Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Wo das angesprochen wird, die Römer der Zeit doch eigentlich auch, oder?
Und Knochen auf einen Haufen und anstecken ist doch deutlich einfacher als ne Grube mit Kalkstein auskleiden?????
 
Während der gesamten Eisenzeit ist auch bei den Kelten ein ständiger Wechsel zwischen Brandbestattung und Körperbestattung zu verzeichnen, ohne dass die eine Bestattungsform jeweils die andere völlig ausschloss. Erst im 1. Jh. v. Chr. tritt der oben geschilderte merkwürdige Umgang mit den Toten auf.

Grundsätzlich ist der Forschungsstand über den Inhalt religiöser Kulte und Riten der Eisenzeit nach wie vor dünn.
Wir sollten also nicht meinen, die Kelten taten „immer dieses“ und die Germanen „immer jenes“, gerade in Bezug auf die Gefallenen einer Schlacht.
Schließlich haben wir erst zwei Schlachtfelder entdeckt, an denen Germanen mit Römern in Konflikt standen, so dass neue Erkenntnisse nicht auszuschließen sind.
 
Bei Tacitus (Germ. 6,6)
Lateinische Textstellen
steht über die Germanen: "Leichname ihrer Leute bringen sie auch in ungewissen Schlachten zurück"

Da die Germania ja als Spiegel gesehen wird, den Tacitus den Römern vorhält, heißt das für mich: "In ungewissen(unentschiedenen) Schlachten wurden die germanischen Toten mit nach Hause genommen, die Römer liessen sie liegen".

Also könnte der Totenbefund von Kalkriese zu Varus und Caecina passen.

Gruss
jchatt
 
Ich tue mich allerdings etwas schwer damit Tacitus für alle belange ernst zu nehmen. Hier muss man vllt etwas differenzieren... seine Landschaftsbeschreibungen Germaniens waren gelinde gesagt "ausgeschmückt", ebenso wie die Wegbeschreibung zum Ort der Varusschlacht (hierin resultieren ja die vielen Fehlversuche anhand antiker Quellen den Schlachtort zu lokalisieren). Ebenso dürfte er die Germanen (natürlich mit korrekten Angaben dazwischen), so beschrieben haben wie der "gemeine" römische Leser ihn sich vorstellen wollte,je nach Zeitgeist eben. Die Römer haben bis zur Spätantike ihre Wahrnehmung barbarischer Völker nicht sonderlich verändert (dies sieht man vor allem im Vergleich kaiserzeitlicher und oströmischer Spätantiker Kriegs- Schlachtbeschreibungen), obwohl man archäologisch durchaus eine Veränderung im Kriegswesen der Gegner Roms feststellen kann.

Also kann man aus diesen Angaben denke ich eher weniger auf allgemeine Bestattungsriten oder Handlungen im Bezug auf Gefallene schließen.
 
Bezüglich der Quellenkritik hast Du sicherlich recht.
Aber zum Aufweichen des Argumentes: "In Kalkriese ist die Varusschlacht zu sehen, da dort unbestattete Römer gefunden wurden" reicht es aus, da beide Thesen auf der selben Quelle(Tacitus) fußen.

Gruss
jchatt
 
@jchatt: ...heißt das für mich: "In ungewissen(unentschiedenen) Schlachten wurden die germanischen Toten mit nach Hause genommen, die Römer liessen sie liegen".
Eine sehr freizügige Interpretation, die völlig den üblichen Gepflogenheiten widerspricht. Selbst Caecina dürfte noch Gelegenheit gehabt haben, die meisten Gefallenen zu bergen und irgendwo pietätvoll "zu entsorgen".
 
Eine sehr freizügige Interpretation, die völlig den üblichen Gepflogenheiten widerspricht. Selbst Caecina dürfte noch Gelegenheit gehabt haben, die meisten Gefallenen zu bergen und irgendwo pietätvoll "zu entsorgen".

Nach den dramatischen Ausführungen über die Caecinaschlacht von Tacitus kann man das aber auch anders sehen. Bis zum Ausfall aus dem Lager waren die Römer durchweg in der Defensive. Das die hungernden Legionen danach das kilometerlange Schlachtfeld zurückgelaufen sind um ihre toten Kameraden zu bestatten, kommt mir doch sehr unwahrscheinlich vor.

Meine Interpretation der obigen Textstelle geht dahin, daß Bestattungen nur im Falle eines Sieges übliche Praxis gewesen sein könnten. Also auch nicht, wenn ausreichend Zeit dazu bestanden hätte.
Anders ausgedrückt, daß alles einem erfolgreichen Abschluß untergeordnet wurde und die Legionen nicht für "Sentimentalitäten" unnütz in Gefahr gebracht wurden.
Dann wären nachträgliche Bestattungen in "Germanien" eher die Regel gewesen...

Gibt es zu dieser Frage eigentlich andere Quellen über das generelle Vorgehen der Römer ?
Die Bestattung der Varuslegionen war ja auch umstritten, möglicherweise auch weil man sich über die Schuldfrage nicht einig war ?

Gruss
jchatt
 
Hm, die hier zitierten Textstellen und ihre Glaubwürdigkeit:
Einem Geschichtenschreiber, der 200 ! Jahre nach einem Ereignis über dieses berichtet, mehr zu glauben, als einem der ~80 Jahre später berichtet???
Beide , cassius dio und tacitus schrieben ja nicht auf, was sie wussten, und nur das, sondern wollten etwas erreichen !
Wenn Tacitus schreibt, das die Germanen ihre Toten in beinahe jedem Fall bargen, naja, mag ja sein, das sie zu diesem Zweck, wenn möglich , später den Ort aufsuchten und ihre Toten bestatteten. Machen sie ja heute noch, Kriegsgräberfürsorge bei den Deutschen, auch die anderen holen ihre Toten nach Hause.
Er wollte seinen Landsleuten eben"die edlen Wilden" vor Augen führen.

Ich erlaube mir, beide eher bei Karl May anzusiedeln, als bei Gerstäcker
 
Hm, die hier zitierten Textstellen und ihre Glaubwürdigkeit:
Einem Geschichtenschreiber, der 200 ! Jahre nach einem Ereignis über dieses berichtet, mehr zu glauben, als einem der ~80 Jahre später berichtet???
Beide , cassius dio und tacitus schrieben ja nicht auf, was sie wussten, und nur das, sondern wollten etwas erreichen !
Wenn Tacitus schreibt, das die Germanen ihre Toten in beinahe jedem Fall bargen, naja, mag ja sein, das sie zu diesem Zweck, wenn möglich , später den Ort aufsuchten und ihre Toten bestatteten. Machen sie ja heute noch, Kriegsgräberfürsorge bei den Deutschen, auch die anderen holen ihre Toten nach Hause.
Er wollte seinen Landsleuten eben"die edlen Wilden" vor Augen führen.

Ich erlaube mir, beide eher bei Karl May anzusiedeln, als bei Gerstäcker

Aber ganz aus der Luft gegriffen kann die Sache ja nicht sein.
Wir haben in Kalkriese immerhin den archäologischen Befund einer nachträglichen, evtl. römischen Bestattung.

Zum pietätvollen Umgang der Römer mit ihren Toten, fallen mir noch spontan die offenen Leichengruben in Rom ein. Die waren zu diesem Zeitpukt auch noch nicht lange geschlossen.

Gruss
jchatt
 
Ich möchte mich hier nicht auf die „Wo war die Varusschlacht-Diskussion“ einlassen.
In meinem Beitrag # 2516 wollte ich lediglich darauf hinweisen, dass es im süddeutschen Raum archäologische Befunde von mehrstufigen Bestattungsritualen gibt (zunächst Verwesung an der Oberfläche, anschließend Zerlegung der Skelette und Beisetzung in flachen Erdgruben) , die sich mit jenen Befunden aus Kalkriese auffallend decken. Ich kann nur schwer annehmen, dass es sich um einen bloßen Zufall handelt.

In den Sinn kommt mir hierbei der Standpunkt von Sebastian Möllers, der für den nordwestdeutschen Raum eine scharfe Trennlinie zwischen Kelten und Germanen vermeidet. Seit langem ist der rege Austausch zwischen den verschiedenen Volksgruppen der Eisenzeit bekannt. Nicht nur Güter, sondern auch Ideen wurden transferiert – so verbreiteten sich neben Technologien z.B. verschiedene Trachtmoden und auch religiöse Vorstellungen. Vor diesem Hintergrund ist es denkbar, dass der, nach heutigem Verständnis makabre Umgang mit den Toten der ab dem 1. Jh. v.Chr. bei den Kelten nachgewiesen ist, auch im nordwestdeutschen Raum stattfand.
 
In meinem Beitrag # 2516 wollte ich lediglich darauf hinweisen, dass es im süddeutschen Raum archäologische Befunde von mehrstufigen Bestattungsritualen gibt (zunächst Verwesung an der Oberfläche, anschließend Zerlegung der Skelette und Beisetzung in flachen Erdgruben) , die sich mit jenen Befunden aus Kalkriese auffallend decken. Ich kann nur schwer annehmen, dass es sich um einen bloßen Zufall handelt.

Der letzte Satz ist vermutlich rein spekulativ gemeint. Der umgekehrte Schluss wäre genauso spekulativ: pietätvolle Bestattung von aufgefundenen Knochen, zB von ausgelöschten Besiedlungen.

Grundsätzlich ist der Forschungsstand über den Inhalt religiöser Kulte und Riten der Eisenzeit nach wie vor dünn.
 
In den Sinn kommt mir hierbei der Standpunkt von Sebastian Möllers, der für den nordwestdeutschen Raum eine scharfe Trennlinie zwischen Kelten und Germanen vermeidet. Seit langem ist der rege Austausch zwischen den verschiedenen Volksgruppen der Eisenzeit bekannt. Nicht nur Güter, sondern auch Ideen wurden transferiert – so verbreiteten sich neben Technologien z.B. verschiedene Trachtmoden und auch religiöse Vorstellungen. Vor diesem Hintergrund ist es denkbar, dass der, nach heutigem Verständnis makabre Umgang mit den Toten der ab dem 1. Jh. v.Chr. bei den Kelten nachgewiesen ist, auch im nordwestdeutschen Raum stattfand.
Mag es auch nicht direkt zum Fadenthema gehören:
kannst Du das bitte noch ein wenig genauer ausführen? Ich weiß nur, dass es bei den Kelten (auch vor dem 1. Jh. v. Chr.) einen makabren Schädelkult gab; in der Alemannia hat man Schädel gefunden, die ebenfalls makabre Spuren aufwiesen - das ist, was mir ad hoc einfällt. Welche Parallelen bei Bestattungsriten/sitten gab es denn?
 
@dekumatland

Ich meine die Schilderungen, die ich in Beitrag # 2516 beschrieben habe. Das Verwesen von Leichen an der Oberfläche und das anschließende Zerlegen und Verscharren in Gruben. Auch bei den Keltiberern gab es übrigens die Sitte, die Gestorbenen zunächst dem Vogelfraß auszusetzen. Bei den Germanen ist dieser Ritus, außer vielleicht in Kalkriese, meines Wissens noch nicht nachgewiesen.


Es ist mir nur wichtig, dass die Aussage "Hier lagen Leichen längere Zeit an der Oberfläche, bevor sie bestattet wurden, folglich ist es das Varusschlachtfeld" schlichtweg unbedacht ist.
 
Ich meine die Schilderungen, die ich in Beitrag # 2516 beschrieben habe. Das Verwesen von Leichen an der Oberfläche und das anschließende Zerlegen und Verscharren in Gruben. Auch bei den Keltiberern gab es übrigens die Sitte, die Gestorbenen zunächst dem Vogelfraß auszusetzen. Bei den Germanen ist dieser Ritus, außer vielleicht in Kalkriese, meines Wissens noch nicht nachgewiesen.
alles klar.

Es ist mir nur wichtig, dass die Aussage "Hier lagen Leichen längere Zeit an der Oberfläche, bevor sie bestattet wurden, folglich ist es das Varusschlachtfeld" schlichtweg unbedacht ist.
das ist nachvollziehbar: die Schlußfolgerung ist verfrüht.
 
Ich möchte mich hier nicht auf die „Wo war die Varusschlacht-Diskussion“ einlassen.
In meinem Beitrag # 2516 wollte ich lediglich darauf hinweisen, dass es im süddeutschen Raum archäologische Befunde von mehrstufigen Bestattungsritualen gibt (zunächst Verwesung an der Oberfläche, anschließend Zerlegung der Skelette und Beisetzung in flachen Erdgruben) , die sich mit jenen Befunden aus Kalkriese auffallend decken. Ich kann nur schwer annehmen, dass es sich um einen bloßen Zufall handelt.

In den Sinn kommt mir hierbei der Standpunkt von Sebastian Möllers, der für den nordwestdeutschen Raum eine scharfe Trennlinie zwischen Kelten und Germanen vermeidet. Seit langem ist der rege Austausch zwischen den verschiedenen Volksgruppen der Eisenzeit bekannt. Nicht nur Güter, sondern auch Ideen wurden transferiert – so verbreiteten sich neben Technologien z.B. verschiedene Trachtmoden und auch religiöse Vorstellungen. Vor diesem Hintergrund ist es denkbar, dass der, nach heutigem Verständnis makabre Umgang mit den Toten der ab dem 1. Jh. v.Chr. bei den Kelten nachgewiesen ist, auch im nordwestdeutschen Raum stattfand.

Nun, denkbar wäre es natürlich, dass die Kalkriese-Knochengruben so zustande kamen. Aber dazu muss man eine Reihe von Prämissen akzeptieren, die keineswegs sicher sind. Zum Beispiel ist es nur eine Theorie, dass es sich bei dem "makaberen Umgang" der Kelten mit Toten um einen Bestattungsritus handelte. Das ist nur eine Theorie, mit der man Eigentümlichkeiten in archäologischen Befunden möglicherweise deuten kann. Die Kelten haben ja durchaus nicht alle Toten so behandelt. Nimmt man zum Beispiel den Glauberg: Da sind "normale" Gräber neben solchen merkwürdigen Knochengruben mit den Überresten zahlreicher Personen gefunden worden.

Der Befund von Kalkriese passt auch nicht wirklich zu dieser Theorie. Die Kelten haben die Toten, die so behandelt wurden, nicht jahrelang offen liegen gelassen. Sie haben offenbar nicht gewartet, bis der Knochenverbund sich völlig aufgelöst hatte. Die Kelten-Theorie erklärt auch nicht, warum Maultierknochen mit in die Gruben kamen. Die Kalkriese-Knochengruben haben für mich keine Ähnlichkeit mit den merkwürdigen keltischen "Massengräbern".

MfG
 
Die Kelten haben ja durchaus nicht alle Toten so behandelt. Nimmt man zum Beispiel den Glauberg: Da sind "normale" Gräber neben solchen merkwürdigen Knochengruben mit den Überresten zahlreicher Personen gefunden worden.
Ich habe nicht über den späthallstatt- frühlatènezeitlichen Glauberg geschrieben. Ich berichtete von einem Totenkult, der ab dem 2. und 1. Jh.v.Chr. zu beobachten ist.

Die Kelten haben die Toten, die so behandelt wurden, nicht jahrelang offen liegen gelassen. Sie haben offenbar nicht gewartet, bis der Knochenverbund sich völlig aufgelöst hatte. Die Kelten-Theorie erklärt auch nicht, warum Maultierknochen mit in die Gruben kamen. Die Kalkriese-Knochengruben haben für mich keine Ähnlichkeit mit den merkwürdigen keltischen "Massengräbern".

Ich befürchte, Du nimmst immer noch Bezug auf den Glauberg.
Ich verweise noch einmal auf die Aussagen von Ade und Willmy (Beitrag #2516):

"Während des 2. und 1. Jahrhunderts vor Christus erfassen wir einen völlig anderen Umgang mit den Toten, der sich uns nur schwer erschließt:
mehrstufige Bestattungsrituale.
Immer wieder gefundene Skelettteile in Siedlungsgruben wurden anfangs mit Resten von Feinden oder Menschenopfern in Verbindung gebracht.
Sorgfältige Untersuchungen legten jedoch nahe, dass hier komplizierte Bestattungsriten unternommen wurden, die uns heute makaber erscheinen.“


Auch hier nahm man also zunächst an, dass getötete Feinde verscharrt wurden. Erst nach genauerer Untersuchung kam man zu einem anderen Schluss.




„In Manching fanden sich weit verteilt in Gruben 5000 Menschenknochen, hauptsächlich Langknochen und Schädel mit Zertrümmerungs- und Schnittspuren von ca. 400 Menschen, darunter viele junge Männer.
Offenbar ließ man die Leichen außerhalb der Siedlung verwesen und unterzog sie dann einer besonderen Prozedur.“


Es fand also eine, offenbar gewollte, oberirdische Verwesung der Leichenteile statt, die u.U. Teil eines komplexen religiösen Ritus war.



„In Basel-Gasfabrik ergab sich ein ähnliches Bild. In 150 Gruben fanden sich Knochen von mehreren Personen, hauptsächlich Schädel, Ober- und Unterschenkel, sowie Oberarme. Sie waren abgetrennt worden, nachdem der Tote verwest war.
Tierverbiss zeigt an, dass man die Toten, vielleicht zur Schau gestellt, oberirdisch verwesen ließ, und sie dann nachträglich und nicht unbedingt in einem Stück begrub.
Unter den 80 Toten sind doppelt soviel Männer wie Frauen.“


Das gleiche Bild hier: Verwesung und Tierverbiss, Verscharrung in Gruben.


„Ähnliche Funde aus anderen spätkeltischen Stätten zeigen, dass es sich um vielschichtige Bestattungsriten handelte, die wir in ihrer Komplexität nicht mehr erfassen können. Der Totenkult muss eine bedeutende Rolle gespielt haben und entsprechend vielschichtig waren die rituellen Handlungen."

Es ist schon interessant, dass diese Befunde und jener aus Kalkriese, obwohl sie große Ähnlichkeit aufweisen, vollkommen verschieden gedeutet werden.

Festzuhalten bleibt, dass der Befund von Kalkriese (oberirdische Verwesung, Schnittspuren und Tierverbiss an Knochen, anschließendes Verscharren in flachen Gruben) keineswegs einzigartig ist, sondern im Bereich spätlatènezeitlicher Siedlungen häufiger vorkommt.
 
Ich finde das wirklich sehr interessant. Zumal die Gegend um Kalkriese auch germanische Siedlungsspuren aufweist. Genau dies soll ja auch in den kommenden Jahren näher untersucht werden.

Festzuhalten bleibt allerdings auch das dort Kämpfe stattgefunden haben. Außerdem die vielen römischen Funde. Eigentlich liegt es nahe, daß die Knochengruben mit dem Kampfgeschehen zu tun haben. Eigentlich...:grübel:
 
@Don Q.: Es ist schon interessant, dass diese Befunde und jener aus Kalkriese, obwohl sie große Ähnlichkeit aufweisen, vollkommen verschieden gedeutet werden.

Festzuhalten bleibt, dass der Befund von Kalkriese (oberirdische Verwesung, Schnittspuren und Tierverbiss an Knochen, anschließendes Verscharren in flachen Gruben) keineswegs einzigartig ist, sondern im Bereich spätlatènezeitlicher Siedlungen häufiger vorkommt.
Es sind ja nicht nur die Gruben. Nun mal "Butter bei die Fische". Auf was willst du eigentlich hinaus? Doch wohl, um Kalkriese als Varusfeld in Zweifel zu ziehen. Ich gebe zu, vor einigen Jahren habe ich die auch noch gehabt und dies hier im GF auch gepostet. Inzwischen, dass muss ich zugeben, habe ich mich von den Argumenten pro Kalkriese weitgehend überzeugen lassen. Man muss einen Standpunkt auch mal revidieren können, gerade als Wissenschaftler, ohne gleich als "Umfaller" zu gelten. Sonst wäre die Erde immer noch eine Scheibe...
 
@balticbirdy


Wie ich bereits geschrieben habe, kann ich mich an der „Wo war die Varusschlacht-Diskussion“ nicht beteiligen. Ehrlich gesagt ist es mir auch vollkommen egal. Ich bin sowieso der Meinung, das Ereignis wird in seiner Bedeutung überbewertet. Die Schlachten, die tatsächlich über die Zukunft Germaniens entschieden, wurden während der Germanicus-Feldzüge 14-16 n.Chr. ausgetragen. Aber das ist ein anderes Thema.

Zu Kalkriese:
Nach den ersten Besuchen im Archäologischen Museum und Park Kalkriese und dem Hören dortiger Vorträge von Prof. Schlüter, später Dr. Wilbers-Rost, Dr. Rost sowie Dr. (jetzt Prof.) Moosbauer war ich ebenfalls überzeugt, dort hätte die Varusschlacht stattgefunden. Mittlerweile kann ich mich dieser Haltung nicht mehr anschließen. Dennoch habe ich Respekt vor der Arbeit, mit der die dortigen Archäologen, Grabungstechniker und Historiker am Werke sind.


Der Befund der Knochengruben war für mich lange Zeit ein wichtiges Indiz für die Varusschlacht bei Kalkriese. An der Oberfläche verweste Leichen und in Gruben verscharrte Knochen entsprechen zwar ganz und gar nicht den Schilderungen des Tacitus nach einem Tumulus, jedoch verweisen sie, mit etwas Interpretationsspielraum, auf eine nachträgliche Bestattung.

Bisher hielt ich diesen Befund für einmalig und deshalb für besonders signifikant, bis ich vor einigen Tagen auf den Beitrag von Dorothee Ade und Andreas Willmy stieß, in dem die seltsamen keltischen Bestattungsriten beschrieben werden, die dem Befund aus Kalkriese frappierend ähneln. Ich muss eingestehen, diese keltischen religiösen Sitten waren mir bisher unbekannt.

Wie auch immer, das Argument, eine nachträgliche Verscharrung bereits skelettierter Knochen in flachen Gruben verweise eindeutig auf die Bestattungshandlungen durch Germanicus (und damit auf die Varusschlacht), ist schlichtweg nicht haltbar.
Es ist nicht auszuschließen, aber eher unwahrscheinlich.
 
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