Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Ähem...die Varusschlacht war nunmal keine Belagerung im herkömmlichen Sinne und nicht mal eine traditionelle Kesselschlacht, sondern eher eine Angriffsserie auf eine in Marsch befindliche Truppe .
"Ähm...." ich schrieb "Wall- und Belagerungstechnik". Dabei ging es um die Errichtung eines Walles und der dahinter stehenden Techniken zum Thema "Ausfall" u.ä. Dies wird im allgemeinen unter dem Oberbegriff "Belagerungstechnik" zusammen gefasst.
Das war keine Neuklassifizierung der Schlacht selbst, sondern ausschließlich auf besagten Wall und die Möglichkeiten bzw. Willen der Germanen einen solchen zu errichten gemünzt.
 
Na hoffentlich sind das nicht solche Enten, wie die angeblichen Arminius-Münzen, die seit dem 17. Jahrhundert durch die Literatur geistern und die selbst heute noch durch die Literatur geistern (Bökemeier, Varus starb im Teutoburger Wald. Eine Antwort auf Kalkriese. 1996.)
ja, hoffentlich kommt jetzt keiner auf einen saudämlichen Studentenulk. Der wäre nämlich überhaupt nicht hilfreich, unangemessen und gemein
 
Dann dürfte Dir auch nicht entgangen sein, daß Tacitus in den Germanicus-Feldzügen ein eigenmächtiges Handeln dieser "Hilfstruppen" beschreibt, das zu Chaos und Verlusten führt. Siehe vor Idistaviso die Aktion des Bataver Chariovalda.
Mir fallen ad hoc vier solche Vorfälle ein, z.T. von Seiten "römischer" Truppen und z.T. weit nach Abschluss der "Romanisierung" in den Hilfstruppen (der Bataveraufstand als größtes und bekanntestes Ereignis sei hier angeführt).
Was aber beweist das in Hinsicht auf die Ausrüstung und Ausbildung der Truppen?

Die germanischen Hilfsverbände sahen sich als Roms Verbündete, waren aber nicht als Bestandteil des römischen Heeres eingegliedert.
Dem will ich entschieden widersprechen. Die Zeiten des germanischen Söldnertums wie zu Caesars Zeiten oder den kommenden foederati sind vorbei bzw. noch nicht angebrochen. Unterworfene Stämme wie die sog. "romfreundlichen" Stämme waren verpflichtet worden, Truppen zu stellen. Wenn ich deine Worte interpretieren muß, steht darin, dass diese sich weiter komplett germanisch gaben und lebten. Keine Waffenübung, keine Exercitien, kein üben der Befehlskette und vor allem auch kein gemeinsames Lagern...
Dahre rate ich dringend zur Lektüre: D.B. Saddington, The Development of the Roman Auxiliary Forces from Caesar to Vespasian, Harare, 1982.

Aber auch hier die Frage: was hat dies im Detail mit der Frage zu tun, ob die Germanen fähig und willens waren, einen solchen Wall anzulegen?
Willst du damit sagen, dass die

Warum zog Germanicus beim Angrivarierwall eine Legion zum Bau eines Lagers ab, wenn das doch auch germanische Hilfstruppen erledigen konnten?
Ganz einfach: Größe, Erfahrung und Spezialisierung machen das Unterfangen, ein ganzes Lager zu errichten für eine Legion deutlich einfacher und der Auftrag wird in kürzerer Zeit erledigt. Zudem ist eine Kohorte bzw. sind einige einzelne Kohorten weniger dazu geeignet, unter Gefechtsbedingungen zu arbeiten. Ihre Kapazitäten reichen nicht aus, Bewachung UND Arbeiten gleichzeitig zu leisten.
Nicht zuletzt ist es wesentlich schneller und leichter getan, einen Befehl an eine Legion zu geben, als den gleichen Befehl an 10 Kohorten.

Und nur von den Chatten wird von Schanzzeug und einer Verschanzung für die Nacht berichtet. Das war somit auch vor der Römerzeit bei den Chatten so üblich.
Und das Erdarbeiten den Chatten, einem germanischen Stamm nicht fremd waren macht dich nicht in deiner Ablehnung der Adaption durch andere Stämme stutzig?

Von anderen Stämmen wird sowas nicht berichtet.
Wir erhalten auch keine Beschreibung, wie sie Latrinen aushoben, ich bin mir aber sicher, dass sie dies Taten...
Ein Argument ex silentio sollte mit starken Beweisen untermauert werden, nicht mit dem Gegenteil.

Somit sahen sie auch keine Notwendigkeit diesen Lagerbau der Römer zu übernehmen.
Und lagerten also, wenn sie mit den Römern dienten wild? Und die Römer liessen dieses neue Gefahrenpotential zu? Oder willst du sagen, die Legionen mußten für die Hilfstruppen die Schanzarbeit leisten?

Vor pontes longi wird berichtet, daß die Germanen sich in der Nacht in den Wäldern aufhalten. Auch hier ist von keinem germanischen Nachtlager die Rede.
Willst du sagen, die standen statt zu schlafen in der Landschaft rum oder willst du sagen, sie haben kurz vor dem Überfall kein Lager nach römischen Vorbild angelegt? Ich finde beides nicht weiterführend.

Auch stellt sich hier die Frage, ob Arminius und seine Cherusker überhaupt in Pannonien waren oder doch nur beim Tiberius Feldzug um den immensum bellum niederzuschlagen. Vielmehr fragt man sich, warum gewisse Stämme (z.B. Chauken und Markomannen) , gegen die Tiberius vorgehen wollte, sich nicht auf die Seite Arminius`gestellt haben? Da muß auch ein Grund für vorgelegen haben.
Ich kann dir mal wieder nicht folgen. Soll heißen, weil sie die Schanzarbeiten nicht mochten....?
 
So so...der Aufsatz wurde im Jahre 2003 veröffentlicht.:winke: Und seitdem wohl nicht widersprochen ...
Du bist etwas sparsam mit deinen Angaben. Ein Text, dessen Titel und Verfasser du nicht nennst von 2003. Aha...


Solltest Du Dir nicht auch mal ein paar mehr Bücher und Aufsätze zu dem Thema zu Gemüte führen?;)

Das habe ich durchaus getan. Ich habe in diesem Pfad schon so ziemlich alles zitiert, was seit 1999 zum Thema erschienen ist. Aber das wird dir nicht entgangen sein.
 
Richtig. Und er schreibt auch, dass bei den Pontes longi auf der BERGSEITE jenes Walls gekämpft worden sei. Bei Kalkriese liegen aber alle Spuren des Kampfes auf der SUMPFSEITE. Ich weiß wirklich langsam nicht mehr, wie man immer noch auf der Pontes-longi-Theorie herumreiten kann, ohne diesen offensichtlichen Widerspruch zu erklären oder wenigstens mal zur Kenntnis zu nehmen.
Deswegen mal die Bitte an die pontes longi Leute: Wie erklärt ihr diesen Befund?
 
pontes longi ist Ort einer Schlacht im Jahre 15 n. Chr., die nach dem Besuch des Varusschlachtfeldes durch Germanicus stattgefunden hat und die Gegner der These von der Varusschlacht in Kalkriese gerne dort sehen würden.

saltus teutoburgiensis ist die Bezeichnung des Ortes der Varusschlacht bei Tacitus, wobei aber nicht gesagt werden kann, was genau sich dahinter verbirgt.

Und das ganze sogar in 2 Sätzen!
so, nachdem denn saltus verschiedene Bedeutungen hat
teutoburgiensis?
die teutonen schlug Marius und sie wurden komplett aufgerieben
burg ist im althochdeutschen befestigte Siedlung, Fluchtburg.
angeblich wird mit der Bezeichnung VON DEN RÖMERN ein großes Gebiet in Germanien bezeichnet.Von einem Römer um 100 n.Chr.

Da mein Latein etwas stark eingerostet ist, das große Latinum ist 40 jahre her, was bitte bedeutet saltus teutoburgiensis im Latein 100 n.Chr?

im latein der Renaisance
soll es wohl heißen:
deutscher Wald
 
Du bist etwas sparsam mit deinen Angaben. Ein Text, dessen Titel und Verfasser du nicht nennst von 2003. Aha...

Da kann Dir geholfen werden....

"Archäologie in Niedersachsen 2003" Band 6
Kalkriese - Archäologische Befunde und antike Schriftquellen von Achim Rost
Herausgegeben von der Archäologischen Kommission für Niedersachsen e.V.

Und weil Du angeblich schon alle Texte seit 1999 gesehen bzw. gelesen hast, dann weißt Du auch, daß Achim Rost (Ehemann von Fr. Wilbers-Rost) der "Schlachtfeldexperte" für Kalkriese ist.:winke:
 
Dem will ich entschieden widersprechen. Die Zeiten des germanischen Söldnertums wie zu Caesars Zeiten oder den kommenden foederati sind vorbei bzw. noch nicht angebrochen. Unterworfene Stämme wie die sog. "romfreundlichen" Stämme waren verpflichtet worden, Truppen zu stellen. Wenn ich deine Worte interpretieren muß, steht darin, dass diese sich weiter komplett germanisch gaben und lebten. Keine Waffenübung, keine Exercitien, kein üben der Befehlskette und vor allem auch kein gemeinsames Lagern...

Anscheinend ist Dir entgangen, daß die Germanen zur Zeitenwende kein Bauernvolk waren, sondern in erster Linie Krieger. D.h. die Römer haben keine Bauern als Söldner angeheuert, sondern Krieger, die sich in ihrem Handwerk auskannten. Deswegen waren die Germanen, im Gegensatz zu den Kelten, so gefährlich.
Schon Hans Delbrück schrieb in seinem Buch: Geschichte der Kriegskunst.

"Die Bevölkerung war sehr dünn und lebte hauptsächlich von den Herden, nur in geringerem Maße vom Ackerbau. Größere Getreidevorräte also gab es n Germanien nicht, die man hätte sei es requirieren, sei es ankaufen können. ..."

"Nur darf man, indem man diese Wildlinge Berufskrieger nennt, die anderen Germanen deshalb nicht zu Bauern machen: es ist nur ein Gradunterschied, Krieger sind sie alle."

Deswegen waren die Germanen auch autark. Sie brauchten sich nicht zu verschanzen, sondern richteten sich so ein, wie bei ihren eigenen unzähligen Feldzügen. Wozu sollte daher eine germanische Hilfstruppe zu der Zeit römische Wälle bauen?

Und weiterhin schreibt Delbrück:
"Man hat das so ausgelegt, als ob der Plan gewesen sei, Varus von der gebahnten Heeresstraße fort in eine für den Überfall besonders geeignete Gegend zu locken.
Das ist eine romanhafte Vorstellung. Zum Überfall geeignete Gegenden waren in Germanien allenthalben; ein feindliches Heer aber an eine ganz bestimmte, entfernte Stelle zu locken und an an dem Tage, wo es diese durchzieht, die eigene Mannschaft dort unbemerkt zur Stelle zu haben, ist kein durchführbares Stratagem."

Wozu sollten denn daher die Germanen dort einen Wall bauen? Nur weil sie glaubten, daß irgendwann vielleicht Varus vorbeikommt?=) Oder um zu zeigen, was sie bei den Römern angeblich gelernt haben?:winke::rofl:
 
Deswegen mal die Bitte an die pontes longi Leute: Wie erklärt ihr diesen Befund?

Dann frage ich mich, wie Du den Schlachtablauf bereits kennst, obwohl meiner Kenntnis nach erst jetzt in Kalkriese damit begonnen wird einen systematischen Ablauf der Ereignisse darzustellen.
Vielleicht solltest Du dort mithelfen und den Kalkriesern erklären, wo gekämpft wurde und wo nur Gegenstände gelagert wurden?;)

In Kalkriese ist ein römischer Heereszug erkennbar, der sich irgendwann in zwei Richtungen spaltet. Die Richtung ist von Ost nach West (obwohl schon mal von anderer "dritter" Seite behauptet wurde, daß auch die andere Richtung möglich wäre).
Kampfhandlungen, wie z.B. am Harzhorn, sind bisher nicht eindeutig nachweisbar. Man hat zwar Waffen gefunden, aber sie in Kampfhandlungen einzuordnen ist noch nicht geschehen.

Achim Rost hat bisher von Lagerungen von Gegenständen gesprochen, die nach der Schlacht angehäuft wurden.
 
Anscheinend ist Dir entgangen,
Dafür, dass du vor ein paar Postings noch einen gemäßigteren Tonfall reklamiert hast, bemühst du dich wahrlich nicht, einen solchen in die Diskussion zu bringen. Diese Spitze ist, vor allem wenn du im Folgenden mit ca. 100 Jahre alter Literatur ein sattes schwarz-weiß Denken, welches auch der Diskussion keine weiterführenden Informationen bringt, nicht dazu angetan, das Ganze aufzulockern.
Aber zur Sache:
daß die Germanen zur Zeitenwende kein Bauernvolk waren, sondern in erster Linie Krieger. D.h. die Römer haben keine Bauern als Söldner angeheuert, sondern Krieger, die sich in ihrem Handwerk auskannten.
Ich würde es nicht so formulieren. Zwar sind die Mitglieder der meisten germanischen Stämme durch die ständigen Fehden untereinander sicher auch als Krieger zu bezeichnen, die archäologischen Funde von Gehöften und ihrer Kultur legen aber ein Bauernleben ebenso nahe, wie die schlichte Notwendigkeit des Überlebens. Ein Leben im permanenten Kriegszustand ohne Landwirtschaft bzw. Zivilleben ist eben für eine Gesamtbevölkerung nicht möglich. Selbst eine Wirtschafts- und Industriegroßmacht kann dies nur über wenige Jahre aufrecht erhalten, wie die jüngere dt. Geschichte zeigt.
Aber selbst wenn man dies so radikal sehen wöllte, wie du es hier vermitteln willst, stellt sich die Frage, was daran Integration in das römische Heer (im Sinne von Ausbildung, Techniken, Taktiken usw.) verhindern solle oder die Germanen auf den Gedanken: "Stopp, wir dürfen keinen Wall (nach römischen Vorbild) bauen"?
Deswegen waren die Germanen, im Gegensatz zu den Kelten, so gefährlich.
Du willst also die Kelten als ungefährlich hinstellen oder als weniger "Krieger" als die Germanen? Caesar stellt dies doch anders dar. Vercingetorix und Ambiorix führten keine Truppen, die erstmal monatelang ausgebildet wurden, sondern recht spontan aufgestellte Truppen. Auch gelang es den Kelten ebenso wie den Germanen, Siege über die Römer zu erringen.
Und auch die Archäologie hat da anderes vorgegeben. Auf dem Gebiet der Treverer sind bislang sechs oppida und acht Hügelfestungen ergraben worden.
Nur als Beispiel: bei Hambach-Niederzier haben vermutlich die Eburonen ein Dorf mit einem Doppelgraben sowie einem Wall aus Erde und Holz befestigt.
Auseinandersetzungen zwischen den Kelten gehörten nach den berichtenden römischen Quellen durchaus zum Alltag. Und wenn wir uns erinnern, die Annahme, die Germanen seien Krieger gewesen beruht auf ihren ständigen Zwistigkeiten, so zeichnet sich hier kaum ein anderes Bild von den Kelten ab. Aber das nur am Rande, um klar zu stellen, dass mir nichts entgangen ist, aber ich nicht zu Klischeedenken neige.
"Die Bevölkerung war sehr dünn und lebte hauptsächlich von den Herden, nur in geringerem Maße vom Ackerbau. Größere Getreidevorräte also gab es n Germanien nicht, die man hätte sei es requirieren, sei es ankaufen können. ..."
Auch diese Diskussion hatten wir bereits. Einige archäologische Grabungen haben mittlerweile als "Speicher" zu bezeichnende Bauten verortet. Such doch einfach mal in diesem Forum danach, und dann dürfte schnell klar werden, warum Hans Delbrück zwar ein Fundament der modernen Kriegsforschung darstellt, aber durchaus alt "in die Jahre gekommen Literatur" zu bezeichnen ist.
Malcolm Todd jedenfalls schreibt : "Die Nutzung der Ressourcen des Landes begann schon mindestens 4000 Jahre bevor die Germanen überhaupt in der europäischen Geschichte erscheinen (gemeint ist die Klassifizierung nach Caesar, Anm. Tib.). Bereits von einem frühen Zeitpunkt an gab es relativ große und hoch entwickelte Siedlungen."
Und weiter:
"Uns stehen heute weit mehr Daten über eine breitere geografische und chronologische Spanne zur Verfügung als dem antiken Beobachter."
Woraus u.a. folgendes folgt:
"Spätestens im frühen ersten Jahrhundert bestanden bereits ansehnliche Langhäuser mit zusätzlichen Vorratslagern." Bezogen auf die ergrabene Siedlung bei Feddersen Wierde.
M. Todd, Die Germanen, von den frühen Stammesverbänden zu den Erben des Weströmischen Reiches, Stuttgart, 2000, S. 61 ff.

"Nur darf man, indem man diese Wildlinge Berufskrieger nennt, die anderen Germanen deshalb nicht zu Bauern machen: es ist nur ein Gradunterschied, Krieger sind sie alle."
In diesem Zitat dürfte die damalige Sichtweise der Dinge schon durch die Bezeichnung „Wildlinge“ klar hervorgehoben werden. Das die Germanen Krieger waren ist unstrittig, dass jeder einzelne Germane ein herausragender Krieger war ist überzogen, und daraus eine Ablehnung praktischer Methoden zu konstruieren nicht nachvollziehbar.

Deswegen waren die Germanen auch autark. Sie brauchten sich nicht zu verschanzen, sondern richteten sich so ein, wie bei ihren eigenen unzähligen Feldzügen. Wozu sollte daher eine germanische Hilfstruppe zu der Zeit römische Wälle bauen?
Sie waren autark in Relation zu was? Willst du hier andeuten, Kelten oder Römer hätten nicht selbstständig überleben oder sich regieren können?
Bleiben wir bei den Fakten finden wir auch bei den Germanen Verteidigungsanlagen. Die aus dem 1. Jh.v.Chr. stammende Wallanlage von Bremerhaven, die sog. Heidenschanze etwa. Ein Ringgraben mit Palisade und Wall. Diese Anlage besitzt sogar eine Verkleidung auf der Rückseite des Walls und wurde mehrfach erneuert.
Das Gebiet um Drenthe kennt Befestigungen von ca. 200 v. Chr. bis ins 1. Jh.n.Chr.
Zum letzteren hatte ich mich bereits geäußert und sage ich im Anschluß noch einmal etwas. Es wäre nur schön, wenn du auf Argumente auch eingingest.



Und weiterhin schreibt Delbrück:
"Man hat das so ausgelegt, als ob der Plan gewesen sei, Varus von der gebahnten Heeresstraße fort in eine für den Überfall besonders geeignete Gegend zu locken.
Das ist eine romanhafte Vorstellung. Zum Überfall geeignete Gegenden waren in Germanien allenthalben; ein feindliches Heer aber an eine ganz bestimmte, entfernte Stelle zu locken und an an dem Tage, wo es diese durchzieht, die eigene Mannschaft dort unbemerkt zur Stelle zu haben, ist kein durchführbares Stratagem."
Hier handelt es sich um eine persönliche Meinung Delbrücks, die durch die Schlacht am Trasimenischen See eigentlich von vorneherein ausgehebelt wird. Schauen wir dann weiter in die Geschichte gibt es eine ganze Reihe von Schlachten, die nach dem gleichen Muster ablaufen. Sei es auf dem Marsch angegriffen bzw. in einen Hinterhalt geraten, sei es während einer Offensive.
Mangelnde Aufklärung erhielt im Buch von Saul David zu den größten militärischen Fehlschlägen zwar kein richtiges Kapitel, aber durchaus Würdigung genug, damit dies kein Geheimnis ist.


Wozu sollten denn daher die Germanen dort einen Wall bauen? Nur weil sie glaubten, daß irgendwann vielleicht Varus vorbeikommt?=) Oder um zu zeigen, was sie bei den Römern angeblich gelernt haben?:winke::rofl:
Schön, dass du dich gemüßigt fühlst, deine Gesprächspartner mit so viel Respekt auszulachen... Was du nicht willst das man dir tu...

Den möglichen Zweck des Walls haben die Archäologen mehrfach beschrieben und auch in diesen Themen wurde er zur genüge erläutert.
Dass der Wall scheinbar durch Römer bestürmt wurde ist eigentlich auch selbst erklärend...
 
Deswegen mal die Bitte an die pontes longi Leute: Wie erklärt ihr diesen Befund?

Ich bin kein pontes longi - Befürworter, bewerte allerdings eine im Graben gefundene römische Spitzhacke deutlich höher, wie eine 100 Jahre nach der Schlacht verfaßte oberflächliche Schilderung.

Aus meiner Sicht wird allgemein viel zu sorglos mit geografischen Schilderungen umgegangen. Dazu mal ein aufzulösender Widerspruch:

-während Varus durch Arminius fehlgeleitet in tiefstes unbekanntes Gebiet gelockt worden sein soll, lief Germanicus mal so eben am Schlachtfeld vorbei (etwas übertrieben dargestellt zur Verdeutlichung)
- obwohl sich die Römer also nach der Niederlage auf das linke Rheinufer zurückzogen, kannten sie sich also 6 Jahre später ausgezeichnet aus

Hinzu kommt, daß viele Wissenschaftler und Hobbyhistoriker sich allzu leicht von den heutigen Geländeformen leiten lassen. Dabei waren Vegetation, Flußläufe u.s.w. vor 2000 Jahren mit großer Sicherheit nicht mit den heutigen Gegebenheiten zu vergleichen. Und doch versucht man immer wieder, das Gelände nach der antiken Beschreibung zu orten.

Weiterhin ist es völlig unverständlich, warum Arminius mit seinen Cheruskern ca. 300 km von ihrem angestammten Siedlungsgebiet (Nordharz) kämpfen sollten. Ein Einzugsgebiet (gemessen an den beteiligten Stämmen) über mehr als 150 km im Umkreis der Schlacht halte ich aus verschiedenen Gründen für ausgeschlossen. Somit hat für mich in Kalkriese irgendwas stattgefunden. Was , das ist völlig offen.
 
Ich bin kein pontes longi - Befürworter, bewerte allerdings eine im Graben gefundene römische Spitzhacke deutlich höher, wie eine 100 Jahre nach der Schlacht verfasste oberflächliche Schilderung.

Und, was sagt die römische Spitzhacke deiner Meinung nach nun aus? Müssen wir eine Neuauflage der Auxiliartruppen-Waffendiskussion führen?
Als Anregung:
Mit der dolabra ist es genauso, wie mit dem Schwertscheidenmundblech, es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie sie dorthin kam, wo sie gefunden wurde.
:rechts: Zunächst einmal gehörte eine dolabra zur Standardausrüstung eines römischen Legionärs. Römische Legionäre waren zum Zeitpunkt der Varusschlacht seit 20 Jahren in Innergermanien unterwegs, Zeit genug, dass sie in einer Schlacht erbeutet wurde oder gegen ein germanisches Gut gehandelt.
:rechts: Auch bin ich mir nicht sicher, was da behauptet wurde, dass Auxiliartruppen erst später gestellt wurden. Was ist denn Arminius gewesen - und 7 Jahre später noch sein Bruder Flavus? Wieso war sein Schwager Priester in Köln? Die Verbindungen der Cherusker mit den Römern waren sehr eng. Also würde ich die dolabra als Eigentum eines ehemaligen Auxiliarsoldaten nicht rundweg ausschließen. Aber wie gesagt, das ist gar nicht notwendig.
:rechts: Wie eben ausgeführt, die dolabra gehörte zur Standardausrüstung. So wie auch andere Ausrüstungsgegenstände geplündert wurden, kann auch die dolabra schlicht beim Plündern liegen geblieben sein.
:rechts: Möglicherweise ist sie beim Bau des Walls zum Einsatz gekommen.
:rechts: Möglicherweise ist sie bei Versuchen, den Wall einzureißen zum Einsatz gekommen.

Sicher könnte man noch weitere Szenarien entwerfen, die sinnvoll erklären, wie die dolabra dorthin kam, wo sie hinkam, letztlich beweist sie nichts.
Aus meiner Sicht wird allgemein viel zu sorglos mit geografischen Schilderungen umgegangen. Dazu mal ein aufzulösender Widerspruch:

-während Varus durch Arminius fehlgeleitet in tiefstes unbekanntes Gebiet gelockt worden sein soll, lief Germanicus mal so eben am Schlachtfeld vorbei (etwas übertrieben dargestellt zur Verdeutlichung)

Du sagt also, dass "eine 100 Jahre nach der Schlacht verfasste oberflächliche Schilderung" nicht überzubewerten sei, stützt dich dann aber auf eine, die 200 Jahre nach der Schlacht verfasst wurde? Denn Cassius Dio ist die einzige Quelle, die derlei berichtet.

- obwohl sich die Römer also nach der Niederlage auf das linke Rheinufer zurückzogen, kannten sie sich also 6 Jahre später ausgezeichnet aus
Es ist ja nicht richtig, dass sie sich zurückzogen. Die Lippelinie blieb weiter bestehen, germanische Auxiliartruppen (ganz prominent darunter Arminius' Bruder Flavus!), befreite Kriegsgefangene waren bei den Feldzügen des Germanicus dabei. Und in sechs Jahren gehen auch keine geographischen Kenntnisse verloren. Der Zeitraum ist also auch kein Problem.

Hinzu kommt, daß viele Wissenschaftler und Hobbyhistoriker sich allzu leicht von den heutigen Geländeformen leiten lassen. Dabei waren Vegetation, Flußläufe u.s.w. vor 2000 Jahren mit großer Sicherheit nicht mit den heutigen Gegebenheiten zu vergleichen. Und doch versucht man immer wieder, das Gelände nach der antiken Beschreibung zu orten.
Wie das Gelände von Kalkriese vor 2000 Jahre und vor dem mittelalterlichen Eschauftrag aussah, ist intensiv untersucht worden. Die Literatur ist voll davon. Ebenso sind archäobotanische Untersuchungen vollzogen worden. Es ist ja gerade so, dass der Sumpf heute nicht mehr bis an den Kalkrieser Berg heranragt, heute stimmt der Fundplatz nach oberflächlicher Beschauung nicht mehr mit den geographischen Gegebenheiten der literarischen Texte überein, vor 2000 Jahren tat er es.

Weiterhin ist es völlig unverständlich, warum Arminius mit seinen Cheruskern ca. 300 km von ihrem angestammten Siedlungsgebiet (Nordharz) kämpfen sollten. Ein Einzugsgebiet (gemessen an den beteiligten Stämmen) über mehr als 150 km im Umkreis der Schlacht halte ich aus verschiedenen Gründen für ausgeschlossen. Somit hat für mich in Kalkriese irgendwas stattgefunden.

Ganz genau kann man germanische Stämme nicht verorten. Wir wissen aber, dass die Cherusker beiderseits der Weser bis hin zur Elbe siedelten. Hildesheim wird manchmal als Sitz von Segestes dargestellt. Ich halte letzteres zwar für Blödsinn, aber wenn wir Hildesheim als Sitz des Segetses annehmen, dann hätten wir ziemlich genau 140 km, ist also noch in deinem Rahmen. Wenn wir ignorieren, dass die Chersuker beiderseits der Weser hausten und die Weser nur als Grenze zum Cheruskerland nehmen, dann sind es plötzlich nur noch 60 km Entfernung nach Kalkriese und zwar zu Ungunsten der Kalkrieser gerechnet, da wir ja eigentlich die Cherusker beiderseits der Weser und nicht nur östlich verortet haben.

Wenn wir zuletzt noch bedenken, dass Arminius und Marbod es schafften, gegeneinander Krieg zu führen und dieses über eine Entfernung von ca. 500 km zwischen Goslar und Boiohaim, dann sollten 150 km doch ein Klacks sein. Wenn wir nun noch bedenken, dass Elbgermanen schon zu Caesars Zeiten Gallien plünderten, dann ist deine Überlegung leider von der Hand zu weisen.
 
Prinzipiell zeigen Deine Antworten die Probleme des schwammigen Bildes. Ich stütze mich nicht auf Dio, um damit Tacitus zu kritisieren. Es war nur ein Beispiel. Genau deshalb bestätigt Dein Einwand diese.
Ob die Cherusker beidseitig der Weser siedelten ist übrigens nicht so sicher wie angenommen. Arminius wird ja auch als "Herr des Harzes" benannt. Wäre dann doch ein wenig weit bis Kalkriese.
Auch die Vergleiche mit Marbod und Caesar hinken. Ein ganzer vorbereiteter Kriegs- oder Völkerzug ist etwas anderes als eine Schlacht.
Wir diskutieren hier über Möglichkeiten und Varianten des Römerzuges und wissen nicht einmal, wie sich 60- oder gar 100.000 Germanen im Wald versteckt, geschweige denn ernährt haben sollen.
Auch wird die Fundlage in Kalkriese maßlos überschätzt. Man führe sich nur mal vor Augen wieviele Einzelteile ein Römer bei sich trug von Sandalenriehmen, Nieten, Rüstungsteilen, Kriegsgerät und weitere Ausrüstungen. Da dürfte ne Menge zusammen kommen. Selbst bei einer Milchmädchenrechnung mit großzügigen Zahlen unter Berücksichtigung einer Plünderung und den Restfunden auf einem größeren Gebiet, könne bei Kalkriese (nach bisherigen Kenntnisstand) eine Auseinandersetzung mit etwa max. 15.000 Personen stattgefunden haben, aber nicht mit 100.000 Kriegern.
Diese Aussage/These stammt übrigens nicht von mir, finde diese allerdings sehr einleuchtend.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es wird auch zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass auf dem Areal der Kalkrieser Grabungen die gesamte Schlacht stattgefunden hat oder sich das gesamte Heer auf diesem kleinen Raum versammelte.
Ich will nichts unterstellen, aber das geäußerte Argument "da ist zu wenig Fundmaterial als das hier ein ganzes römisches Heer gekämpft haben könnte" klingt mehr nach vorgefertigter Meinung als nach Informationsaustausch.

Sei es Alesia, Bonn, Köln, Remagen, sei es die Nervierschlacht oder Krefeld-Gellep: wenn (!) wir denn mal ein Schlachtfeld finden (obwohl wir in einigen Fällen recht genaue Vorstellungen vom Ort haben), liegt dort nicht der Brüll der Schlacht rum sondern nur jene Reste, die entweder vergraben / mitbestattet wurden oder nicht abgefischt wurden.
Selbst bei Schlachten der Neuzeit ist das Fundgut längst nicht so umfangreich, wie du es hier beschreibst. Auch napoleonische Armeen oder die Truppen des Sezessionskrieges gingen in die zehntausende, und trotzdem stolpert man nicht ständig über Musketen, Kavallerieschwerter und Schädelknochen. Eine Ablehnung also daraus zu konstruieren, dass eine der reichsten Fundstellen überhaupt noch zu arm sei ist erstaunlich.
Warten wir mal die Publikationen zum neuen Schlachtfeldfund bei Kalefeld ab, dann können wir vergleiche ziehen zwischen dem potentiellen Alesia, Krefeld-Gellep, Kalkriese und Kalefeld. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass eines der anderen Felder mit deutlich größerem Fundpotential aufwarten kann.

Was die Ernährung angeht, so ist die Infrastruktur bei Heerzügen immer ein Forschungsproblem, und nicht ein einziges mal hat sich bei der Behandlung dieses Problemes herausgestellt, dass die Quellen lügen und es diesen Heerzug nicht gegeben hat.
Einige Tage bspw. kann man sich durchaus von selbst mitgeführten Rationen ernähren. Kommt ein Troß dazu (oder besser nach) und steht ausreichend Jagdbeute zur Verfügung kann der Proviant ebenfalls noch einige gestreckt werden. Wir wissen aber leider viel zu wenig über die realen Ernährungsgewohnheiten der Germanen um deren Bedarf auch nur ansatzweise deuten zu können. Auch sind die Speicherkapazitäten dieses Volkes (s. mein vorheriges Posting) lange Zeit vollkommen unterschätzt worden. Wie viel also an welchen Orten zur Verfügung stand ist ebenfalls unklar.

Fakt ist aber, und das sagte der Don bereits, dass wir von diversen Kriegszügen erfahren haben, welche die Germanen und andere, ihnen nahe Völker unternommen haben. Das Argument, dabei handelte es sich um Züge und keine Schlacht widerspricht sich dabei völlig, denn eine Schlacht ist immer nur Höhepunkt eines Kriegszuges. Und ob die Stämme die gegen Varus zogen mit den Gebieten durch die sie zogen anders verfuhren, nur weil sie auf eine bestimmte Schlacht aus waren wage ich mal zu bezweifeln.
Vielleicht wurden sie freiwillig unterstützt, vielleicht nahmen sie was sie brauchten.
In jedem Fall konnten sich die siegreichen Germanen von den besiegten Römern versorgen (welche mit mehreren tausend Mann über mehrere Wochen im germanischen Gebiet gelagert hatten und trotzdem nicht verhungert waren sondern noch in der Lage, einen mehrtägigen Marsch anzutreten). Und, man helfe meiner Erinnerung auf die Sprünge, steht in den Quellen nicht ausführlich wann und wie der Troß angegriffen bzw. verloren wurde?

Ich stimme aber zu, dass der Inhalt der literarischen Quellen mit angemessener Skepsis zu lesen ist. Das gilt für Befürworter wie Kritiker und all jene, die dazwischen stehen. Wie daraus aber mal die Potenz der Germanen gesteigert ("ein Volk von Profi-Kriegern") und mal reduziert wird ("150 km Reichweite") wird müsste mit Argumenten und Beispielen untermauert werden.
 
Prinzipiell zeigen Deine Antworten die Probleme des schwammigen Bildes. Ich stütze mich nicht auf Dio, um damit Tacitus zu kritisieren. Es war nur ein Beispiel. Genau deshalb bestätigt Dein Einwand diese.

Was willst du damit sagen? Ich finde da gar nichts schwammig - außer vielleicht die Siedlungsgebiete der Germanen. die sind aber nicht so schwammig, dass wir sie nciht ungefähr verorten könnten. Und beiderseits der Weser ist recht eindeutig, vor allem, da die Römer dieses Gebiet gut kannten.

Ob die Cherusker beidseitig der Weser siedelten ist übrigens nicht so sicher wie angenommen.

Sagt wer?

Arminius wird ja auch als "Herr des Harzes" benannt.

Von wem?

Wäre dann doch ein wenig weit bis Kalkriese.
Nehmen wir mal an, Arminius hätte seinen Sitz im Harz gehabt (was jeglicher quellenbasierter Geschichtsschreibung Hohn spottet und allenfalls Spekulation ist), so ist das kein Argument gegen Kalkriese: Da Arminius auch bei Aliso an der Lippe war und westlich der Ems (pontes longi) und wie gesagt die Elbgermanen schon 60 Jahre zuvor bis nach Gallien vordrangen und Arminius selbst es schaffte, sich mit Marbod zu schlagen, der wiederum im heutigen Tschechien sein Königreich hatte, ist Kalkriese nun wirklich nicht aus der Welt.


Auch die Vergleiche mit Marbod und Caesar hinken. Ein ganzer vorbereiteter Kriegs- oder Völkerzug ist etwas anderes als eine Schlacht.

Was hinkt denn daran? War die Varusschlacht, an der mehrere germanische Stämme teilnahmen und die aus dem inneren des römischen Heeres heraus von den Rädelsführern um Arminius organisiert wurde etwa nicht vorbereitet?

Wir diskutieren hier über Möglichkeiten und Varianten des Römerzuges und wissen nicht einmal, wie sich 60- oder gar 100.000 Germanen im Wald versteckt, geschweige denn ernährt haben sollen.

Das Ernährungsproblem gilt für jeden Ort an dem die Schlacht geschlagen wurde, das ist kein Argument für oder gegen eine Schlacht.

Auch wird die Fundlage in Kalkriese maßlos überschätzt. Man führe sich nur mal vor Augen wieviele Einzelteile ein Römer bei sich trug von Sandalenriehmen, Nieten, Rüstungsteilen, Kriegsgerät und weitere Ausrüstungen. Da dürfte ne Menge zusammen kommen. Selbst bei einer Milchmädchenrechnung mit großzügigen Zahlen unter Berücksichtigung einer Plünderung und den Restfunden auf einem größeren Gebiet, könne bei Kalkriese (nach bisherigen Kenntnisstand) eine Auseinandersetzung mit etwa max. 15.000 Personen stattgefunden haben, aber nicht mit 100.000 Kriegern.
Nun ja... 15.000 Römer trifft es wohl. Aber solcherlei Hochrechnungen sind - mit Verlaub - Blödsinn! Ganz abgesehen von den Plünderungen würde eine ernsthafte Aussage dazu ja mindestens verlangen, dass das Schlachtfeld abgegrenzt und flächendeckend ergraben ist. Bisher ist nicht einmal der Museumspark vollständig ergraben. Das ist eine Aufgabe für mehrere Genrationen.

Eine Ablehnung also daraus zu konstruieren, dass eine der reichsten Fundstellen überhaupt noch zu arm sei ist erstaunlich.

Sic!
 
Ich würde es nicht so formulieren. Zwar sind die Mitglieder der meisten germanischen Stämme durch die ständigen Fehden untereinander sicher auch als Krieger zu bezeichnen, die archäologischen Funde von Gehöften und ihrer Kultur legen aber ein Bauernleben ebenso nahe, wie die schlichte Notwendigkeit des Überlebens. Ein Leben im permanenten Kriegszustand ohne Landwirtschaft bzw. Zivilleben ist eben für eine Gesamtbevölkerung nicht möglich. Selbst eine Wirtschafts- und Industriegroßmacht kann dies nur über wenige Jahre aufrecht erhalten, wie die jüngere dt. Geschichte zeigt.
Aber selbst wenn man dies so radikal sehen wöllte, wie du es hier vermitteln willst, stellt sich die Frage, was daran Integration in das römische Heer (im Sinne von Ausbildung, Techniken, Taktiken usw.) verhindern solle oder die Germanen auf den Gedanken: "Stopp, wir dürfen keinen Wall (nach römischen Vorbild) bauen"?

Nach Thomas Fischer (Prof. für Archäologie der römischen Provinzen, Uni Köln, 2005) lebten die Germanen in einem Territorium stets rivalisierender und verfeindeter Stämme. Stammeskonflikte und Raubzüge waren an der Tagesordnung und dazu kamen dann noch Wanderungen ganzer Stämme nach neuen Siedlungsgebieten. Die Römer und Griechen haben nur wenige dieser permanenten Auseinandersetzungen schriftlich überliefert.

Die Germanen lebten i.d.R. in kleinen Siedlungen, die sich in bestimmten Gebieten auch alle paar Jahre verschoben. Diese Sippen schlossen sich zu Stämmen zusammen. Zur Verteidigung seiner Sippe blieb nur die Kampfkraft der jeweiligen männlichen Bevölkerung. Es konnte im Verteidgungsfall kein überregionales Militär (wie bei den Römer die Legionen) gerufen werden. Wollte man in dieser Zeit überleben, so mußte man sich gegen den Gegner zur Wehr setzen. Es gab auch Stämme, die diesen Druck nicht mehr gewachsen waren, z.B. Ampsivarier, Ubier, ...


Und selbst im Mittelalter waren die Dauerfehden der Ritter berühmt. Permanent Krieg führen war deren Hobby. Meist nicht gegeneinander, sondern gegen die Landbevölkerung des Feindes. Und so eine Fehde war schnell ausgerufen. Sie mußte nur veranschlagt werden und ein gewisser zeitlicher Rahmen eingehalten werden und schon ging es los. ;)




Du willst also die Kelten als ungefährlich hinstellen oder als weniger "Krieger" als die Germanen? ihren ständigen Zwistigkeiten, so zeichnet sich hier kaum ein anderes Bild von den Kelten ab. Aber das nur am Rande, um klar zu stellen, dass mir nichts entgangen ist, aber ich nicht zu Klischeedenken neige.

Ja, eindeutig gab es bei den Kelten eine adlige Herrschaftsschicht, die bestens ausgerüstet und kriegserfahren war. Allerdings gab es bei den Kelten schon größere Städte und Siedlungsräume, die durch Arbeitsteilung der Bevölkerung gekennzeichnet waren. So gab es Handwerker, Bauern,...
Die Kelten waren den Germanen in der Entwicklung um ein paar Jahrhunderte voraus.
Die Zwistigkeiten der Kelten und vor allem dem des dortigen Adel unterschieden sich nicht von den Germanen. Allerdings bestanden die keltischen Heere aus einem großen Teil von Bauern und Handwerkern, die nicht im täglichen Umgang mit Waffen geübt waren. Siehe hierzu auch Alesia. Dort kommt ein riesiges gallisches Heer (Cäsar berichtet von 200000 Mann, das aber nur über ca. 60000 Krieger verfügte), daß Cäsar mit der germanischen Reiterei ins Chaos stürzt. Und es kam auch vor, daß sich nur die adligen Anführer im Zweikampf duellierten und der Rest des Heeres kampflos aus dem Konflikt herauskam. Die wilde Zeit der Kelten war vor der Zeitenwende weitestgehend vorbei.

Und so war die Furcht der Kelten vor den Germanen nicht unbegründet. Als Rom Gallien besetzt hatte, blühte der gallo-römische Handel richtig auf, während die einzelnen Stämme nahezu kriegsuntauglich wurden (siehe auch Tacitus). Eine Ausschaltung der keltischen Adelsschicht in ihrer eigenen Souveränität und schon bestand Ruhe mit den keltischen Stämmen.
Daher war es auch für die Römer leichter Britannien zu erobern. Die Kelten haben über Jahrhunderte ihre Kriegstaktik unwesentlich geändert. Meist war der Zweikampf das Ziel (Trophäe der Kopf;)). War der erste Sturmangriff nicht erfolgreich, so verloren die Kelten schnell das Interesse an der Schlacht. Während bei den Germanen immer wieder von Scheinrückzugen berichtet wurde, um erneut anzugreifen. Das kann man nur mit Kriegern durchführen, die den Kampf gewohnt waren und nicht mit Bauern, die man schnell einmal zwangsrekrutiert hat.



Auch diese Diskussion hatten wir bereits. Einige archäologische Grabungen haben mittlerweile als "Speicher" zu bezeichnende Bauten verortet. Such doch einfach mal in diesem Forum danach, und dann dürfte schnell klar werden, warum Hans Delbrück zwar ein Fundament der modernen Kriegsforschung darstellt, aber durchaus alt "in die Jahre gekommen Literatur" zu bezeichnen ist.

Delbrück lebte noch in einer Zeit, in der Pferde das Transportmittel des Militärs darstellten. Aus seiner Erklärung heraus hat er ein römisches Lager in Paderborn vermutet, das von anderen Lagern auch unabhängig existieren konnte. Und in Anreppen hat man es dann gefunden....;)

Delbrück machte sich noch Gedanken, über die heutige Strategen sich gar nicht mehr den Kopf zerbrechen.

Malcolm Todd jedenfalls schreibt : "Die Nutzung der Ressourcen des Landes begann schon mindestens 4000 Jahre bevor die Germanen überhaupt in der europäischen Geschichte erscheinen (gemeint ist die Klassifizierung nach Caesar, Anm. Tib.). Bereits von einem frühen Zeitpunkt an gab es relativ große und hoch entwickelte Siedlungen."
Und weiter:
"Uns stehen heute weit mehr Daten über eine breitere geografische und chronologische Spanne zur Verfügung als dem antiken Beobachter."
Woraus u.a. folgendes folgt:
"Spätestens im frühen ersten Jahrhundert bestanden bereits ansehnliche Langhäuser mit zusätzlichen Vorratslagern." Bezogen auf die ergrabene Siedlung bei Feddersen Wierde.
M. Todd, Die Germanen, von den frühen Stammesverbänden zu den Erben des Weströmischen Reiches, Stuttgart, 2000, S. 61 ff.

4000 Jahre vor den Germanen? Ja, da lebte eine ganz andere Gesellschaft. Oder sind wir heute auch noch Germanen?
Die Vorratslager dienten nur zum Eigenversorgung. Lagerhaltung für einen weitergehenden Handel kannten bis dahin nur die Kelten. Für die Germanen und ihren miserablen Helwegen war das auch ein Problem. Nicht umsonst haben die Römer ihre Nahrungsmittel nach Germaninen geliefert. Die einheimische Bevölkerung hätte die Legionen nicht versorgen können. Und wenn Nahrungsmittel eingeholt wurden, so fehlten sie dann der germanischen Bevölkerung. Das bedeutete wieder Unruhe... Und Hungersnöte waren bei den Germanen nicht selten. Tacitus beschreibt das doch in seiner Germania, daß die Germanen Getreide in großer Menge anpflanzten, aber noch nicht einmal den Herbst kannten.

Ein Germane kann auch mit einem nordamerikanischen Indianer verglichen werden. So ein Winnetou war auch zu stolz Felder zu bestellen, sondern eher die Jagd und der Krieg standen im Vordergrund.



In diesem Zitat dürfte die damalige Sichtweise der Dinge schon durch die Bezeichnung „Wildlinge“ klar hervorgehoben werden. Das die Germanen Krieger waren ist unstrittig, dass jeder einzelne Germane ein herausragender Krieger war ist überzogen, und daraus eine Ablehnung praktischer Methoden zu konstruieren nicht nachvollziehbar.

Nicht nur die römischen Legionäre waren Berufssoldaten. In den Germanen fanden sie ein Volk, daß gegliedert in einzelne Stämme äußerst kriegerisch war und somit den Expansionsdrang der Römer in Europa stoppte und schließlich auch zum Untergang des Imperiums führte.



Den möglichen Zweck des Walls haben die Archäologen mehrfach beschrieben und auch in diesen Themen wurde er zur genüge erläutert.
Dass der Wall scheinbar durch Römer bestürmt wurde ist eigentlich auch selbst erklärend...

Ja...man kann auf youtube sich auch ein paar Videos ansehen. Dort versuchen Laien diese Schlacht nachzuspielen. Und selbst da erkennt man, daß ein Rückzug bei einem Ausfall aus den Toren zu erheblichen Problemen führt, sprich Stau.
Ich habe hier im Forum mir die Beiträge schon durchgelesen (gerade von Cherusker und Cato d.Ä. wurde ich in meiner Meinung überzeugt)....und ich vergaß doch glatt das Bettgestell.=) Mit dem wollten die Römer wohl den Wall stürmen?;) Am Ende der Varusschlacht schleppen die Römer also ein Bettgestell mit herum? Tzz tzz tzz....Sachen gibt es.
 
Ermahnung

Ich habe hier im Forum mir die Beiträge schon durchgelesen (gerade von Cherusker und Cato d.Ä. wurde ich in meiner Meinung überzeugt)....und ich vergaß doch glatt das Bettgestell.=) Mit dem wollten die Römer wohl den Wall stürmen?;) Am Ende der Varusschlacht schleppen die Römer also ein Bettgestell mit herum? Tzz tzz tzz....Sachen gibt es.

Wenn du dir hier im Forum die Beiträge wirklich durchgelesen hättest, dann wüsstest du auch das wir hier keine Mitdiskutanten und Mitglieder auslachen, beleidigen und deren Meinungen ins lächerliche ziehen. Dies ist nicht der Diskussionsstil den wir hier pflegen. Für den Fall, dass du die Forenregeln nicht gelesen hast, was ich annehme, hier noch einmal:

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Es wird auch zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass auf dem Areal der Kalkrieser Grabungen die gesamte Schlacht stattgefunden hat oder sich das gesamte Heer auf diesem kleinen Raum versammelte.

Tja...es wird doch wieder behauptet, daß dort die Endschlacht stattfand. Zwischenzeitlich war wohl eine andere Meinung vorherrschend...



Sei es Alesia, Bonn, Köln, Remagen, sei es die Nervierschlacht oder Krefeld-Gellep: wenn (!) wir denn mal ein Schlachtfeld finden (obwohl wir in einigen Fällen recht genaue Vorstellungen vom Ort haben), liegt dort nicht der Brüll der Schlacht rum sondern nur jene Reste, die entweder vergraben / mitbestattet wurden oder nicht abgefischt wurden.

Bei der "Schlacht am Harzhorn" werden aber genau diese Funde getätigt. Anhand der Funde und deren Lage läßt sich ein ziemlich genaues Schlachtbild darstellen. Siehe hier auch die neue Ausgabe "National Geographic".
Dr. Michael Geschwinde und Dr. Petra Löhne haben auch über Roms vergessenen Feldzug in einem Vortrag berichtet. Und demnächst gibt es dazu noch einen Vortrag in Kalkriese von Dr. Moosbauer.



In jedem Fall konnten sich die siegreichen Germanen von den besiegten Römern versorgen (welche mit mehreren tausend Mann über mehrere Wochen im germanischen Gebiet gelagert hatten und trotzdem nicht verhungert waren sondern noch in der Lage, einen mehrtägigen Marsch anzutreten). Und, man helfe meiner Erinnerung auf die Sprünge, steht in den Quellen nicht ausführlich wann und wie der Troß angegriffen bzw. verloren wurde?

Bei Varus wurde der Troß verbrannt, während er bei Caecina verloren ging.
 
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Ich rate dir dringend, diesen Hinweis ernstzunehmen und dich danach zu richten.


Entschuldigung. Ich habe hier nur den Beitrag #1714 von El Quijote (Moderator) gelesen und gedacht, daß das auch anderen erlaubt ist.
 
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