte nicht Moltke geäußert, dass entweder noch mehr Gebiete annektiert werden müssten, um Frankreich genug zu schwächen, oder sich Deutschland mit dem Elsaß oder weniger zufrieden geben müsste, um Frieden zu ermöglichen?
 
Es wurde keine sprachliche Assimilationspolitik mit Brachialgewalt durchgeführt, dass ist richtig, dafür wurden allerdings nach der Annexion Franzosen, die nicht bereit waren ihre Staatsbürgerschaft aufzugeben und Deutsche zu werden nach Frankreich ausgewisen, wenn ich das richtig im Kopf habe.

Nicht ganz: es handelt sich um den Artikel 2 des Frankfurter Friedens, nach dem die Bewohner von Elsaß-Lothringen ihre französische Staatsbürgerschaft behalten können und dann auch nach Frankreich ihren Wohnsitz verlegen dürfen Friedens-Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich – Wikisource .
Von Zwangsausweisungen wäre mir nichts bekannt (heißt aber nicht, dass es solche gegeben haben könnte).

Diese sogenannten Optanten, die auch dann Elsaß-Lothringen verlassen haben, machten nur einen geringen Teil der Bevölkerung aus 49 Tsd. bei einer Gesamtbevölkerung von knapp 1,5 Mio. (nach Optant — Wikipédia ).
 
Von Zwangsausweisungen wäre mir nichts bekannt (heißt aber nicht, dass es solche gegeben haben könnte).

Ich meine mal so etwas gelesen zu haben, weiß aber gerade konkret leider nicht mehr wo, daher Angabe ohne Gewähr.

Es kann auch sein, dass das lediglich diskutiert aber nicht umgesetzt wurde, ich möchte da jetzt keine Märchen verbreiten und im Zweifel nehme ich das zurück. :)
 
Ich kann mich nicht genau erinnern: Hatte nicht Moltke geäußert, dass entweder noch mehr Gebiete annektiert werden müssten, um Frankreich genug zu schwächen, oder sich Deutschland mit dem Elsaß oder weniger zufrieden geben müsste, um Frieden zu ermöglichen?

Moltke war der Ansicht, das gegen Frankreich ein zweiter Krieg erforderlich sei, um dann einen sicheren Frieden zu haben.

Für Moltke und Bismarck war die militärische Absicherung prioritär. Aus diesem Grunde eben bestand man auf Metz. Moltke hätte auch sehr gerne Belfort gehabt. Belfort war zwar eine Sperre der Burgundischen Pforte, aber hatte eben nicht wirklich den Charakter eines Einfalltores in das Elsass und nach Süddeutschland.
 
Nicht ganz: es handelt sich um den Artikel 2 des Frankfurter Friedens, nach dem die Bewohner von Elsaß-Lothringen ihre französische Staatsbürgerschaft behalten können und dann auch nach Frankreich ihren Wohnsitz verlegen dürfen Friedens-Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich – Wikisource .
Von Zwangsausweisungen wäre mir nichts bekannt (heißt aber nicht, dass es solche gegeben haben könnte).

Diese sogenannten Optanten, die auch dann Elsaß-Lothringen verlassen haben, machten nur einen geringen Teil der Bevölkerung aus 49 Tsd. bei einer Gesamtbevölkerung von knapp 1,5 Mio. (nach Optant — Wikipédia ).

Du scheinst recht zu haben, da bin ich vorhin wohl im Wald gewesen.
 
Naja, war es klar, dass es diese Vereinigung geben würde?

Die Vereinigung konnte/würde nur über einem Krieg gegen Frankreich kommen. Wer wollte da dann noch gegen die Einheit Deutschlands aufstehen wollen?, wenn Frankreich tatsächlich besiegt war? Und so kam es dann ja auch tatsächlich.
Die Süddeutschen haben ja nicht einmal den anvisierten Süddeutschen Bund hinbekommen.

In Frankreich machte man eben den Kardinalfehler ausgerechnet in einem Augenblick in dem Österreich geschlagen und als Schutzmacht ausgeschaltet war, aggressiv aufzuteten (Luxemburg) und die Süddeutschen Staaten dadurch dazu zu zwingen sich an die eizig handlungsfähige Schutzmacht Preußen zu hängen.

Das sahen die Franzosen und insbesondere Napoleon III. natürlich ganz anders. Hier fühlte man sich schlicht betrogen.

Eben, aber auf welchem Spielfeld hätte Frankreich dauerhaft deutsche Unterstützung benötigt?

Und wenn Wien einen dezidierten Revanchkrieg gegen Berlin vom Zaun gebrochen hätt um 1867 zu rächen, hätten auch in Florenz/Rom die Alarmglocken gehen müssen.

1867 war Österreich wohl noch nicht dazu in der Lage. Und nicht zu vergessen sind die Russen.

Gegen Preußen. Es ging darum "Rache für Sadowa" aber hauptsächlich auch um den deutschen Nationalstaat zu verhindern. Der würde und hat dann auch die französische Vormachtstellung in Europa zum Einsturz gebracht.
 
Für Moltke und Bismarck war die militärische Absicherung prioritär.

Wobei die Grenzziehung selbst relativ eindeutig belegt, dass man auf Frankreich immerhin so viel Rücksicht nahm, als dass man sich auf einen Grenzverlauf festlegten, mit dem beide Seiten aus strategischen Erwägungen heraus leben konnten, andernfalls hätte man die Grenze nicht mitten durch die Vogesen gezogen, sondern auch deren westliche Ausläufer für Deutschland beansprucht.
 
Moltke war der Ansicht, das gegen Frankreich ein zweiter Krieg erforderlich sei, um dann einen sicheren Frieden zu haben.

Für Moltke und Bismarck war die militärische Absicherung prioritär. Aus diesem Grunde eben bestand man auf Metz. Moltke hätte auch sehr gerne Belfort gehabt. Belfort war zwar eine Sperre der Burgundischen Pforte, aber hatte eben nicht wirklich den Charakter eines Einfalltores in das Elsass und nach Süddeutschland.

Danke, das erhellt es wieder etwas.
 
Die Vereinigung konnte/würde nur über einem Krieg gegen Frankreich kommen. Wer wollte da dann noch gegen die Einheit Deutschlands aufstehen wollen?, wenn Frankreich tatsächlich besiegt war? Und so kam es dann ja auch tatsächlich.

Da reden wir gerade aneinander vorbei.
Natürlich war Vorbedingung für die Reichseinigung, dass Frankreich sie akzeptierte oder es militärisch geschlagen wurde und nichts dagegen unternehmen konnte.

Die Frage, die ich mir viel mehr stelle ist, ob in einer anderen Konstellation die Süddeutschen diese Einheit auch gewollt und einen Krieg gegen Frankreich mitgetragen hätten.

Wenn Frankreich (wenigstens vorläufig) darauf verzichtet hätte durch die Luxemburg-Krise empfindlich das Sicherheitsbedürfnis der Süddeutschen zu kitzeln, wie hätte sich dass dann entwickelt?

Nachdem es das getan hatte und der Krieg mit Preußen ausbrach, hatten die Süddeutschen gar keine andere Wahl, als mitzugehen, weil sie nachdem sich Österreich von der Niderlage noch nicht erhohlt hatte auf Preußen als Schutzmacht angewiesen waren.
Hätte Preußen verloren, hätte sich Frankreich auch in Süddeutschland bedienen können.

Hätte aber Frankreich darauf verzichtet und Österreich Zeit gegeben sich zu erholen oder statt Luxemburg vielleicht versucht sich belgische Territorien anzueignen, die nicht unmittelbar den süddeutschen Sicherheitsinteressen aufs Gemüt geschlagen hätten, wie hätte sich das dann entwickelt?

Du gehst davon aus, die deutsche Einheit wäre so oder so gekommen, ich bin mehr der Meinung, dass sie vor allem gekommen ist, weil die sicherheitspolitische Situation im konkreten Fall 1870 die Süddeutschen dazu zwang sich an Preußen zu hängen, ohne dass ihnen das besonders geschmeckt hätte (mit Ausnahme Badens vielleicht).

Hätte Österreich Zeit gehabt sich militärisch zu erholen um als potentielle Schutzmacht wieder eine Rolle spielen zu können, wäre eine preußische Niederlage gegen Frankreich keine so gravierende sicherheitspolitische Bedrohung für Süddeutschland mehr gewesen, weil sie sich dann auf Österreich hätten stützen können.

Dann wäre der Zwang sich aus sicherheitspolitischen Gründen Preußen unterzuordnen entfallen und damit möglicherweise auch die Bereitschaft sich zu preußischen Bedingungen an den Norden anzuschließen.


Das ist wie ich darüber denke.
 
Die Süddeutschen haben ja nicht einmal den anvisierten Süddeutschen Bund hinbekommen.

Aber die Frage ist, hätte sich das nicht möglicherweise nachholen lassen, zumal unter Einschluss Österreichs?

Nach der Niederlage 1867 und dem Ausgleich mit Ungarn, musste ja auf österreichischer Seite ohnehin in vielen Dingen umgedacht werden.
Alleine das Faktum der staatlichen Eigenständigkeit Ungarns musste Anlass dazu geben die Schutzzollpolitik zu überdenken, wenn man den gemeinsamen Wirtschaftsraum erhalten wollte und der Umstand dass das Königreich Ungarn nicht mehr unmittelbar mit Österreich einen Staat bildete, hätte es natürlich dem Kaisertum Österreich ermöglicht sich an einem deutschen Bund zu beteiligen, ohne das Gros der nicht deutschsprachigen Gebiete der Monarchie und deren Probleme dort mit einzubringen.

Das hätte, meine ich auf Dauer für die Süddeutschen schon eine attraktive Alternative gegenüber dem preußisch dominiertenn Norden darstellen können, zumal es in ähnlichem Maße Sicherheit geboten hätte.

Das hatte sich bis 1870 nicht umsetzen lassen, aber woher nimmst du die Gewissheit, dass das auch so geblieben wäre und nicht etwas möglicherweise in einem zweiten Anlauf hingehauen hätte?
 
Das sahen die Franzosen und insbesondere Napoleon III. natürlich ganz anders. Hier fühlte man sich schlicht betrogen.

Naja, das Problem ist ja nicht, wie man das in Frankreich sah, sondern welche Schlüsse man daraus zog.

Kompensation hätte man auch an anderer Stelle suchen können, wo es möglich gewesen wäre ohne Süddeutschlad aufzuschrecken und eine Abrechnung mit Preußen hätte man auf einen günstigeren Zeitpunkt aufschieben können.
 
Da reden wir gerade aneinander vorbei.
Natürlich war Vorbedingung für die Reichseinigung, dass Frankreich sie akzeptierte oder es militärisch geschlagen wurde und nichts dagegen unternehmen konnte.

Da sind wir uns ja schon mal einig.

Die Frage, die ich mir viel mehr stelle ist, ob in einer anderen Konstellation die Süddeutschen diese Einheit auch gewollt und einen Krieg gegen Frankreich mitgetragen hätten.

Ist spekulativ. Frankreich war das Land, vor dem Sicherheit benötigt wurde und dies wurde durch die Schutz- und Trutzbündnisse realisiert.
Es ist doch schon in der Julikrise von 1870 eigenartig, das Paris an Madrid kein Ultimatum gestellt hatte. Ganz so, als ob Spanien mit der Thronfolgefrage nichts zu tun hätte. Madrid ist an Preussen herangetreten, um Leopold den spanischen Thron anzubieten. Es wäre also richtiger und erfolgsversprechender gewesen, dort energisch zu protestieren. Aber Paris zog es eben vor, Berlin zur Rechenschaft zu ziehen.

Du gehst davon aus, die deutsche Einheit wäre so oder so gekommen, ich bin mehr der Meinung, dass sie vor allem gekommen ist, weil die sicherheitspolitische Situation im konkreten Fall 1870 die Süddeutschen dazu zwang sich an Preußen zu hängen, ohne dass ihnen das besonders geschmeckt hätte (mit Ausnahme Badens vielleicht).

Mit Bismarck als Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes ja.

Hätte Österreich Zeit gehabt sich militärisch zu erholen um als potentielle Schutzmacht wieder eine Rolle spielen zu können, wäre eine preußische Niederlage gegen Frankreich keine so gravierende sicherheitspolitische Bedrohung für Süddeutschland mehr gewesen, weil sie sich dann auf Österreich hätten stützen können.

Sehr spekulativ. Bismarck sah die Zeitfrage natürlich auch; allein schon, damit die nationale Frage und Begeisterung nicht anfängt zu verebben. Und die Frage wäre auch, wie Petersburg in dieser Frage agiert hätte?
 
Aber die Frage ist, hätte sich das nicht möglicherweise nachholen lassen, zumal unter Einschluss Österreichs?

Glaube ich nicht. Baden und Württemberg hatte eine ausgeprägte Abneigung gegen eine bayrische Vormachtstellung und wollten sich nicht von München domminieren lassen. Österreich hatte sich im Prager Frieden aus Deutschland verabschiedet.

Darüber hinaus gibt der Artikel IV des Prager Friedens uns folgende Auskunft:
Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich erkennt die Auflösung des bisherigen deutschen Bundes an und giebt Seine Zustimmung zu einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne Betheiligung des österreichischen Kaiserstaates. Ebenso verspricht Se. Majestät, das engere Bundes-Verhältniß anzuerkennen, welches Se. Majestät der König von Preußen nördlich von der Linie des Mains begründen wird, und erklärt Sich damit einverstanden, daß die südlich von dieser Linie gelegenen deutschen Staaten in einen Verein zusammentreten, dessen nationale Verbindung mit dem norddeutschen Bunde der näheren Verständigung zwischen beiden vorbehalten bleibt und der eine internationale unabhängige Existenz haben wird.
 
Ist spekulativ. Frankreich war das Land, vor dem Sicherheit benötigt wurde und dies wurde durch die Schutz- und Trutzbündnisse realisiert.

Naja, aber diese Bündnisse waren letztendlich oktroyiert.
Sie hatten zweifelsohne ihren Wert, so lange es keine Alternative zu Preußen als Schutzmacht gegenüber Frankreich gab, aber das hätte, wenn Österreich sich erst einmal erhohlt haben würde anders ausgesehen und diese oktroyierten Bündnisse möglicherweise entwertet.

Es ist doch schon in der Julikrise von 1870 eigenartig, das Paris an Madrid kein Ultimatum gestellt hatte. Ganz so, als ob Spanien mit der Thronfolgefrage nichts zu tun hätte. Madrid ist an Preussen herangetreten, um Leopold den spanischen Thron anzubieten. Es wäre also richtiger und erfolgsversprechender gewesen, dort energisch zu protestieren. Aber Paris zog es eben vor, Berlin zur Rechenschaft zu ziehen.

Das sehe ich ein kleines bisschen anders, weil ein Intervenieren in Madrid bedeutet hätte sich in die Angelegenheiten des spanischen Staates und die Souveränität des spanischen Volkes einzumischen, wenn man sich angeschickt hätte diesen verbieten zu wollen einem bestimmten Kandidaten den spanischen Thron anzutragen.

Demgegenüber war die Forderung nach Verzicht Leopolds eigentlich kein Schritt, der den preußischen Staat oder die Souveränität seiner Bevölkerung tangiert hätte, jedenfalls so lange es nur um die Kandidatur Leopolds ging und die Forderung dass sich Wilhelm vertraglich erklären möge, niemals der Kandidatur eines Hohenzollern zuzustimmen, noch nicht auf dem Tisch lag.

Sehr spekulativ. Bismarck sah die Zeitfrage natürlich auch
Natürlich spekulativ, aber ich denke, gerade an der Zeitfrage scheiden sich bei uns die Geister.
Ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass du implizit davon ausgehst, die Zeit habe für Bismarck gespielt, ich meine, sie hat eigentlich gegen ihn gespielt und Paris hätte die Reichseinigeung möglicherweise einfach durch Aussitzen verhindern können.
 
Glaube ich nicht. Baden und Württemberg hatte eine ausgeprägte Abneigung gegen eine bayrische Vormachtstellung und wollten sich nicht von München domminieren lassen. Österreich hatte sich im Prager Frieden aus Deutschland verabschiedet.

Österreich hatte sich zwar im Prager Frieden aus Deutschland verabschiedet die Frage ist aber, hätte sich das aufrecht erhalten lassen.
Die Einigung zwischen Berlin und Wien gab es noch nicht, Österreich erholte sich und wenn es sich in diesem Punkt über den Prager Frieden einfach hinweg gesetzt hätte, hätte Preußen hier erneut Krieg führen müssen um Wien zur Einhaltung zu zwingen, nur hätte dann vor dem Hintergrund der Verschiebung der Kräfteverhältnisse Paris sicherlich nicht tatenlos zugesehen, wie Preußen Österreich erneut schlägt und ob in diesem Fall Petersburg Preußen zur Hilfe gekommen wäre, ist dann auch Spekulation
 
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