Es kann nicht sein, dass die gewaltige Heermacht des Germanicus während der Zeit als Stertinius das Heer der Brukterer bekämpfte und auch besiegte, tatenlos an ihrem Stützpunkt an der Ems abwartete, und anschließend quasi im Gänsemarsch wie an einer Perlenschnur aufgereiht ziellos durch die Gegend zog, bis sie zufällig an einen Ort gelangten der nicht weit von dem Ort der Niederlage des Varus entfernt war. Diese riesige römische Kampfmaschinerie wurde bestimmt nicht für diesen Zweck in innere Germaniens geführt. Das dieses Szenario eher unwahrscheinlich ist, kann auch ein phantasieloser Mensch erkennen. Mann sollte nur die Fähigkeit besitzen ein wenig zwischen den Zeilen zu lesen.
DIESEN Aussagen stimme ich zu. Vollumfänglich!
Auf die folgende Aussage
Als gesichert kann man aus den Quellen des Tacitus entnehmen, dass das Operationsgebiet den Germanicus westlich der Ems war (Gebiet zwischen Ems und Lippe). Auch befand sich Germanicus solange im Gebiet der Brukterer bis er den Ort erreichte der nicht weit vom Varusschlachtort entfernt war( äußerste Grenzen der Brukterer).
antworte ich dagegen mit diesem Zitat:
Diese riesige römische Kampfmaschinerie wurde bestimmt nicht für diesen Zweck in innere Germaniens geführt. Das dieses Szenario eher unwahrscheinlich ist, kann auch ein phantasieloser Mensch erkennen. Mann sollte nur die Fähigkeit besitzen ein wenig zwischen den Zeilen zu lesen.
Man muss in den Quellen lange suchen, bis man eine Aktion römischer Truppen findet, an der auf einen Schlag und konzentriert gegen einen Gegner acht Legionen beteiligt gewesen wären. Acht bis zehn Legionen reichten aus, um ganz Gallien zu erobern, fünf reichten aus, um ganz Germanien zu sichern - und dann soll Germanicus ACHT Legionen gebraucht haben, um NUR DIE BRUKTERER zu bekämpfen?
Dass das nicht sein kann, sieht man schon am Tacitus-Text selbst. Da steht nämlich, dass Germanicus praktisch keine Gelegenheit hatte, die Brukterer zu bekämpfen, weil die vom Anmarsch der römischen Kampfmaschine wussten und sich vorsorglich ins Gebüsch geschlagen hatten, um nicht unter die Räder zu kommen. Schon im Vorjahr, als Germanicus die Marser niedergemacht hat, hatten die Brukterer davon Wind bekommen und sich vorbereitet. Sie haben offensichtlich gut aufgepasst.
Was die Verwüstung germanischer Stammesgebiete angeht, hat es in anderen Diskussionen einige interessante Anmerkungen gegeben: Es gab da nicht viel zu verwüsten! Die Häuser waren aus vor Ort vorhandenem Material gebaut und ließen sich innerhalb von ein paar Tagen neu errichten. Und bewegliche Habe werden die Brukterer kaum in den Siedlungen zurückgelassen haben. Die Stämme waren so wenig von festen Einrichtungen abhängig, dass ganze Völkerschaften problemlos in neue Wohngebiete abrücken konnten; Kimbern und Teutonen haben eine Jahre dauernde Wanderschaft bewältigen können. Laut Tacitus haben die Stämme nach der Schlacht bei Idistaviso Anstalten gemacht, das ganze Gebiet zu räumen und sich hinter die Elbe zurückzuziehen. Solange es den Römern nicht gelang, massenhaft Menschen abzuschlachten, waren die Stämme kaum zu gefährden. Und dem sind die Brukterer ausgewichen, indem sie beim Anmarsch der Römer ihre Siedlungen geräumt und selbst (!) niedergebrannt haben.
@mhorgran:
Deine jüngsten Beiträge interpretiere ich so, dass Du an der Idee germanischer Guerilla-Kriegführung zweifelst. Damit stellst Du den Stand der Forschung und sämtliche Quellen in Frage. Alles, was die römischen Geschichtsschreiber hinterlassen haben, lässt nur den Schluss zu, dass in Germanien kein regulärer sondern ein "asymmetrischer" Krieg ausgefochten wurde. Dass die Germanen offenen Kämpfen ausgewichen sind, lässt sich nicht bestreiten. Und dass sie gezielt Schwachstellen angegriffen haben, ist allein daran abzulesen, dass auf Anordnung des Tiberius die römischen Truppen bei Feldzügen in Germanien im Tross nur noch das Allernötigste mitführen durften. Dass Germanicus die Hälfte seiner Truppen mit der Flotte nach Germanien geführt hat, hat denselben Grund: Er wollte den Nachschub gegen Angriffe sichern.
Dass Arminius sich bei Idistaviso zum Kampf gestellt hat, widerspricht dem auch nicht. Erstens kann man dem Tacitus-Bericht entnehmen, dass er selbst dort noch ausweichen wollte, und zweitens - wie Du selbst schreibst: Irgendwann MUSS sich auch eine Guerilla-Armee zu entscheidenden Gefechten stellen. Nur ein Beispiel dafür sind die Viet Minh und Dien Bien Phu.
Guerillataktik beinhaltet das man die eigenen Kräfte schont, diese nur gegen unterlegene feindliche Kräfte einsetzt um diesen möglichst viel Schaden beizubringen.
Wenn man sich "stellt" ist es gewollt oder vom Gelände vorgegeben, aber auch dann kann "man" (siehe Balkan im 2.Wk) auch mit starken Verbänden ausweichen.
Und erst wenn der Gegner soweit geschwächt ist das die Kampfkraft ausgeglichen ist, stellt sich eine "Guerilla"Armee in offener Feldschlacht. Arminius stellt sich allerdings "gleich" zweimal hintereinander.
Das halte ich alles für falsch.
- Guerillas meiden offene Kämpfe nicht deshalb, weil es unschicklich wäre, sich auf sowas einzulassen. Sie meiden offenen Kampf, weil sie darin nicht bestehen könnten.
- Es ist NICHT Ziel des Kleinkriegs, möglichst große militärische Schäden zu verursachen. Im Gegenteil: Je schwerer man den Gegner trifft, desto härter schlägt er zurück. Eben das müssen Guerillas vermeiden. Hauptziel ist es, durch ständig sichtbare Aktionen die bis dahin unbeteiligte Bevölkerung gegen den Feind zu mobilisieren (Du weißt schon, Fisch im Wasser und so). Kleinkrieg kann nie eine Armee zu Sieg führen. Er dient dazu, eine Armee überhaupt erst aufzustellen!
- Wenn alle Pläne aufgehen, werden Kleinkriegsabteilungen "automatisch" zahlreicher und größer - bis zu einer "kritischen Grenze". Unter heutigen Bedingungen liegt die bei Bataillonsstärke, also etwa 400 Mann. Dann beginnen die Gruppen, sich für einzelne Operationen zusammenzuschließen. Hat auch das Erfolg, bildet sich im nächsten Schritt eine Armee, die nach einer Operation nicht mehr auseinander läuft, sondern dauerhaft Positionen besetzt.
- Arminius hat sich nicht "gleich" gestellt. Der römisch-germanische Krieg hat 60 Jahre vorher unter Caesar begonnen, die römische Offensive in Germanien ungefähr 30 Jahre vorher. Eigentlich unvorstellbar: Mindestens zwei Generationen lang kommen jedes Jahr aufs Neue Bewaffnete anmarschiert und metzeln Leute nieder... Da ist es kaum ein Wunder, dass Arminius trotz der Rivalitäten unter den Stämmen eine Koalition schmieden konnte.
MfG