Nein maelo,
es ist von einem "locum flumine et silvis clausum" die Rede, also wörtlich von einem Strom. Ich bin gar nicht grundsätzlich abgeneigt, den Strom zum Fluss zu relativieren, aber der "locum [...] clausum" verrät uns, dass das nicht funktioniert. Es ist ein durch Strom und Wälder abgeschlossener Ort am Angrivarierwall, dazu kann die Hunte in ihrem Oberlauf kaum dienen, denn die Hunte ist kein Hindernis. Die Geländebeschreibung trifft eben nicht auf Kalkriese zu. Auch kann das Dümmer Moor wohl kaum als "schmal" bezeichnet werden.
Dann noch zum Wall: Ich weiß nicht, wie oft ich es schon schreiben musste, aber noch einmal speziell an dich adressiert: Der Kalkrieser Wall ist ein 400 Meter langer schnell aufgeworfener und nach dem Akutereignis nie wieder benutzter Wall. Ein Grenzwall, wie der zwischen Angrivariern und Cheruskern hätte
- nicht zwischen Hang und Sumpf gelegen, die Landmarke genug gewesen wären
- an einem Weg keine Funktion gehabt
- wäre, wenn er diese Bedeutung gehabt hätte nach der Schlacht wieder instand gesetzt worden, da seine Funktion nach wie vor bestand.
- er hätte keine Tore gehabt, da diese überflüssig gewesen wären, denn er wäre kein fortifikatorisches Bauwerk gewesen.
Dein Einwand dagegen:
Was deinem Einwand fehlt, ist der taktische Sinn eines Walls, der die gemeinsam auf einer Seite Kämpfenden voneinander trennt. Eine solche Lesart ergibt einfach keinen Sinn. Wieso sollten diese einen Wall zwischen sich errichten? Damit die Römer wissen, ob sie gerade einen Angrivarier oder einen Cherusker erschlagen oder von einem Angrivarier oder Cherusker erschlagen werden?
Hier beschreibst du die heutige Topographie Kalkrieses, nicht aber die damalige, das Moor reichte bis direkt an das Schlachtfeld heran, nördlich davon gab es keinen Wald und auch kein Schlachtfeld für die Reiterei.
Hinter dem Wall gibt es praktisch keine römischen Funde. Wenn die Römer diesen erfolgreich erstürmt hätten, sollte aber genau das zu erwarten gewesen sein. Aber nein, das Fundaufkommen ist auf der Nordseite des Walls.
Diese Behauptung widerspricht diametral dem archäologischen Befund! Der Wall endet nach je 400 Metern an Bachbetten. Ein Verteidigungsbauwerk sollte aber rundum geschlossen sein, damit es nicht zu umgehen ist. Genau das ist hier aber nicht der Fall. Stattdessen gibt es auf den 400 Metern Ausfalltore. Der Boden vor dem Wall war abgestochen. Das wirkt als Annäherungshindernis ("Rutschbahn") nur so lange, bis wieder Gras darüber gewachsen ist. Auch hier wieder ein deutliches Zeichen für den akuten Grund der Errichtung des Walls.
Ungelöst bleiben weiter die Knochengruben und die Münzbefunde mit dem tpq 2 n.Chr. Prägedatum und dem tpq 7 - 9 n.Chr. mit dem Gegenstempel VAR.
Das ist angesichts dessen, dass wir keine verlässliche Beschreibung der Varusschlacht haben (die einzige Beschreibung der Schlacht finden wir bei Cassius Dio, 200 Jahre danach, wie dir bekannt ist) und auch nicht wissen ob und welche Germanen mit den Varuslegionen untergegangen sind (es ist von drei Alen die Rede), eine äußerst mutige Interpretation.