Die schriftlichen Quellen widersprechen damit nicht dem Szenenbild von Kalkriese in diesem Punkt.
Die schriftlichen Quellen sind überhaupt sehr schwierig. Die vier wichtigsten sprechen zwar von Wäldern und Sümpfen, Tacitus und Cassius Dio auch von Bergen, bei Cassius ist auch von Schluchten die Rede - und er ist derjenige der von Regen und Sturm spricht, wobei der Sturm nur die Römer affektiert (herabstürzende Baumkronen), während die Germanen quasi einen Waldspaziergang machen, um die schon gegen das Wetter kämpfenden Römer noch zusätzlich zu piesacken.
Tacitus beschreibt ja die Schlacht selber nicht, sondern die Besichtigung des Schlachtortes durch Germanicus. Die Schlacht bei den
pontes longi, die er beschreibt, setzt er aber mit der Varusschlacht in eine Beziehung, indem er a) dieselbe Topographie beschreibt (was allerdings auch einfach daran liegen kann, dass die Topographie eben aus Wäldern und Sümpfen bestand) und b) mehrfach durch die Protagonisten der Schlacht bei den
pontes longi Bezüge zur Varusschlacht herstellt, etwa wenn Caecina der Varus im Traum erscheint oder Arminius seinen Leuten zuruft, dass die Legionen des Caecina doch das gleiche Bild abgäben, wie sechs jahre zuvor die des Varus. Er ruft ihnen nicht zu: "Seht, Caecina", sondern "seht, Varus und die an dasselbe Schicksal gebundenen Legionen".
Hätten wir die Schalchtbeschreibung zu den
pontes longi nicht und die darin enthaltenen Parallelen zur Varusschlacht, so müssten wir Tacitus' Text gar als Nachweis für die Lagerschlachttheorie lesen, die wir Florus entnehmen könnten, der ja explizit von einem Überfall auf ein Lager berichtet - allerdings wissen wir bei Florus, der sich ja nach eigenem Bekunden an Titus Livius epitomisiert - dass dieser in der Darstellung eher unzuverlässig ist, den von Titus Livius vorgegebenen Stoff teilweise bis zur Unkenntlichkeit verändert. Leider sind die entsprechenden Stellen bei Titus Livius nur in den Epitomen des Florus erhalten.
Der Lagerschlachttheorie zufolge hätten dann die Römer unter Varus einen Teil des Lagers erneut befestigt, also ein Lager innerhalb des Lagers gebaut, da Tacitus von zwei Lagern in einem Satz berichtet:
prima Vari castra, also das erste Lager des Varus, zeigte die Abmessungen, die einer Heeresgröße von drei Legionen entsprachen, und am halbeingefallenen Wall (
semiruto vallo) und dem niedrigen Graben (
humili fossa) die schon zusammengeschmolzenen Reste (
accisae iam reliquiae), die dort gelagert hatten.
Bedauerlicherweise hat Velleius Paterculus nie das Werk über die Germanenkriege geschrieben, welches er in seiner
Römischen Geschichte verspricht und Tacitus' Quellen Aufidius Bassus und das Werk über die Germanenkriege des älteren Plinius sind nicht auf uns gekommen.