Die Völkerwanderung als große Migration

Augustinus ist ein gutes Stichwort, wiewohl ich dabei eigentlich dachte, daß er in seinen Predigten zum Buch Genesis ausführt, daß erst im Paradies Arbeit nicht mehr Mühsal bereite, in der Hölle die Sünder jedoch zu ewiger Arbeit - als Strafe(!) - verdammt seien...

Aber vielleicht irre ich mich ja damit auch :grübel:


Es ist OT! Jedoch:

Tja:grübel:
Schriftdeutsch wird gearbeitet.
Sehen wir mal wertneutral.

Im Ruhrpott geht man malochen.
Kann man als Strafe auslegen.

Der Schwabe jedoch, liebe Gemeinde, geht schaffen!:winke:
Da packt am morgen der Straßenkehrer sein Schmalzbrot ein, und geht schaffen! Er schafft Sauberkeit, er schafft Ordnung! Und geht am Abend in sein Wirtschäftle Vespern im Gefühl "I hau ebes gschaffet".
Irgendwie anders, wie wenn einer von der Maloche kommt.....


TT: Schon ein kleines Wörtchen kann eine immense Wirkung haben.
 
Ich unterstelle, dass bekannt ist, wer Paulus war, wie er endete.


Mir nicht. Ich bin Heide :scheinheilig:

Moment mal,
Paulus schrieb den Brief an die Thessaloniker Christengemeinde nicht als Herrscher an seine Untertanen.
Noch im Auftrag irgendwelcher Herrscher.

Mag sein, dass ich Dich falsch verstehe und an Deinem Diskussionsthema vorbeirede. Ich versuche immer noch, das in einen Bezug zur Völkerwanderung und ihren Folgen zu setzen. Deshalb argumentiere ich nicht mit dem, was Paulus Jahrhunderte vorher mit dem Satz gemeint haben könnten, sondern mit den Zielen, für die seine Aussage von den Herrschenden im beginnenden Mittelalter nutzbar gemacht wurde. Wenn die Schöpfer weiser Sprüche wüssten, was in der Realität regelmäßig aus ihren Theorien gemacht wird, würden die in ihren Gräbern so schnell rotieren, dass man sie zum Ölbohren einsetzen könnte.

Nochmal: Mir scheint, wir sind nicht bezüglich der historischen Geschehnisse unterschiedlicher Meinung, sondern nur hinsichtlich der Deutung ihrer Hintergründe. Man kann die Geschichte der Arbeit theologisch/moralisch betrachten, man kann es aber auch aus einer empirischen Perspektive tun - wie zum Beispiel Leute wie Marx es getan haben. Die theologische Sichtweise ignoriert meiner Ansicht nach einen (oder: den zentralen) Aspekt: Macht.

Vollzog sich wirklich ein Wandel in der Einstellung der Menschen zur (oft quälenden) Arbeit? Oder wollten die Mächtigen in Kirche und Staat dem Volk nur die Hoffnung auf Belohnung im Jenseits vorgaukeln, damit die Untertanen die Mühen des Diesseits ertragen haben anstatt sich dagegen aufzulehnen? Wer sagt schon dem gewiss nicht durch Arbeit gestählten Bischof, dass er sich selbst den Hintern abwischen soll, wenn sowas mit ewiger Verdammnis bestraft wird?

Aber vielleicht verstehe ich Dich wirklich falsch.

MfG
 
Mir nicht. Ich bin Heide :scheinheilig:



Mag sein, dass ich Dich falsch verstehe und an Deinem Diskussionsthema vorbeirede. Ich versuche immer noch, das in einen Bezug zur Völkerwanderung und ihren Folgen zu setzen. Deshalb argumentiere ich nicht mit dem, was Paulus Jahrhunderte vorher mit dem Satz gemeint haben könnten, sondern mit den Zielen, für die seine Aussage von den Herrschenden im beginnenden Mittelalter nutzbar gemacht wurde. Wenn die Schöpfer weiser Sprüche wüssten, was in der Realität regelmäßig aus ihren Theorien gemacht wird, würden die in ihren Gräbern so schnell rotieren, dass man sie zum Ölbohren einsetzen könnte.

Nochmal: Mir scheint, wir sind nicht bezüglich der historischen Geschehnisse unterschiedlicher Meinung, sondern nur hinsichtlich der Deutung ihrer Hintergründe. Man kann die Geschichte der Arbeit theologisch/moralisch betrachten, man kann es aber auch aus einer empirischen Perspektive tun - wie zum Beispiel Leute wie Marx es getan haben. Die theologische Sichtweise ignoriert meiner Ansicht nach einen (oder: den zentralen) Aspekt: Macht.

Vollzog sich wirklich ein Wandel in der Einstellung der Menschen zur (oft quälenden) Arbeit? Oder wollten die Mächtigen in Kirche und Staat dem Volk nur die Hoffnung auf Belohnung im Jenseits vorgaukeln, damit die Untertanen die Mühen des Diesseits ertragen haben anstatt sich dagegen aufzulehnen? Wer sagt schon dem gewiss nicht durch Arbeit gestählten Bischof, dass er sich selbst den Hintern abwischen soll, wenn sowas mit ewiger Verdammnis bestraft wird?

Aber vielleicht verstehe ich Dich wirklich falsch.

MfG


Gewiss sind Lippenbekenntnisse das eine, und die Umsetzung das andere.

Die Klöster, genau die spricht ja Augustinus an, haben aber allen Infos noch immensen Zulauf gehabt, gerade vom "Kriegeradel".
Eine Wirkung ist also irgendwo schon festzuschreiben.


Zitat ElQ
Ich glaube wir haben Hägermann verstanden. Recht geben müssen wir ihm deshalb noch lange nicht.

Wer ist wir?

Zitat ElQ
Nehmen wir z.B. Cato. Cato, selber ein Menschenschinder, ist weit entfernt davon, körperliche Arbeit zu missachten. Oder Seneca: Dieser weist auf die Fährnisse des Schicksals hin und dass jeder Mensch unabhängig von seiner Herkunft versklavt werden kann.


Willst Du damit sagen, der von Hägermann genannte "edle Müßiggang" war kein Lebensideal der Antiken Eliten?

Zitat ElQ
Wie weit reichte Augustinus' Arbeitsethik in das zeitgenöss. Bewusstsein?

siehe oben:
Selbstzitat
Die Klöster, genau die spricht ja Augustinus an, haben aber allen Infos noch immensen Zulauf gehabt, gerade vom "Kriegeradel".
Eine Wirkung ist also irgendwo schon festzuschreiben.

Zitat ElQ
Und, wie gesagt, auch der Verfall der Infrastruktur gibt Hägermann nicht recht.

Hägermann nennt die Bevölkerungsverdopplung, möglich geworden durch immense Fortschritte in der Landwirtschaft, Dreifelderwirtschaft, Wendepflug, andere Getreidesorten durch die zB Brot überhaupt erst zur Volksnahrung wird.
 
AiD, Archäologie in Deutschland, Sonderheft 2005 Völkerwanderung
Aufsatz von Dr. Arno Rettner M.A. (Konservator an der Archäologischen Staatssammlung München)

Nachdem er auf viele Nachweise unterschiedlichster Art für die, nicht geringe! Siedlungskontiunität hinweist, schreibt er:

"Warum tut sich nun die Archäologie mit alldem so schwer? Ein Grund besteht sicher darin, dass nördlich der Alpen scheinbar kaum eine römische Siedlung oder ein römisches Grab ins 5. Jahrhundert zu datieren ist. Für die vorausgegangene Zeit erfolgt die Datierung häufig durch kursierendes Kleingeld, das im Alltag leicht verloren ging oder gern auch den Toten in die Hand gedrückt worden ist. Um 400 aber brach an Rhein und Donau plötzlich die Zufuhr von neu geprägtem römischen Kupfermünzen ab. Da wir so die späten Römer schon aus den Augen verlieren, sind deren Nachkommen auf archäologischem Wege erst recht schwer zu fassen."

"Dunkle Jahrhunderts" aus Kleingeldmangel;)

Dies vorab. Mehr später.


Fortsetzung:
Rettner schreibt dann weiter, dass "typisch romanische Siedlungsspuren" erst in neuester Zeit richtig erkannt würden. Es hätte in der Spätantike ein Niedergang bei Stadtplanung, Baumaterial und Bauweise eingesetzt, weshalb sich Wohnbauten des 4.-7. Jahrhunderts selbst in Norditalien als römischem Kerngebiet, nur schwer nachweisen lassen würden. Lehmgebundene Mauern, wiederverwertete Bausteine (Spolien) und Fachwerk.
In Köln würde man inzwischen davon ausgehen, dass spätrömische Gebäude bis in karolingische Zeit weiterverwendet worden wären, und auch in Augsburg hat man einen spätantiken Großbau nachgewiesen der bis ins 8. Jahrhundert mehrfach mit einfachen Mitteln umgebaut wurde.
Epfach am Lech ist wohl das Beispiel, wo romanische Bevölkerung "auf dem flachen Land" nachgewiesen werden konnte.
An Mosel und Mittelrhein weiß man von dieser romanischen Bevölkerung aus etlichen Sprachzeugnissen, archäologisch ist dieser Nachweis noch nicht gelungen.

Archäologisch verlieren sich die Spuren der Romanen in Deutschland erst ab dem Beginn des 7. Jahrhunderts. Als sie Bildung, Glaube, Sprache und Fertigkeiten der germanischen Mehrheit vermittelt hatten, und in ihr aufgegangen waren. Als gewichtige romanische Komponente, neben den germanischen und keltischen Elementen.
 
Ich glaube wir haben Hägermann verstanden. Recht geben müssen wir ihm deshalb noch lange nicht.
Wer ist wir?

Alle, die in diesem Thread mitdiskutieren.


Nehmen wir z.B. Cato. Cato, selber ein Menschenschinder, ist weit entfernt davon, körperliche Arbeit zu missachten. Oder Seneca: Dieser weist auf die Fährnisse des Schicksals hin und dass jeder Mensch unabhängig von seiner Herkunft versklavt werden kann.

Willst Du damit sagen, der von Hägermann genannte "edle Müßiggang" war kein Lebensideal der antiken Eliten?

Ich wehre mich dagegen, die antiken Eliten über einen Kamm zu scheren. Es gab gewisse Dinge, die waren einem römischen Adeligen verboten, bzw. sie schickten sich nicht. Nichtsdestotrotz haben diese Leute durch aktives Wirtschaften Geld verdient. Sie wickelten dies dann eben über Mittelsmänner, häufig ihre Liberti, ab. Selbst wenn unumstößlich festzuhalten wäre, dass sich die römische Elite dem Müßiggang hingegeben hätte, läuft das Argument doch ins Leere: Die römische Elite ließ für sich arbeiten, beutete organisiert Latifundien und Bodenschätze aus.


Die Klöster, genau die spricht ja Augustinus an, haben aber allen Infos noch immensen Zulauf gehabt, gerade vom "Kriegeradel".
Eine Wirkung ist also irgendwo schon festzuschreiben.
Hier müssen wir dann schon stärker differenzieren. Natürlich galt in den Klöstern die Regula Benedicti bzw. eine ordensgemäße Abwandlung davon. Aber zunächts haben wir es mit arianischen Gemeinschaften zu tun, die Kriegeradel hatte. Ob der Arianismus ein Mönchtum kannte ist m.W. umstritten. Der adelige Zulauf in die Klöster nach der Katholisierung aber hat machtsichernde Gründe: Das Erbe ließ sich so besser zusammenhalten und man war kirchlich vernetzt. Wobei Kloster auch Strafe bedeuten konnte. Denken wir nur an Tassilo oder Widukind (Widukinds Klosterhaft ist umstritten, aber ich folge darin Althoff (Uni Münster), dessen Argumentation sehr plausibel ist, allerdings habe ich die Gegenargumentation von Freise (Uni Wuppertal, erster Jauch-Millionär, damals aber noch DM) und Balzer (Uni Paderborn) nicht gelesen).

Hägermann nennt die Bevölkerungsverdopplung, möglich geworden durch immense Fortschritte in der Landwirtschaft, Dreifelderwirtschaft, Wendepflug, andere Getreidesorten durch die zB Brot überhaupt erst zur Volksnahrung wird.
M.E. überspringt Hägermann damit wichtig Sachverhalte. Zunächst einmal den Zusammenbruch des Reiches und der Bevölkerungszahlen in der Spätantike.
Und das Brot erst später zur Volksnahrung geworden sein sollte, kann ich nicht glauben. Siehe Juvenal:
nam qui dabat olim
imperium, fasces, legiones, omnia, nunc se
continet atque duas tantum res anxius optat,
panem et circenses.
 

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Zitat:"Die Germanen siedelten sich nicht in der römischen Stadt an, sondern hausten am Rand der Römerstädte in Fachwerkhütten. Es gibt in unseren Geschichtsatlanten Karten des frühmittelalterlichen Köln, die zeigen, dass die Stadt nahezu komplett verödet war - ebenso wie Trier, Regensburg, Mainz und andere..:"

Ich war im Sommer in London und habe mir dort das Museum of London (Museum für Stadtgeschichte) angesehen. Auch in England lässt sich dieses Muster beobachten, die Angelsachsen siedelten nicht innerhalb der alten Stadtmauern von Londinium (die heutige City of London), sondern gründeten westlich davon eine eigene Stadt ( Lundenwic) in Lehmbauweise etwa dort wo heute Westminister liegt. Aber einige römische Bauwerke wurden weiterhin benutzt und in Schuß gehalten. Die Londonbridge wurde immerwieder erneuert und auch grosse Teile der römischen Stadtmauern blieben bis ins hohe Mittelalter erhalten. Sogar unter Elisabeth 1 gab es noch Überbleibsel der Stadtverteidung die römischen Ursprungs waren.
 
Gewiss sind Lippenbekenntnisse das eine, und die Umsetzung das andere.

Die Klöster, genau die spricht ja Augustinus an, haben aber allen Infos noch immensen Zulauf gehabt, gerade vom "Kriegeradel".
Eine Wirkung ist also irgendwo schon festzuschreiben.

An der Wirkung zweifle ich doch gar nicht. Ich werfe die Frage auf, ob wir die Wirkungen auf vermeintlich sichtbare Ursachen (christliche Wertsetzungen bezüglich der Arbeit) zurückführen können.

Da ich offenbar bei irgendwem religiöse Gefühle verletzt habe, schicke ich erstmal voraus, dass das nicht meine Absicht war. Ich will nicht über die christliche Religion diskutieren sondern über den Einfluss der Kirche auf die Entwicklung von germanischen Stämmen hin zum mittelalterlichen Staatswesen. Und hier spreche ich von der Kirche, wie sie damals real war. Ob die damalige Verfassung der Kirche viel mit christlichen Werten zu tun hatte, mag jeder selbst beurteilen. Ich lehne es ab, an einer Debatte hierüber teilzunehmen.

Betrachten wir also die Extrempunkte der Entwicklung:

Ausgangsform war die Stammesgesellschaft. In dieser Gesellschaftsform regeln die Individuen ihre Angelegenheiten weitgehend selbst, es gibt keinen übergeordneten Staat und keinen gesellschaftlich herausgehobenen Adel. Kurz: Keine Herrscher und keine Beherrschten.

Am Ende der Entwicklung stand ein hochdifferenziertes und streng hierarchisches Staatswesen, das geprägt war vom Feudalismus. Oben Herrschende, unten Leibeigene, dazwischen nichts. In dieser Gesellschaftsform gab es NUR NOCH Herrscher und Beherrschte.

Die Ausgangsform der Gesellschaft war "im Gleichgewicht". Sie blieb so lange unverändert, bis sie von außen angeschoben wurde. Die Endform war instabil. Sie existierte nur so lange, wie sie durch den Einsatz von Macht aufrecht erhalten wurde (was an zahllosen Konflikten in unserer Geschichte abzulesen ist). Macht manifestierte sich dabei sowohl auf einer weltlichen als auch auf einer kirchlichen Ebene. Oder anders ausgedrückt: Die Kirche war ein Herrschaftsträger und nutzte die Religion als Machtinstrument (womit ich ausdrücklich nichts zur Religion selbst sage!).

Ohne jetzt auf die einzelnen Phasen dieser Entwicklung einzugehen, bleibt festzuhalten, dass sie keineswegs zwangsläufig erfolgte. Es lag weder "in der Natur der Sache", dass die Entwicklung zu dem geschilderten Ergebnis führte, noch dass sie überhaupt begann. Nur zwei Belege für diese Aussage: Es gibt noch heute Stammesgesellschaften, die nie in so eine Entwicklung eingetreten sind (z.B. Afghanistan) und es gibt moderne Staaten, die nie Feudalismus und Leibeigenschaft kannten (z.B. Schweiz). Die Schweiz ist übrigens ein Beleg dafür, dass diese ganze Sache nichts mit Religion oder Christentum zu tun hat, denn bekanntlich sind die Schweizer auch relegiös und stellen bis heute die Leibwache des Papstes.

Alle Erklärungsmodelle, die man sich ausdenkt, müssen deshalb Antwort auf die Frage geben, warum die Entwicklung gerade so und nicht anders lief. Und die Erklärung "gewandelte Einstellung zur Arbeit" wird diesem Anspruch nicht gerecht.

Was hat das alles jetzt mit der Völkerwanderung zu tun?

Als die germanischen Stämme die ehemals römische Welt "übernommen" hatten, waren sie von ihrer Gesellschaftsstruktur her unfähig, das Vorgefundene zu dem Zweck zu nutzen, für den es geschaffen worden war. Das Wirtschaftssystem der Stämme war auf Subsistenz ausgelegt, das römische Wirtschaftssystem hatte dagegen den Zweck, Überschüsse zu produzieren, mit denen Expansion (innere wie äußere) möglich gemacht wurde. In den germanischen Stämmen musste deshalb erst ein gesellschaftlicher Wandel erfolgen, ehe sie die römische Wirtschaftsweise übernehmen beziehungsweise ähnliche Konzepte entwickeln konnten. Bis dieser Wandel abgeschlossen war, verfiel deshalb die römische Infrastruktur (auch die "geistige").

Als der Prozess des Wandels abgeschlossen war, war allerdings eine Gesellschaft entstanden, die zwar römischen Mustern zu folgen schien, die aber im Kern nicht römisch war. Deshalb sucht man heute vergeblich nach dem Datum, an dem "Rom" unterging. Rom wurde eben nicht an einem Tag niedergebrannt. Und deshalb wird man auch vergeblich nach archäologischen oder sonstigen Belegen für einen Fortbestand römischer Elemente nach der Völkerwanderungszeit suchen.

Noch ein paar Worte zu Hägermann: Die Geschichtswissenschaft neigt dazu, die Entwicklung der Welt anhand von schriftlichen Überlieferungen zu interpretieren. Das hat natürlich seine Berechtigung, da solche geschriebenen Berichte zumeist Ausdruck der Weltsicht der Autoren sind und die Weltsicht der Autoren in der Regel mit einem gesellschaftlichen Wertesystem in Verbindung steht. Die Geschichtswissenschaft geht aber schon lange nicht mehr so naiv vor, einzelne historische Quellen isoliert zu betrachten und sie nur textimmanent zu interpretieren. Deshalb würde man Hägermann sicher Unrecht tun, wenn man seine Aussagen über den Wandel der menschlichen Einstellung zur Arbeit so auslegen würde, als wolle Hägermann die gesellschaftlichen Entwicklungen jener Zeit ausschließlich oder auch nur überwiegend damit erklären. Hier müssen schon auch die Erkenntnisse anderer Gesellschaftswissenschaften berücksichtigt werden, was Hägermann zweifellos tut. Ich kenne seine Arbeiten nicht persönlich, setze das aber trotzdem voraus, denn immerhin ist Hägermann Wissenschaftler.

MfG
 
Die Klöster, genau die spricht ja Augustinus an, haben aber allen Infos noch immensen Zulauf gehabt, gerade vom "Kriegeradel".

Es ist allseits bekannt, dass es allein die Kirche und dort besonders die Klöster waren, die antike Schriften und antikes Wissen - wenn auch nur rudimentär - bewahrten. Sie standen freilich nach dem Untergang des römischen Imperiums als Inseln inmitten einer erlöschenden antiken Welt, vor allem in den römischen Provinzen nördlich der Alpen und in Gallien, wo zwischen den Jahren 410 und 450 alle römischen Truppen sowie die komplette Administration abzogen. Das Vakuum wurde von germanischen Scharen aufgefüllt und nach zeitgenössischen Berichten wie denen des hl. Severin und anderen geschah das raubend, mordend und plündernd.

Was hätten die vereinigten Irokesen und Sioux des 18. Jhs. wohl mit einer Stadt ähnlich dem heutigen Washington oder Chicago gemacht?

Hägermann nennt die Bevölkerungsverdopplung, möglich geworden durch immense Fortschritte in der Landwirtschaft, Dreifelderwirtschaft, Wendepflug, andere Getreidesorten durch die zB Brot überhaupt erst zur Volksnahrung wird.

Du bringst hier die zeitlichen Dimensionen durcheinander!

Die Dreifelderwirtschaft gab es nach der Zeit der Karolinger, d.h. sie verbreitete sich erst im 10./11. Jh. Das gleiche gilt für weitere Fortschritte in der Landwirtschaft wie dem schweren Räderpflug mit Streichbrett, der den einfachen Hakenpflug des Frühmittelalters ersetzte und der seit dem 9. Jh. archäologisch nachgewiesen ist. Ferner neuartige Mähgeräte, Sensen statt Sicheln, Neuzüchtungen von Rindern, Schafen und Schweinen usw. Damit einher ging auch das Wachstum der Bevölkerung.

All das erfolgte aber erst zu Beginn des Hohen Mittelalters, d.h. seit dem 9./10. Jh. und ist für die von uns betrachtete Zeit völlig unerheblich. Bis ins 8. Jh. hinein gab es die hier schon mehrfach und von vielen Fachautoren zitierten Dark Ages nach Roms Zusammenbruch, eine Verödung und ein Niedergang der Zivilisation, die auf der Basis archäologischer und urkundlicher Quellen völlig unbestreitbar sind. Der von Herrn Hägermann beschworene Aufschwung setzte hingegen erst zu Beginn des hohen Mittelalters ein und nicht in der Phase des Frühmittelalters zwischen 6. und 10. Jh.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es



Du bringst hier die zeitlichen Dimensionen durcheinander!

Die Dreifelderwirtschaft gab es nach der Zeit der Karolinger, d.h. sie verbreitete sich erst im 10./11. Jh. Das gleiche gilt für weitere Fortschritte in der Landwirtschaft wie dem schweren Räderpflug mit Streichbrett, der den einfachen Hakenpflug des Frühmittelalters ersetzte und der seit dem 9. Jh. archäologisch nachgewiesen ist. Ferner neuartige Mähgeräte, Sensen statt Sicheln, Neuzüchtungen von Rindern, Schafen und Schweinen usw. Damit einher ging auch das Wachstum der Bevölkerung.

All das erfolgte aber erst zu Beginn des Hohen Mittelalters, d.h. seit dem 9./10. Jh. und ist für die von uns betrachtete Zeit völlig unerheblich. Bis ins 8. Jh. hinein gab es die hier schon mehrfach und von vielen Fachautoren zitierten Dark Ages nach Roms Zusammenbruch, eine Verödung und ein Niedergang der Zivilisation, die auf der Basis archäologischer und urkundlicher Quellen völlig unbestreitbar sind. Der von Herrn Hägermann beschworene Aufschwung setzte hingegen erst zu Beginn des hohen Mittelalters ein und nicht in der Phase des Frühmittelalters zwischen 6. und 10. Jh.


Dieter, das ist so nicht richtig.
Die Dreifelderwirtschaft ist zumindest im heutigen Frankreich und Südwestdeutschland seit dem frühen Mittelalter nachgewiesen.
Dasselbe gilt für den Wendepflug. Der ist archäologisch in "Feddersen Wierde" nachgewiesen. Die Siedlung wurde im 5. Jahrhundert schon aufgegeben.
Muss gleich weg.
Morgen mehr.
 
Das oberste Gebot ist hier glaube, du sollst Völkerwanderungszeit nicht mit frühem Mittelalter verwechseln!:motz:
Ich glaube, dass ist eine der Hauptursachen unserer Differenzen.
Das es in karolingischer oder ottonischer Zeit vieles anders war, ist ja richtig, hat aber mit der Völkerwanderung nicht mehr viel zu tun, höchstens mit den Spätfolgen.

Zu den Römern in Mitteleuropa:
Interessant ist hier, dass die Stammesrechte der Völkerwanderungszeit Romanen kennen. Für diese galt dann eine Art römisches Recht, genannt wurde sie schlicht "Romani" also Römer.
Ein schönes Beispiel sind die Stammesrechte der Burgunder.
Sie hatten ein lex Burgundionum für die germanischen Burgunden und ein lex Romana Burgundionum (Römisches Recht der Burgunden). Das eine galt für die Burgunden, das andere für die Romanen.
Das Burgundenreich verlor 534 seine Unabhängigkeit an die fränkischen Merowinger, erst kurz zuvor war das Recht verschriftlich worden. Der rechtliche (stammespezifische) Sonderstatus blieb wenigstens bis ins 9. Jahrhundert!

Ebenfalls interessant ist das Recht der salischen Franken, lex Salica. Es entstand unter Chlodwig I. Anfang der 5. Jahrhunderts.
Auch hier eine Differenzierung zwischen Franken und Romanen, neben der Differenzierung zwischen Adel, Freien und Unfreien.
§ 1. Wenn einer einen freien Franken oder sonstigen "Barbaren" der nach salfränkischen Gesetz lebt, tötet, werde er, dem es nachgewiesen wird, - gerichtlich „Manngeld“ genannt – 8000 Pfennige (denar, Silber) , die mach 200 Schillinge (solidi), zu schulden verurteilt.

§ 5. Wenn er aber den, der zur königlichen Gefolgschaft gehört oder ein freies Weib tötet, werde er, dem es nacgewiesen wird, gerichtlich „Manngeld“ genannt – 24000 Pfennige, die mach 600 Schilinge, zu schulden verurteilt.

§ 8. Wenn einer aber einen römischen Mann, Tischgenossen des Königs, tötet, werde er 12000 Pfenninge, die machen 300 Schillinge, zu schulden verurteilt.

§ 9. Wenn aber ein römischer Mann, der Grundbesitzer und nicht Tischgenosse des Königs gewesen ist, getötet wird, werde, der ihn getötet zu haben erwiesen wird – gerichtlich „Welschenmanngeld“ genannt -, 4000 Pfennige, die machen 100 Schillinge, zu schulden verurteilt

§ 10. Wenn einer einen römischen Zinshörigen tötet, werde er, dem es nachgewiesen wird, – gerichtlich „Welschenmanngeld“ genannt -, 4000 Pfennige, die machen 100 Schillinge, zu schulden verurteilt."
Man beachte die unterschiedlichen Wertigkeiten der ethnischen und sozialen Gruppen. Das Wertgeld für freie Franken und anderen Germanen/Barbaren beträgt 8000 Silberpfennige, für einen gewöhnlichen römischen Grundbesitzer sind nur 4000 zu zahlen. Ist der Römer ein Tischgenosse des Königs, gehört also zum direkte Gefolge des Frankenkönigs, so hat er immerhin den Wert eines freien Franken erreicht, ist aber immer noch halb so viel wert wie ein Franke mit gleicher Nähe zum König.
Kurzum die Franken kannten durchaus noch "Römer" in ihrer direkten Umgebung, die für sie jedoch Bürger zweiter Klasse, besser Untertanen zweiter Klasse waren. Gewissermaßen rassistisches in dessen Zusammenhang ich auch die Eheverbote zwischen Goten und Romanen sehe.
Die Frage ist nur, wie lange es solch ein wertende Unterscheidung zwischen Romanen und Barbaren gab.
 
Dieter, das ist so nicht richtig.
Die Dreifelderwirtschaft ist zumindest im heutigen Frankreich und Südwestdeutschland seit dem frühen Mittelalter nachgewiesen.

Ganz im Gegenteil:

Die Dreifelderwirtschaft war die seit dem Mittelalter um etwa 1100 n. Chr. in Europa weit verbreitete Bewirtschaftungsform in der Landwirtschaft. Die Römer kannten schon die Zweifelderwirtschaft („Landwechsel“) und wandten diese auch nördlich der Alpen an. Im Hochmittelalter wurde dann, ausgehend von karolingischen Klöstern, nach der Einführung der neuen Gerätschaften des 11. Jahrhunderts flächendeckend das Dreifeldsystem eingeführt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Dreifelderwirtschaft

So oder ähnlich kannst du das in allen einschlägigen Publikationen nachlesen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ganz im Gegenteil:



Dreifelderwirtschaft ? Wikipedia

So oder ähnlich kannst du das in allen einschlägigen Publikationen nachlesen.


Nein.
Von der Website der Hochschule Rottenburg
Bis in das frühe Mittelalter bewirtschafteten die Bauern meist nur zwei Felder. Während ein Feld mit Getreide bestellt wurde, lag das andere Feld brach. Seit dem frühen Mittelalter entwickelte sich zunächst in Frankreich und in Südwestdeutschland die Dreifelderwirtschaft.
Beim Wendepflug und dem 5. Jahrhundert sind wir einig? Brauche ich keine Nachweise zu suchen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Das oberste Gebot ist hier glaube, du sollst Völkerwanderungszeit nicht mit frühem Mittelalter verwechseln!:motz:
Ich glaube, dass ist eine der Hauptursachen unserer Differenzen.
Das es in karolingischer oder ottonischer Zeit vieles anders war, ist ja richtig, hat aber mit der Völkerwanderung nicht mehr viel zu tun, höchstens mit den Spätfolgen.

.

Hast Du recht.

Solltest Du aber mit "du" mich meinen, hast Du unrecht.
Denn mir geht es darum:
Selbstzitat:
Ökonomisch technische Impulse aus der Neubewertung der Arbeit in der christlichen Spätantike und dem frühen Mittelalter
Dieter Hägermann in Prophyläen Technik Geschichte Band 1

Seite 324
".... Dieses Arbeitsethos bildete den wichtigsten Bestandteil eines religiös fundierten Wertekantons, dessen praktische Umsetzung - dies war völlig neu - zur Sache der geistig-kulturell führenden Schicht wurde, während in der vorausgegangenen Epoche Philosophen und Politiker lediglich ihre Mißachtung jedweder körperlichen Tätigkeit als mit der angestrebten -edlen- Muße nicht vereinbar, der Nachwelt als Klassenurteil schriftlich hinterlassen hatten. ...."
 
Zur Dreifelderwirtschaft beinhaltet doch mehr, als nur eine verdichtete Fruchtfolge, was in dem FH-Rottenburg-Link gut dargestellt wird.
Dazu gehört eine dörfliche Ordnung, die sich erst etablieren mußte. Bauern im Mittelalter - Google Bcher
Leider fehlen in dem Link die entscheidenden Seiten 59/60, auf denen es mit den südwestdeutschen Dörfern weitergeht.

Es wäre interessant, wie die Idee der Dreifelderfruchtfolge von den romanischen Ländern übernommen wurde. Zu höheren Ernteerträgen und einer stabilen dörflichen Struktur konnte es doch erst kommen, als sich die Machtverhältnisse und Gebietsansprüche nach der Völkerwanderung konsolidiert hatten.
Dass dabei der Übergang zum christlichen Glauben, der Einfluss der Klöster als Vorreiter und die ersten einfachen Kirchen als Mittelpunkt der Dörfer eine Rolle spielten, möchte ich nicht betreiten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nein.
Von der Website der Hochschule Rottenburg

Ich habe den Eindruck, dass du aus purem Opportunismus jede mehrfach hier mit Quellen belegte Aussage bestreitest und einen gewissen Sport daraus machst. Die Dreifelderwirtschaft setzte frühestens in der Zeit der Karolinger ein, d.h. im Übergang vom 8. zum 9. Jahrhundert. Das wäre dann an der Schwelle vom frühen zum hohen Mittelalter. Das ist ein Zeitraum, der mit der Spätantike und dem von uns betrachteten Zeitrahmen nichts mehr zu schaffen hat.

Hier eine weitere Quelle dazu:

Ebenso blieben die Mittelmeerländer bei den antiken Formen der Bebauung und Fruchtfolge stehen, wobei es sich um eine Zweifelderwirtschaft im Turnus von Anbau und Brache handelte. Im Norden dagegen setzte sich durchweg - abgesehen von Küsten- und Gebirgsgegenden, wo man sich mit Feldgraswirtschaft oder bloßer Weidewirtschaft begnügen musste - seit karolingischer Zeit die rationellere Dreifelderwirtschaft mit dem Rhythmus Wintersaat - Sommersaat - Brache durch.

(Prof. Dr. Theodor Schieffer, Die wirtschaftlich-soziale Grundstruktur des frühen Europa, in: Handbuch der europäischen Geschichte, Band 1, Stuttgart 1996, S. 132)
Beim Wendepflug und dem 5. Jahrhundert sind wir einig? Brauche ich keine Nachweise zu suchen?

Du brauchst keine "Nachweise" zu suchen, denn der verbreitete Einsatz des Räderpflugs mit eiserner Pflugschar und Streichbrett erfolgte erst im 9./10. Jh. Wenn du die Tiefen des Internets durchforschst, magst du vielleicht einen archäologischen Beleg aus früherer Zeit finden. Das ändert jedoch nichts daran, dass der allgemein übliche und flächendeckende Einsatz dieses Geräts erst in nachkarolingischer Zeit erfolgte. Bis dahin war der Hakenpflug im Einsatz.

Der Räderpflug aus Eisen löste im 10. Jahrhundert den Hakenpflug nach und nach ab. Der neue Pflug hatte vorn ein Rädergestell, dahinter saß das Pflugmesser, das den Boden senkrecht tief einschnitt und Streifen davon nach oben drückte und umdrehte. Durch die eiserne Pflugschar, die weit in die Erde eindrang, wurden ganze Schollen angehoben und durch das Streichbrett umgebrochen. So wurde der Acker gründlich durchgearbeitet und für die Aussaat stärker aufgelockert. Die im Boden befindlichen Nährstoffe gelangten leichter nach oben. Auch schwere Böden konnte man jetzt bearbeiten und Flächen besser nutzen, die man erst durch Rodung mühsam gewonnen hatte.

http://www.klett.de/sixcms/media.php/229/ab_pflug.pdf
 
Ich habe den Eindruck, dass du aus purem Opportunismus jede mehrfach hier mit Quellen belegte Aussage bestreitest und einen gewissen Sport daraus machst.


Womit habe ich das verdient?


Basis meiner Beiträge hier ist einmal die "Prophyläen Technik Geschichte"
Band 1 und zum anderen das Sonderheft "Die Völkerwanderung - Europa zwischen Antike und Mittelalter" der Reihe Archäologie in Deutschland vom Theiss Verlag. Außerdem noch der Große Ploetz, Ausgabe von 99

Da mir klar war und ist, dass ich da festgefügte Meinungen und "Wissen" von manchem etwas ankratzen werde, habe ich Seitenweise aus den genannten Werken zitiert, wenn ich eine Internetquelle verlinkt habe, geschah dies lediglich, weil ich nicht schon wieder ewig abtippen wollte, und der Link völlig konform ging mit meinen beiden Hauptquellen.

Meine Quelle zu Pflug und Dreifelderwirtschaft ist die "Technik Geschichte"
Kapitel "Übernahmen und Neuerungen im Agrarbereich" Pflug Seiten 380 bis 392 zur Dreifelderwirtschaft Seiten 392 bis 397.

Irgendwann zwischen Studium und Rente sollte man sich auch mit neuen Thesen auseinandersetzen.:cool:
 
Du brauchst keine "Nachweise" zu suchen, denn der verbreitete Einsatz des Räderpflugs mit eiserner Pflugschar und Streichbrett erfolgte erst im 9./10. Jh. Wenn du die Tiefen des Internets durchforschst, magst du vielleicht einen archäologischen Beleg aus früherer Zeit finden. Das ändert jedoch nichts daran, dass der allgemein übliche und flächendeckende Einsatz dieses Geräts erst in nachkarolingischer Zeit erfolgte. Bis dahin war der Hakenpflug im Einsatz.

Der Opportunist bringt Nachweise (trotz des gegenteiligen Wunsches:D)
aaO Seite 386
"Der schwere, zähe Boden bedurfte zur Bearbeitung eines entwickelteren Instrumentes. als es der Haken war. Der Pflug brach die Erde in rechteckigen Streifen um und bekämpfte gleichzeitig durch seine Arbeitstiefe den Gras- und Unkrautbewuchs. Das ließ sich bei den Ausgrabungen der Feddersen Wierde an der Nordseeküste nordöstlich von Bremerhaven im fossilen Gelände feststellen: Die Ackerbeete ...., die volle Wendung der Scholle in einer Höhe von 12 Zentimetern und einer Breite von 25 Zentimetern betrug 180 Grad und setzt den Einsatz eines Wendepflugs voraus. ... Ebenfalls vorhandene kleine Räder lassen auf einen Pflugkarren schließen."

Zur Erinnerung: die "Feddersen Wierde" wurde als Siedlung im 5. Jahrhundert aufgegeben. Vermutlich im Zug der Auswanderung nach England.
 
... aber Dreifelderwirtschaft ist vor allem Fruchtfolge.
Ja, sicher war der Wendepflug eine Voraussetzung für die Drei-Felder-Wirtschaft mehr aber auch nicht.
Zu beachten sind die wiedrigen Umstände in Feddersen Wierde. Es war eine Wurtensiedlung im Marschland, ständig vom Meer bedroht. Dass Land wurde teilweise überschwemmt und war für den Ackerbau nicht nutzbar. Das führte zu einem höheren Stellenwert der Viehzucht als im Inneren Germanien, da ja mehr Grünland zur Verfügung stand. Der Wendepflug, der die ganze Scholle wendete, ermöglichte es auch Mist unterzuackern.
Mist war reichlich vorhanden, Ackerland nicht
So erhöhten die Bauern von Feddersen Wierde die Produktivität ihres wenigen Ackerlandes. Eine Technik, die aus der Not geboren ist, als die Germanen an der Nordsee schlicht mit Scheiße arbeiteten. Aber in Sturmfluten wurde selbst das Ackerland überschwemmt, die Humusschicht wurde ausgewaschen oder schlimmer, die Flut nahm gleich den ganzen Acker mit und wo Land war, war plötzlich Meer.
Tja, und dieses Unland haben sie dann im 5. Jahrhundert verlassen. Warum wohl?
Die Auswanderung von Angeln und Sachsen aus dem Gebiet und zur gleichen Zeit ist bekannt. Wie die Technik nach Westen und Süden gelangt sein dürfte, liegt doch auf der Hand: Mit den Migranten!
Tja, die Grundlage für die Drei-Felder-Wirtschaft war dann schon mal da.
Interessant hierzu vielleicht noch Wikipedia: "Die Notwendigkeit eines effektiveren Ackerbaus führte bereits im Imperium Romanum, zur Zeit des Prinzipats, zur Entwicklung der Dreifelderwirtschaft. Diese wurde jedoch erst im 8. Jahrhundert wiederentdeckt."
Repos These wird hier teilweise bestätigt aber in der Kernaussage wiederlegt. Die spätantike Drei-Felder-Wirtschaft scheint im Niedergang der Spätantike ebenso wie der merkwürdige "gallische Mähdrescher" verschwunden.

Ansonsten ist die Sache mit dem Marschland als Ursprung der Völkerwanderung doch ein alter Hut. Schon der Zug der Kimbern und Teutonen soll ja durch eine das Ackerland verheerende Sturmflut ausgelöst worden sein. Etliche, gerade die wanderfreudigsten Stämme führen sich selbst auf Skandinavien zurück. Interessanterweise wurden in der Vergangenheit die Goten mit Gotland und die Burgunden mit Bornholm. Interessanter als die kaum zu leugnenden eytmologischen Argumente ist, dass es sich um Inseln handelt. Inseln haben das gleiche Problem wie der Küstenstreifen: Das Meer.
Von der Nordseeküste und den Inseln brachen sie auf. Ein weiteres Argument, das die "nordische" Herkunft der Stämme untermauert.:pfeif:
Die Stämme im Landesinneren, allen voran die Franken, wanderten nicht aus, zumindest nicht so weit und nicht so vollständig. Die Verbindung zu ihrem Ursprungsgebiet verloren sie nicht.
 
Hägermann nennt die Bevölkerungsverdopplung, möglich geworden durch immense Fortschritte in der Landwirtschaft, Dreifelderwirtschaft, Wendepflug, andere Getreidesorten durch die zB Brot überhaupt erst zur Volksnahrung wird.

Ich bin kein Agrarexperte, aber die Dreifelderwirtschaft ist doch kein Phänomen der Völkerwanderungszeit/des Frühmittelalters?
Meines Erachtens kam das viel später....
Auf jeden Fall kann mit einem bedeutenden Bevölkerungswachstum erst ab dem 8. Jahrhundert und dann ganz massiv im 11./12. Jahrhundert gerechnet werden.
 
Ashigaru Zitat:
Repo
Hägermann nennt die Bevölkerungsverdopplung, möglich geworden durch immense Fortschritte in der Landwirtschaft, Dreifelderwirtschaft, Wendepflug, andere Getreidesorten durch die zB Brot überhaupt erst zur Volksnahrung wird.

Ich bin kein Agrarexperte, aber die Dreifelderwirtschaft ist doch kein Phänomen der Völkerwanderungszeit/des Frühmittelalters?
Meines Erachtens kam das viel später....
Auf jeden Fall kann mit einem bedeutenden Bevölkerungswachstum erst ab dem 8. Jahrhundert und dann ganz massiv im 11./12. Jahrhundert gerechnet werden.

hat timotheus schon vor einiger Zeit etwas dazu geschrieben


Dann an der Stelle auch eine inhaltliche Anmerkung meinerseits...



Ihr habt beide Recht; es gab - vereinfacht (modelliert) ausgedrückt - sowohl zwischen 500 und 900 eine Verdopplung als auch zwischen 1000 und 1300.
Siehe dazu Slide 7 Europa um 1300: Modell der Bevölkerungsentwicklung in Europa 500-1500 in http://www.erato.fh-erfurt.de/so/ho...hre/Demografie/Demografieseitantikesitz04.ppt (Referenz: Prof. Ellen Widder, Universität Tübingen, Mittelalterliche Geschichte)
 
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