Muss die römisch-germanische Geschichte umgeschrieben werden?

Ich bin leider nicht fündig auf der Suche nach der Dokumentation geworden, weiß jemand, ob dieser Film noch irgendwo im Netz oder in einer Mediathek stecken könnte?

Also heute erst gesehen:
LOOKS Film & TV - "Rätsel Römerschlacht"
Leider habe ich keinen Sendetermin gefunden.
Die NG gibt auch nicht viel neues her...

Der von Sascha genannte Beitrag ist die Dokumentation, die ich meinem obigen Posting gemeint habe.

Hier noch ein Beitrag von 2008: 3sat.Mediathek - Video: Ein römisches Schlachtfeld in Niedersachsen entdeckt (nano, 15/12/08)
Die Reihe "Die Germanen" ist zu alt für das Harzhorn.

Danke, El Quijote, auch ein schöner Beitrag!:winke::winke::winke:

Ein Buch darüber wäre mir ehrlich gesagt auch lieber. Gibt es da schon was? Wahrscheinlich nicht.

Hier ist doch schon mal was zum Thema:

Im Band Konflikt zur Ausstellung Imperium - Konflikt - Mythos befindet sich auch ein Artikel zum Schlachtfeld am Harzhorn: Roms vergessener Feldzug. Das neu entdeckte Schlachtfeld am Harzhorn in Niedersachsen. Beteiligte Verfasser sind Michael Geschwinde, Henning Haßmann, Petra Lönne, Michael Meyer und Günter Moosbauer. Der Artikel befindets ci aufden Seiten 228 - 232 und in der Literaturangabe sind zwie weitere Artikel angegeben, einer von allen Autoren gemeisnam, einer nur von P. Lönne und M. Geschwinde in Archäologie in Dtld. Der Artikel von allen Autoren mit einem Leicht abgeänderten Titel Roms vergessener Feldzug. Die Entdeckung eines römischen Schlachtfeldes des 3. Jahrhunderts am Harzhorn bei Kalefeld erschien in Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen 1/2009, ich gehe davon aus, dass er - die Länge würde jedenfalls passen - mehr oder weniger identisch ist mit dem aus dem Ausstellungsband.

In dem Artikel wird bestätigt, dass Holzschaftreste in den Pfeil und Bolzenspitzen gefunden wurden, und anhand dieser die C-14-Methode angewandt werden konnte, mit der der Zeitraum der Schlacht auf 130 - 250 AD eingegrenzt werden konnte. Da durch andere Funde der tpq auf 225 präzisiert werden kann, bleibt für die Schlacht nur der Zeitraum 225 - 250 AD.
Davon, dass die Hölzer afrikanischen Ursprungs wären - wie in den Pressenachrichten zum Teil -, ist nirgendwo die Rede.
Nur die orientalische Herkunft der Bogenschützen wird aus den dreiflügeligen Pfeilspitzen hergeleitet, die man besondes bei Reflexbögen brauche. Für die Schlacht stehen in dem eingrenzbaren Zeitraum zwei Kaiser zur Auswahl, Alexander Severus und Maximus Thrax, der eine in den Quellen als Schlacht im Moor bezeichnete Schlacht schlug, bei der auch die maurischen und persischen Kontingente anwesend waren, weshalb dahin tendiert wird, die Ereignisse am Harzhorn in diesen Kontext zu setzen (was allerdings nicht heißen soll, dass die Ereignisse am Harzhorn die Schlacht im Moor darstellten). Letztlich basiert diese Zuordnung aber wohl nur auf den Pfeilspitzen.
 
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Rätsel Römerschlacht
Dokumentation 52'
Eine Produktion der LOOKS Medienproduktionen GmbH, in Koproduktion mit dem NDR, in Kooperation mit GA&A
Ein Film von Florian Dedio
Produktionsleitung: Marco Voss
Produzent: Gunnar Dedio
Redaktion: Carola Meyer /NDR
Kontakt: florian.dedio@looksfilm.tv

„Die Schlacht am Harzhorn“ erzählt die Geschichte von Roms letztem Feldzug nach Germanien, und die Konsequenzen, die dieser Feldzug sowohl für das Römische Reich, wie auch für die Stämme der Germanen haben würde. ..."
Schade, verpasst! Den Film würde ich mir gerne mal anschauen. Aber dass es der "letzte Feldzug" der Römer nach Germanien gewesen sein soll? An dieser gewagten These habe ich erhebliche Zweifel: Von Konstantin ist überliefert, dass er Anfang des 4. Jahrhunderts im Gebiet der Franken (also rechtsrheinisch) operiert hat, die Franken geschlagen und deren Könige gefangen genommen hat. Ihren letzten Auftritt sollen sie im Amphitheater von Trier gehabt haben. Auch wenn die Quelle dafür der kaisertreue Eusebius ist, der Konstantin über den grünen Klee lobt, passt der erwäühnte Feldzug gut zu Konstantins rheinischer Konsolidierungspolitik zu Beginn des 4. Jahrhunderts.
 
Der letzte Feldzug war es definitiv nicht! Sogar Gratian überquerte noch als letzter römischer Kaiser den Rhein und stieß nach Germanien vor.
 
Hallo allerseits,

bereits vor längerer Zeit hatte hier ein Teilnehmer vermutet, der Feldzug des Maximinus Thrax könnte in der Sicherung von Bodenschätzen begründet gewesen sein.

Nur etwa 20 km vom Schlachtfeld am Harzhorn entfernt, in Düna bei Osterode, wurde in den 80er Jahren eine Siedlung ausgegraben, in der nachweislich schon in der frühen Kaiserzeit Eisen, Kupfer und möglicherweise auch schon Silber aus dem Harz verhüttet wurden.

"Die interdisziplinär untersuchte Siedlung bei Düna lässt eine Siedlungkontinuität von der
Römischen Kaiserzeit bis ins späte Mittelalter erkennen. Am Zusammenlauf
zweier Bäche wurde eine kleine kaiserzeitliche Gehöftgruppe ergraben. In den zur Siedlung gehörenden Rennfeueröfen konnte die Verhüttung von Erzen aus dem Rammelsberg bei Goslar im Harz seit dem ersten Jahrhundert nachgewiesen werden. Das Fundgut lässt sich der rheinwesergermanischen Kulturgruppe zuordnen, die im nordwestlichen Thüringen bis etwa 200 n. Chr. sehr häufig nachweisbar ist (KLAPPAUF & LINKE 1990; KLAPPAUF & LINKE 1996).
->http://webdoc.sub.gwdg.de/diss/2005/begemann/begemann.pdf

Weiter unten finden wir:
"Etwa am Übergang vom 2. zum 3. Jh. n. Chr. veränderten sich diese Bestattungsriten im
westlichen Thüringen und im Harzgebiet drastisch. Körpergräber mit zum Teil sehr reicher
Beigabenausstattung lassen sich aus dieser Zeit finden. Sie gehören dem Formenkreis der
elbgermanischen Kultur an. Ein solches reich ausgestattetes Körpergrab konnte ebenfalls
bei Nordhausen, in unmittelbarer Nähe des oben erwähnten Brandgräberfeldes,
nachgewiesen werden. Die aus dieser Zeit reichlich überlieferten Grabbeigaben
lassen intensive Beziehungen zum römischen Reich bis hin zu einer Übernahme römischer
Alltagsgewohnheiten erkennen (PESCHEL 1994)."
-> http://webdoc.sub.gwdg.de/diss/2005/begemann/begemann.pdf

Danach scheint es, als seien die römischen Unternehmungen am Harz im 3. Jh. erfolgreich gewesen, sprich, die widerborstigen Wesergermanen wurden vertrieben und die Gegend für die verbündeten Elbgermanen gesichert.
 
In der aktuellen National Geographic wird ausführlich über die Schlacht berichtet und Hintergrundinfos werden aufgelistet.

(235 n. Chr.) Es handelt sich bei der Schlacht um eine Auseinandersetzung erfahrener germanischer Guerillia Truppen und einem rel. kleinem Verband röm Soldaten, welcher auf dem Rückzug ins Winterlager, in Mainz war. Sie waren einer von vielen kleinen Verbänden, unter dem Befehl des damaligen (ersten) Soldatenkaisers Maximus Thrax. Er schlug die Alamannen in ihren eigenen Siedlungsgebieten an der Elbe.
Dieser Fund lässt das römisch - germanische Verhältnis insofern anders da stehen, indem keiner mehr erahnte, dass die Römer in diesen Zeiten so weit ins innere Germaniens vorrückten. Außerdem dachte man an Caracallas Sieg im Jahre 213 über die Alamannen, nicht mehr als 50 Meilen hinter dem Limes (Vorfeldkontrolle).

Schlachtverlauf:
Ein kleiner Verband der Römer zog sich, wie gesagt, von ihren Feldzügen aus dem inneren Germaniens zurück. Die Germanen planten einen Hinterhalt zwischen einer Anhöhe und sumpfigem Gebiet
-erste Gefechte
Die Germanen werden von den römischen Soldaten verfolgt und ziehen sich nach Süd/Westen zurück. währenddessen gehen röm. Artilleristen 400m weiter westlich in Stellung
-die Germanen werden in die Zange genommen und geschlagen

Waffen/Soldaten
Entscheidend in dieser Schlacht waren die römischen Ballistae:
-zum einen Scorpiones, handliche Geschütze die auf mittlere Distanzen
sehr präzise schossen
-und Carroballistae, welche auf Karren montiert waren
Nachbauten von solchen Geschützen zerschlugen auf eine Entfernung von 80m dicke Eisenbleche. Von diesen Geschossen, von denen viele am Fundort gefunden wurden, sind die Germanen förmlich zersiebt worden.
Neben den röm. Legionären waren wahrscheinlich noch syrische Bogenschützen (Hasutruppe des vorherigen Kaisers A. Severus), dunkelhäutige Mauretianer (von M. Thrax, welcher Mauretanien verwalten durfte abkommandiert, schleuderten Speere weit und präzise) und Kataphrakten (furchteinflößende Panzerreiter, von Kopf des Reiters bis Fuß des Pferdes gepanzert, durchritten feindl. Linie und ritten alles zugrunde), an der Schlacht beteiligt.

Das war eine kurze Zusammenfassung des Artikels der Juli Ausgabe der National Geographic Deutschland.

Wer sich für die "Schlacht am Harzhorn" interessiert, sollte sich das aktuelle Magazin kaufen. ;)
 
Er schlug die Alamannen in ihren eigenen Siedlungsgebieten an der Elbe.
;)

Danke für die Zusammenfassung :yes:. Die Ausgabe werde ich mir auch noch mal organisieren. Aber wieso Alamannen?

Die hatten doch ihr Siedlungsgebiet doch weiter südlich in der Antike (dachte ich zumindest).
Sind vielleicht die Franken gemeint?

Hat man irgendetwas gefunden, was speziell auf Alamannen hindeutet?
 
Ich habe dir mal ein Bild, welches in der NG aufgeführt wird angehängt. Auf der Karte sieht man das Siedlungsgebiet der Alamannen. Die Siedlungsregionen der germanischen Stämme haben sich ja im Laufe der Zeit oft verändert...

daher vielleicht deine anderen Informationen
 

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Die Karte ist unseriös, sie vermengt Fakten. Da wo der rote Kreis gezogen ist, siedelten die Hermanduren, die zur Entstehung der Alemannen und Thüringer allerdings beitrugen.

Ob die Römer wirklich wussten, wer da zuvor im Sudwesten überfallen und geplündert hat, geschweige von wo diese Räuberbanden wirklich herkamen? Solche römischen Racheaktionen werden, wie im Wilden Westen die "Vergeltung" an Indianern, oft die Falschen getroffen haben.
 
Ja, vor allem griffen sie ja nicht mehr als ein stamm an, sondern meist fanden sich die Germanen in offenen Verbänden zusammen. Die Karte ist aus der natoinal Geographic ich weiß nicht wie seriös diese Karte ist, aber die ng ist denke ich schon seriös...
Bist du dir denn sicher, dass dort und zu dieser Zeit die hermanduren siedelten?
Auserdem sind auf der Karte keine Grenzen oder dergleichen eingezeichnet...

Die Römer wollten sich an den alamannen rächen, da diese (bzw. Offene Verbände, Frauen und Kinder kämpften nicht) zuvor den Limes gewalttätig überschritten,
limeskastelle niederbrannten und die Städte, die durch den Limes geschützt waren plünderten und niederbrannten (Auslöser dafür waren Missernten und Hungersnöte). Viele röm. Soldaten hatten Familie in diesen Städten und brannten auf Rache, doch der damalige Kaiser A. Severus wollte eine friedliche Lösung herbeiführen, weshalb er 235 von seinen Dienern erstochen wurde. M. Thrax ermöglichte den Soldaten dann, in die Offensive zu gehen. Natürlich weiß man nicht in welchen Außmasen die Römer angriffen, natürlich wäre es nicht gerechtfertigt den Stamm, samt Frauen und Kindern anzugreifen...

Tatsache ist dass sie dort, im Nordosten angegriffen haben.
 
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Danke für die Zusammenfassung :yes:. Die Ausgabe werde ich mir auch noch mal organisieren. Aber wieso Alamannen?
[...]
Hat man irgendetwas gefunden, was speziell auf Alamannen hindeutet?

Das ist in der Tat merkwürdig. Die Alemannen werden zu den Elbgermanen gezählt, von denen wir wissen, dass sie ab dem 3. Jh. den Harz beherrschten und römische Sitten übernahmen.

Die archäologischen Befunde aus Düna und Umgebung sprechen vielmehr dafür, dass die Schlacht am Harzhorn mit der Vertreibung der Rhein-Weser-Germanen (Cherusker & Co.) zu tun hatte, die am Harz ab dem 3. Jh. nicht mehr nachgewiesen werden.
 
Die Römer wollten sich an den alamannen rächen, da diese (bzw. Offene Verbände, Frauen und Kinder kämpften nicht) zuvor den Limes gewalttätig überschritten, limeskastelle niederbrannten und die Städte...

Das Problem dabei ist, dass die zeitgenössischen Quellen nur von "Barbaren" bzw. "Germanen" sprechen. Viele Wissenschaftler (wie auch Geuenich) gehen davon aus, dass der Name der "Alemannen" erst später in der späteren Abschrift des Cassius Dio eingefügt wurde, auch die Alemannen-Bezeichnung des Aurelius Victor (bzw. des um 400 wirklich schreibenden anonymen Fälschers) scheint nicht historisch zu sein (da Caracalla den Beinamen Alamannicus Maximus niemals trug). Womöglich war der Alemannen-Name überhaupt vor dem Fall des Limes unbekannt.

Auch in den von dir beschriebenen Ereignissen von 233-235 schreibt eben keine historische Quelle (Sex. Aurelius Victor; Herodianus; Scriptores Historiae Augustae) von Alemannen, sondern eben nur von Germanen.

Also selbst wenn es bereist damals Alemannen gab bzw. die Römer schon damals germanische Gruppen als Alemannen zusammenfassten, kann man natürlich nicht sagen, dass diese Schlacht gegen diese geführt wurde. Und die Karte stimmt in diesem Punkt natürlich auch nicht.
 
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Okay, leider kenne ich mich mit den historischen Quellen nicht so gut aus...

Die Schlacht am Harzhorn wurde gegen Germanen (genauere Stammesbezeichnung ist nich vorhanden) geführt.
 
Siehe dazu, brandneu heute am Kiosk, die aktuelle deutsche Ausgabe von National Geographic.
Die Rache der Römer - NATIONAL GEOGRAPHIC

Mittlerweile habe ich den Artikel auch gelesen. Übrigens ist auch eine gekürzte Fassung online verfügbar.

Für mich neu und hochinteressant war zum einen, daß die Römer auch fremde Waffentechnologie einsetzten (so wurden auch in Deutschland Panzerreiter vom Euphrat sowie Bogenschützen aus Nordafrika eingesetzt), zum anderen, daß es ca. 200 Jahre nach dem Scheitern der rechtsrheinischen Expansionspläne wieder Kaiser gab, die über eine Verschiebung der Reichsgrenze nach Osten nachdachten (aus dem o. g. Artikel):

Den Winter 236/237 verbrachte Maximinus Thrax im heutigen Serbien. Er reorganisierte das Heer für einen abschließenden Feldzug, mit dem er das Germanenproblem ein für alle Mal aus der Welt schaffen wollte. Ganz im Stile Marc Aurels war es für ihn unausweichlich, Germanien zur römischen Provinz zu machen.
Doch bevor der Kaiser losschlagen konnte, verhinderte im Frühjahr 237 ein Angriff der Goten an der unteren Donau den Vorstoß. Im Jahr darauf starb Maximinus Thrax durch die Schwerter seiner germanischen Leibwache.

Weiß jemand, welche literarischen Stellen zu diesen Absichten (Schaffung einer neuen Provinz) Auskunft geben?
 
Roemer Germanen schlachtfeld im oder am Harzhorn

Weiss jemand genaueres ueber die Neuentdeckung eines Sclachtfeldes Roemer gegen Gemanen im 3ten Jahrhundert nach der Varusschlacht, im Landkreis Northeim ?

Gruesse vom Werner Schroth

nach langer Abwesendheit, vom Forum, habe mein liebes Frauchen von 58 Jahren, ins Pflegeheim bringen muessen, wegen Alzheimer.:cry::cry::cry:
 
Spannende Funde auf Römer-Schlachtfeld - Service - sueddeutsche.de

Dann bin ich ja mal gespannt, was nächsten Mittwoch für sensationelle Neuigkeiten verkündet werden

Süddeutsche Zeitung schrieb:
Die Funde gäben Aufschluss über die Zusammensetzung und die Kampftechnik der römischen Truppen und könnten sogar das Bild von Römern und Germanen im dritten nachchristlichen Jahrhundert verändern. Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) will Einzelheiten auf einer Pressekonferenz am 25. August in Bad Gandersheim vorstellen.
 
Übrigens mal generell ein Dank für die Infos und Links, mit denen der Thread aktuell gehalten wird. :) Ich bin auch schon sehr gespannt auf die neuen Ergebnisse.
 
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