Russland 1914: Historische Voraussetzung und der Eintritt in den WW1

In der Schwammigkeit von "Interessen" und "eines" Krieges und ohne Beachtung einer gewissen Dynamik ist das gar nicht mal so falsch.
Es war mir nicht möglich, die "Interessen" weniger schwammig anzuführen, da das in dem von mir angesprochenen Beitrag nicht weiter spezifiziert wurde. Und über welchen Krieg wir hier reden, schien mir eigentlich unstrittig zu sein.

Ein anderer Krieg schon, der in Bethmanns Risikopolitik inkludiert war, um Serbien kleinzuhalten: es "interessierte" nämlich der lokalisierte Krieg von ÖU und Serbien, mit deutschem Blankoscheck und gedachter Abschreckung Russlands vor dem letzten Schritt, dem Eingreifen gegen ÖU. Soweit perfekt passend zu den deutschen imperialistischen Interessen auf dem Balkan und im Osmanischen Reich.
Meine These: Um den Balkan ging es dem Deutschen Reich dabei nicht. In Berlin war der Konflikt zwischen Österreich und Serbien als Anlass willkommen, den eigentlich geplanten Krieg gegen Russland und Frankreich führen zu können. Jeder andere Konflikt, der ein Eingreifen Russlands provoziert hätte, wäre genauso "willkommen" gewesen. Der Balkan stand nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des DR. Den Blankoscheck verstehe ich nicht als Hilfszusage gegen Serbien sondern gegen Russland.

In dem Zusammenhang fand ich auch den Zeitungskommentar so interessant, den Du in einer anderen Diskussion verlinkt hattest. Wenn ein Journalist so offen über einen möglichen Zusammenbruch des Zarenreichs spekuliert hat, dann gab es solche Spekulationen mit Sicherheit auch in der Politik (und mit Sicherheit sogar fundierter). Das könnte in der Julikrise kriegstreibend gewirkt haben, weil es die Durchhaltefähigkeit des russischen Militärs in Frage stellte.
 
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Russland war gegen den Krieg mit dem Osmanischen Reich. Auch weil es befürchtete, dass die Bulgaren ihrerseits auf Konstantinopel vorstoßen würden und sich als neue Macht dort festsetzen würden.

Für Russland wäre Bulgaren am Bosporus noch weniger akzeptabel gewesen wie ein relativ schwaches Osmanisches Reich und so mußte Russland vor allem verhindern, dass die Bulgaren gegenüber den Osmanen erfolgreich sind. Obwohl es mit Bulgarien verbündet war.

Aus dieser Sitation resultiert eine starke Entfremdung gegenüber Sofia, wie Hall (The Balkan Wars 1912-1913, 2000, S. 139) schreibt.

Und mit der Konsequenz, dass Serbien der einzige verbliebene Bündnispartner für Russland auf dem Balkan nach 1913 war.
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Kan ich nicht nachvollziehen.
Folgt man Hall, so war das Bündnis vom März 1912 zwischen Bulgarien und Serbien eindeutig gegen das osmanische Reich gerichtet. Und dies in dem Sinn, dass man einen baldigen Angriffskrieg plante, dessen klarer Zweck das Bündnis auch war.
Although the treaty indicated that Austria was a was a potential enemy, its main thrust pointed at war between the Balkan Slavic allies and the Ottoman Empire.
Hall, Seite 11 zu den "Balkan War Origins".

Begleitet wurden die Bündnisverhandlungen durch Russland,
welches zudem eine Schiedsrichterrolle insbesondere bei der Aufteilung Mazedoniens, welches ja Bestandteil des osmanischen Reiches war, zwischen den Bündnispartnern einnehmen sollte.
Von daher ist es unverständlich, dass Russland gegen diesen Krieg gewesen wäre,
sondern es ist weit naheliegender anzunehmen, dass dieser nicht nur als wünschenswert erschien und sogar aktiv gefördert wurde.

Erst nachdem Bulgarien ganz unerwartet schnelle und große Erfolge in Thrakien hatte und bis knapp vor Istanbul vorrückte ergab sich ein Interessenskonflikt mit Russland.
Als dann zudem nach dem ersten Balkankrieg, Bulgarien bei dem vereinbarten Beuteanteil an Mazedonien von Serbien übergangen wurde, und Russland sich nicht in der Lage sah der zugesicherten Schiedsrichterrolle gerecht zu werden,
trat die von Dir erwähnte "starke Entfremdung" zwischen Sofia und Petersburg ein.
".. mit der Konsequenz, dass Serbien der einzige verbliebene Bündnispartner für Russland auf dem Balkan nach 1913 war."
 
Kan ich nicht nachvollziehen.
Folgt man Hall, so war das Bündnis vom März 1912 zwischen Bulgarien und Serbien eindeutig gegen das osmanische Reich gerichtet. Und dies in dem Sinn, dass man einen baldigen Angriffskrieg plante, dessen klarer Zweck das Bündnis auch war.

Wurde von mir nicht bestritten und auch so dargestellt. Allerdings habe ich, in Anlehnung an Rossos, auf den Interessenkonflikt hingewiesen zwischen den Russen und den Balkan-Staaten, der den Erfolg der Strategie von St. Petersburg spätestens mit dem 2. Balkan Krieg massiv in Frage stellte.

Erst nachdem Bulgarien ganz unerwartet schnelle und große Erfolge in Thrakien hatte und bis knapp vor Istanbul vorrückte ergab sich ein Interessenskonflikt mit Russland.

Nein, der Konflikt bestand als latenter Konflikt schon vorher, da der Balkan das Areal war, an dem sich die Interessen mindestens von Ö-U und Russland direkt schnitten und sie in dieser Region direkt um die Vorherrschaft, sprich Hegemonie, stritten.

Russland war an keinem unmittelbaren Konflikt mit dem Osmanischen Reich interessiert, solange es nicht die entsprechenden maritimen Mittel zur Verfügung hatte. Die Interessen der anderen Großmächte an Konstantinopel wären zu dominant gewesen und das Ergebnis eines vorschnellen Zusammenbrechens des Osmanischen Reichs hätte für Russland einen Status quo bringen können, der nicht unbedingt - aus russischer Sicht - besser gewesen wäre. Deswegen hielt man den "kranken Mann" am Bosporus für das "akzeptabelste Übel"

Dieser Konflikt zwischen den beiden Großmächten interessierte zunächst die Länder des Balkans weniger, die nach nationaler Eigenständigkeit vor allem gegenüber dem Osmanischen Reich strebten.

Mit den Bulgaren in Sichtweite vor Konstantinopel wurde der latente Interessenkonflikt zwischen Russland und Bulgarien virulent und spitzte sich massiv zu (vgl. dazu Bobroff: Roads to Glory. Late Imperial Russia and the Turkish Straits, 2006 & M. Reynolds: Shatering Empires. The Clash and Collapse of the Ottoman and Russian Empires, 1908 - 1918, 2011)
 
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Russland war an keinem unmittelbaren Konflikt mit dem Osmanischen Reich interessiert, solange es nicht die entsprechenden maritimen Mittel zur Verfügung hatte. Die Interessen der anderen Großmächte an Konstantinopel wären zu dominant gewesen und das Ergebnis eines vorschnellen Zusammenbrechens des Osmanischen Reichs hätte für Russland einen Status quo bringen können, der nicht unbedingt - aus russischer Sicht - besser gewesen wäre.
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Kann man das mit den "Stellvertreterkriegen" neuester Zeit vergleichen?
 
hatl schrieb:
Kan ich nicht nachvollziehen.
Folgt man Hall, so war das Bündnis vom März 1912 zwischen Bulgarien und Serbien eindeutig gegen das osmanische Reich gerichtet. Und dies in dem Sinn, dass man einen baldigen Angriffskrieg plante, dessen klarer Zweck das Bündnis auch war.

Der russische Außenminister Iswolsky hatte bereits Ende 1908 die Idee eines Balkanbundes entwickelt, der allerdings gegen Österreich-Ungarn gerichtet sein sollte. Hintergrund war wohl die bosnische Annektionskrise.

Es galt ja auch u.a.diese für Russland unangenehme Schlappe wettzumachen und sich auf dem Balkan als Vormacht und gleichzeitig als Gegengewicht gegenüber Österreich-Ungarn in Stellung zu bringen. Das konnte eigentlich nur zu Lasten des Osmansichen Reiches gehen.
 
Man muss auch berücksichtigen, dass die, mit aktiver russischer Förderung, abgeschlossene Militärkonvention zwischen Serbien und Bulgarien die Verhältnisse auf dem Balkan auf dem Kopf stellte. Hatten die seit vielen Jahren konkurrierenden Ansprüche von Sofia und Belgrad in Bezug auf Makedonien für einer Gegnerschaft dieser beiden Balkanstaaten sichergestellt, war damit jetzt, zumindest vorläufig, Feierabend. Dadurch war Österreich-Ungarn selbstverständlich direkt betroffen, denn es ging eine machtpolitische Alternative, hier Sofia, verloren. Die Russen engten Wien auf den Balkan ein und dies lag natürlich im Sinne Petersburg, welches danach trachtete den Einfluss von Österreich-Ungarn auf den Balkan zurückzudrängen.
 
Kann man das mit den "Stellvertreterkriegen" neuester Zeit vergleichen?

Teilweise. Es waren aus serbischer und aus bulgarischer Sicht "Befreiungskriege", die auf die Bildung von expansiven Nationalstaaten abzielten.

Und in dem Krieg von 1877/78 waren es vor allem die Russen, die gegen das Osmanische Reich gekämpft haben. Insofern war verständlich, dass Russland zunächst als "Schutzmacht" gegen das Osmanische Reich durch die Serben und Bulgaren gesehen wurde.

http://de.wikipedia.org/wiki/Russisch-Osmanischer_Krieg_%281877%E2%80%931878%29

An diesem Punkt kann man durchaus eine Parallele zu den "Befreiungsbewegungen" und Kämpfen gegen die Kolonialmächte in der Phase nach dem Ende des WW2 ziehen.

Die Ziele beispielsweise der Vietnamesen nach nationaler Eigenständigkeit weisen in diesem Sinne Änlichkeiten zu den Zielen der Balkanstaaten auf.

Und diese Kriege auf dem Balkan wurden vor allem mit deutschen und mit französischen Waffen geführt, mit Armeen, die sich an der mitteleuropäischen Organisation orientiert haben. Ähnlich wie in Vietnam, wo russische und amerikanische (französische) Waffen zum Einsatz kamen.

Dennoch, auch in den sogenannten "Stellvertreter-Kriegen" darf und sollte man die relative Eigenständigkeit der politischen Ziele der "Stellvertreter" nicht unterschätzen. Sie waren nicht die Handlanger der Großmächte.
 
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Irgendwie kam es auch damals zu einem Tausch Bulgarien das mehr oder weniger seine Existenz Russland verdankt stellte sich gegen Russland.

Die Expansion Serbiens in den Süden wurde auch erst nach dem gescheiterten Versuch sich Bosnien einzuverleiben die Option Nummer 1 nachdem Österreich dasselbige besetzt hatte.

Allerdings kam es dazu eigentlich nie in der Zeit wo sich Serbien mit Österreich-Ungarn verbündet hatte.
 
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thanepower schrieb:
1. In vorangegangenen Krisen zwischen 1905 und 1913 hat Russalnd als Großmacht dem DR bei politischen Konflikten nachgegeben wie 1908 besonders deutlich.

Dazu ist aber darauf hinzuweisen, das Russland nach der Niederlage gegen Japan und den erheblichen inneren Problemen auch gar keine andere Alernative hatte.

thanepower schrieb:
2. Das DR hat sich bei seiner Außenpolitik in hohem Maße nach 1890 auf militärische Macht und weniger auf diplomatisches Geschick verlassen. Das hat in Europa zu einer generellen Entfremdung, aus der Sicht des DR zur "Einkreisung" geführt.

Die Regierung Caprivi war bemüht mit Großbritannien ein Bündnis abzuschlißen. Dafür war man Großbritannien jahrelang, konkret bis ca. 1894 außenpolitisch auf verschiedenen außenpolitischen Feldern durchaus entgegengekommen. Darüberhinaus hat man mit Großbritannien das sogenannte Helgoland-Sanisibar Abkommen abgeschlossen, das unter dem Strich doch so vorteilhaft für Großbritannienwar, das man sowohl in Paris als auch in Petersburg für das weitreichende Entgegenkommen Berlins eine deutsch-britische Entente vermutete.

Darüberhinaus betrieb die Regierung Caprivi keine aggressive Außenpolitik, sondern verfolgte eher das "moderne" Ziel eines wirtschaftlich geeinten Mitteleuropas; "selbstvertändlich" unter deutscher Führung. Aber militärische Macht wurde hierzu nicht gebraucht. Erst als Bülow und Tirpitz in die Regierung eintraten, veränderte sich die deutsche Außenpolitik maßgeblich ungünstig.

Die Formulierung des Ultimatus an die Serben war so scharf formuliert, nach damaligem diplomatischn Verständnis, dass es als nicht annehmbares Ultimatum verstanden wurde und somit unter anderem durch Sazonow sofort als konstruierter Anlaß für einen Krieg interpretiert wurde.
Das ist korrekt. Und doch hat beispielsweise Österreich-Ungarn serbische Beamten in einen nicht unähnlichen Fall jahr zuvor eine entsprechende Teilnahme an den Ermittlungen gestattet. Es ist den Russen zuzuschreiben, dass das Ultimatum von den Serben nicht akzeptiert wurde; die waren nämlich dazu bereit.

Den Russen war durch Poincarre bei dessen Staatsbesuch in Petersburg der Rücken ganz erheblich gestärkt worden und entspechend agierte man.

Die "Lösung" der Serbienfrage zielte aus der Sicht von Ö-U darauf ab, Serbien territorial zu belassen, es aber als "Satelliten"-Staat in das informelle Imperieum von Ö-U zu integrieren
Der erste Halbsatz stimmt mit meiner Kenntnis überein. Aber die Information des zweite Halbsatzes ist mir neu. Woher beziehst du diese?

7. Vor diesem Hintergrund hat Russland mobilisiert und war sich durchaus bewußt, dass es für einen potentiellen Krieg mobilisieren würde. Einmal mehr, Russland hat mobilisiert, weil es sich durch die Veränderung des politischen Status quos auf dem Balkan - Süd-Slawen-Problem - in seiner Rolle als "Schutzmacht" bedroht sah.
Zu beachten ist auch, das es maßgeblich die imperialisitische russische Außenpolitik, Stichwort Blkanbund und deren Kriege und Ergebnisse, gewesen war, die Österreich-Ungarn auf ihren einzigen "imperialistischen Spielplatz" ganz gewaltig in die Enge getrieben hat.

8. Hätte sich Ö-U vollständig mit seinen Vorstellungen in Serbien durchgesetzt, dann wäre das politische Ergebnis für Russland identisch gewesen mit einem weiteren verlorenen Krieg. Und hätte massive Auswirkungen auf seine "Bündnisattraktivität" in ganz Süd-Ost - Europa gehabt.
Das ist übertrieben. Russlands Position hat sich nach den beiden Balkankriegen ganz erheblich verbessert. Es war Wien, das, etwas überspitzt formuliert, mit dem Rücken zur Wand stand.
 
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So, ich bin fündig geworden:

Der Präzedenzfall datiert auf das Jahr 1868. Nach der Ermordung des Fürsten Mihailo hat die Donaumonarchie es serbischen Beamten gestattet auf ihrem Territorium Ermittlungen durchzuführen.

Manfried Rauchensteiner, Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie, Seite 108
 
Das Kernproblem ist nicht die - völkerrechtlich bedeutungslose - Ablehnung oder Genehmigung der Untersuchung auf fremden (serbischen) Territorium, sondern die (Aus-)"Nutzung" dieser Ablehnung durch ÖU als sofortigen Kriegsgrund.

Bekanntlich ist die Ausnutzung lediglich vorgeschoben, da bereits vor der Antwort auf das Ultimatum feste Kriegsabsicht seitens ÖU bestand, alle Vorbereitungen getroffen waren, Russlands Warnungen auch wegen der deutschen Rückendeckung als Papiertiger angesehen wurden, und der Text der Antwortnote schnurzpiepegal war. Der Krieg sollte so oder so vom Zaun gebrochen werden, der Rest ist konstruiert.

Die "Unannehmbarkeit" des Ultimatums bezieht sich im Übrigen auf die weit verbreitete Wahrnehmung der Zeitgenossen bis zur serbischen Antwortnote, nicht auf politischen oder völkerrechtlichen Analysen. Umgekehrt gab es danach reichlich Stimmen, die mit der weitgehenden serbischen Antwortnote - wie Wilhelm II. - keinerlei Kriegsgrund mehr sahen.
 
Es ist vollkommen unstrittig das Österreich-Ungarn zum Krieg entschlossen war.

Nur der Ablehnungsgrund Belgrads vermag vor dem genannten Hintergrund nicht wirklich zu überzeugen.
 
Es ist vollkommen unstrittig das Österreich-Ungarn zum Krieg entschlossen war.

Nur der Ablehnungsgrund Belgrads vermag vor dem genannten Hintergrund nicht wirklich zu überzeugen.

Das stimmt.

Ich habe mal dazu eine alte Diskussion im Forum mit Clarks Publikation verbunden.
 
Das Kernproblem ist nicht die - völkerrechtlich bedeutungslose - Ablehnung oder Genehmigung der Untersuchung auf fremden (serbischen) Territorium, sondern die (Aus-)"Nutzung" dieser Ablehnung durch ÖU als sofortigen Kriegsgrund.

Bekanntlich ist die Ausnutzung lediglich vorgeschoben, da bereits vor der Antwort auf das Ultimatum feste Kriegsabsicht seitens ÖU bestand, alle Vorbereitungen getroffen waren, Russlands Warnungen auch wegen der deutschen Rückendeckung als Papiertiger angesehen wurden, und der Text der Antwortnote schnurzpiepegal war. Der Krieg sollte so oder so vom Zaun gebrochen werden, der Rest ist konstruiert.
Alles richtig. Ich frage mich nur: Was wäre gewesen, wenn Serbien auch diesem Teil des Ultimatums (Beteiligung österreichischer Beamter an der Untersuchung) zugestimmt hätte? Das war ja der einzige Punkt, den Serbien abgelehnt hat. Warum? Aus heutiger Sicht erscheint die österreichische Forderung nichtmal überzogen, sondern eher völlig normal. Da bleibt schon die Frage, warum Serbien abgelehnt hat, obwohl eine Zustimmung auch damals nichts "gekostet" hätte. Ich vermute, dass die Österreicher aufgrund der Rückendeckung durch Deutschland (Blankoscheck) so eine kompromisslose Haltung eingenommen haben und dass die Serben - gestützt auf die Rückendeckung durch Russland - das gleiche gemacht haben. Beides wäre nicht nötig gewesen. Dass es trotzdem geschehen ist, deutet darauf hin, dass es tiefere Ursachen gab: auf beiden Seiten Kriegsbereitschaft, auf deutscher Seite sogar Kriegswunsch.

MfG
 
So, ich bin fündig geworden:

Der Präzedenzfall datiert auf das Jahr 1868. Nach der Ermordung des Fürsten Mihailo hat die Donaumonarchie es serbischen Beamten gestattet auf ihrem Territorium Ermittlungen durchzuführen.

Manfried Rauchensteiner, Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie, Seite 108

Danke für die Auskunft.
 
Alles richtig. Ich frage mich nur: Was wäre gewesen, wenn Serbien auch diesem Teil des Ultimatums (Beteiligung österreichischer Beamter an der Untersuchung) zugestimmt hätte? Das war ja der einzige Punkt, den Serbien abgelehnt hat. Warum? Aus heutiger Sicht erscheint die österreichische Forderung nichtmal überzogen, sondern eher völlig normal. Da bleibt schon die Frage, warum Serbien abgelehnt hat, obwohl eine Zustimmung auch damals nichts "gekostet" hätte.

Folgt man Angelows Habilitationsschrift, so stand der Kriegsentschluss von ÖU für den lokalen Krieg vermutlich schon am 3.7.14, spätestens aber am 7.7.14 fest. Auf das Ultimatum kam es demnach nicht an. Ein Aspekt, den Angelow anhand umfangreicher Quellenstudien herausarbeitet.
Juergen Angelow. Kalkuel und Prestige. Der Zweibund am Vorabend des Ersten Weltkrieges.
https://networks.h-net.org/node/193...uel-und-prestige-der-zweibund-am-vorabend-des
 
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