Das katalanische Referendum 2017, Gründe und historisierende Narrative

Große Themen in Katalonien sind:
  • Unterrichtsspache in der Schule. Spanien möchte einen Mindestanteil spanisch vorschreiben, Katalonien möchte spanisch als Fremdsprache behandeln. Auch der Sprachgebrauch in Behörden und im Alltag ist immer wieder Thema.
  • Generell eine empfundene Missachtung der katalanischen Kultur
  • Sozialgesetze. Katalonien hatte bis 2017 eine umfangreiche Sozialgesetzgebung verabschiedet - Gesetze zum Mieterschutz, ein Gesetz gegen Energiearmut, Gesetze zur Gleichstellung und für den Klimaschutz usw.. Fast alle wurden von spanischen Verfassungsgericht als angeblich verfassungswidrig eingestuft. Diese Einschätzungen sind natürlich umstritten, zudem kollidieren sie mit dem Autonomiestatut, welches eigentlich Katalonien eine eigenes Gesetzgebung in diesen Bereichen zugesteht. In Katalonien sah man die Ablehnung vor allem politisch motiviert.
  • Generell die Politisierung der spanischen Justiz, auch im Zusammenhang mit unterbliebenen Reformen seit der Franco-Ära
  • Die mangelnde Aufarbeitung des Franquismus ist immer noch ein wichtiger Punkt - Rehabilitation und Würdigung der Opfer sind nach wie vor schwierig.
  • Natürlich spielen auch wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle - Katalonien ist nach Navarra die wohl wohlhabendste Region, fühlt sich bei Investitionen von Madrid aber oft vernachlässigt.
  • Weitgehende Ablehnung der spanischen Monarchie, vor allem angesichts der Korruptions- und Geldwäscheskandale um Juan Carlos.
  • Mangelnde Umsetzung der zugesagten Autonomie
 
Unterrichtsspache in der Schule. Spanien möchte einen Mindestanteil spanisch vorschreiben, Katalonien möchte spanisch als Fremdsprache behandeln. Auch der Sprachgebrauch in Behörden und im Alltag ist immer wieder Thema.
Bestimmte Interessengruppen in Katalonien möchten das.

Nach der offiziellen Statistik bezeichneten im Jahr 2008 31,68 % der Bevölkerung Kataloniens das Katalanische als Muttersprache (Llengua inicial), und 54,99 % gaben Kastilisch (Spanisch) als Muttersprache an. Weitere 3,84 % nannten beide Sprachen als Muttersprachen. Im Val d’Aran (Arantal) sprechen ca. 7.000 Menschen Aranesisch, einen okzitanischen Dialekt. Obwohl Okzitanisch in Südfrankreich weit verbreitet ist, genießt es nur in Katalonien offiziellen Status. Die Llengua de Signes Catalana wird von 25.000 Sprechern, darunter 12.000 gehörlosen Menschen beherrscht.[35]


Das die Mehrheit der Bevölkerung Kataloniens allerdings das Katalanische nicht als ihre Muttersprache zu betrachten schein und wohl auch ein großer Teil der Bevölkerung nicht befähigt ist, es zu sprechen, fällt es schwer anzunehmen, dass die Forderung Katalanisch in den Schulen generell zu bevorzugen und das Kastilische ledglich noch zu einer Fremdsprache zu degradieren mehrheitsfähig wäre.
Selbst wenn sie es wäre, würde sich die Frage stellen, wie sich dass denn zu den Rechten der nicht katalanischsprachigen Bewohner Kataloniens verhalten würde, deren Rechte auch zu berücksichtigen sind und die und deren Kinder man erheblich diskriminieren würde, würde man die Schulen gänzlich zu Gunsten des Katalanischen umstellen und das obwohl das Kastilische den Status einer offiziellen Amtssprache hat.

Generell eine empfundene Missachtung der katalanischen Kultur
Empfundene Missachtung ist keine sinnvolle Messgröße.
Natürlich kann sich jeder zu jeder Zeit, selbst wenn man ihn mit immensen Vorteilen überhäuft, subjektiv als missachtet empfinden.
Das sagt dann aber mitunter mehr über den eigenen Charakter, als über die objektiven Tatsachen aus.
Die Forderung nach Förderung zu stellen, bis sich keiner mehr subjektiv als missachtet empfindet, hieße in diesem Zusammenhang nichts anderes als den radikalstmöglichen Kulturchauvinismus zur zu erfüllenden Mindestnorm zu machen.

Es ist offensichtlich, dass das keine erfüllbare Forderung darstellen kann. Erfüllbar wäre allenfalls Forderung nach Abstellen tatsächlich messbarer kultureller Benachteiligung.

Sozialgesetze. Katalonien hatte bis 2017 eine umfangreiche Sozialgesetzgebung verabschiedet - Gesetze zum Mieterschutz, ein Gesetz gegen Energiearmut, Gesetze zur Gleichstellung und für den Klimaschutz usw.. Fast alle wurden von spanischen Verfassungsgericht als angeblich verfassungswidrig eingestuft. Diese Einschätzungen sind natürlich umstritten, zudem kollidieren sie mit dem Autonomiestatut, welches eigentlich Katalonien eine eigenes Gesetzgebung in diesen Bereichen zugesteht. In Katalonien sah man die Ablehnung vor allem politisch motiviert.
Ein Autonomiestatut, dass eine eigene Gesetzgebung zugesteht, kann lediglich eine eigene Gesetzgebung im Rahmen der Gesamtverfassung zugestehen, da es sonst selbst verfassungswidrig wäre.
Somit kollidiert da überhaupt nichts.
Und Recht einseitig qua Gesetzgebung die Verfassung zu brechen oder missachten zu dürfen ist keine Forderung, die man als recht und billig behandeln könnte.

Generell die Politisierung der spanischen Justiz, auch im Zusammenhang mit unterbliebenen Reformen seit der Franco-Ära
Diesen Punkt kann man möglicherweise sinnvoll kritisieren, er ist aber kein speziell Katalonien betreffender Punkt, sondern könnte, wenn es um die gesamtspanische Justiz geht allenfalls auf gesamtspanischer Ebene behandelt werden.
Nicht im Rahmen Kataloniens, da es natürlich auch nicht angehen kann, dass in Katalonien allein entschieden wird, wie die gesamtspanische Justiz zu reformieren sei.

Die mangelnde Aufarbeitung des Franquismus ist immer noch ein wichtiger Punkt - Rehabilitation und Würdigung der Opfer sind nach wie vor schwierig.
Auch das ist sicherlich ein sinnvoller Punkt, allerdings ebenfalls einer, der nicht im Rahmen Kataloniens, sondern nur Gesamtspaniens zu bearbeiten wäre.

Natürlich spielen auch wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle - Katalonien ist nach Navarra die wohl wohlhabendste Region, fühlt sich bei Investitionen von Madrid aber oft vernachlässigt.
Da ist man wieder beim Punkt des subjektiven Empfindens.
Das wird in einigen Regionen Kataloniens, wo es selbst Probleme gibt, sicherlich grundsätztlich nachvollziehbar sein, nur ist Empfinden keine sinnvolle Messgröße.

Weitgehende Ablehnung der spanischen Monarchie, vor allem angesichts der Korruptions- und Geldwäscheskandale um Juan Carlos.
Ich kann ja ganz gut verstehen, dass man generell gegen die Monarchie ist.

Hält man es aber für klug, das ausgerechnet mit Verfehlungen eines Ex-Königs zu begründen, der den Übergang zur Demokratie und zu Autonomierechten für Katalonien erst mit ermöglicht hat, obwohl das aus der Situation heraus möglicherweise nicht notwendig gewesen wäre?

Sagen wir es mal so, wenn man jemanden, der durchaus als Förderer der Autonomie gelten kann öffentlich zur Zielscheibe macht und verteufelt, ist das möglicherweise dem Wunsch nach Ausweitung der Autonomie nicht besonders zuträglich.
Es könnte nämlich zu dem Eindruck führen, dass die Katalanen dazu neigten jedem, der ihnen diesbezüglich die Hand reichte nur vor allem mit Undankbarkeit und Illoyalität dafür zu danken.


Mangelnde Umsetzung der zugesagten Autonomie
Ist sicherlich in einigen Dingen ein sinnvoll kritisierbarer Punkt.


Ich stelle fest, die spziell Katalonien betreffenden Themen sind nach deiner Formulierung zur Hälfte kulturchauvinistischer Bullshit, der die Rechte der nicht katalanischsprachigen Bewohner Kataloniens zum Teil nicht berücksichtigt oder offensichtlich verfassungswidrig ist und ein großer Teil der sinnvollen Punkte, so wie du sie formulierst, beteffen Gesamtspanien und haben nichts oder nur Peripher mit der Frage größerer Autonomierechte oder Sezession zu tun und rechtfertigen daher beides auch nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich stelle fest, die spziell Katalonien betreffenden Themen sind nach deiner Formulierung zur Hälfte kulturchauvinistischer Bullshit, der die Rechte der nicht katalanischsprachigen Bewohner Kataloniens zum Teil nicht berücksichtigt oder offensichtlich verfassungswidrig ist und ein großer Teil der sinnvollen Punkte, so wie du sie formulierst, beteffen Gesamtspanien und haben nichts oder nur Peripher mit der Frage größerer Autonomierechte oder Sezession zu tun und rechtfertigen daher beides auch nicht.


Ist ja schön wenn jemand in kürzester Zeit einfache Antworten findet.
Spanier und Katalanen suchen seit Jahrzehnten danach.

Sagen wir es mal so, wenn man jemanden, der durchaus als Förderer der Autonomie gelten kann ...

Gelächter...
 
Zuletzt bearbeitet:
Nach der offiziellen Statistik bezeichneten im Jahr 2008 31,68 % der Bevölkerung Kataloniens das Katalanische als Muttersprache (Llengua inicial), und 54,99 % gaben Kastilisch (Spanisch) als Muttersprache an. Weitere 3,84 % nannten beide Sprachen als Muttersprachen. Im Val d’Aran (Arantal) sprechen ca. 7.000 Menschen Aranesisch, einen okzitanischen Dialekt. Obwohl Okzitanisch in Südfrankreich weit verbreitet ist, genießt es nur in Katalonien offiziellen Status. Die Llengua de Signes Catalana wird von 25.000 Sprechern, darunter 12.000 gehörlosen Menschen beherrscht.[35]


Das die Mehrheit der Bevölkerung Kataloniens allerdings das Katalanische nicht als ihre Muttersprache zu betrachten schein und wohl auch ein großer Teil der Bevölkerung nicht befähigt ist, es zu sprechen, fällt es schwer anzunehmen, dass die Forderung Katalanisch in den Schulen generell zu bevorzugen und das Kastilische ledglich noch zu einer Fremdsprache zu degradieren mehrheitsfähig wäre.
Hier sollte allerdings auch mitbedacht werden, inwieweit der Anteil Katalanischsprechender in Katalonien aufgrund vergangener Unterdrückungsmaßnahmen (insbesondere unter Franco) und aufgrund der Zuwanderung aus anderen Regionen Spaniens zurückgegangen ist.

Das Problem, dass Minderheiten und ihre Sprachen auch in ihrer angestammten Heimat zur Minderheit werden, tritt leider häufig auf. Schuld daran sind insbesondere Assimilierungsmaßnahmen und Zuwanderung aus anderen Regionen. Das ist z.B. auch in Südtirol ein Problem, wo die Landeshauptstadt Bozen heutzutage bereits zu fast drei Viertel von Italienern bewohnt wird (als Südtirol von Italien annektiert wurde, stellten sie nur etwas mehr als ein Zehntel). Auch in den meisten (ausgenommen etwa Tatarstan oder Tschetschenien) russischen autonomen Teilrepubliken sind die namensgebenden Minderheiten heutzutage wegen Russifizierung und Zuwanderung von Russen klar in der Minderheit (zur Zeit ihrer Gründung war das oft noch anders).

Eine Förderung der Minderheitensprache zumindest im regionalen Rahmen halte ich daher durchaus für berechtigt und geboten, um ihrer weiteren Zurückdrängung Einhalt zu gebieten. (Zur Wahrung der Sprachenvielfalt bekennt sich übrigens auch die EU.)
 
Eine Förderung der Minderheitensprache zumindest im regionalen Rahmen halte ich daher durchaus für berechtigt und geboten, um ihrer weiteren Zurückdrängung Einhalt zu gebieten. (Zur Wahrung der Sprachenvielfalt bekennt sich übrigens auch die EU.)
Dagegen sagt ja niemand was.

Nur momentan scheint es ja so auszusehen, dass Kastilisch/Standardspanisch und Katalanisch an den Schulen tendenziell gleichberechtigt sind.
Und das ist, angesichts dessen, dass die Hälfte der Bewohner Kataloniens überhaupt kein Katalanisch spricht an und für sich ein sinnvoller Zustand.
Wenn degegenüber gefordert wird, dass die Schulen komplett auf Katalanisch umgestellt und Spanisch/Kastilisch nur noch als Fremdsprache behandelt und betrachtet werden soll, würde das bedeuten, dass man rund die Hälfte der Schulpflichtigen von Zugang zur Bildung in ihrer Muttersprache ausschließen würde.

Und das ist ganz sicher keine sinnvolle Forderung mehr. Da fängt Kulturchauvinismus an.

Zumal man, denke ich noch, zwischen der Schule und dem späteren Leben, bzw. offiziellen Sprachen/Amtssprachen in anderen Kontexten unterscheiden muss, insofern in der Schule Schlüsselqualifikationen für das spätere Leben erworben werden und eine Umstellung vollständig auf Katalanisch diejenigen Schüler, die und deren Eltern des Katalanischen nicht hinreichend mächtig sind, beim Erwerb von Grundqualifikationen behindern würde.

Man mag hir einwenden können, dass die Kinder von Einwanderern in der Regel vor dem gleichen Problem stehen, aber ich persönlich bin der Meinung, dass das durchaus noch einen Unterschied macht, ob sich jemand entscheidet in ein anderes Land zu gehen und damit auch die Verpflichtung, eigenen Kindern gesonderte Hilfe bei der Sprache zukommen zu lassen freiwillig übernimmt, oder aber ob der eingesessenen Bevölkerung mal eben per Dekret die Möglichkeit aberkannt wird dass ihre Kinder in ihrer Muttersprache, die gleichzeitig (Co)Amtssprache ist, unterrichtet werden.

Alleine die Vorstellung, das das Kastilische, also eine der offiziellen Amtssprachen der Region aus dem schulischen Kontext bis auf den Fremdsprachenunterricht verbannt werden sollte, hielte ich für grottesk.
 
Alleine die Vorstellung, das das Kastilische, also eine der offiziellen Amtssprachen der Region aus dem schulischen Kontext bis auf den Fremdsprachenunterricht verbannt werden sollte, hielte ich für grottesk.

Und wieder eine Argumentation ohne jede Sachkenntnis.

Das katalanische Schulsystem unterrichtet seit Jahrzehnten auf katalanisch - ohne dass es Probleme damit gäbe.
Es sind die Forderungen konservativer Politiker aus Madrid, die mehr kastilisch an Kataloniens Schulen fordern - aus ideologischen Gründen.
Die Katalanen kämpfen um den Erhalt ihrer bestehenden Schule.

Die TAZ dazu:
Nur wenige hundert Familien verlangten in den letzten Jahren tatsächlich mehr Kastilisch im Unterricht – und das bei rund einer Million Schüler und Schülerinnen in Katalonien. Die Sorge um die Mehrheitssprache, die Politiker in Madrid immer wieder als Argument gegen das aktuelle katalanische Schulsystem anführen, ist tatsächlich völlig unbegründet.

 
Alleine die Vorstellung, das das Kastilische, also eine der offiziellen Amtssprachen der Region aus dem schulischen Kontext bis auf den Fremdsprachenunterricht verbannt werden sollte, hielte ich für grottesk.

Ebenso "grotesk" regelt das übrigens die Schweiz: In den Landesteilen wird nur in der jeweiligen Sprache unterrichtet. Dazu eine der weiteren Landessprachen als erste Fremdsprache.
 
Die TAZ berichtet noch mehr:
Grund für den Protestmarsch: Der Oberste Gerichtshof Spaniens hatte Ende November ein Urteil der katalanischen Justiz bestätigt, das festlegt, dass künftig 25 Prozent des Schulunterrichts in Katalonien auf Kastilisch – die Sprache, die allgemein als Spanisch bekannt ist – abgehalten werden müssen.
:oops:
Laut einer Studie nutzen 28 Prozent der Schüler Katalanisch nie oder fast nie an der Schule. Auch im Klassenzimmer ist die Verwendung von Katalanisch stark zurückgegangen: Der Anteil derer, die bei Gruppenaktivitäten im Unterricht immer Katalanisch sprechen, ist von 68 Prozent im Jahr 2006 auf heute knapp über 21 Prozent gefallen.

Im gleichen Zeitraum ging der Anteil der Lehrer und Lehrerinnen, die ausschließlich auf Katalanisch mit den Schülern reden von 63,7 auf 46,8 Prozent zurück. „In 15 Jahren ist Katalanisch zu einer Minderheitssprache geworden“, stellt Sintes fest.

Aufgeschreckt von dieser Untersuchung und vom Urteil des Obersten Gerichtshofs in Madrid, hat der katalanische Bildungsminister Josep Gonzàlez-Cambray in aller Eile einen Plan zur Förderung der katalanischen Sprache an den Schulen vorgelegt. 120.000 Lehrer sollen vor Ende 2022 eine „Schulung zum Umgang mit Katalanisch im Klassenzimmer“ absolvieren.
.. und das ist patriotischen Eltern während dieser 15 Jahre nicht aufgefallen, ereignete sich schleichend und unbemerkt?
 
Ist ja schön wenn jemand in kürzester Zeit einfache Antworten findet.
Meinst du damit jetzt deine Positionierungen nach denen alles was nicht deiner Meinung entspricht von dir in die Nähe von Franquismus etc. gerückt wird?

.... ist wahrscheinlich die wohlwollenste Reaktion, die auf deine Einlassungen möglich ist.

Das katalanische Schulsystem unterrichtet seit Jahrzehnten auf katalanisch - ohne dass es Probleme damit gäbe.
Es sind die Forderungen konservativer Politiker aus Madrid, die mehr kastilisch an Kataloniens Schulen fordern - aus ideologischen Gründen.

Wie nanntest du das noch?
Argumentation ohne jede Sachkenntnis.

Gleiche oder vergleichbare Chancen für Nichtmuttersprachler des Katalanischen und darüber hinaus Bessere Qualifikationsmöglichkeiten für ein späteres Berufsleben, möglicherweise über Katalonien hinaus, für die katalanischen Muttersprachler, die sich mit dem Kastilischen eher schwer tun, sind sicherlich keine rein ideologischen Gründe.
Ideologisch ist es in einer mehrsprachigen Region den Vorrang einer einzigen Sprache durchboxen zu wollen. Das sind Konzepte, die man aus dem 19. Jahrhundert kennt.

Ebenso "grotesk" regelt das übrigens die Schweiz: In den Landesteilen wird nur in der jeweiligen Sprache unterrichtet. Dazu eine der weiteren Landessprachen als erste Fremdsprache.
Der Unterschied ist, dass es in der Schweiz keine Standartsprache gibt, die 90% der Bewohner des Landes sprechen und deren nicht hinreichende Beherrschung dann später im Berufsleben zu Problemen führen kann.
Und ferner, dass bis auf das Rätoromanische die jeweiligen Landessprachen auch gleichzeitig die Landessprachen der Nachbarländer sind, womit sich für diejenigen, die sie erlernen überregionale Perspektiven und Chancen auftun.

Weiterhin gibt es die kkleinteilige Verwaltungsstruktur der Schweiz her dass sprachliche Minderheiten innerhalb der meisten Kantone ziemlich klein sind und hier nicht davon die Rede sein kann, das ein Großteil der Bevölkerung nicht die Möglichkeit bekommt Unterricht in der eigenen Muttersprache angeboten zu bekommen.
 
Zuletzt bearbeitet:
?? - die katalanische Justiz wurde genausowenig erneuert wie die spanische. Hattest du erwartet, dass sie immer pro Separatisten entscheidet??

Übrigens ist auch Josep Borrell Katalane. Er wollte einst Katalonien von den Separatisten "desinfizieren".

.. und das ist patriotischen Eltern während dieser 15 Jahre nicht aufgefallen, ereignete sich schleichend und unbemerkt?

"Patriotischen Eltern" ??

Aber genau um die Sprache geht es doch, um das Zurückdrängen des Katalanischen durch Madrid. Vor allem in der Ära Rajoy 2011-2018.
 
.... ist wahrscheinlich die wohlwollenste Reaktion, die auf deine Einlassungen möglich ist.

Gut, dann konkret gefragt: Was hat Juan Carlos jemals für die Autonomie irgendeiner spanischen Region getan?
Ideologisch ist es in einer mehrsprachigen Region den Vorrang einer einzigen Sprache durchboxen zu wollen.

Ah ja, das entscheidest offensichtlich du. Dein Rumgeeier, warum die Schweiz als Beispiel nicht zähle, ist peinlich. Selbst in Wales ist in 20% der Schulen Walisisch Unterrichtssprache und Englisch Fremdsprache. In Südtirol wird auf deutsch unterrichtet. Alles "grotesk" ?
 
@Stilicho ich bezog mich einzig auf die Passagen der TAZ Berichterstattung. Diese erwähnten ein Urteil der katalanischen Justiz und einen 15jährigen Zeitraum, in welchem ein Rückgang des katalanischen in katalanischen Schulen laut einer Studie zu verzeichnen sei. Dieser Rückgang scheint erst in letzter Zeit (infolge der Studie?) von den betroffenen Eltern bemerkt worden zu sein - das erstaunt mich.
 
Dieser Rückgang scheint erst in letzter Zeit von den betroffenen Eltern bemerkt worden zu sein.

Eltern sind dort nur im Zusammenhang mit den Protesten aus dem Dezember 2021 genannt. Proteste, die sich gegen das Verfassungsgerichtsurteil vom November 2021 richten. Da musst du was falsch verstanden haben.
 
Da musst du was falsch verstanden haben.
Die TAZ schrieb:
Laut einer Studie nutzen 28 Prozent der Schüler Katalanisch nie oder fast nie an der Schule. Auch im Klassenzimmer ist die Verwendung von Katalanisch stark zurückgegangen: Der Anteil derer, die bei Gruppenaktivitäten im Unterricht immer Katalanisch sprechen, ist von 68 Prozent im Jahr 2006 auf heute knapp über 21 Prozent gefallen.

Im gleichen Zeitraum ging der Anteil der Lehrer und Lehrerinnen, die ausschließlich auf Katalanisch mit den Schülern reden von 63,7 auf 46,8 Prozent zurück. „In 15 Jahren ist Katalanisch zu einer Minderheitssprache geworden“, stellt Sintes fest.

Aufgeschreckt von dieser Untersuchung und vom Urteil des Obersten Gerichtshofs in Madrid, hat der katalanische Bildungsminister Josep Gonzàlez-Cambray in aller Eile einen Plan zur Förderung der katalanischen Sprache an den Schulen vorgelegt. 120.000 Lehrer sollen vor Ende 2022 eine „Schulung zum Umgang mit Katalanisch im Klassenzimmer“ absolvieren.
Wenn die TAZ da keine Fake News verbreitet, dann haben erst die Studie und das katalanische Urteil bewirkt, dass Bildungsminister Gonzalez-Cambray aufgescheucht wurde. Mir scheint damit implizit ausgesagt, dass niemand - auch keine Eltern - diesen Rückgang des katalanischen zur Minderheitssprache während der 15 Jahre bemerkt hat.
Was verstehe ich da falsch?
 
Von Eltern ist doch in der Passage gar nicht die Rede. Über die Motive von Gonzalez-Cambray kann ich nur spekulieren, aber ich vermute, sie sind eine Reaktion auf das 25%-Urteil der spanischen Justiz. Was sonst jemand bemerkt hat oder nicht, steht da nicht.
Ich würde die Unklarheit auf eine nicht sehr geschickte Formulierung des Artikel-Autors zurückführen.
 
Große Themen in Katalonien sind:
  • Unterrichtsspache in der Schule. Spanien möchte einen Mindestanteil spanisch vorschreiben, Katalonien möchte spanisch als Fremdsprache behandeln. Auch der Sprachgebrauch in Behörden und im Alltag ist immer wieder Thema.
Spanisch ist nun mal die Sprache des gesamten Staates, seine lingua franca. Das ist genauso Teil der Verfassung von 1978, wie, dass die Sprachen Galicisch, Baskisch und Katalanisch cooffizielle Sprachen sind.

Artikel 20, Absatz 3:

La ley regulará la organización y el control parlamentario de los medios de comunicación social dependientes del Estado o de cualquier ente público y garantizará el acceso a dichos medios de los grupos sociales y políticos significativos, respetando el pluralismo de la sociedad y de las diversas lenguas de España.
Artikel 148, Absatz 1:

Las Comunidades Autónomas podrán asumir competencias en las siguientes materias:​
...​
17.a El fomento de la cultura, de la investigación y, en su caso, de la enseñanza de la lengua de la Comunidad Autónoma.​
Die Autonomen Gemeinschaften können die Kompetenzen in den folgenden Bereichen an sich ziehen:​
...​
17. Die Förderung der Kultur, der Forschung und, wenn dem so ist, die des Unterrichts in der Sprache der [jeweiligen] Autonomie.​
Das Problem ist, dass es Interferenzen zwischen dem Katalanischen und dem Spanischen gibt, da die Sprachen nun mal miteinander verwandt sind, und es eine Prädominanz des Spanischen gibt. So wird jemand, der Baskisch spricht, sicher nicht so oft in die Verlegenheit kommen und nicht sicher sein, ob das Wort, was er gerade benutzt baskisch oder spanisch ist, wohingegen Katalanen sicher öfter solche Unsicherheiten erleben.

  • Generell eine empfundene Missachtung der katalanischen Kultur
Empfindungen müssen ihre Wurzeln nicht im Objektiven haben. Ich kann mir aber vorstellen bzw. ich habe den Rechtsruck in Spanien ja bemerkt, als ich wenige Tage nach dem Referendum nach Andalusien reiste, dass es in einer Art Reaktanz durchaus aus Teilen der Bevölkerung eine Abwertung alles Katalanischen gegeben haben mag und die Missachtungsempfindung dadurch objektiv Futter bekommen hat, also ein gegenseitiges Aufschaukeln.

  • Die mangelnde Aufarbeitung des Franquismus ist immer noch ein wichtiger Punkt - Rehabilitation und Würdigung der Opfer sind nach wie vor schwierig.
Das ist ein Problem, das aber ganz Spanien betrifft und in ganz Spanien moniert wird. Vor allem hat es da aber in den letzten 20 Jahren auch Rückschritte gegeben.
 
Spanisch ist nun mal die Sprache des gesamten Staates, seine lingua franca.

Dennoch ist die Sprache der autonomen Region zu achten, und offizielle Amtssprache ist sie dort auch.
Man stelle sich vor was in Bozen los wäre, wenn Rom beschließen würde, dass 25% des Unterrichts auf italienisch sein müsste.

Empfindungen müssen ihre Wurzeln nicht im Objektiven haben. Ich kann mir aber vorstellen bzw. ich habe den Rechtsruck in Spanien ja bemerkt, als ich wenige Tage nach dem Referendum nach Andalusien reiste, dass es in einer Art Reaktanz durchaus aus Teilen der Bevölkerung eine Abwertung alles Katalanischen gegeben haben mag und die Missachtungsempfindung dadurch objektiv Futter bekommen hat, also ein gegenseitiges Aufschaukeln.

Richtig, ich wollte auch nur beschreiben, warum viele Katalanen so empfinden, ob objektiv zu recht oder nicht.
Gefragt war nach den Gründen des Unabhängigkeitsbestrebens, da spielen Gefühle meist die Hauptrolle.


Das ist ein Problem, das aber ganz Spanien betrifft und in ganz Spanien moniert wird. Vor allem hat es da aber in den letzten 20 Jahren auch Rückschritte gegeben.

Richtig, aber vor allem in Katalonien (und natürlich im Baskenland) fühlt man sich als Opfer des Franquismus, während ein Teil der Spanier bis zu letzt ins Valle de los Caídos pilgerte.
Die Repression unter Franco war in Katalonien besonders stark. Einige Tausend Katalanen wanderten ins KZ nach Mauthausen.
Viele erfuhren nie etwas über den Verbleib ihrer Verwandten, noch heute werden anonyme Massengräber ergraben.
Die Unterstützung des spanischen Staates ist generell mau, aber in Katalonien (und im Baskenland) wird dies besonders deutlich.
Die genannten Rückschritte sind auch wieder auf die Regierung Rajoy zurückzuführen, während es unter Zapatero vorher eine Verbesserung gegeben hatte.
 
Ich würde die Unklarheit auf eine nicht sehr geschickte Formulierung des Artikel-Autors zurückführen
Ich sehe darin, dass es erst nach weit über einem Jahrzehnt einer Studie bedurfte, ehe was bemerkt wurde (laut TAZ, die du als Quelle/Nachweis zitiert hattest). Von einem kontinuierlichen bemängeln/kritisieren/Aufbegehren der Schüler-, Lehrer- und Elternschaft habe ich nirgendwo gelesen.
 
Dennoch ist die Sprache der autonomen Region zu achten, und offizielle Amtssprache ist sie dort auch.
Das ist richtig und ist in der Verfassung ja auch klar für den Schulunterricht geregelt: Es ist die Kompetenz der Autonomie Katalonien, den Katalanischunterricht zu implementieren: El fomento de la cultura, de la investigación y, en su caso, de la enseñanza de la lengua de la Comunidad Autónoma.


Richtig, ich wollte auch nur beschreiben, warum viele Katalanen so empfinden, ob objektiv zu recht oder nicht.
Gefragt war nach den Gründen des Unabhängigkeitsbestrebens, da spielen Gefühle meist die Hauptrolle.
Es gibt dazu ein schönes Buch von der Berliner Professorin Birgit Aschmann: Beziehungskrisen. Eine Emotionsgeschichte des katalanischen Separatismus, Göttingen 2021.


Richtig, aber vor allem in Katalonien (und natürlich im Baskenland) fühlt man sich als Opfer des Franquismus, während ein Teil der Spanier bis zu letzt ins Valle de los Caídos pilgerte.
Lass das mal einige Zehntausend oder meinetwegen auch einige hunderttausende gewesen sein, bei einem Volk von 48 Millionen.
Zudem stört mich an dieser Erzählung ein wenig, dass sie so tut, als seien unter den "Pilgern" keinesfalls Katalanen gewesen.



Die Repression unter Franco war in Katalonien besonders stark. Einige Tausend Katalanen wanderten ins KZ nach Mauthausen.
Ich denke, das wird nicht explizit Katalanen betroffen haben, sondern eher spanische Republikaner, die nach der Kapitulation der Republik, sofern sie die Gelegenheit hatten, aus dem Land flohen. Viele flohen per Flugzeug nach Mexiko, viele aber auch zu Fuß über die Pyrenäen. Da nach dem Fall Madrids Katalonien und Valencia so ziemlich die einzigen bis zum Ende weitgehend in republikanischer Hand gebliebenen Gebiete waren, war es natürlich der katalanische Pyrenäenübergang, über den viele Leute flohen und man muss wohl auch annehmen, dass darunter besonders viele Katalanen waren. Diese Leute sind in Frankreich z.T. interniert worden und dann 1940 den Deutschen in die Hände gefallen. Da sie als "Linke" markiert waren, wurden sie von den Nazis natürlich gleich als politische Gegner erkannt und in die Konzentrationslager überführt.
Jorge Semprún behauptete in einem seiner Bücher, dass man in Buchenwald in den Tagen der Befreiiung besonders viel Spanisch gehört habe, weil eben die kampferprobten Spanienkämpfer der Internationalen Brigaden Spanisch untereinander als Kommandosprache verwendeten.
 
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