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Quintus Fabius
Gast
Die Weserbergketten und die Wälder boten ideale Möglichkeiten das Heer mobil zu halten und ein Ausweichen gegenüber den Angreifern sicherzustellen.
Ja sicher, aber auch das ist ein räumlich begrenztes Gebiet, dass ich auf Dauer schon unterwerfen kann, es ist nur eine Frage, was für Mittel ich einsetze, wenn ich z.B. jeden Sommer, wenn es trocken ist Waldbrände lege, über 50 Jahre immer wieder dort jedes Jahr einfalle und alles töte was ich dort antreffe, alle Quellen mit Leichen vergifte, alle Felder abfackle und Flüsse und Bäche umgrabe, so dass es Überschwemmungen gibt und das immer weiter so treibe, dann wird irgendwann der Wiederstand erlahmen und dann aufhören, wenn ich gleichzeitig die Option des Überlebens unter meiner Herrschaft anbiete.
Wer glaubt das diese Vorgehensweisen zu krass sind, in Iberien sind die Römer 100 Jahre lang so vorgegangen, am Schluß mussten sich die Iberer unterwerfen, genau das gleiche wäre in Germanien möglich gewesen. (dazu unten noch mehr)
Es gab genügend Fluchtburgen für die Bevölkerung.
Wie du selbst so Richtig! geschrieben hast, machten die Germanen nicht den Fehler der Kelten, sich in diese zurück zu ziehen, im Belagerungskrieg konnte man Rom noch nie irgend etwas abgewinnen!
Kampftechnik:
selbst in Alesia hat man keltische Spieße gefunden, mit denen es möglich war, selbst durch ein Schild zu stechen (laut Auskunft der Franzosen).
Es gibt sogar sehr ähnliche germanische Waffen, z.T. verwendeten die auch das keltische Gaesum, auch die Iberer hatten solche Waffen, wie z.B. den Saunion.
Das römische Pilum wurde als Wurfwaffe eingesetzt. Bei einem Angriff diente es die anstürmenden Gegner zu dezimieren und durch das Verbiegen der Spitze die Schilde unbrauchbar zu machen. Im Nahkampf war der Legionär auf sein Schild und das Schwert angewiesen.
Das unbrauchbar machen des Schildes war EIN Hauptziel, aber direkt daneben war es auch Hauptziel, den Gegner schon mit diesem Wurf zu verletzen, das Pilum gleitet in der Mehrheit der Fälle durch den Schild, und zwar bis zum Anschlag, und würde dann bei einem realen Kampf den Arm oder den Körper des Schildträgers treffen. In der Mehrheit der Fälle verbiet sich das Pilum übrigens nicht oder nur wenig, die Geschichte mit dem Verbiegen wird deutlich übertrieben! Auch ohne verbiegen kann man das Pilum im Kampf nicht mehr herausziehen. Bei Alesia fochten die Legionäre auch eine Zeitlang mit den Pila im Nahkampf, dann ordnete Caesar das Werfen an, geworfen wurde von den hinteren Reihen auch, wenn die vorderen Reihen im Nahkampf waren. Wie das Pilum wirklich zum Einsatz kam ist überhaupt eine interessante Frage.
Meine Ansicht ist die, daß die Römer nach anfänglichen Erfolgen gegen einzelne Germanenstämme, gegen einen Zusammenschluß von mehreren Stämmen unter Arminius nichts ausrichten konnten.
Also, dass ist selbst aus progermanischer Sicht falsch. Die Römer haben ja, erfolgreich das ebenfalls aus mehreren verbündeten Stämmen bestehende Markomannenreich invasiert, den pannonischen Aufstand niedergeschlagen (ein viel größeres und numerisch stärkeres stammesbündniss als es den Germanen überhaupt möglich gewesen wäre) und auch die Iberer oder die Kelten wurden, auch als Stammesbündnis niedergekämpft.
Fakt ist, dass die Römer nichts ernsthaftes, großes gegen die Germanen mehr nach 16 n Chr unternahmen, dass ist richtig, sie hätten dass aber durchaus gekonnt (dazu unten noch was)
Außerdem dürfen die Verluste der Cherusker nicht allzu groß gewesen sein, da sie sich ein Jahr später wieder in einem großen Kampf begeben haben (gegen Marbod und seine "ausgeruhten" Truppen).
Marbod war aber durch den Einfall der Römer zuvor und die Verheerungen die die römischen Legionen bei ihm im Land sicher hinterlassen haben, sowie durch interne Kämpfe geschwächt. Gerade der Angriff auf Marbod zeigt meiner Meinung nach klar, was für Motive in Wahrheit hinter dem Handeln der Cherusker stecken!
Mein Fazit: Varus war kein Versager, sondern die Römer sind hier auf einen Gegner getroffen, der ihnen die Schranken aufgewiesen hat.
Varus war der völlig ungeeignete Mann, wenn man sein Werk in Syrien zuvor betrachtet, er erhielt diese Position nur durch seine Verwandtschaft zum Kaiserhaus und trieb Arminius die Germanen zu. Ohne Varus hätte Arminius wohl kaum Rückhalt gefunden, wenn man bedenkt, dass Trotz Varus ein Gros der germanischen Nobilität, darunter die eigenen Verwandten von Arminius sich gegen ihn wandten, sein eigener Schwiegervater verriet seine Pläne an Varus, vor der Schlacht, wäre dieser ein fähiger Römer gewesen, wäre er zumindest viel vorsichtiger gewesen!
Aber wir kommen wirklich auf keinen gemeinsamen Nenner!
Nicht auf diese Weise, oder in Bezug darauf, wir wie die Lage in Germanien um diese Zeit sehen wollen, aber versuchen wir mal einen anderen Ansatz:
Zum ersten würde ich dich gerne fragen, was den deiner Meinung nach das Motiv für Arminius und die ihm untergebenen Cherusker war?
Dann zur Klärung der militärischen Lage:
Nehmen wir mal einen Vergleich, nehmen wir die Iberer, es gab mehr Iberer als Germanen, die Iberer waren genauso kriegerisch oder sogar noch kriegerischer, sie haten eine höherstehende Metallverarbeitung als die Germanen und keinen Mangel an hervorragenden Waffen, an so hervorragenden Waffen, dass die Römer sogar die Iberischen Schwerter übernahmen. Das Gelände war unwegsamer und gebirgiger als in Germanien. Die Römer brauchten de facto fast 100 Jahre ununterbrochenen Krieg, um das Land komplett unter ihre Kontrolle zu kriegen. Immer wieder gab es große Aufstände, die Gesamtverluste in Legionen sind ein Vielfaches dessen, was man in Germanien erlitt.
Nehmen wir also mal im Vergleich nun die Germanen: Gerade mal 20 Jahre waren die Römer im Land, vielleicht 15 Jahre stand ein Teil! Des Landes unter ihrer Kontrolle. Dann verloren sie 3 Legionen und in den nachfolgenden Kämpfen vielleicht wenn man die Verluste addiert noch mal eine Legion, dass ist immer noch nichts gegen die Mühen und Verluste in Iberien!! Dennoch fiel Iberien in Römische Hände.
Warum sollte EIN germanisches Stammesbündnis den Römern überlegen sein?? Warum sollten die Germanen militärisch überlegen sein?????
Nehmen wir das militärische Potential des Römischen Reiches, verfügbare Industrien, verfügbares Menschenmaterial, finanzielle Mittel, und vergleichen das mit dem Maximum, was dieses Stammesbündnis an Kriegern und Waffen und Material hervorbringen konnte, dann hätte Rom auf Dauer unweigerlich gesiegt. Zu sagen, die Germanen seien stärker gewesen, ist genau so, als würde man sagen, die Polen seien 39 stärker gewesen....
Nehmen wir die Einzelne Ausrüstung eines einfachen Römischen Legionärs und eines normalen Germanen, und wir beide müssten auf Leben und Tod damit kämpfen, du hättest vor mir die Wahl, welche von beiden du nehmen würdest, ganz ernsthaft, welche würdest du wählen??
Jeder Legionär war von der Ausbildung wie von der Ausrüstung her dem einzelnen Germanen überlegen!
Natürlich nutzten die Germanen das Gelände, aber das taten die Numider und Iberer auch, natürlich war es in Germanien kälter, dafür kämpften die Numider in der sengenden Glut der Sahara, und in den Bergen Spaniens ist es im Winter auch sehr kalt.
Die Numider kämpften 50 Jahre gegen Rom, die Iberer 100, bei den Germanen gab Rom die Sache nach 20 Jahren auf, warum eigentlich??
Warum sollten die Germanen stärker sein als Rom, diese Frage beantworten sie mir bitte, den Guerilla den sie führten lasse ich nicht gelten, den viele andere Völker die auch im Guerilla gegen Rom kämpften gingen unter. Guerilla bringt überhaupt nichts, wenn der Gegner mit Völkermord agiert und kein Problem damit hat, jede greifbare Zivilbevölkerung zu massakrieren, Guerilla funktioniert dann einfach auf Dauer nicht!!
Also meiner Meinung nach waren es vor allem politische Gründe:
Genannt wurde schon die Bedrohung durch die Parther, dazu kommen noch innenpolitische Gründe. So wie schon früher entsandte man mit Absicht unfähige Feldherrn, damit diese nicht bei Erfolg der Person des Kaisers gefährlich werden konnten, tatsächlich schätzen sehr viele heute das militärische „Talent“ von Germanikus als eher ziemlich mäßig ein, und als er dann doch teilweise Erfolge hatte, wurde er abberufen, weil Tiberius um seine Macht fürchtete, (Germanicus war nämlich sehr populär)
Hallo zusammen! Wäre es nicht auch denkbar, daß die Thronstreitigkeiten in Parthien und Armenien ein wichtiger Grund für den Rückzug aus Germanien war? Im Osten war doch ein gewaltiger Aufruhr im Jahr 16n. So wollte man seine Kräfte darauf konzentrieren, und brach den zeitraubenden Krieg in Germanien ab.
Und das ist wohl der Primär Grund neben solchen Innenpolitischen Überlegungen gewesen, außerdem war Germanien, wenn man von den Gebieten unter Cheruskischer Kontrolle absieht zu dieser Zeit, 16 nChr den Römern noch nicht ganz entglitten gewesen, meiner Meinung nach endete die Römische Kontrolle langsam und schleichend und erst mit dem Bataveraufstand 50 Jahre später endgültig!!
Zur Frage Stammesbündnisse und Militär noch einmal:
Zur Zeit der Markomannenkriege schlug der Imperator Marc Aurel trotz Pest im Reich und massiven Druck der Parther die Germanen und eroberte germanische Gebiete, die dann unter totaler römischer Kontrolle standen. Nur die Pest und sein unfähiger Sohn Commodus verhinderten dann, dass die Römer sich auf Dauer in Germanien wieder festsetzten, die Markomannen dieser Zeit waren aber numerisch stärker als die Cherusker und ihr Bündnis unter Arminius, und Rom war schon einiges Schwächer geworden, dennoch verloren sie!!
Wie man also sieht, ist es klar beweisbar, dass 1 Roms Legionen theoretisch überlegen waren, dass sie aber durch unfähige Führung sich gegen die Germanen unnötig schwer taten, dass stimmt schon, 2 daß auf Dauer, oder mit fähigeren Feldherrn die Germanen besiegt worden wären, wenn man die Kapazitäten der beiden Mächte ansieht, war Rom haushoch überlegen und 3 daß dies vor allem aus politischen Gründen nicht erfolgte, und weil man eben keine richtige Beute dort machen konnte!
Du hast die Frage gestellt, warum dieser Aufwand, wenn dort keine richtige Beute war? Genau das ist der Punkt, genau das ist die Antwort, warum sich die Römer dann zurückzogen, nicht weil sie geschlagen gewesen wären, sondern weil es nichts in die Kasse des Kaisers brachte, und man Mittel gegen die Parther benötigte.
Zur Frage wie man hätte siegen können: Bei der historischen Konstellation hätten die Römer einfach immer weiter machen müssen, dann wäre Germanien gefallen und viel stärker romanisiert Teil des Imperiums geworden. Die Feldzüge von Corbulo oder Marc Aurel zeigen, dass dies auch später noch möglich gewesen wäre!!
Ansonsten war die Anzahl der Legionen (28) auch noch nicht das Maximum das Rom volkswirtschaftlich aufstellen konnte. Es wäre
1 möglich gewesen, noch weitere Legionen, zeitweilig noch 10 mehr aufzustellen und
2 hätte man aus anderen Gebieten durchaus noch Legionen abziehen können, insgesamt hätte man die Zahl der gegen die Germanen eingesetzten Legionen fast verdoppeln können. Hätte man dann ,wie früher gegen andere Völker immer weiter Krieg geführt, wären die Germanen zermürbt worden, höchstwahrscheinlich in einem ähnlichen Zeitraum wie die Iberer, also in einigen Jahrzehnten.
Abschließend Zitate von Reinhard Wolters (progermanische Sicht)
„Doch gab Rom damit (Abzug 16 nChr) nicht jede Kontrolle über die Gebiete rechts des Rhein auf. Teilweise blieben auch bestimmte Gebiet noch Jahrzehntelang Teil des Imperium Romanum.“
„Auf rechtsrheinschem Gebiet gab noch bis ins 1 Jahr n Chr römische Besiedelung, das Gelände wurde von den Rheinlegionen auch als Viehweide genutzt. In der zweiten Hälfte des 1 Jahr n Chr haben wir sogar den Fund einer römischen Ziegelei, auch Bodenschätze, wie die Trachytsteine wurden weiter abgebaut.“
„Kurz darauf in diese Region eingerückten Amsivariern, die sich sogar ausdrücklich der römischen Herrschaft unterwerfen wollten, erging es ähnlich.“
„Doch dauernde Erfolge blieben Germanicus versagt. Die Durchsetzung der römischen Herrschaftsstrukturen gelang nicht, im Feld konnte man die Germanen nicht zum Kampf stellen.“
„Als 14 n Chr Augustus starb, gab es am Rhein eine aufkeimende Meuterei der Truppen, die Germanicus als Nachfolger propagierten.“
„Germanicus überaus leichtsinniges Vorgehen und die vielen militärischen Fehler die er machte führten zu erhöhten Verlusten der Römer und riefen den Unmut des Tiberius hervor.“
„Ganz allmählich entglitt den Römern die Kontrolle über die ihnen verbliebenen rechtsrheinischen Gebiete.“
Wenn man dies alles so liest, und wenn man über das Potential von Rom und von den Germanen nachdenkt, dann komme ich zu dem Fazit:
Germanien war von den Römern unterworfen, das zeigen schon allein die vielen Lagerbauten, und dazu die vielen zivilen, unbefestigten Bauwerke. Dann kam der Cheruskeraufstand unter Arminius und mit seinem spektakulären Sieg über Varus beendete er nicht mit einem Schlag jede römische Herrschaft der Römer, aber er leitete den Verlust dieser Herrschaft ein, viele Gebiete gingen Rom direkt nach der Niederlage verloren, in den restlichen schwand ihr direkter Einfluß im Laufe der nächsten 50 Jahre. Obwohl die Römer versuchten, die abgefallenen Gebiete wieder zu erobern, war ihnen in der Zeit, in der sie es versuchten kein Erfolg beschieden, sie konnten sich nicht durchsetzen.
Sie hätten aber Germanien auf Dauer erobern können, der Grund warum sie nicht weitermachten ist der Wandel ihrer Kultur, die vor sinnlosem Krieg ohne Beute nun zurückschreckte und auch nicht mehr so leicht wie früher zum Völkermord griff, dann innenpolitische Gründe wie die Frucht des Tiberius vor den Rheinlegionen als Kaisermacher (z.B. später Vitellius!) und drittens außenpolitische Gründe wie die Bedrohung durch die Parther, auf die man reagieren mußte
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