Nationalsozialismus-Kaiserreich

Zur Kontinuität-Singularität. ...

@Isleifson

Ich habe eine ganze Zeit gebraucht, um Dein Argumentarium nachvollziehen zu können, was selbstverständlich an mir liegt, mit den beiden oben zitierten Kategorien kam ich endlich, hoffentlich, dahinter.

Ich fürchte, daß es nicht zielführend ist, einzelne Kriegsverbrechen aus dem I. WK und dann eine Tradierung hin zu Kriegsverbrechen im II. WK herzustellen. Sondern vielmehr Kontinuitäten vom Kaiserreich zum sog. III. Reich herzustellen und aber dabei auch entscheidende Diskontinuitäten nicht zu vergessen.

Kontinuitäten aus meiner Sicht:

Die politischen Eliten des Kaiserreiches finden wir, vllt. nicht in den absoluten Spitzenpositionen, auch im III. Reich wieder, dito bei den Verwaltungseliten ("Beamtenschaft").

Das gilt wahrscheinlich noch in viel stärkerem Maße für die militärischen Eliten.

Bei den ökonomischen Eliten gilt das, mit der Einschränkung durch die Arisierungen im III. Reich, ebenfalls.

Auch bei den juristischen Eliten, ist eine hohe Kontinuität zu konstatieren.

Hier sollte eine soziohistorische Sicht m.E. entscheidend sein und keine individualgeschtliche, den biographische "Brüche" wird es immer geben.

Diskontinuität:

Durch die NS Ideologie und Herrschaft wurde ab 1933 überpositives Recht systematisch durch positiv gesetztes Recht gebrochen. Gleichzeitig erfolgte durch die NS Ideologie und Herrschaft, die sukzessive mit dem Staat verschmolz, eine vollständige ideologische Gleichrichtung ("Gleichschaltung") aller soziohistorischen Schichten. Dieses Gleichrichtung setzte auch eine "Brutalisierungsspirale" in gang. Die dazu führte, daß die Ermordung zuerst von politischen Gegnern, dann von Kranken, dann von Kriegsgefangenen und schlußendlich die Shoa mindestens als akzeptabel erschien, bzw. sich auch diese Eliten in die Verbrechen einbinden ließen. Darüber hinaus schuf der ns Staat sich eine neue Elite, die als Reservoir dienen konnte, die "Funktionärselite" der NSDAP inkl. aller Gliederungen.

____________________________________________________________

Etwas polemisch und überspitzt formuliert, meinst Du wäre es überhaupt im Kontext des I. WK denkbar gewesen, daß Falkenhhayn einen Befehl kontrasigniert hätte, daß alle französischen Offiziere die sog. "Kolonialtruppen" befehligen, seien sofort zu erschießen?

Das macht m.E. den Unterschied aus zwischen dem Kaiserreich und dem ns Regime aus.

M.
 
Herr Schramme war also Insasse in einem Lager und hat unmittelbar nach dem Ende des Krieges seine persönlichen Erlebnisse in einem Buch verarbeitet. Und in diesem Werk hat er sich dann um Objektivität und Fairness bemüht? Kaum vorstellbar.



Darüber hinaus würde mich auch der Name des Historikers interessieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es geht nicht um die Banalisierung anderer Genozide. Es geht darum, dass der Holocaust spezifische Merkmale aufweist, die andere Genozide nicht haben.

siehe hier auch: Holocaustforschung ? Wikipedia

In dem Artikel werden auch Einwände gegen Singularitätsthese erwähnt.

GIbt man Singularité des crimes nazies in eine Suchmaschine ein,landet man unweigerlich bei einem Vergleich Nationalsozialismus-Kommunismus

Comparaison entre le nazisme et le communisme - Wikipédia
 
@Isleifson

Ich habe eine ganze Zeit gebraucht, um Dein Argumentarium nachvollziehen zu können, was selbstverständlich an mir liegt, mit den beiden oben zitierten Kategorien kam ich endlich, hoffentlich, dahinter.

Ich fürchte, daß es nicht zielführend ist, einzelne Kriegsverbrechen aus dem I. WK und dann eine Tradierung hin zu Kriegsverbrechen im II. WK herzustellen. Sondern vielmehr Kontinuitäten vom Kaiserreich zum sog. III. Reich herzustellen und aber dabei auch entscheidende Diskontinuitäten nicht zu vergessen.

Kontinuitäten aus meiner Sicht:

Die politischen Eliten des Kaiserreiches finden wir, vllt. nicht in den absoluten Spitzenpositionen, auch im III. Reich wieder, dito bei den Verwaltungseliten ("Beamtenschaft").

Das gilt wahrscheinlich noch in viel stärkerem Maße für die militärischen Eliten.

Bei den ökonomischen Eliten gilt das, mit der Einschränkung durch die Arisierungen im III. Reich, ebenfalls.

Auch bei den juristischen Eliten, ist eine hohe Kontinuität zu konstatieren.

Hier sollte eine soziohistorische Sicht m.E. entscheidend sein und keine individualgeschtliche, den biographische "Brüche" wird es immer geben.

Diskontinuität:



____________________________________________________________

Etwas polemisch und überspitzt formuliert, meinst Du wäre es überhaupt im Kontext des I. WK denkbar gewesen, daß Falkenhhayn einen Befehl kontrasigniert hätte, daß alle französischen Offiziere die sog. "Kolonialtruppen" befehligen, seien sofort zu erschießen?

Das macht m.E. den Unterschied aus zwischen dem Kaiserreich und dem ns Regime aus.

M.

Nein,das glaube ich nicht.Aber das Buch -Land ober Ost-zeigt ja eine Welt nur unter der Kontrolle des Heeres,ohne jedliche politische Kontrolle.Die Existenz dieser Welt,wo man zum Beispiel,Zivillisten aus Frankreich nach Litauen transportieren konnte,scheint ja bekannt zu sein.
Was hier eben nicht bekannt zu sein scheint ist die Existenz solcher Lager im Westen.
 
Und ist damit noch zu rechnen, das du deine Quelle, hier den Namen des von dir zitierten Historikers, nennst?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein Gespräch mit einem Historiker ergab fogendes-Über einen Konsens der da lautet man dürfe auf keinen Fall Vorgänge im DR mit Vorgängen im dritten Reich vergleichen, weil sie dadurch banalisiert würden, ist im nichts bekannt.
Gegen ein Vergleichen im Sinne von Überprüfen auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten bestehen keine Einwände, gegen Vergleichen im Sinne von Gleichsetzen schon. Allerdings würde ich nicht sagen, dass Du das Kaiserreich mit dem NS-Staat gleichgesetzt hättest. Ich hatte Dich eher entwicklungsgeschichtlich verstanden so in der Art, dass es im Kaiserreich Phänomene gab, die im NS-Staat "perfektioniert" wurden.

Mir fällt in diesem Zusammenhang vor allem die Verschleppung von 61.000 Belgiern zur Zwangsarbeit nach Deutschland ein (Oktober 1916 bis Februar 1917). Dies führte zu massiven internationalen Protesten und auch zu Ärger mit der deutschen Öffentlichkeit, so dass die Aktion im Februar 1917 abgebrochen werden musste. Danach änderte das Reich seine Strategie. Die Lebensverhältnisse in Belgien wurden systematisch verschlechtert und von Februar 1917 bis Sommer 1918 konnten rund 100.000 "Freiwillige" angeworben werden.

"Der Einsatz von zivilen Fremdarbeitern und Kriegsgefangenen im Ersten Weltkrieg wird häufig als ein Probelauf für die Organisation der Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg bezeichnet. Aus den Erfahrungen zogen die Nationalsozialisten wesentliche Lehren für eine nach kaltem ökonomischen Kalkül erfolgreiche Planung und Durchführung menschenverachtender Ausbeutung und Behandlung ausländischer Arbeitskräfte." Quelle: Bundesarchiv/Stiftung EVZ - Der Erste Weltkrieg - Portal zur Zwangsarbeit im NS-Staat

Allerdings würde ich in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen wollen, dass sich das Kaiserreich 1914 bis 1918 stark verändert hat. Die (totale) Kriegsführung hat zu Zivilisationsbrüchen geführt, die bis 1913 auch von kaiserlicher Seite abgelehnt worden wären (glaub ich jedenfalls).
Ich fürchte, daß es nicht zielführend ist, einzelne Kriegsverbrechen aus dem I. WK und dann eine Tradierung hin zu Kriegsverbrechen im II. WK herzustellen.
Das ist aber eine ganz naheliegende Überlegung. Immerhin haben die Nazis diese Vorkommnisse gekannt und aus diesen ihre Lehren gezogen; siehe oben den Link zur Zwangsarbeit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist aber eine ganz naheliegende Überlegung. Immerhin haben die Nazis diese Vorkommnisse gekannt und aus diesen ihre Lehren gezogen; siehe oben den Link zur Zwangsarbeit.
Ich verstehe dieses Argument nicht bzw. verstehe ich nicht, wie diese Überlegung irgendwas nachweisen kann. Immerhin kannten die gebildeteren unter den Nazis auch die Vorkommnisse im römischen Imperium, etwa wie man mit den aufständischen Sklaven des Spartacus verfuhr - ist das jetzt eine Kontinuität zur Zwangsarbeit im NS Staat? (man könnte auch anderes in dieser linguistischen Ersetzungsprobe einsetzen, aber auch von Karl dem Großen und den Vorfällen in Verden an der Aller wird sich keine solche Kontinuität konstruieren lassen) Ich weise nochmals darauf hin, dass zwischen dem Ende des Kaiserreichs und dem Anfang des NS Staates eine so genannte Weimarer Republik lag :winke: und im Falle einer Kontinuität vom Kaiserreich zum dritten Reich hätten die entsprechenden Proto- oder Pränazis, die den Krieg verloren hatten, in der Zwischenzeit namens Weimarer Republik an gesellschaftlicher Macht und Relevanz zunehmen müssen - seltsamerweise ist die Weimarer Republik aber nicht dafür bekannt, dass sie von Kaiser-Nazi-Größen regiert worden sei...
 
Der Vergleich von Zwangsarbeit im Ersten und Zweiten Weltkrieg ist Gegenstand von Forschungen und Kontroversen.

Die wesentlichen Unterschiede sind dabei herausgearbeitet worden:

- Quantitäten des Einsatzes von Zwangsarbeit
- der Widerstand im Reich, insbesondere Gewerkschaften und Sozialdemokratie, auch über den Reichstag
- das ideologische und gesellschaftliche Umfeld des Arbeitereinsatzes, insbesondere die "rassisch-völkische Durchdringung" der Zwangsarbeit
- der Umfang der Diskriminierungen, im Ersten Weltkrieg nicht in der letzten, "terroristischen Konsequenz"
- keine gravierenden in der Behandlung der Nationalitäten der Zwangsarbeit und Kriegsgefangenen im Kaiserreich

Dabei gibt es auch Ähnlichkeiten:

- die Forderungen der Industrie, anfangs Vorbehalte auf betrieblicher Ebene
- zeitunabhängige Charakteristika, insbesondere im Untertage-Betrieb

Die Unterschiede sind wesentlich, und sollten nicht übersehen werden, wie in dem Einganssatz der EVZ-Quelle angedeutet ("wird häufig als Probelauf bezeichnet"). Es gibt hier die "betriebliche Kontinuität", unter dem Einfluss der Totalisierung der geführten Kriege und den Vorgaben der rüstungswirtschaftlichen Komplexe. Das ist aber keine abzuleitende "ideologische Basis", die etwa im Zentrum eines Vergleiches stehen könnte. Ebenso wenig lassen sich systematische oder ideologische NS-"Lehren" aus der Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg auffinden.

Siehe Tenfelde/Seidel, Zwangsarbeit im Bergwerk, Einleitende Bemerkungen Band 1, Der Arbeitseinsatz im Kohlebergbau des Deutschen Reiches und den besetzten Gebieten im Ersten und Zweiten Weltkrieg.
 
Gandolf schrieb:
Mir fällt in diesem Zusammenhang vor allem die Verschleppung von 61.000 Belgiern zur Zwangsarbeit nach Deutschland ein (Oktober 1916 bis Februar 1917). Dies führte zu massiven internationalen Protesten und auch zu Ärger mit der deutschen Öffentlichkeit, so dass die Aktion im Februar 1917 abgebrochen werden musste. Danach änderte das Reich seine Strategie. Die Lebensverhältnisse in Belgien wurden systematisch verschlechtert und von Februar 1917 bis Sommer 1918 konnten rund 100.000 "Freiwillige" angeworben werden.

Proteste hätten bei den Nazis sicher nicht gefruchtet. Der Mangel an Arbeitskräften war im Reich eines der Probleme schlechthin um die Rüstung zu steigern. Es lag auf der Hand, das man in der belgischen Bevölkerung ein willkommenes Reservoir an Arbeitskräften sehen würde. Es wurden entsprechende Anwerbungsbüros eingerichtet, doch deren Tätigkeit blieb ohne nennenswerten Erfolg. Freiwillig stellten sich die Belgier nicht zur Verfügung, da deren materielle Not zu jenem Zeitpunkt wohl nicht soo groß gewesen war. Dann schritt die Besatzungsmacht Deutsches Reich zu Zwangsmaßnahmen, mit dem bekannten Resultat. Und wir reden hier von 60.000, es soll hier nichts verharmlost werden, aber die Größendimension ist doch bei den Nazis eine ganz andere.


Zur Versorgung Belgien und Nordfrankreichs hatte es ein amerikanischen Hilfskomitee gegeben. Man hatte erreicht, das Großbritannien die Seeblockade insofern lockerte, dass Transporte mit Lebensmittel für die besetzten Gebiete durchgelassen wurden. Im Gegenzug haben sich das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn verpflichtet, diese Lieferungen der Bevölkerung der fraglichen Gebiete uneingeschränkt zukommen zu lassen. Die Belgier organisierten die Verteilung selbst und zwar unter amerikanischer Aufsicht.
 
Kann mir jemand einen Krieg nennen, der sich in der Neuzeit vor 1914 in Europa ereignet hat und in dessen Verlauf ein Staat in einen Nachbarstaat eingefallen ist und dort über 1 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung zur Zwangsarbeit verschleppt hat? Mir fällt kein Beispiel hierfür ein.

Ich will in keine Begriffsklopperei zum Begriff der "Kontinuität" eintreten. Mein Verständnis von Kontinuität lässt jedoch eine "Steigerung" des "Probelaufs" einen Krieg später zu einem ideologisch aufgeladenen Verbrechen durchaus zu.
 
Kann mir jemand einen Krieg nennen, der sich in der Neuzeit vor 1914 in Europa ereignet hat und in dessen Verlauf ein Staat in einen Nachbarstaat eingefallen ist und dort über 1 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung zur Zwangsarbeit verschleppt hat? Mir fällt kein Beispiel hierfür ein.

Ich will in keine Begriffsklopperei zum Begriff der "Kontinuität" eintreten. Mein Verständnis von Kontinuität lässt jedoch eine "Steigerung" des "Probelaufs" einen Krieg später zu einem ideologisch aufgeladenen Verbrechen durchaus zu.

Hat denn in Europa vor 1914 schon einmal so ein totaler, industrieller Krieg stattgefunden?
 
(...) Das ist aber keine abzuleitende "ideologische Basis", die etwa im Zentrum eines Vergleiches stehen könnte. Ebenso wenig lassen sich systematische oder ideologische NS-"Lehren" aus der Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg auffinden.
sehr richtig!!

...ich frage mich konsterniert, was daran so schwer zu verstehen ist, und stattdessen immer wieder irgendwelche vermeintlichen Detailkontinuitäten herbeierfunden werden...
 
Mein Verständnis von Kontinuität lässt jedoch eine "Steigerung" des "Probelaufs" einen Krieg später zu einem ideologisch aufgeladenen Verbrechen durchaus zu.

Dieses Verständnis von "Kontinuität", im Kern eine "kontinuierliche" (ununterbrochene!) Eskalation zur rassisch-völkischen Gewalt kann man so sehen.

Mir lag nur daran, auf die Unterschiede hinzuweisen, natürlich nicht im Sinne von etwaig zu belegenden Diskontinuitäten. In dem Sinne gibt es auch eine "Totalisierung", eine Gewalteskalation, eine Steigerung der Terroriserung, der ideologischen Aufladung usw.

Jeder dieser Steigerungen festzustellen heißt, sich mit Differenzierungen zu beschäftigen.

Man könnte auch folgende Kette betrachten: Industrialisierung, industrialisierter Volks-Krieg, Totaler Krieg, Völkischer Vernichtungskrieg. Wenn man das so betrachten will: die Faktoren Produktion und Arbeit stiegen in ihrer Bedeutung für die Kriegspartei mit. Der Umgang mit dieser Frage wurde dann in den Demokratien (selbstverständlich) anders "gestaltet" als unter totalitären Verhältnissen.

Man kann dann natürlich nach dem Sinn fragen, ob noch qualitative Unterschiede in der Totalisierung betrachtet werden sollten. Ich meine: ja.
 
Jeder dieser Steigerungen festzustellen heißt, sich mit Differenzierungen zu beschäftigen.

Man könnte auch folgende Kette betrachten: Industrialisierung, industrialisierter Volks-Krieg, Totaler Krieg, Völkischer Vernichtungskrieg.
...wer Reihenbildungen um ihrer selbst Willen liebt, könnte auch diese genießen:
temperierte Stimmung => Dur-Moll Harmonik => spätromantische Chromatik => Atonalität (Erster Weltkrieg) => Jazz (Zweiter Weltkrieg)
das ist zwar Unsinn, weil es nüscht erklärt, aber die Reihung für sich ist erstmal richtig :rofl::rofl:

@Silesia: das ist kein Jokus auf deine Kosten - deinem letzten Absatz des zitierten Beitrags stimme ich ausdrücklich zu :friends:
 
Man könnte auch folgende Kette betrachten: Industrialisierung, industrialisierter Volks-Krieg, Totaler Krieg, Völkischer Vernichtungskrieg.
Spaß beiseite: das bedeutet aber nicht, dass Industrialisierung per se in den Krieg führen muss - sie ist lediglich eine Voraussetzung für allerlei technischen Fortschritt, sei es in der Artrillerie oder Abwasserentsorgung.
 
:rofl::rofl::rofl:

Im Ernst: ich bezog mit auf den Kerngegensatz "Mobilisierung" (Mannschaften) und rüstungswirtschaftlicher Komplex innerhalb dieser Kette und den jeweiligen gesellschaftlichen Kontext.

Der "Massenkrieg" von Millionenheeren brachte hier für die "ökonomischen Logistiker" ein neues Problem auf: wie wird der Gegensatz "angegangen".

Die verbrecherische Antwort für die ideologisierten völkisch-aufgeladenen "Krieger" des NS ist bekannt.


P.S. Mir lag schon der Vergleich mit der Betrachtung "Kampagne erst nach der Ernte" nahe, aber das lenkt hier ab.
 
Hat denn in Europa vor 1914 schon einmal so ein totaler, industrieller Krieg stattgefunden?
Nein. Der Krieg war ein Bruch in der europäischen Geschichte. Deshalb habe ich oben ja auch geschrieben, dass sich das Kaiserreich im 1. WK stark verändert hat. Viele Zivilisationsbrüche wurden von ihm begangen, so z.B. die von mir erwähnte Verschleppung von Angehörigen eines besetzten Staates zur Zwangsarbeit. Ein Krieg später wurde auch das quantitativ und ins Brutale gesteigert und es gab eine passende und die Sache vorantreibende Ideologie dafür.
Ebenso wenig lassen sich systematische oder ideologische NS-"Lehren" aus der Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg auffinden.
Das wäre aber noch abzugrenzen zu: "Aus den Erfahrungen zogen die Nationalsozialisten wesentliche Lehren für eine nach kaltem ökonomischen Kalkül erfolgreiche Planung und Durchführung menschenverachtender Ausbeutung und Behandlung ausländischer Arbeitskräfte." Der Erste Weltkrieg - Portal zur Zwangsarbeit im NS-Staat
Dieses Verständnis von "Kontinuität", im Kern eine "kontinuierliche" (ununterbrochene!) Eskalation zur rassisch-völkischen Gewalt kann man so sehen.

Mir lag nur daran, auf die Unterschiede hinzuweisen, natürlich nicht im Sinne von etwaig zu belegenden Diskontinuitäten. In dem Sinne gibt es auch eine "Totalisierung", eine Gewalteskalation, eine Steigerung der Terroriserung, der ideologischen Aufladung usw.

Jeder dieser Steigerungen festzustellen heißt, sich mit Differenzierungen zu beschäftigen.

Man könnte auch folgende Kette betrachten: Industrialisierung, industrialisierter Volks-Krieg, Totaler Krieg, Völkischer Vernichtungskrieg. Wenn man das so betrachten will: die Faktoren Produktion und Arbeit stiegen in ihrer Bedeutung für die Kriegspartei mit. Der Umgang mit dieser Frage wurde dann in den Demokratien (selbstverständlich) anders "gestaltet" als unter totalitären Verhältnissen.

Man kann dann natürlich nach dem Sinn fragen, ob noch qualitative Unterschiede in der Totalisierung betrachtet werden sollten. Ich meine: ja.
Gegen das Beschäftigen mit Differenzierungen habe ich nichts. Das "Vergleichen" im Sinne von Überprüfen auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten läuft ja darauf hinaus, dass ein Bündel von Kontinuitäten und Diskontinuitäten sichtbar wird.

@deku: einfach zu sagen, zwischen dem Kaiserreich und dem NS-Staat liegt ja noch die (nicht kriegführende) Weimarer Republik und deshalb könne es keine Kontinuitäten bei Kriegsverbrechen/Besatzung zwischen 1. Wk und 2. Wk geben, ist dann doch zu einfach.
 
@deku: einfach zu sagen, zwischen dem Kaiserreich und dem NS-Staat liegt ja noch die (nicht kriegführende) Weimarer Republik und deshalb könne es keine Kontinuitäten bei Kriegsverbrechen/Besatzung zwischen 1. Wk und 2. Wk geben, ist dann doch zu einfach.
das ist (ver)einfach(t), klar - aber es entspricht den Tatsachen, dass zwischen den Kriegsverbrechen des Kaiserreichs und den (nicht nur!) Kriegsverbrechen des NS Staates diese ca. 22 Jahre Demokratie liegen, in welchen die Kriegstreiber des Kaiserreichs nicht die Mehrheit darstellten: in diesem Sinne entspricht es vereinfacht eben auch einem Bruch der vermeintlichen Kontinuität.

Sicher gibt es Entwicklungen und meinetwegen auch sich steigernde Kontinuitäten - aber eben in Teilbereichen, nicht rundum überall. In diesem Sinne lehne ich eine simplifizierende und großenteils falsche totale vollständige Kontinuität vom Kaiserreich zum NS Staat ab.
 
Zurück
Oben