Ravenik
Aktives Mitglied
Ich kenne zwar auch Sekretärinnen von Chefs, die sich selbst für Chefinnen halten, aber die blutjunge weibliche Schreibkraft eines KZ-Kommandanten in einer zutiefst männerdominierten und militarisierten Gesellschaft zur eigentlichen KZ-Kommandantin hochzustilisieren, halte ich doch für überzogen.Ich habe ja für eine Schule gearbeitet. Derzeit arbeite ich als Deutschlehrer für eine Firma aber im betrieblichen Einsatz einer anderen Firma. Ich kann nur sagen, dass in der Schule, als auch in dem Betrieb, in dem ich eingesetzt bin, die Sekretärinnen die linke und rechte Hand des Direktors/Niederlassungsleiters sind. Der Direktor respektive Niederlassungsleiter treffen die schulischen respektive operativen Entscheidungen, aber die Sekretärinnen sind diejenigen, die alles im Kopf haben. Das ist meine Erfahrungswelt. Die Sekretärinnen waren an keinem Ort „Tippsen“, die nichts weiter können mussten als Orthographie und Grammatik, sondern die halten den Laden am Laufen, waren/sind die semiheimlichen Chefinnen.
Zumindest räumst ja auch Du ein, dass operative Entscheidungen nicht von einer Sekretärin getroffen werden.
Möglich. Oder es wirkte einfach nur ihre Loyalität (bzw. ihr Korpsgeist) nach, dass sie keine ehemaligen Vorgesetzten und Kollegen verraten wollte. Der zweijährige Dienst im KZ musste zusammenschweißen, gerade auch durch den Gegensatz zwischen denen, die es betrieben, und denen, die gefangengehalten, misshandelt und ermordet wurden. Ich kann mir schon vorstellen, dass das noch nach dem Krieg nachwirkte. Egal was Frau F. persönlich über die Vorgänge im KZ gedacht haben mag, war sie letztlich doch auch eine von "denen".Immerhin konnten nach den Krieg zwei gesuchte Verbrecher bei ihr Zuhause einkehren, ohne befürchten zu müssen, von ihr verraten zu werden. Der Kontakt war also enger, als ein Arbeitsverhältnis, sondern wohl auch kollegial-freundschaftlich.
(Das Betriebsklima in einem KZ kann man sicherlich nicht mit dem Betriebsklima in einem modernen Dienstleistungsbetrieb vergleichen.)