Cherusker schrieb:
Im Tacitus behauptet Marbod: "Er aber habe, von 12 Legionen angegriffen, den Ruhm der Germanen unbefleckt bewahrt, und dann habe man sich nach Abschluß eines Vergleichs getrennt." Tacitus 2.Buch Annalen
Tacitus ist aber zum Beispiel umgekehrt zur römischen Propaganda viel zu progermanisch! Er wollte ja, z.b. mit seiner Germania den dekadent und weich gewordenen Römern der Kaiserzeit ein Idealvolk vorhalten, viele Aussagen bei Tacitus muß man in dem Kontext sehen. Dazu war Tacitus, mir sehr symphatisch, ja noch ein später Bewunderer und Anhänger der Republik, und gegen die Kaiserzeit eingestellt, daher auch seine Schlechtmachende Darstellung der Kaiser und ihrer Herrschaft.
Allein so ein Text, wie Ruhm der Germanen unbefleckt, zeigt doch, dass dies nie so von Marbod gesagt worden sein kann, die „Germanen“ empfanden sich doch gar nicht als Germanen, ernst nehmen würde ich das, wenn er vom Ruhm der Markomannen gesprochen hätte, aber Germanen war zu dieser Zeit doch ein Begriff, den vor allem die Römer verwendeten. Da hätte ich zum Beispiel noch die Frage, in wie weit die Völker unter Marbods Herrschaft Kelten waren?
Cherusker schrieb:
Römische Waffen:
Woher sollten die Germanen die römischen Waffen vor der Schlacht im Teutoburger Wald gehabt haben? Römische Waffenlieferungen??
Zum ersten, gab es ja schon vor der Varusschlacht Kämpfe zwischen Germanen und Römern, zum zweiten, setzten die Römer ja germanische Hilfstruppen im Ausland ein, und soweit mir bekannt wurden die Auxilliare, so sie schlecht bewaffnet waren schon mit besseren, römischen Waffen ausgerüstet. Außerdem war deine Ausgangsaussage folgende: Tacitus habe erwähnt, erst mit den Feldzügen des Germanicus hätten die Germanen dann römische Waffen erbeutet, ich habe dazu geschrieben: Das sie direkt NACH der Schlacht vom Teutoburger Wald wohl die Waffen der 3 Legionen mitgenommen haben, ich verstehe also daher hier den Unterschied nicht, zwar ist es auch möglich, dass einige Germanen schon vor dieser Schlacht römische Waffen hatten, (Waffenhandel und Schmuggel wird es damals auch schon gegeben haben) aber ich hatte doch explizit geschrieben, dass sie sich mit den Waffen dieser 3 Legionen ausrüsteten.
Cherusker schrieb:
Mit diesen Waffen konnten sie die Römer auf Distanz bekämpfen. Solche Hinweise findet man immer wieder, daß die Römer schon auf einer gewissen Distanz angegriffen wurden und sie mit dem Kurzschwert gegen die langen Lanzen keine richtigen Treffer landen konnten.
Hast du schon mal mit solchen Waffen gekämpft? Ich kann dir versichern, dass diese Aussage nicht richtig ist, aus praktischer Erfahrung. Dazu: hatten die Römer ja noch immer ihre Pila, sehr theoretisch, die Germanen wären in sehr lockerer Aufstellung mit Lanzen ähnlich einem Hoplomachus bei den Gladiatoren vorgegangen, dann hätten die Römer sie trotzdem gegenschlagen können, dass sind verfehlte Vorstellungen, wie so ein Kampf mit solchen Waffen in echt stattfindet.
Cherusker schrieb:
Man kann nicht von einer Eroberung des Gebietes sprechen, da die Römer sich nur über eine Kastellkette in das Gebiet gewagt haben.
Ich weiß nicht, wie du dir sonst eine Eroberung eines Gebietes vorstellst, so macht man das eben, man marschiert ein, besiegt die Einheimischen und errichtet dann Befestigungen, gerade die Vielzahl und die Größe dieser Lager, und ihre Lage selbst zeigen doch klar und deutlich, dass die Römer das Land kontrollierten. Natürlich war es in der kurzen Zeit nicht nachhaltig befriedet, auch in Gallien und anderswo haben die Römer ja viel länger gebraucht, bis sie das Land dauerhaft unter Kontrolle hatten, aber eine temporäre Kontrolle hatten sie.
Cherusker schrieb:
Die Römer schickten auch Expeditionsheere los, die durch das Gebiet zogen und so auch unter Drusus die Elbe erreichten.
Mal abgesehen davon, dass die Römer auch die Elbe überschritten, würde ich das nicht als Expeditionsheere bezeichnen, sondern als Eroberungsheere, diese zogen nicht einfach nach Osten, sondern marschierten von Stamm zu Stamm, und unterwarfen diese dann, bis sie die Elbe erreicht hatten. Das Ziel war ja nicht eine Militärexpedition, sondern die Eroberung dieses Gebietes. Und wenn dass das Ziel war, und man die Elbe zur Grenze machen wollte, dann ist doch ihre Darstellung einer zögerlichen kleinen römischen Intervention, die dann gerade mal das Gebiet durchquert, aber nicht unter Kontrolle bringt einfach falsch. Das wiederspricht doch der ganzen Zielsetzung der Römer in diesem Feldzug.
Cherusker schrieb:
Die Bataver, Friesen und Chauken waren Verbündete der Römer. Ihre Verteidigung gegenüber den Römern war aufgrund der landschaftlichen Begebenheiten nicht möglich. Die Römer konnten über die Küste jederzeit in ihre Gebiete eindringen.
Das hat die Bataver, als Sumpfbewohner im Bataver Aufstand auch nicht gehindert. Die Nordsee mit Ebbe und Flut, dem ganzen Wattenmeer, dem schlechten Wetter und den Problemen für eine Flotte in der Nordsee im Laufe eines solchen Feldzuges, machen es keineswegs so leicht wie du behauptest, per Schiff da zu agieren, und auch zur Fuß ist das nicht so leicht, wenn der Gegner sich in dem flachen Sumpf und Schwemmland bewegt. Trotzdem erfolgten all diese Feldzüge dorthin zur Fuß, und nach 16 nChr ohne nennenswerte Flottenunterstützung, also das genaue Gegenteil des von dir aufgeführten war der Fall.
Cherusker schrieb:
Dagegen haben die Römer die Cherusker nicht mehr behelligt! Da war ein für allemal Schluß. Sehr merkwürdig für Römer, da sie sehr hartnäckig waren und ihre Feinde trotz Niederlagen immer wieder angriffen (siehe Karthago). Das innere Gebiet zwischen Rhein und Elbe war aber für die Römer verloren. Normalerweise wären erneute Feldzüge gestratet worden.
Den Gedanken habe ich ja in meinem Text versucht aufzugreifen, warum waren die Römer in diesem Fall nicht hartnäckiger. An etwaigen Verlusten, selbst in Höhe von 3 Legionen kann es nicht gelegen haben, die Römer haben früher auch höhere Verluste weggesteckt. Das Beispiel Karthago ist aber ganz verfehlt, das war ja ein regulärer Krieg, gegen einen konventionellen Feind, ich würde da viel eher als Beispiel die Numider und die Iberer nennen, vor allem letztere sind mit den Germanen gut vergleichbar, ein leeres Land, statt Wald sehr Gebirgig, und ein extrem zähes, wiederstand leistendes Kriegervolk, dennoch wurden sie von Rom in fast 100 Jahren Krieg Stück für Stück niedergerungen, item, wäre das auch bei den Germanen möglich gewesen, die Mittel des Imperiums hätten dafür gerreicht. Die Frage ist also, warum die Römer nicht weitermachten, und meine Antwort ist die Veränderung der römischen Kultur zu dieser Zeit, die Hellenisierung, die Entvölkerung Italiens, die zurückgehenden Geburtenraten und der Mangel an Italikern im Römischen Reich, kurzum: es gab keine echten Römer mehr, das alte Rom ging paralell zur Zeit von Augustus unter, zurück blieb die Oberschicht, die dekadent und weich geworden war, und ein zusammenerobertes Völkergemisch, dass sich der römisch/griechischen Mischkultur unterwarf, aber das was Rom groß gemacht hat, und dieses Weltreich aufgebaut hat, der Bauernsoldat, der einfache Italiker war untergegangen. Die Römer zur Zeit Karthagos hätten mit den Germanen auf Dauer aufgeräumt, so wie sie auch alle anderen Gegner niedergemacht haben, aber das war zu der Zeit schon lange her, die letzten echten Römer fielen zur Zeit des Bürgerkrieges von Marius und Sulla. Kurzum, die militärisch/soziale Kultur der Römer veränderte sich dergestalt, dass sie nicht mehr in der Lage waren, Krieg bis zum Ende durchzubeißen.
Cherusker schrieb:
Wieso haben die Römer später die britischen Insel erobert und nicht einen neuen Cheruskerfeldzug gestartet?
Wegen der günstigen poltischen Situation auf der Insel, dazu war bei den Cheruskern schon nichts mehr zu holen, nach der Ermordung von Arminius spielten die Cherusker doch nur noch eine Nebenrolle neben anderen, für die Römer viel wichtigeren Stämmen.
Cherusker schrieb:
Oder vertraut man beim 2.Weltkrieg auch auf die Aufzeichnungen der Nazi-Propaganda? Da gab es auch nur Siege! Die römischen Geschichtsschreiber lebten in einem totalitären Staat.
Man kann aber schon bei der römischen Geschichtsschreibung Propaganda und Wahrheit auseinanderhalten, und Übertreibungen und ähnliches erkennen und abziehen. Tacitus übrigens zum Beispiel stellte die Germanen wiederum zu gut dar, als Gesellschaftskritik an Rom war ja eigentlich seine Germania gedacht. So ist es das gleiche mit Livius und Polybius früher, in den Punischen Kriegen, wenn man deren Berichte miteinander und mit den Funden dieser Zeit vergleicht, dann kann man schon gewisse Propaganda Aussagen von Livius revidieren. Daher zieht das nicht, und übrigens stützt sich die Geschichtsforschung auch auf Berichte der Nationalsozialisten über diese Zeit, die kann man nicht einfach weglassen, denn umgekehrt ist auch de facto alles Alliierte Propaganda. Man muß es halt analysieren.
Ein Problem habe ich noch: ihr Vergleich Rom / Nazis zielt ja auf eine Emotionale Wertung gegen Rom hin, zwar waren die Römer vom ethisch moralischen her aus Heutiger Sicht verwerflich, ABER: die Germanen zu dieser Zeit auch kein bisschen besser oder anders. Solche Aussagen die dann Werten, sollten besser belegt sein, als mit nur mit der Behauptung, die Römer wären ähnlich totalitär gewesen, tatsächlich kann man die beiden Systeme Principat und Nationalsozialismus nicht im geringsten miteinander vergleichen, daher ist ihr Vergleich hier wirklich falsch, nur die Aussage: Das alle Völker und Staaten (auch Marbod bei Tacitus!) Propaganda betreiben - übrigens demokratische Staaten heutzutage noch krasser als jemals die Nazi Propaganda – ist richtig.
Cherusker schrieb:
Arminius hatte die Unzufriedenheit im Volk erkannt. Die römische Rechtsprechung stand im Gegensatz zur germannischen Auffassung.
Hat er das?? Welche Unzufriedenheit denn, ging es nicht mehr um die Macht im Stamm? z.B. sein eigener Schwiegervater opponierte gegen ihn und verriet sein Unternehmen erfolglos an die Römer. Viele Stämme im Rheingebiet oder an der Nordseeküste blieben mit Rom befreundet und schlossen sich dem Aufstand nicht an. Ist es nicht vielmehr so, dass dann Arminius den einfachen Germanen eher etwas einredete, als das sie wirklich große Nachteile hätten erleiden müssen. Germanische Stämme am Rhein z.B. kamen offenbar mit der römischen Rechtsprechung sehr gut klar, strebten sie sogar an.
Varus war halt offenbar ungeeignet ist in diese Position nur durch seine Verwandschaft zum Imperator gekommen, der hat halt dann die Germanen schlecht behandelt, und damit den Macht Bestrebungen von Arminius in die Hände gespielt. Das hat aber nur etwas mit dem Fehlverhalten der Person Varus zu tun, nicht mit dem Römischen Rechtssystem, den das war WEIT besser als jedes Germanische. Und überall, wo sich die Römer auch selbst an ihr Rechtssystem hielten und dieses durchsetzten, waren die Unterworfenen Völker davon eingenommen und empfanden es als mit das beste was Rom für sie brachte, so wurde das römische Rechtssystem ja zur Grundlage der gesamten modernen, heutigen Rechtsprechung weltweit.
Beschließend: Wenn man sich mal nur unsere Nutzer Namen ansieht glaube ich nicht, dass wir in dem Punkt je auf einen gemeinsamen Nenner kommen werden, und mir fehlt auch das Wissen, um meinen Standpunkt schlüssig zu beweisen, so bleibt es von meiner wie von deiner Seite reine Hypothese, meiner Ansicht nach war die römische Herrschaft über Germanien durchaus gegeben und zwar nicht stabil, aber doch allgegenwärtig und absolut. Die Germanen waren bis zur Elbe unterworfen, in diesem Sinne des Wortes. Du siehst das anders, aber wir werden da auf keinen Punkt kommen.
Vielleicht können ja andere hier, die sich damit auskennen etwas dazu sagen, wie stark, wie tiefgehend die römische Herrschaft in Germanien vor der Varusschlacht war, und was für Erfolge die Römer danach hatten oder nicht hatten.