"haud procul" und seine Bedeutung bei Tacitus

Nun ist DIE taktische Kesselschlacht aus der damaligen Zeit durchaus überliefert - Cannae.
Nach Trebia die zweite der Geschichte. Stimmt. Aber beide spielten sich auf einem großen Gefechtsfeld ab. Die Truppen wurden zentral geführt und koordiniert - durch Meldereiter, Flaggen, Hornsignale oder sonstwas. Die Germanicus-Truppen bewegten sich aber in weit größeren Räumen. Caecina kam von Vetera zufuß, Pedo mit der Reiterei von "Friesland" aus, Germanicus selbst mit der Flotte über die Ems. Ich wüsste nicht, wie die es geschaffte haben sollten, über dutzende bis hunderte von Kilometern hinweg Kontakt mit einander zu halten. Sie mussten den Aufmarschplan vorab festlegen und danach konnte sich nur noch jeder an den Plan halten. Nachträgliche Veränderungen, etwa Reaktionen auf eine geänderte taktische Lage, waren unmöglich. Genau das ist der Unterschied zu Cannae. Hannibal hat gewonnen, weil er schnell und präzise auf die Entwicklung reagieren konnte. Das war keineswegs ein vorher festgelegter Plan, der einfach nur wie ein Uhrwerk abgespult werden musste.

Das hatte ich übrigens gemeint, als ich schrieb, dass solche Umfassungsmanöver nur kleinräumiger möglich sind. Es bezog sich auf die Fläche, nicht auf die Zahl der beteiligten Soldaten.

Gerade die damalige "Infrastruktur" ermöglichte es auch größere Räume, gerade auch für stärkere Heeresverbände, sicher zu sperren.
Für römische Operationen in Germanien bezweifle ich das. Das dortige Gelände hat es den Legionen nicht erlaubt, ihre übliche Taktik zu enfalten. Letztlich sind sie deshalb erfolglos geblieben. Die germanischen Stämme haben darauf geradezu ihre Kriegführung aufgebaut. Sie haben Begegnungen im offenen Gelände vermieden und versucht, Kämpfe in möglichst unwegsame Bereiche zu verlagern. Sie konnten sich offenbar auch in großer Zahl in Gebieten bewegen, die für römische Truppen nicht passierbar waren. So ist es (laut Tacitus) Arminius gelungen, die Legionen auf dem Marsch zu überholen. Er konnte Hinterhalte legen und er konnte dies mit ausreichend starken Kräften, um sogar die 40 Kohorten Caecinas zu gefährden.

Eine solche Taktik würde eine sehr sehr gute Kenntnis der Gegner voraussetzen.
Gute Kenntnis kann man imho voraussetzen. Die Römer hatten in dem Gebiet so lange erfolgreich Krieg geführt, dass sie es schon als "ihre Provinz" betrachteten. Trotzdem war ihre Kenntnis des Gegners wohl nicht gut wie sie dachten. Jedenfalls nicht so gut genug, um den Krieg zu gewinnen.

MfG
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn ich mir den Tacitus (Annalen) zu dem Thema anschaue, dann ist da geschildert, wie die römischen Truppen über drei verschiedene Wege sich am vereinbarten Fluß (Amisia/Ems?) treffen (60,2), anschließend schlug Stertinus die Brukterer, die das Ihrige verbrannten, mit einer kleinen Truppe. Im lateinischen Text ist diese Truppe als Manus (eigtl. Hand) bezeichnet. Das war also wirklich eine kleine Truppe.

Für mich hört sich diese Truppe eher nach einer Aufklärungseinheit an, die vorausgeschickt wurde. Diese stellten fest, daß die Brukterer das ihrige verbrannt haben. Dann hieß es, daß Stertinus die B. schlug. Im lateinischen Original steht "fudit", was eigentlich "aus-/vergießen" heißt und in diesem Kontext "zerstreuen" heißt. Die Schilderung sieht für mich so aus, als ob die Germanen die Taktik der verbrannten Erde angewendet haben: erst alles niederbrennen und anschließend vor den Römern abhauen. Die Römer kamen, sahen und stellten fest: Der Feind ist weg!!!:S:S:S

Dann ging es zu den Grenzen der Brukterer (ultimos bructeros) und alles Land wurde vernichtet (ob von den Römern oder von den Brukterern selber, läßt der Text aber offen). Aber es wird nicht von Kämpfen berichtet (wahrscheinlich sind da auch alle Brukterer abgezogen).

Anschließend erfolgen dann die Besichtigung mit Beisetzung der Gefallenen auf dem Schlachtfeld.

Zum Einkesseln war also erst mal keiner da. Ich vermute mal, die Brukterer haben sich irgendwo in den dichten Wäldern versteckt und waren so für die Römer "unsichtbar".

Nach der Beisetzung verfolgte man Arminius weiter (man hatte ihn wohl doch irgendwo lokalisiert). Und das auch noch auf freiem Feld (63,1). Und hier wären die Römer fast in eine Falle gelaufen, indem sie den Brukterern in einen Sumpf gefolgt wären. Zur Schlacht kam es dann auch nicht mehr.

Und dann wird von dem Rückzug berichtet, bei dem es zu dem Debakel an den Pontes Longi kam.

Also: keine Kesselschlacht, sondern verbrannte Erde und TTV (Täuschen, Tarnen und Verpissen) seitens der Brukterer.
 
@Maelonn
Die Germanicus-Truppen bewegten sich aber in weit größeren Räumen. Caecina kam von Vetera zufuß, Pedo mit der Reiterei von "Friesland" aus, Germanicus selbst mit der Flotte über die Ems.
Wenn ich mir einige Threads in diesem Forum ansehe scheint das so sicher nicht zu sein.

Dutzende Kilometer- warum nicht, die Kommunikation dauert einfach ein bißchen länger - wie auch die Bewegungen größerer Heerestruppen jeglicher Völker. Man muß also nicht "schnell und präzise" reagieren. Wie lief die Kommunikation bei Napoleon in seinem Rußlandfeldzug. Auch hier waren die Armeeteile teilweise in größerer Entfernung zueinander und ihre Bewegungen mußte abgestimmt werden. Auch dort gab es weder Funk noch Telefon.

Das Problem ist, bei den Überlieferungen, meiner Ansicht nach folgendes.
Nur von der einen Seite gibt es diese, die Germanen haben (außer Sagen) nichts hinterlassen.
Und natürlich sind die römischen Überlieferungen sehr subjektiv.
Es hat ja durchaus einiges an rangierten Schlachten gegeben. Also nur nicht die angebliche germanische Schlachten - Guerillia-Taktik. Und die Römer haben dabei nicht immer nur gut ausgesehen. Siehe auch Caecina.

"Infrastruktur"
Das hab ich wohl ungenau ausgedrückt.
Beispiel (vielleicht realistisch - vielleicht nicht).
Wenn die Römer einen Flußübergang (keine Brücken sondern Furten) sperren wollen, könnte man wohl am anderen Ufer "einfach" ein Kohortenlager anlegen.
Ähnlich bei Engstellen (zwischen Bergen / Hügeln oder Sümpfe).

Gute Kenntnis kann man imho voraussetzen. Die Römer hatten in dem Gebiet so lange erfolgreich Krieg geführt, dass sie es schon als "ihre Provinz" betrachteten. Trotzdem war ihre Kenntnis des Gegners wohl nicht gut wie sie dachten. Jedenfalls nicht so gut genug, um den Krieg zu gewinnen.
Eben das meine ich. Man kannte die Provinz durchaus. Man kannte Engstellen und hatte auch Verbündete ... . Und ja - letztlich hat man, von römischer Seite falsch kalkuliert.


@Carolus
Nicht eine Kesselschlacht durch die Brukerer. Die Römer könnten eine angestrebt haben. Ist die doch recht überraschende Verlegung der Legionen über See nicht ein Indiz dafür.

Naja wie auch immer.
Nichts genaues weiß man.
 
Hallo mhorgran,


sehr aufschlussreiche Beiträge von Dir, die meine Ansicht stützen. Ich verstehe nicht warum hier mit großer Vehemenz die Möglichkeit für ein derartiges großflächig angelegtes Manöver abgesprochen wird, zumal die Quellen eindeutig dafür sprechen. Tacitus schrieb für das Jahr 14 beim Kampf gegen die Marser folgende Zeilen:
Tac.Ann.I/49: „Der Caesar teilte die kampfbegierigen Legionen, um ein desto größeres Gebiet zu verwüsten in vier Kampfgruppen. Eine Strecke von fünfzig Meilen verheerte er mit Feuer und Schwert.“ Hier wird doch ein fast identisches Szenario wie bei dem von mir vermuteten Kampf gegen die Brukterer beschrieben, nur mit dem Unterschied dass sich diese Truppen auf die Rheingrenze zugbewegt haben könnten, um die Brukterer zwischen zwei Fronten aufzureiben.

Auch die Aussage, dass eine zeitgenaue Koordination nicht möglich gewesen sein soll ist nicht nachzuvollziehen. Auch hier gibt uns Tacitus ein Beispiel einer hervorragenden Abstimmung verschiedener Heerteile sogar über viele hundert Kilometer. Tac.Ann.I/60: „Fußvolk, Reiterei und Flotte trafen gleichzeitig an dem vorbestimmten Fluss ein.“

Auch Paterculus sprach von einem ähnlichen Manöver Vell. Pat. Hist.106“ Ein römisches Heer wurde mit seinen Feldzeichen 400 Meilen vom Rhein bis zum Fluss Elbe geführt, der durch das Gebiet der Semnonen und Hermonduren fließt. Und dem bewundernswerten Glück wie der Vorsorge des Feldherrn sowie seiner genauen Beobachtung der Jahreszeiten war es zu danken, dass sich ebendort die Flotte wieder mit Tiberius Caesar und seinem Heer vereinigte“.

Weiterhin befand sich Germanicus nach der Aussage des Tacitus ausschließlich im Territorium der Brukterer als er zu der Gegend gelangte die nicht weit vom Ort der Varusschlacht war. Er kämpfte gegen die Brukterer und gelangte schließlich zu deren äußersten Grenzen, was soviel heißen muss, dass er sich bis dorthin noch im Brukterergebiet aufgehalten hat. Also zwischen Ems und Lippe.

Gruß Maelo
 
Hallo mhorgran,


sehr aufschlussreiche Beiträge von Dir, die meine Ansicht stützen. Ich verstehe nicht warum hier mit großer Vehemenz die Möglichkeit für ein derartiges großflächig angelegtes Manöver abgesprochen wird, zumal die Quellen eindeutig dafür sprechen. Tacitus schrieb für das Jahr 14 beim Kampf gegen die Marser folgende Zeilen:
Tac.Ann.I/49: „Der Caesar teilte die kampfbegierigen Legionen, um ein desto größeres Gebiet zu verwüsten in vier Kampfgruppen. Eine Strecke von fünfzig Meilen verheerte er mit Feuer und Schwert.“ Hier wird doch ein fast identisches Szenario wie bei dem von mir vermuteten Kampf gegen die Brukterer beschrieben,

Tja, aber eben nur fast. Denn für das Jahr 15, auf das es hier ankommt, schreibt Tacitus nichts von Kämpfen, der verschiedenen Truppen, sondern einfach nur, dass das riesen Heer in 3 getrennt marschierenden Teilen durch Germanien ziehen sollte, um zu einem vereinbarten Treffpunkt zu kommen. Von da aus zieht man gemeinsam weiter! vgl Tac. Ann. I. 60: Von da aus wurde das Heer in die entlegensten Teile des Bruktererlandes geführt...

Das ganze Heer, nicht Teile davon. Von einem Zangenmanöver nicht die geringste Rede! Aber maelo schreibt ja richtig: Von dem von mir vermuteten Kampf, also: reine Vermutung, ohne Basis in den Quellen.

nur mit dem Unterschied dass sich diese Truppen auf die Rheingrenze zugbewegt haben könnten, um die Brukterer zwischen zwei Fronten aufzureiben.

Die Brukterer brauchten nicht zwischen zwei Fronten aufgerieben werden, weil sie durch die leichte Abteilung des Stertinius schon vertrieben wurden.

Es lebe der Konjunktiv. Man kann sich sehr vieles vorstellen, wenn man nicht oder nicht genau in die Quellen schaut oder nicht beachtet, was in den Quellen steht. So steht in den Quellen nichts davon, dass die entlegensten Gebiete der Brukterer sich nahe des Rheins befunden hätten, dass dieser Feldzug bis nahe an den Rhein zurückgeführt hätte und und und. Alles nichts als Vermutungen, lieber maelo. Aber das schreibst du ja auch richtig. Vermutungen äußerst du, nichts weiter.
Auch die Aussage, dass eine zeitgenaue Koordination nicht möglich gewesen sein soll ist nicht nachzuvollziehen. Auch hier gibt uns Tacitus ein Beispiel einer hervorragenden Abstimmung verschiedener Heerteile sogar über viele hundert Kilometer. Tac.Ann.I/60: „Fußvolk, Reiterei und Flotte trafen gleichzeitig an dem vorbestimmten Fluss ein.“

Es würde aber einen Unterschied machen, ob man den einfachen Marsch mehrerer Truppenteile so koordinieren kann, dass man gleichzeitig irgendwo eintrifft, oder ob man da noch nicht so einfach kalkulierbare Kampfhandlungen in die Berechnungen einbeziehen muss.
Auch Paterculus sprach von einem ähnlichen Manöver Vell. Pat. Hist.106“ Ein römisches Heer wurde mit seinen Feldzeichen 400 Meilen vom Rhein bis zum Fluss Elbe geführt, der durch das Gebiet der Semnonen und Hermonduren fließt. Und dem bewundernswerten Glück wie der Vorsorge des Feldherrn sowie seiner genauen Beobachtung der Jahreszeiten war es zu danken, dass sich ebendort die Flotte wieder mit Tiberius Caesar und seinem Heer vereinigte“.

Da steht aber nichts von gleichzeitig. Der eine Truppenteil kann durchaus etwas auf den anderen gewartet haben müssen.

Weiterhin befand sich Germanicus nach der Aussage des Tacitus ausschließlich im Territorium der Brukterer als er zu der Gegend gelangte die nicht weit vom Ort der Varusschlacht war. Er kämpfte gegen die Brukterer und gelangte schließlich zu deren äußersten Grenzen, was soviel heißen muss, dass er sich bis dorthin noch im Brukterergebiet aufgehalten hat. Also zwischen Ems und Lippe.

Eben. Und nicht am Rhein. Dein favorisiertes Gebiet ist ganz sicher nicht 'haud procul' von Lippe und Ems.
 
Hallo mhorgran,


sehr aufschlussreiche Beiträge von Dir, die meine Ansicht stützen. Ich verstehe nicht warum hier mit großer Vehemenz die Möglichkeit für ein derartiges großflächig angelegtes Manöver abgesprochen wird, zumal die Quellen eindeutig dafür sprechen. Tacitus schrieb für das Jahr 14 beim Kampf gegen die Marser folgende Zeilen:
Tac.Ann.I/49: „Der Caesar teilte die kampfbegierigen Legionen, um ein desto größeres Gebiet zu verwüsten in vier Kampfgruppen. Eine Strecke von fünfzig Meilen verheerte er mit Feuer und Schwert.“ Hier wird doch ein fast identisches Szenario wie bei dem von mir vermuteten Kampf gegen die Brukterer beschrieben...

Auch die Aussage, dass eine zeitgenaue Koordination nicht möglich gewesen sein soll ist nicht nachzuvollziehen. Auch hier gibt uns Tacitus ein Beispiel einer hervorragenden Abstimmung verschiedener Heerteile sogar über viele hundert Kilometer. Tac.Ann.I/60: „Fußvolk, Reiterei und Flotte trafen gleichzeitig an dem vorbestimmten Fluss ein.“

Hallo, Maelo!

Es führt vom Thema weg, deshalb will ich das nicht mehr zu sehr auswalzen. Aber: Die von Dir (beziehungsweise von Paterculus) genannte Gleichzeitigkeit muss man, glaube ich, ernsthaft hinterfragen. Glaubt hier wirklich jemand, dass die Truppen da binnen Minuten oder auch nur Stunden eintrafen? Okay, meintwegen...

Selbst wenn es wunderbarerweise so gewesen sein sollte, hätten die einzelnen Abteilungen immer noch vorab einen Auftrag bekommen, den sie aus eigener Kraft erfüllen konnten: Marschiert zu jenem Punkt und trefft dort zum Zeitpunkt X ein. Gleiches gilt für den Angriff gegen die Marser in vier Abteilungen. Bei den oben besprochenen Zangenmanövern hängt der Erfolg aber nicht allein davon ab, dass eine der Abteilungen ihre Aufträge erfüllen kann. Erfolgreich ist sie in solchen Fällen nur dann, wenn auch die anderen Abteilungen ihre Aufträge erfüllen. Beispiel Jagdkommandos: Die können den Feind aus einem ganzen Landstrich herausdrängen - und es war alles für die Füße, wenn die Auffanglinie nicht gebildet werden konnte.

Thema Kommunikationsmittel: Das ist nicht meine Theorie, sondern herrschende Meinung unter Militärs. Literatur darüber ist zwar nicht geheim, aber auch nicht weit verbreitet zugänglich. Vielleicht findest Du trotzdem was. Googel mal nach Hans von Dach. Der hat einige grundlegende und leicht verständliche Werke für den schweizerischen Unteroffiziersverband veröffentlicht. Vielleicht sind die zumindest auszugsweise im Netz.

MfG
 
@ Tela

Ich denke, dass Dir nicht bewusst ist wo die Brukterer gesiedelt haben. Ansonsten sind mir deine Ausführungen nicht erklärbar. Hier ein kleiner Exkurs in den Quellen über die einstmaligen Siedlungsgebiete der Brukterer.

Velleius Paterculus105“ Tiberius rückte sogleich in Germanien ein, besiegte die Canninefaten, Attuarier und Brukterer und nahm die Cherusker in die Obhut des römischen Volkes auf.“ (im Jahr 5-6 n.Chr.)
Hier sind die Brukterer einer der Stämme die vom Rhein aus zuerst besiegt wurden.

Tacitus Germania 32:“Den Chatten zunächst, wo der Rhein noch ein festes Bett hat und als Grenzscheide genügt, wohnen die Usiper und Tenkterer.
Hier ist das rechtsrheinische Gebiet bis zu seinem Delta am Niederrhein gemeint.

Tacitus Germania 33:“ In der Nähe der Tenkterer stieß man einst auf die Brukterer; jetzt sind, wie es heißt, die Chamaver und Angrivarier dorthin gezogen.“
Also waren die Brukterer die Nachbarn der Usiper und Tenkterer am Rhein.

Und weiter: “Denn die verbündeten Nachbarstämme hatten die Brukterer geschlagen und gänzlich ausgerottet, aus Erbitterung über ihren Hochmut oder aus Beutelust oder weil die Götter uns eine Gunst erzeigten; denn sie gewährten uns sogar das Schauspiel der Schlacht. Über Sechzigtausend sind dort gefallen, nicht durch römische Wehr und Waffen, sondern, was noch erhebender ist, ganz zu unserer Augenweide
Wie hätten die Römer an diesem Schauspiel (etwa 100 n. Chr.) teilhaben können, wenn es sich nicht in der Nähe der damaligen Rheingrenze zugetragen hätte.

Tacitus Germania 34:“ An die Angrivarier und Chamaver schließen sich südostwärts die Dulgubnier und Chasuarier an sowie andere, weniger bekannte Stämme; im Norden folgen die Friesen.“
Das bedeutet, dass das vormalige Brukterergebiet nach Norden bis an die Friesen heranreichte.

Tacitus Germania 35:“ Bis jetzt haben wir Germanien nach Westen hin kennen gelernt;“
Hier sagt uns Tacitus, dass diese vordem genannten Stämme im Westen des Germanengebietes, also in der Nähe des Rheines siedelten.

Tacitus Annalen I/49:” Dieses Morden (an den Marsern) rief die Brukterer, Tubanten und Usipeter auf den Plan.“
Also waren die Brukterer Nachbarn der Marser südlich der heutigen Lippe.

Strabo7, Kap.1/3-4" Die ersten Partien dieses Landes sind die am Rhein..... Die Stämme dieses Landes wurden teils von Römern ins Keltenland umgesiedelt, teils wanderten sie vorher ins Landesinnere ab, wie die Marser. Übrig geblieben sind nur wenige, so auch ein Teil der Sugambrer. An die Flussanwohner schließen sich die anderen Stämme zwischen Rhein und Elbe an, die etwa parallel mit dem Rhein zum Ozean fließt und ein nicht geringeres Gebiet durchmisst als er. Dazwischen gibt es weitere schiffbare Flüsse unter ihnen die Ems, auf der Drusus mit seiner Flotte die Brukterer besiegte...“
Die Brukterer siedelten also auch an der unteren schiffbaren Ems.

Und weiter: „Andere schwächere germanische Stämme sind die Cherusker, Chatten, Gamabiver und Chattuarier sowie am Ozean die Sugambrer, Chauber, Brukterer, Kimbern, die Chauken, Kaulker, Kampsianer und viele andere. Parallel mit der Ems ziehen die Flüsse Weser und Lippe, die vom Rhein gegen sechshundert Stadien entfernt ist und durch das Gebiet der kleinen Brukterer fließt“
Hier fließt die Lippe parallel mit der Weser und der Ems durch das Gebiet der kleinen Brukterer. Ich glaube, dass es sich bei dieser genannten Lippe um die heutige Ijssel handelt. (Aber das steht an einer anderen Stelle und muss schließlich noch bewiesen werden.)
.
Ptolemaios 6:“ Die Gebiete Germaniens am Rhein bewohnen- wenn man von Norden beginnt- die kleinen Brukterer und die Sugambrer, unterhalb von diesen die Sueben, Langobarden, dann die Tenkterer und die Inkrionen zwischen dem Rhein und den Abnoba Bergen.“
Auch Ptolemaios verordnet die kleinen Brukterer in der Nähe des Rheines.

Ptolemaios 7:“ Das Land am Ozean bewohnen oberhalb der Brukterer die Friesen bis zum Ems Fluss,“
Und Ptolemaios sieht auch die Brukterer als Nachbarn der Friesen an der Ems.

Sueton Tiberius:“ Aber obwohl er (Tiberius nach der Varusniederlage) einen Krieg erfolgreich geführt hatte, hätte nicht viel gefehlt und er wäre von einem Brukterer ermordet worden,
Tiberius hielt sich am rechten Rheinufer auf als er fast von einem Brukterer ermordet wurde. Wo kam der wohl her?

Weiterhin waren beim Civilisaufstand im Jahr 69 die Brukterer Verbündete der Bataver, die auf der linken Rheinseite siedelten. Auch hier muss man eine nachbarschaftliche Nähe der Brukterer zu den Batavern annehmen.

Nach diesem Lokalisierungsversuch des einstmaligen Stammesgebietes der Brukterer muss angenommen werden, dass sich dieses Gebiet von der Nähe des Rheines bis zur Ems in West-Ost-Richtung, und von der niederländischen Tiefebene bis zur heutigen Lippe in Nord-Süd-Richtung erstreckte. Wenn Tacitus schreibt, dass das ganze Gebiet zwischen Ems und Lippe verwüstet wurde kann es sich nicht nur um die Oberläufe dieser beiden Flüsse gehandelt haben, sondern ein vielfach großflächigeres Gebiet. Da Germanicus sich bis zu dem Zeitpunkt als er sich nicht weit von dem Varusschlachtort befunden hat, nach der Aussage des Tacitus nur im Brukterergebiet aufgehalten hat, und in diesem Gebiet mit 8 Legionen operierte, ist es sehr Wahrscheinlich, dass er von der Ems aus in mehreren Heeresabteilungen nach Westen in Richtung Rhein zog, um das gesamte Stammesgebiet der Brukterer zu zerstören.

Dann, nach dieser großflächigen Zerstörung des Brukterergebietes, erreichte er die Grenzen dieses Territoriums in der Nähe des Rheines und war nicht weit vom Ort der Varusschlacht entfernt.

Vermutungen äußerst du, nichts weiter.

Vermutungen äußern wir alle, nichts weiter.

Gruß Maelo
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Tela

Ich denke, dass Dir nicht bewusst ist wo die Brukterer gesiedelt haben.

Ich stütze mich dabei auf das, was die Forschung dazu ergeben hat. Ein Gebiet mehr oder weniger an der Lippe bis hin zur oberen Ems.

Ansonsten sind mir deine Ausführungen nicht erklärbar.

Dann vielleicht noch mal lesen.
Velleius Paterculus105“ Tiberius rückte sogleich in Germanien ein, besiegte die Canninefaten, Attuarier und Brukterer und nahm die Cherusker in die Obhut des römischen Volkes auf.“ (im Jahr 5-6 n.Chr.)
Hier sind die Brukterer einer der Stämme die vom Rhein aus zuerst besiegt wurden.

Beißt sich nicht mit einem Siedlungsgebiet an der Lippe/Ems, aber doch mit einem in Holland.
Tacitus Germania 32:“Den Chatten zunächst, wo der Rhein noch ein festes Bett hat und als Grenzscheide genügt, wohnen die Usiper und Tenkterer.
Hier ist das rechtsrheinische Gebiet bis zu seinem Delta am Niederrhein gemeint.

Tacitus Germania 33:“ In der Nähe der Tenkterer stieß man einst auf die Brukterer; jetzt sind, wie es heißt, die Chamaver und Angrivarier dorthin gezogen.“
Also waren die Brukterer die Nachbarn der Usiper und Tenkterer am Rhein.

Aber nicht zwangsläufig in Holland. Es ist nur rheinabwärts die Rede. Also können wir die Brukterer wieder ins Ems/Lippe Gebiet setzen.
Und weiter: “Denn die verbündeten Nachbarstämme hatten die Brukterer geschlagen und gänzlich ausgerottet, aus Erbitterung über ihren Hochmut oder aus Beutelust oder weil die Götter uns eine Gunst erzeigten; denn sie gewährten uns sogar das Schauspiel der Schlacht. Über Sechzigtausend sind dort gefallen, nicht durch römische Wehr und Waffen, sondern, was noch erhebender ist, ganz zu unserer Augenweide
Wie hätten die Römer an diesem Schauspiel (etwa 100 n. Chr.) teilhaben können, wenn es sich nicht in der Nähe der damaligen Rheingrenze zugetragen hätte.

Lippe ist in der Nähe der Rheingrenze.
Tacitus Germania 34:“ An die Angrivarier und Chamaver schließen sich südostwärts die Dulgubnier und Chasuarier an sowie andere, weniger bekannte Stämme; im Norden folgen die Friesen.“
Das bedeutet, dass das vormalige Brukterergebiet nach Norden bis an die Friesen heranreichte.

Naja...

Tacitus Germania 35:“ Bis jetzt haben wir Germanien nach Westen hin kennen gelernt;“
Hier sagt uns Tacitus, dass diese vordem genannten Stämme im Westen des Germanengebietes, also in der Nähe des Rheines siedelten.

Kein Widerspruch. Die Lippe ist sicher westliches Germanien.
Tacitus Annalen I/49:” Dieses Morden (an den Marsern) rief die Brukterer, Tubanten und Usipeter auf den Plan.“
Also waren die Brukterer Nachbarn der Marser südlich der heutigen Lippe.

Ja, Marser südlich, Brukterer nördlich.
Strabo7, Kap.1/3-4" Die ersten Partien dieses Landes sind die am Rhein..... Die Stämme dieses Landes wurden teils von Römern ins Keltenland umgesiedelt, teils wanderten sie vorher ins Landesinnere ab, wie die Marser. Übrig geblieben sind nur wenige, so auch ein Teil der Sugambrer. An die Flussanwohner schließen sich die anderen Stämme zwischen Rhein und Elbe an, die etwa parallel mit dem Rhein zum Ozean fließt und ein nicht geringeres Gebiet durchmisst als er. Dazwischen gibt es weitere schiffbare Flüsse unter ihnen die Ems, auf der Drusus mit seiner Flotte die Brukterer besiegte...“
Die Brukterer siedelten also auch an der unteren schiffbaren Ems.

Klar doch.
Und weiter: „Andere schwächere germanische Stämme sind die Cherusker, Chatten, Gamabiver und Chattuarier sowie am Ozean die Sugambrer, Chauber, Brukterer, Kimbern, die Chauken, Kaulker, Kampsianer und viele andere. Parallel mit der Ems ziehen die Flüsse Weser und Lippe, die vom Rhein gegen sechshundert Stadien entfernt ist und durch das Gebiet der kleinen Brukterer fließt“
Hier fließt die Lippe parallel mit der Weser und der Ems durch das Gebiet der kleinen Brukterer. Ich glaube, dass es sich bei dieser genannten Lippe um die heutige Ijssel handelt. (Aber das steht an einer anderen Stelle und muss schließlich noch bewiesen werden.)

Tja, dann beweis mal, aber bitte nicht mit weiteren Vermutungen.
Ptolemaios 6:“ Die Gebiete Germaniens am Rhein bewohnen- wenn man von Norden beginnt- die kleinen Brukterer und die Sugambrer, unterhalb von diesen die Sueben, Langobarden, dann die Tenkterer und die Inkrionen zwischen dem Rhein und den Abnoba Bergen.“
Auch Ptolemaios verordnet die kleinen Brukterer in der Nähe des Rheines.

Schön.
Ptolemaios 7:“ Das Land am Ozean bewohnen oberhalb der Brukterer die Friesen bis zum Ems Fluss,“
Und Ptolemaios sieht auch die Brukterer als Nachbarn der Friesen an der Ems.

Ja.
Sueton Tiberius:“ Aber obwohl er (Tiberius nach der Varusniederlage) einen Krieg erfolgreich geführt hatte, hätte nicht viel gefehlt und er wäre von einem Brukterer ermordet worden,
Tiberius hielt sich am rechten Rheinufer auf als er fast von einem Brukterer ermordet wurde. Wo kam der wohl her?

Aus Germanien?
Weiterhin waren beim Civilisaufstand im Jahr 69 die Brukterer Verbündete der Bataver, die auf der linken Rheinseite siedelten. Auch hier muss man eine nachbarschaftliche Nähe der Brukterer zu den Batavern annehmen.

Ob man aber aus einer Situation 69 auf die Situation 15 schließen darf, ist nicht so einfach.
Nach diesem Lokalisierungsversuch des einstmaligen Stammesgebietes der Brukterer muss angenommen werden, dass sich dieses Gebiet von der Nähe des Rheines bis zur Ems in West-Ost-Richtung, und von der niederländischen Tiefebene bis zur heutigen Lippe in Nord-Süd-Richtung erstreckte. Wenn Tacitus schreibt, dass das ganze Gebiet zwischen Ems und Lippe verwüstet wurde kann es sich nicht nur um die Oberläufe dieser beiden Flüsse gehandelt haben, sondern ein vielfach großflächigeres Gebiet.

Klar kann es das. Ziel der 8 Legionen war nicht die Bekämpfung der Brukterer, sondern die des Arminius. Die Vertreibung des Stammes und Verwüstung ihres Gebietes war nur ein Nebeneffekt.
Da Germanicus sich bis zu dem Zeitpunkt als er sich nicht weit von dem Varusschlachtort befunden hat, nach der Aussage des Tacitus nur im Brukterergebiet aufgehalten hat, und in diesem Gebiet mit 8 Legionen operierte, ist es sehr Wahrscheinlich, dass er von der Ems aus in mehreren Heeresabteilungen nach Westen in Richtung Rhein zog, um das gesamte Stammesgebiet der Brukterer zu zerstören.

Tja, wenn da nicht der Tacitus was dagegen hätte. Eine kleine Abteilung reicht vollkommen aus, die Brukterer zu vertreiben. Die 8 Legionen wurden dafür gar nicht eingesetzt.

Und hier hast du mehrere Probleme mit deiner Deutung.

1. Du behauptest, dass es die Aufgabe des Caecina war zu verhindern, dass die Brukterer über die Lippe nach Süden abhauen. Er sollte sie nördlich der Lippe halten, damit Germanicus sie schön an den Rhein treiben und vernichten konnte.

Nur: Caecina ist nicht an der Lippe nachgewiesen. Dumme Sache, aber ist so. Nach Tacitus geht er durch das Gebiet der Brukterer, um zum Treffpunkt an der Ems zu kommen.

2. Du nimmst einen Angriff mit den 8 verfügbaren Legionen an. Tacitus unterschlägt diesen glorreichen Angriff seines Helden Germanicus nicht nur, er schreibt auch noch, dass die Brukterer durch eine kleine abkommandierte Abteilung unter Stertinius in die Flucht geschlagen wurden.
Warum beschreibt Tacitus diesen riesen Angriff nicht wenigstens mit 1 Satz?

3. Auch der Präfekt Pedo zieht mit den Reitern einfach so durchs Bruktererland. Auch das passt nicht.

Dein riesen großer Zangenangriff hat nicht das geringste Echo in der Darstellung des Tacitus hinterlassen. Bei ihm durchzieht Caecina einfach so das Land der Brukterer, dann trifft man sich an der Ems, vertreibt die Brukterer mit einer kleinen Heeresabteilung und zieht ins Land zwischen Lippe und Ems (von der Anwesenheit des Germanicus in Rheinnähe ist auch nicht das geringste überliefert!)

Dann, nach dieser großflächigen Zerstörung des Brukterergebietes, erreichte er die Grenzen dieses Territoriums in der Nähe des Rheines und war nicht weit vom Ort der Varusschlacht entfernt.

Eine direkte Kampfhandlung des Germanicus ist nicht überliefert! Die Brukterer werden durch eine kleine Kampftruppe unter Stertinius geschlagen. Dass man wieder bis an den Rhein zurückmarschiert, ist nicht beschrieben. Ich kann ja noch verstehen, dass Germanicus an die Ems fährt, aber warum bitte marschiert auch Caecina an die Ems. Wäre es nicht sinnvoller bei denem Feldzugsplan, dass er an der Lippe bleibt und von Süden die Brukterer aufrollt? Wenn alle drei Abteilungen an der Ems sind, macht dein Plan keinen Sinn.


Vermutungen äußern wir alle, nichts weiter.

Aber manche Vermutungen sind besser durch die Quellen abgedeckt als andere. Deine zählen jedenfalls nicht dazu. Es ist ein schönes Szenario, wenn man sich nicht drum kümmert, was denn genau in den Quellen steht.
 
Strabo7, Kap.1/3-4" Die ersten Partien dieses Landes sind die am Rhein..... Die Stämme dieses Landes wurden teils von Römern ins Keltenland umgesiedelt, teils wanderten sie vorher ins Landesinnere ab, wie die Marser. Übrig geblieben sind nur wenige, so auch ein Teil der Sugambrer. An die Flussanwohner schließen sich die anderen Stämme zwischen Rhein und Elbe an, die etwa parallel mit dem Rhein zum Ozean fließt und ein nicht geringeres Gebiet durchmisst als er. Dazwischen gibt es weitere schiffbare Flüsse unter ihnen die Ems, auf der Drusus mit seiner Flotte die Brukterer besiegte...“
Die Brukterer siedelten also auch an der unteren schiffbaren Ems.

Und weiter: „Andere schwächere germanische Stämme sind die Cherusker, Chatten, Gamabiver und Chattuarier sowie am Ozean die Sugambrer, Chauber, Brukterer, Kimbern, die Chauken, Kaulker, Kampsianer und viele andere. Parallel mit der Ems ziehen die Flüsse Weser und Lippe, die vom Rhein gegen sechshundert Stadien entfernt ist und durch das Gebiet der kleinen Brukterer fließt“
Hier fließt die Lippe parallel mit der Weser und der Ems durch das Gebiet der kleinen Brukterer. Ich glaube, dass es sich bei dieser genannten Lippe um die heutige Ijssel handelt. (Aber das steht an einer anderen Stelle und muss schließlich noch bewiesen werden.)
Tja, dann beweis mal, aber bitte nicht mit weiteren Vermutungen.

Ich würde mich schon darüber freuen, wenn zu den Aussagen des Strabo(n) bspw. die Ausführungen eines Klaus-Peter Johne nicht weiterhin ignoriert würden:
Klaus-Peter Johne schrieb:
... Bei der Landesbeschreibung führt Strabon die wichtigen Flüsse auf, die zwischen Rhein und Elbe fließen. Zuerst nennt er dabei die Ems..., dann die Weser und - die Lippe, von der es ausdrücklich heißt, sie fließe in die gleiche Richtung wie die Ems. Diese erstaunliche Fehlinformation hängt mit der schematischen Vorstellung des Schriftstellers zusammen, bei Germanien handele es sich um ein vom Tiefland am Ozean bis zu den Alpen stetig ansteigendes Terrain, weshalb auch alle Flüsse vom Süden nach Norden fließen müßten...
Wie schon mehrfach angegeben, nachzulesen auf Seite 200 in Die Rmer an der Elbe: das ... - Google Bcher

Zum oben angesprochenen Beweis enthalte ich mich ab jetzt jeden Kommentars - denn eigentlich ist dazu alles gesagt - und empfehle weiterhin die Konsultation einer geowissenschaftlichen Fakultät, welche die betreffenden Flüsse untersucht hat bzw. noch immer untersucht, z.B. Universität Utrecht.
 
@ Tela

Zitat:
maelo
@ Tela

Ich denke, dass Dir nicht bewusst ist wo die Brukterer gesiedelt haben.

Ich stütze mich dabei auf das, was die Forschung dazu ergeben hat. Ein Gebiet mehr oder weniger an der Lippe bis hin zur oberen Ems.

Ansonsten sind mir deine Ausführungen nicht erklärbar.
Den fett gedruckten Satz habe ich nie geschrieben.

Zitat:
maelo
Velleius Paterculus105“ Tiberius rückte sogleich in Germanien ein, besiegte die Canninefaten, Attuarier und Brukterer und nahm die Cherusker in die Obhut des römischen Volkes auf.“ (im Jahr 5-6 n.Chr.)
Hier sind die Brukterer einer der Stämme die vom Rhein aus zuerst besiegt wurden.


Beißt sich nicht mit einem Siedlungsgebiet an der Lippe/Ems, aber doch mit einem in Holland.
Ich habe niemals behauptet, dass die Brukterer in Holland gesiedelt haben, obwohl es sein könnte.

Zitat:
maelo
Tacitus Germania 32:“Den Chatten zunächst, wo der Rhein noch ein festes Bett hat und als Grenzscheide genügt, wohnen die Usiper und Tenkterer.
Hier ist das rechtsrheinische Gebiet bis zu seinem Delta am Niederrhein gemeint.

Tacitus Germania 33:“ In der Nähe der Tenkterer stieß man einst auf die Brukterer; jetzt sind, wie es heißt, die Chamaver und Angrivarier dorthin gezogen.“
Also waren die Brukterer die Nachbarn der Usiper und Tenkterer am Rhein.


Aber nicht zwangsläufig in Holland. Es ist nur rheinabwärts die Rede. Also können wir die Brukterer wieder ins Ems/Lippe Gebiet setzen.
Hier wieder die Unterstellung meiner Aussage eines Siedlungsgebietes in Holland. In dieser Passage wird nicht von der Lippe oder Ems gesprochen, sondern vom Rhein.

Zitat:
maelo
Und weiter: “Denn die verbündeten Nachbarstämme hatten die Brukterer geschlagen und gänzlich ausgerottet, aus Erbitterung über ihren Hochmut oder aus Beutelust oder weil die Götter uns eine Gunst erzeigten; denn sie gewährten uns sogar das Schauspiel der Schlacht. Über Sechzigtausend sind dort gefallen, nicht durch römische Wehr und Waffen, sondern, was noch erhebender ist, ganz zu unserer Augenweide
Wie hätten die Römer an diesem Schauspiel (etwa 100 n. Chr.) teilhaben können, wenn es sich nicht in der Nähe der damaligen Rheingrenze zugetragen hätte.


Lippe ist in der Nähe der Rheingrenze.
Der Rhein aber auch.
Zitat:
maelo
Tacitus Germania 34:“ An die Angrivarier und Chamaver schließen sich südostwärts die Dulgubnier und Chasuarier an sowie andere, weniger bekannte Stämme; im Norden folgen die Friesen.“
Das bedeutet, dass das vormalige Brukterergebiet nach Norden bis an die Friesen heranreichte.


Naja...
Nix Naja
Zitat:
maelo
Tacitus Germania 35:“ Bis jetzt haben wir Germanien nach Westen hin kennen gelernt;“
Hier sagt uns Tacitus, dass diese vordem genannten Stämme im Westen des Germanengebietes, also in der Nähe des Rheines siedelten.


Kein Widerspruch. Die Lippe ist sicher westliches Germanien.
Das rechte Reinvorland aber sicherlich auch.

Zitat:
maelo
Weiterhin waren beim Civilisaufstand im Jahr 69 die Brukterer Verbündete der Bataver, die auf der linken Rheinseite siedelten. Auch hier muss man eine nachbarschaftliche Nähe der Brukterer zu den Batavern annehmen.

Ob man aber aus einer Situation 69 auf die Situation 15 schließen darf, ist nicht so einfach.
Warum nicht?
maelo
Nach diesem Lokalisierungsversuch des einstmaligen Stammesgebietes der Brukterer muss angenommen werden, dass sich dieses Gebiet von der Nähe des Rheines bis zur Ems in West-Ost-Richtung, und von der niederländischen Tiefebene bis zur heutigen Lippe in Nord-Süd-Richtung erstreckte. Wenn Tacitus schreibt, dass das ganze Gebiet zwischen Ems und Lippe verwüstet wurde kann es sich nicht nur um die Oberläufe dieser beiden Flüsse gehandelt haben, sondern ein vielfach großflächigeres Gebiet.
Klar kann es das. Ziel der 8 Legionen war nicht die Bekämpfung der Brukterer, sondern die des Arminius. Die Vertreibung des Stammes und Verwüstung ihres Gebietes war nur ein Nebeneffekt.
Du versuchst mich immer auf gesicherte Quellen festzunageln. Ich habe sie Dir bisher immer gegeben. Ich dreh jetzt mal den Spieß um. Bei Tacitus steht, dass der Angriff solange den Brukterern galt bis das Heer des Germanicus nicht weit vom ort der Varusschlacht entfernt war. Woraus interpretierst Du deinen beschriebenen Umstand des Zieles der Bekämpfung des Arminius schon zu diesem Zeitpunkt? Vielleicht ungesicherte Vermutungen? Die Vertreibungen der Brukterer nur ein Nebeneffekt? Wie kommst du zu dieser Annahme? Wo steht das geschrieben?

maelo
Da Germanicus sich bis zu dem Zeitpunkt als er sich nicht weit von dem Varusschlachtort befunden hat, nach der Aussage des Tacitus nur im Brukterergebiet aufgehalten hat, und in diesem Gebiet mit 8 Legionen operierte, ist es sehr Wahrscheinlich, dass er von der Ems aus in mehreren Heeresabteilungen nach Westen in Richtung Rhein zog, um das gesamte Stammesgebiet der Brukterer zu zerstören.
Tja, wenn da nicht der Tacitus was dagegen hätte. Eine kleine Abteilung reicht vollkommen aus, die Brukterer zu vertreiben. Die 8 Legionen wurden dafür gar nicht eingesetzt.
Wo steht bei Tacitus etwas von einer kleinen Abteilung? Tacitus schrieb von einer leichten Heeresabteilung welche die Brukterer besiegte. Eine leichte Heeresabteilung ist eine bewegliche Einheit die flexibeler reagieren konnte als die schwerfälligeren Legionen. Von einer größe dieser Abteilung schrieb Tacitus nichts. Außerdem wurden die Brukterer durch diese Abteilung nicht vertrieben sondern besiegt. Die Vertreibung oder Vernichtung der Brukterer (bei Tacitus Verwüstung) erfolgte erst später im Tacitustext.

Und hier hast du mehrere Probleme mit deiner Deutung.
Ich glaube dass Du sehr große Probleme mit Deiner Deutung hast.
1. Du behauptest, dass es die Aufgabe des Caecina war zu verhindern, dass die Brukterer über die Lippe nach Süden abhauen. Er sollte sie nördlich der Lippe halten, damit Germanicus sie schön an den Rhein treiben und vernichten konnte.
Nicht ich behaupte dass es die Aufgabe des Caecina war den Gegner zu teilen, also abzuschneiden, sondern Tacitus.

Nur: Caecina ist nicht an der Lippe nachgewiesen. Dumme Sache, aber ist so. Nach Tacitus geht er durch das Gebiet der Brukterer, um zum Treffpunkt an der Ems zu kommen.
Wo wurde denn Caecina nachgewiesen? Vielleicht kannst Du mich durch gesicherte Quellen aufklären. Ein „aber ist so“ genügt mir nicht.

2. Du nimmst einen Angriff mit den 8 verfügbaren Legionen an. Tacitus unterschlägt diesen glorreichen Angriff seines Helden Germanicus nicht nur, er schreibt auch noch, dass die Brukterer durch eine kleine abkommandierte Abteilung unter Stertinius in die Flucht geschlagen wurden.
Auch hier Unwahrheiten die durch keine Quelle gesichert sind. (keine kleine Abteilung- kein in die Flucht schlagen)

Warum beschreibt Tacitus diesen riesen Angriff nicht wenigstens mit 1 Satz?
Hier ist dieser Satz: „Dann führte er das Heer weiter bis zu den äußersten Grenzen der Brukterer, und das ganze Gebiet zwischen den Flüssen Amisa und Lupia, nicht weit von dem Teutoburger Wald, in dem, wie es hieß, die Überreste des Varus und seiner Legionen unbegraben lagen, wurde verwüstet.“

3. Auch der Präfekt Pedo zieht mit den Reitern einfach so durchs Bruktererland. Auch das passt nicht.
Wiederum eine Unwahrheit. Pedo zieht durch das Gebiet der Friesen.
Dein riesen großer Zangenangriff hat nicht das geringste Echo in der Darstellung des Tacitus hinterlassen. Bei ihm durchzieht Caecina einfach so das Land der Brukterer, dann trifft man sich an der Ems, vertreibt die Brukterer mit einer kleinen Heeresabteilung und zieht ins Land zwischen Lippe und Ems (von der Anwesenheit des Germanicus in Rheinnähe ist auch nicht das geringste überliefert!)
Schon wieder diese kleine Heeresabteilung. Von einer leichten Heereseinheit war bei Tacitus die Rede, die sicherlich aufgrund ihrer Beweglichkeit einen überraschenden Angriff gegen die Brukterer führen konnte.

Zitat:
maelo
Dann, nach dieser großflächigen Zerstörung des Brukterergebietes, erreichte er die Grenzen dieses Territoriums in der Nähe des Rheines und war nicht weit vom Ort der Varusschlacht entfernt.

Eine direkte Kampfhandlung des Germanicus ist nicht überliefert! Die Brukterer werden durch eine kleine Kampftruppe unter Stertinius geschlagen. Dass man wieder bis an den Rhein zurückmarschiert, ist nicht beschrieben. Ich kann ja noch verstehen, dass Germanicus an die Ems fährt, aber warum bitte marschiert auch Caecina an die Ems. Wäre es nicht sinnvoller bei denem Feldzugsplan, dass er an der Lippe bleibt und von Süden die Brukterer aufrollt? Wenn alle drei Abteilungen an der Ems sind, macht dein Plan keinen Sinn.
Tacitus beschreibt diesen Feldzug in sieben kurzen Sätzen. Das er hierbei nicht sämtliche Begebenheiten ansprechen konnte liegt klar auf der Hand. Hier hat er uns sehr viel Raum für Interpretierungen gelassen, die durch zu Hilfenahme von anderen Fakten ergänzt werden müssen. Hätte er uns einen ausführlicheren Bericht über den Feldzug des Germanicus im Jahr 15 gegen die Brukterer hinterlassen, dann gäbe es vermutlich diese ganze Diskussion an diesem Ort nicht.
Zitat:
maelo
Vermutungen äußern wir alle, nichts weiter.

Aber manche Vermutungen sind besser durch die Quellen abgedeckt als andere. Deine zählen jedenfalls nicht dazu. Es ist ein schönes Szenario, wenn man sich nicht drum kümmert, was denn genau in den Quellen steht.
Wie genau Du die Quellen auslegst konnte man gerade feststellen.

Gruß Maelo
 
Eigentlich ist mir das zu blöd,

@ Tela

Den fett gedruckten Satz habe ich nie geschrieben.

Ich habe niemals behauptet, dass die Brukterer in Holland gesiedelt haben, obwohl es sein könnte.

Du behauptest, dass die entferntesten Gebiete der Brukterer in Holland sind, weil du die Varusschlacht dorthin verlegen willst.
Du versuchst mich immer auf gesicherte Quellen festzunageln.

Klar. Oder wollen wir deine Phantasien zur Basis der Interpretation machen?
Ich habe sie Dir bisher immer gegeben.


Hast du nicht, aber egal. Man kann es ja mal behaupten.
Ich dreh jetzt mal den Spieß um. Bei Tacitus steht, dass der Angriff solange den Brukterern galt bis das Heer des Germanicus nicht weit vom ort der Varusschlacht entfernt war.

Bei Tacitus steht, dass es die Befürchtung gab, dass die Koalition des Arminius wieder zusammen kommt. Um das zu verhindern, erfolgt der Feldzug im Jahre 15. Tac. I., 60,1: Aufgewiegelt wurden durch solche Worte nicht nur die Cherusker, sondern auch die angrenzenden Stämme.
Woraus interpretierst Du deinen beschriebenen Umstand des Zieles der Bekämpfung des Arminius schon zu diesem Zeitpunkt?

Aus dem, was zitiert wurde mit dem, was direkt vornedran stand, was ich jetzt aber nicht alles abschreiben will.
Vielleicht ungesicherte Vermutungen?

Na, damit kennst du dich ja perfekt aus.
Die Vertreibungen der Brukterer nur ein Nebeneffekt? Wie kommst du zu dieser Annahme? Wo steht das geschrieben?

Ist eine Interpretation aus der Tatsache, dass der Krieg den Cheruskern galt.
Wo steht bei Tacitus etwas von einer kleinen Abteilung? Tacitus schrieb von einer leichten Heeresabteilung welche die Brukterer besiegte.

War eine Umschreibung von leicht. Jedenfalls ist es deutlich weniger als eine Legion und noch weniger als 8 Legionen.
Eine leichte Heeresabteilung ist eine bewegliche Einheit die flexibeler reagieren konnte als die schwerfälligeren Legionen. Von einer größe dieser Abteilung schrieb Tacitus nichts. Außerdem wurden die Brukterer durch diese Abteilung nicht vertrieben sondern besiegt.

Falsch. Die Brukterer, die ihr eigenes Land verheerten, schlug L. Stertinius mit einer leichten Abteilung auf Weisung des Germanicus in die Flucht. Es steht nichts von einem Einsatz aller 8 Legionen im Text, es steht nichts davon im Text, dass dieser Teil des Feldzuges von der Ems bis an den Rhein geführt hat, all das biegst du dir zurecht, damit Germanicus in die Nähe deines vorbestimmten Schlachtfeldortes kommt.

Ich glaube dass Du sehr große Probleme mit Deiner Deutung hast.
Nicht ich behaupte dass es die Aufgabe des Caecina war den Gegner zu teilen, also abzuschneiden, sondern Tacitus.

Stimmt. Du behauptest, dass Caecina verhindern soll, dass die Brukterer sich woanders hinverkrümmeln, so dass sie Germanicus angeblich von der Ems bis an den Rhein treiben könnte.
Wo wurde denn Caecina nachgewiesen? Vielleicht kannst Du mich durch gesicherte Quellen aufklären.

Er marschiert durchs Bruktererland.
Auch hier Unwahrheiten die durch keine Quelle gesichert sind. (keine kleine Abteilung- kein in die Flucht schlagen)

siehe oben: ... in die Flucht ...
Hier ist dieser Satz: „Dann führte er das Heer weiter bis zu den äußersten Grenzen der Brukterer, und das ganze Gebiet zwischen den Flüssen Amisa und Lupia, nicht weit von dem Teutoburger Wald, in dem, wie es hieß, die Überreste des Varus und seiner Legionen unbegraben lagen, wurde verwüstet.“

Ja, und kein Rhein, aber das hatten wir schon - und du kannst nicht erklären, warum der Rhein nicht genannt wird, wenn doch das Gebiet fast in Sichtweite des Rheins ist, wo Varus untergegangen sein soll.
Wiederum eine Unwahrheit. Pedo zieht durch das Gebiet der Friesen.

Wenn die Brukterer deiner Deutung nach von den Oberläufen von Lippe/Ems bis an den Niederrhein siedeln, dann zieht Pedo zwangsläufig irgendwann auch durch das Gebiet der Brukterer.

Tacitus beschreibt diesen Feldzug in sieben kurzen Sätzen. Das er hierbei nicht sämtliche Begebenheiten ansprechen konnte liegt klar auf der Hand. Hier hat er uns sehr viel Raum für Interpretierungen gelassen, die durch zu Hilfenahme von anderen Fakten ergänzt werden müssen. Hätte er uns einen ausführlicheren Bericht über den Feldzug des Germanicus im Jahr 15 gegen die Brukterer hinterlassen, dann gäbe es vermutlich diese ganze Diskussion an diesem Ort nicht.

Stimmt. Dann gäbe es vielleicht auch keine hahnbüchenen Interpretationsvorschläge.

Dennoch unterschlägt er den ganzen Erfolg des Germanicus bei der angeblichen Vernichtung der Brukterer am Rhein und überlässt diesen Ruhm diesem Stertinius. Das passt nicht. Germanicus ist, falls noch nicht aufgefallen, der Held der Geschichte, einer der Helden des Tacitus.
Wie genau Du die Quellen auslegst konnte man gerade feststellen.

Genauer als du. Das ist zwar wahrlich keine Auszeichnung, aber immerhin.
 
maelo
@ Tela

Ich denke, dass Dir nicht bewusst ist wo die Brukterer gesiedelt haben.

Ich stütze mich dabei auf das, was die Forschung dazu ergeben hat. Ein Gebiet mehr oder weniger an der Lippe bis hin zur oberen Ems.

Ansonsten sind mir deine Ausführungen nicht erklärbar.

Den fett gedruckten Satz habe ich nie geschrieben.

Komisch. Ich erinnere mich auch, den gelesen zu haben. Beim Zitieren konnte ich ihn dann nicht mehr finden. Okay, jetzt steht er nicht mehr drin, lassen wir es also...

Die Diskussion berührt hier einen Punkt, der mir schon längere Zeit im Kopf herumgeht. Vielleicht würde sich dazu mal ein eigenes Thema lohnen: Gab es die Stämme überhaupt?

@Maelo:

Strabo nennt in seinem Bericht über den Triumphzug für Germanicus die Stämme, die verheert worden sind. Das muss zwar nicht alles während dieses ersten Feldzugs passiert sein. Es lässt aber deutlich werden, dass die feindselige Aufmerksamkeit der Römer nicht allein den Brukterern gegolten hat.

Was die Wohngebiete der Brukterer betrifft, leitest Du Deine Theorie aus den Angaben von fünf römischen Geschichtsschreibern ab und ignorierst dabei, dass sich aus deren Texten fünf verschiedene Lokalisierungen ergeben – von der Küste bis zur Lippe, vom Rhein bis zur Weser. Genau genommen sind es sogar sechs Lokalisierungen, denn Tacitus verweist in den Annalen auf das Gebiet, in dem die Brukterer in der frühen Kaiserzeit siedelten, während er in der Germania (vermutlich) von ihrem Gebiet nach der Verdrängung durch Angrivarier (oder waren das Ampsivarier? Wird auch gelegentlich behauptet) und Chamaver spricht. Die Widersprüche zeigen sich auch in Deinen Ausführungen selbst. So gehst Du davon aus, die Brukterer seien Nachbarn der Friesen gewesen. Aber wo saßen dann die von Tacitus erwähnten Chamaver und Angrivarier (oder doch Ampsivarier?)? Die müssen doch eigentlich noch zwischen Friesen und Brukterern gehaust haben, denn gemeinhin wird angenommen, dass sie die Brukterer über die Lippe hinweg nach Süden abgedrängt haben. An anderer Stelle mutmaßt Du, die Brukterer hätten am Rhein gewohnt. Einigen Quellen nach haben aber zwischen Rhein und Brukterern die Tenkterer und Usipeter gesessen.

Wie wörtlich man die römischen Geschichtsschreiber nehmen darf, geht ebenfalls aus den Quellen hervor. So schreibt Tacitus in der Germania schwärmerisch von der „Vernichtung“ der Brukterer. Wie ist es dann erklärbar, dass 150 oder 200 Jahre später ein großer Teil der Frankeneinfälle nach Gallien von den Brukterern ausging, dass Brukterer bei der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern auf beiden Seiten gekämpft haben und dass sich der Name ihres Stamms bis ins hohe Mittelalter hinein erhalten hat?

In einem anderen Thread habe ich einen Vor- und Frühgeschichtler mit der Erklärung zitiert, dass wir Namen und Siedlungsgebiete der germanischen Stämme nur aus den römischen Quellen kennen und dass sich keine dieser Angaben archäologisch belegen lässt. Wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Siedlungsgebieten gibt es also nicht.

Stämme und Siedlungsgebiete aus römischen Quellen ableiten zu wollen, fällt auch deshalb schwer, weil die Geschichtsschreiber ständig neue Namen genannt haben. So erwähnt z.B. Strabo Stämme, die sonst nirgendwo auftauchen. Manche Namen scheinen in einer Quelle kurz auf und werden dann nie wieder erwähnt.

Das bringt mich zu meiner Eingangsfrage: Gab es die Stämme überhaupt? Oder war das alles ein „Irrtum“ der Römer? Oder haben sich die Stämme (wie Boris Dreyer es andeutet) erst durch den Einfluss der Römer gebildet?

Da es nicht direkt zum Thema gehört, reiße ich es nur an: Nach allem, was Völkerkundler und Soziologen uns gelehrt haben, sind Stammesgesellschaften keine festen Gebilde, die man mit Nationen vergleichen könnte. Sie gliedern sich in Sub-Stämme, die wiederum in Untergruppen zerfallen. Die kleinsten sozialen Systeme in einem Stamm sind Clans/Sippen. Also Gemeinschaften, die auf Verwandtschaft beziehungsweise Verschwägerung basieren. Eine übergeordnete Führung existiert nicht. Es gibt niemanden, der einen ganzen Stamm zum Beispiel in den Krieg rufen könnte. So betrachtet, erscheinen Stämme als lose Bündnisse kleinerer Gruppen, die nicht beständig sein müssen. Sie können wachsen und schrumpfen, zerfallen und sich zu neuen Zusammenschlüssen formieren. Es gibt keine „Stammesidentität“ und keine Kontrolle der Zugehörigkeit. Es gibt nur gemeinsame Interessen – wenn es sie gibt und nur solange gezielt an ihnen festgehalten wird (Stichwort Autopoiesis aus der Systemtheorie).

Wen haben die Römer also gemeint, als sie von Brukterern sprachen? Könnte es sein, dass dieselben Leute, die sich nach der Landnahme in Gallien "Usipeter" nannten, sich in ihren alten rechtsrheinischen Wohngebieten den Römern als Brukterer vorgestellt haben? (soll nur ein Beispiel sein)

Dass die Stämme nicht so fest gefügt waren, wie es in der Diskussion hier oft vorausgesetzt wird, deuten auch die römischen Quellen an. Zum Beispiel berichtet Strabo, ein Stamm sei in einem Jahr unterworfen worden und habe sich im folgenden Jahr „unter Preisgabe der Geiseln“ wieder erhoben. War das ein Vertragsbruch oder war da vielleicht einfach ein anderer Sub-Stamm am Werk, der sich an die Unterwerfung aus dem Vorjahr nicht gebunden gefühlt hat? Und wenn ein anderer Sub-Stamm verantwortlich war: Wie werden dann die Leute, die sich um Vorjahr unterworfen hatten, auf die „grundlose“ Ermordung ihrer Geiseln reagiert haben? Vermutlich waren sie stinkig und haben im nächsten Jahr selbst wieder zu den Waffen gegriffen – diesmal zusammen mit anderen Sub-Stämmen.

Kann es sein, dass die Römer bezüglich der Stämme einfach nur wild mit Namen um sich geworfen haben, weil sie keine Ahnung hatten, mit wem sie es eigentlich zu tun hatten? Dass sie deshalb mit ihrem eigenen Vorgehen die Stämme überhaupt erst zur Selbstgründung gezwungen und in den Krieg getrieben haben?

MfG
 
@ Timotheus

Ich achte die Untersuchung des Klaus Peter Johne, aber sie ist auch nur eine subjektive Interpretation seiner Sicht der Aussagen des Strabon. Strabon schreibt in meiner Übersetzung von der parallelen Fließrichtung der Lippe mit Weser und Ems. Das ich nicht glaube, dass sich Strabon gerade bei der Lippe derartig geirrt haben soll, habe ich schon an anderer Stelle bemerkt. Ich werde mich aber in dieser Hinsicht noch an das geologische Landesamt NRW und an die von Dir vorgeschlagene Universität in Utrecht wenden, um in dieser Problemstellung Klarheit zu bekommen. Einstweilen vertrete ich weiterhin meinen angesprochene Standpunkt eines von den Römern differenziert gesehenen Lippeverlaufes.

Sollte sich die Annahme die ich vertrete bewahrheiten, dass die Römer die Lippe, Issel und Ijssel als ein Flusssystem ansahen, dann würde es sich bei dem von Tacitus angesprochenen Gebiet zwischen Ems und damaliger (römischer) Lippe exakt um das einstmalige Siedlungsgebiet der Brukterer gehandelt haben. Hier wäre ein eindeutiges Indiz, dass die Aktion des Germanicus sich ausschließlich auf das Territorium der Brukterer beschränkt hätte.

Dann wäre es ein leichtes die äußersten Grenzen des Brukterergebietes zu lokalisieren, an die Germanicus mit seinem Heer vorgestoßen ist. Die östliche Grenze der Brukterer scheidet demnach aus, denn von dort an der Ems stieß das Germanicusheer ins Bruktererterritorium vor, und er ist sicherlich nicht zurückgekommen um diese Grenzen aufzusuchen. Die südliche Grenze der Brukterer ist etwa mit der Lippe gleichzusetzen. Auch hier ist es unwahrscheinlich, dass Tacitus diese Gegend gemeint haben könnte, denn von dort kam Caecina zur Ems. Ein erneuter Zug in dieses Gebiet wäre unlogisch. Gegen wen wollte er dann noch kämpfen? Im Westen beim Rhein sind diese äußersten Grenzen sicherlich auch nicht zu suchen. So blieben nur noch die Nordgrenzen der Brukterer übrig, die bis zur niederländischen Tiefebene reichten. Nur von dort kann Germanicus zum Ort der Varusschlacht gezogen sein. Dort waren die Sümpfe über die Caecina Brücken und Dämme bauen musste.

Gruß Maelo
 
Irgendjemand in dieser langen Diskussion hat mal geschrieben, dass 'entlegenste' Gebiete die Sicht vom römischen Gebiet aus darstellt. Das wäre dann die östliche Grenze.

Ach ja, noch ein Punkt. Wie viele Legionen waren eigentlich im Jahr 15 am Rhein stationiert? Ohne es jetzt nachprüfen zu können würde ich dennoch vermuten, dass 8 Legionen eigentlich nahe dem Maximum war, was die Römer in dieser Gegend überhaupt zur Verfügung hatten.

Germanicus zieht also nahezu alle Truppen nach Germanien, treibt dann von der Ems aus die Brukterer gegen den Rhein. Und hofft er dann, dass er sie schnell vernichtet? Oder nimmt er das Risiko in kauf, dass die Germanen über die auf jeden Fall entblößte Rheingrenze in Gallien einfallen? Wie viele Truppen sind denn noch am Rhein, um die dort hin getriebenen Brukterer aufzuhalten?

Also für mich, als ausgewiesenem militärischen Laien, erscheint es weiter absolut unverständlich, dass ich alle meine Truppen an einem Punkt an der Ems konzentriere, wenn ich das ganze Gebiet zwischen Nordsee, Rhein und Ems von einem germanischen Stamm säubern will.

Der Aufmarschpunkt von drei Heereseinheiten samt gemeinsamem Treffpunkt spricht doch wohl ziemlich dafür, dass der Schwerpunkt der militärischen Aktionen im Bereich der Ems zu suchen ist.

Und die Darstellung des Tacitus passt da eben auch nicht. Er schildert recht genau den Aufmarsch zur Ems, dann unterschlägt er vollkommen, dass da eine Aktion stattgefunden hat, die wieder fast bis an den Rhein zurückging (erwähnt nicht den Rhein, erwähnt nicht das nahe Nijmwegen, obwohl er doch bestrebt ist, den Ort der Varusschlacht genau anzugeben) und unterschlägt weiter den Rückmarsch an die Ems und wohl weiter in Richtung Weser zur Bekämpfung der Cherusker.

"Man trifft sich an der Ems.
Stertinius schlägt die Brukterer in die Flucht.
Dann verwüstet man alles Gebiet zwischen Ems und Lippe."

Vor dem Kampf mit den Brukterern und nach ihrer Vertreibung wird immer die Ems erwähnt. Auch das ist meines erachtens ein Zeichen dafür, dass wir uns in der Nähe dieses Flusses befinden. Warum sollte Tacitus sonst immer die Ems, nie den Rhein erwähnen?
 
Bei Tacitus steht, dass es die Befürchtung gab, dass die Koalition des Arminius wieder zusammen kommt. Um das zu verhindern, erfolgt der Feldzug im Jahre 15. Tac. I., 60,1: Aufgewiegelt wurden durch solche Worte nicht nur die Cherusker, sondern auch die angrenzenden Stämme.
und
Ist eine Interpretation aus der Tatsache, dass der Krieg den Cheruskern galt.
Die Römer hatten also die Befürchtung das "nicht nur" die Cherusker aufgewiegelt werden sondern auch die angrenzenden Stämme? Daraus interpretierst du das die Maßnahmen NUR den Cheruskern galt?
Sehr unverständlich, dazu:

Da wohl die Brukterer Teil von Arminius Heer (oder Allianz) und bei der Vernichtung von Varus Legionen beteiligt waren werden sie auch auch Teil der Gegenaktion gewesen sein. Das "nur" den Cheruskern die Aktion gelten sollte ist doch wohl eher unwahrscheinlich.

War eine Umschreibung von leicht. Jedenfalls ist es deutlich weniger als eine Legion und noch weniger als 8 Legionen.
Die Legionskohorten werden (nur heute?) als schwere Infanterie beschrieben. Die Hilfstruppen (zb. Bogenschützen) als "leichte". Dazu gab es schwere (Kataphrakten) und leichte Reiterei ... .
Vielleicht bestand die "leichte Heeresabteilung" eben aus "leichter" und damit schnell beweglicher Reiterei ohne jede Größenordnungsangabe?

evlt. vergleichbar:
Im deutschen Heer 1939 - 40 gab es ein "leichte" Divisionen. Das "leicht" bedeutet allerdings nicht das die Mannschaften leichter war oder die Division kleiner sondern das sie leichter beweglich war.

Ist eine Interpretation aus der Tatsache, dass der Krieg den Cheruskern galt.
Das Kernwort der gesamten Diskussion.
Da wird hinein- heraus- drüber- drunter- links- und rechtsherum durcheinanderinterpretiert.
Wie sollte es auch anders sein. Es gibt nur die -lückenhaften und dünnen- Überlieferungen einer Seite. Selbst bei besser dokumentierten und geschichtlich näheren Geschehenissen gibt es haufenweise Fragezeichen und Auslassungen, dazu noch Propaganda etc. usw.
 
Stimmt. Vieles ist Interpretation.

Einen hab ich aber noch: Maelo will uns ja einen gigantischen, mit 8 Legionen betriebenen Feldzug von der Ems bis an den Niederrhein verkaufen, also vom Sammelpunkt bis hin zu den entlegensten Gebieten der Brukterer.

Was schreibt denn Tacitus. Schauen wir doch noch einmal genau rein.

Tac. Ann. I, 60,3: Die Brukterer, die ihr eigenes Land verheerten, schlug L. Stertinius mit einer leichten Abteilung auf Weisung des Germanicus in die Flucht, und während des Mordens und Plünderns fand er den Adler der 19. Legion wieder, der mit Varus verloren gegangen war.
Von da aus wurde das Heer in die entlegensten Teile des Bruktererlandes geführt und alles Gebiet zwischen Ems und Lippe verwüstet.

Das Schlüsseswort ist 'geführt'. Die gigantische Aktion, die maelo annimmt, schlägt sich im Text des Tacitus genau mit diesem einen Wort nieder, das ja wohl kaum eine angemessene Beschreibung für das ist, was maelo meint.

Nimmt man den Text des Tacitus dagegen so, wie er da steht, dann ist nach der Aktion des Stertinius von den Brukterern kaum noch etwas greifbar, da sie in die Flucht geschlagen sind. Also gibt es im angenommenen Gebiet zwischen Ems und Lippe keine Feinde mehr, so dass man dort ein Heer gut hinführen kann und, da eben keine Feinde mehr vor Ort sind, kann man auch die entlegensten Teile des Landes verwüsten.

Die Interpretation maelos von einem Feldzug bis zum Rhein und der Bezeichung 'das Heer führen' passt auch nicht zusammen!
 
Tac. Ann. I, 60,3: Die Brukterer, die ihr eigenes Land verheerten, schlug L. Stertinius mit einer leichten Abteilung auf Weisung des Germanicus in die Flucht, und während des Mordens und Plünderns fand er den Adler der 19. Legion wieder, der mit Varus verloren gegangen war.
Von da aus wurde das Heer in die entlegensten Teile des Bruktererlandes geführt und alles Gebiet zwischen Ems und Lippe verwüstet.

Das Schlüsseswort ist 'geführt'. Die gigantische Aktion, die maelo annimmt, schlägt sich im Text des Tacitus genau mit diesem einen Wort nieder, das ja wohl kaum eine angemessene Beschreibung für das ist, was maelo meint.
Äh, ja.
Alexander führte sein Heer bis Indien.
Hitler seine HG Süd (bzw. A und B) bis nach Stalingrad und in den Kaukasus.
...
...
...
 
Ist dein gutes Recht anderer Meinung zu sein. Aber dass Tacitus einen Feldzug seines Helden in ein solches Wort packt, dabei nur die Aktion des Stertinius erwähnt und alles andere nicht, überzeugt nicht, wenn man sich anschaut, wie er Germanicus sonst über alle Maße lobt.

Hast du eine Quelle, in der der Alexanderzug auf 'Alexander führte sein Heer bis Indien' verkürzt wird? Na? Viel Spaß beim suchen! Wenn du eine gefunden hast, dann bitte her damit.

Hast du eine Quelle, in der irgendein aufwändiger Kriegszug so dermaßen verkürzt dargestellt wird?

Aber ist ja schön für maelo, wenn er in dir einen Fan gefunden hat.
 
@tela
Du irrst dich.
maelo hat mit seinen Thesen keinen Fan in mir gefunden.

Stattdessen halte ich die Diskussion für ziemlich müßig (aber natürlich interessant) da daraus kaum etwas herauskommen wird. Einfach aus dem Grund da nur die römische Seite etwas sehr sehr "Dünnes" überliefert hat.
Ebenso kann die ganze "Geschichte" sehr viel anders abgelaufen sein.

Es gibt aus der näheren Vergangenheit zig Schlachten die von einer Seite (oder auch beiden) derart verdreht worden ist das nur durch Nutzung von Primärquellen der wirklichen Ablauf erarbeitet werden kann.
Beispiel Prochorovka (3.Reich - Sowjetunion; Operation Zitadelle)
oder Einsatz des sow. Schlachtflugzeuges Il2 in dieser Schlacht (siehe dazu den Beitrag in Wiki).

Dazu kann man nmA den Sprachgebrauch der damaligen Zeit nicht soweit rekonstruieren das man einigermaßen Sicherheit darüber gewinnen kann wie Wörter / Sätze gemeint waren. Auch im damaligen Sprachgebrauch gab es sicherlich "Moden".
 
Ich achte die Untersuchung des Klaus Peter Johne, aber sie ist auch nur eine subjektive Interpretation seiner Sicht der Aussagen des Strabon.

Und meiner vollkommen subjektiven Einschätzung nach weiß er schon, wovon bzw. worüber er schreibt:
Klaus-Peter Johne ? Wikipedia
Die Alte Geschichte an der Humboldt-Universitaet zu Berlin

Strabon schreibt in meiner Übersetzung von der parallelen Fließrichtung der Lippe mit Weser und Ems. Das ich nicht glaube, dass sich Strabon gerade bei der Lippe derartig geirrt haben soll, habe ich schon an anderer Stelle bemerkt.

Was Strabo(n) schreibt, steht außer Frage; was davon zu halten ist, erläutert Johne an mehreren Beispielen, wo die Aussagen des Strabo(n) alles andere als korrekt sind.

Sollte sich die Annahme die ich vertrete bewahrheiten, dass die Römer die Lippe, Issel und Ijssel als ein Flusssystem ansahen...

... würde mich das nach wie vor sehr wundern.

Ich werde mich aber in dieser Hinsicht noch an das geologische Landesamt NRW und an die von Dir vorgeschlagene Universität in Utrecht wenden, um in dieser Problemstellung Klarheit zu bekommen.

Dann tue das bitte.
Anm.: Es versteht sich dann übrigens von selbst, daß Du mir bitte auch den jeweiligen Kontakt mitteilst, mit dem Du deswegen kommuniziert hast (meinetwegen auch per PN).

Einstweilen vertrete ich weiterhin meinen angesprochene Standpunkt eines von den Römern differenziert gesehenen Lippeverlaufes.

Du kannst meinetwegen vertreten, was Du magst; richtig wird es dadurch trotzdem nicht automatisch.
Anm.: Ich habe ein dickes Fell und kann so etwas ab; andere hätten diesen Satz von Dir aber möglicherweise als Demotivation empfinden können.
 
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