Aber wie auch immer, keinesfalls kann der bloße zeitliche Abstand in meinen Augen die Verhältnismäßigkeit der Strafverfolgung anzweifeln. Womit wir übrigens nicht in Richtung Schlussstrichdebatte blicken wollen, es gibt durchaus Stimmen, die diese Frage aufrichtig stellen.
Ich sehe übrigens ein handfestes rechtsstaatliches Problem, je nachdem, welches Urteil dabei herumkommen mag.
Wenn ich mir z.B. dasjenige gegen den minderjährigen Wachmann aus dem KZ-Stutthof betrachte, was
@dekumatland angeführt hat und nicht diskutieren wollte, bei dem dann 2 Jahre auf Bewährung dabei herum kamen, sehe ich da schon gewisse Probleme, was die Relation angeht.
Auch wenn das nach Jugendstrafrecht war und man sicherich die zeitliche Entfernung und das Alter dem Delinquenten zu seinem Gunsten anrechnen konnte, sprechen wir hier, über die über einen längeren Zeitraum vollzogene, d.h. gewohnheitsmäßige Beihilfe zu X.000 Morden.
Ich persönlich möchte sagen, ich halte es für unter Wahrung der Relationen und der Bewertung der individuellen Schwere der Schuld schwierig, einen X.000-fachen Mörder, bzw. Mordhelfer auf Bewährung zu setzen, gleichzeitig aber andere Täter, wegen einfachen Mordversuches über Jahre in den Bau zu stecken.
Und damit wir uns hier nicht falsch verstehen, ich will sicherlich keine Mordversuche schönreden, noch gar ermutigen oder rechtfertigen.
Ich stelle einfach nur fest, dass es mir persönlich schwer vermittelbar erscheint, wenn man die Relationen betrachtet, denn so viele Strafmilderungsgründe, dass die Hilfe zur Verwirklichung tausendfacher Morde weniger schwer wiegt, als ein einziger, bloßer Mordversuch, kann es überhaupt nicht geben.
Das einzuordnen traue ich mir selbst als Laie in juristischen Dingen zu, da bin ich der Meinung, dass das wirklich jenseits aller Verhältnismäßigkeit ist.
Entweder hätte man es da bei der alten Betrachtung belassen und die Anforderungen für eine persönliche Schuldigkeit an denn Dingen so belassen sollen, wie man das Jahrzehnte lang gehandhabt hat, dann müsste man die Leute unbehelligt lassen, oder aber man müsste sich denn schon auch dazu durchringen für tusendfache Beihilfe zum Mord auch diejenigen Strafen auszusprechen, die auf mehrfachen Mord, bzw. Beteiligung daran stehen und dass kann im Fall eines Erwachsenen nichts anderes sein als lebenslang und könnte eigentlich auch bei einem Jugendlichen nichts anderes sein als eine mehrjährige, definitiv nicht mehr zur Bewährung aussetzbare Haftstrafe mit anschließender Verhängung der Sicherheitsverwahrung, ansonsten macht man sich doch irgendwo selbst lächerlich, wenn man auf der einen Seite fordert, dass die Täter bestraft werden müssen, andererseits dann aber sich nicht durchringen kann, die Strafen auszusprechen, die auf diese Taten denn auch tatsächlich gestanden haben würden.
Ob man einen Greis oder eine Greisin in seinen/ihren Mittneunzigern dann tatsächlich noch eine Haftstrafe antreten lässt oder befindet, dass die Person wegen Alter, Krankheit, Grbrechlichkeit etc. unter Auflagen davon in irgendeiner Weise zu befreien ist, wäre eine andere Nummer.
Aber so ist das in meinen Augen eine Farce und der Rechtsstaat kostet sich dafür mehr Glaubwürdigkeit, als er dadurch gewinnt.
Im Grunde genommen vor dem Hintergrund solcher Urteile kann sich ja nun so ziemlich jeder, der wegen weit kleinerer Vergehen verurteilt worden ist,
in Relation schlecht behandelt fühlen.
Im Grunde genommen, verschafft man doch damit jedem drittklassigen Drogendealer oder Hooligan, der wegen weit niedrigschwelligerem als Mord in den Bau geht, doch damit die Möglichkeit das Gericht, das ihn verurteilt hat und das ganze Rechtssystem bloßzustellen, wenn er in seinem Schlusswort nach der Urteilsverkündung sagt:
"Ja, ich sehe ein, ich habe einen Fehler gemacht, ich hätte statt an der Ecke Drogen zu verticken, lieber organisierten Massenmord betreiben sollen, dann hätte ich wie dieser KZ-Wächter aus Stutthof 2 Jahre auf Bewährung bekommen, so muss ich jetzt, was weiß ich, wegen dem Verschieben von 1-2 Kilo Canabis in den Bau, was eine Bananenrepublik."
Um das hier noch einmal ausdrücklich klar zu stellen, ich will damit sicherlich keine Verbrechen, für die das Gesetz, sicher mit gutem Grund Gefängnisstrafen androht, gutheißen, entschuldigen oder gar ermutigen.
Und gemessen daran dass auch jemand, der niedrigschwelligeres begangen hat, wenn er vorsätzlich gegen geltendes Recht verstoßen hat, er sich seine Haftstrafe, so sie verordnet wird, denn auch verdient hat, hätte sich diese Person sicherlich nicht zu beklagen und es würde ihr Recht geschehen.
Die Problematik einer etwas schwierigen Relation, ist für mich da aber trotzdem nicht von der Hand zu weisen.
Wenn man jemanden wegen Beihilfe zum x.000-fachen Mord verurteilt, der über einenn Zeitraum von mehreren Monaten oder gar Jahren kontinuierlich ausgeübt wurde, kann dabei, wenn man irgendwie glaubwürdig bleiben will, nur die Höchststrafe herumkommen.
Wie die im Jugendstrafrecht aussieht, entzieht sich meiner Kenntnis, weiß nicht ob da eine lebenslängliche Strafe möglich ist oder ob das nach Jugendstrafrecht ausgeschlossen ist, aber mehr als 2 Jahre auf Bewährung müsste denn auch nach Jugendstrafrecht schon drinn sein.
Ob man eine solche Strafe einmal ausgesprochen dann auch wirklich anwendet oder ob man sie auf dem Weg von Haftunfähigkeit, Begnadigung oder was auch immer dann tatsächlich umgeht, wäre dann eine andere Sache, dass könnte man ja tun.
Wenn man aber in dieser Form wegen Beihilfe noch heute vor Gericht ziehen und verurteilen möchte weil dem geltenden Recht und der Rechtsstaatlichkeit genüge getan werden muss, dann müssen da auch in Relation entsprechende Strafen verhängt werden, auch das gehört dazu geltendem Recht und der Rechtsstaatlichkeit genüge zu tun.
Wenn man sich von vorn herein in Relation angemessene Strafen auszusprechen und dabei dann am Ende ohnehin eine solche Farce wie 2 Jahre auf Bewährung herumkommen, dann kann man das auch gleich bleibenlassen.
Wem möchte man denn damit irgendwas beweisen? Mit einer solchen Praxis sieht das eingach ein bisschen nach Effekthascherei aus, jedenfalls nach meinem Geschmack.
Und damit, um das nochmal deutlich zu unterstreichen, möchte ich nicht sagen, dass ich es missbillige dass NS-Täter heute noch zur Rechenschaft gezogen werden, sondern ich möchte sagen, dass ich die mangelnde Ernsthaftigkeit missbillige, mit der man das tut, wenn man solche Urteile spricht und dass ich der Meinung bin, dass man damit das Vertrauen in den Rechtsstaat eher erschüttert als stützt.
Entweder man lässt es bleiben, oder man macht es richtig. Und nach meiner Anschauung sollte man es richtig machen und wenigstens angemessene Urteile Produzieren.
Wenn man die dann absolut nicht vollstrecken will, weil das angesichts des Alters der Täter ohnehin keinen Sinn mehr macht und es von dem her ohnehin mehr um den symbolischen Akt der Rechtssprechung geht, gibt es sicherlich Wege die tatsächliche Vollstreckung vermeiden zu können.