Ludwig II. von Bayern

Zur Uhr:
Folgt man dem Teilnehmer des Dramas des 13. Juni, dem Irrenarzt F.C. Müller so ging der Gudden mit dem Ludwig am Abend 6:25 los.
Die Uhr des Ludwig war 6:54 stehen geblieben, die des Gudden (dessen Assistent er ist) um 8 Uhr.
"Guddens Uhr war um 8 Uhr stehen geblieben, doch zog dieser seine Uhr nur selten auf."
 
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Bismarcks Alkohol- und Drogenkonsum wird man mindestens als schwer bedenklich bezeichnen müssen, Bismarck war aber auch ein Arbeitstier, das ein enormes Arbeitspensum bewältigen konnte, und so tief er auch am Vorabend versumpft war, er stand morgens wieder topfit und auf der Matte.
Richtig, Tatsache ist aber, dass Bismarcks persönliche Laster in den politischen Kreisen natürlich bekannt und später zum Teil auch offensichtlich waren.
Bismarck war ein Arbeitstier, das trotz dieser Dinge ein enormes Leistungspensum schaffte, aber es ist auch zutreffend, dass es Zeiten gab, in denen er über Wochen oder Monate nicht selbst in der Öffentlichkeit auftrat und sich in Varzin oder später Friedrichsruh mindestens vor der Öffentlicheit mehr oder weniger verschanzte.

Das einfach nur als Beispiel dahingehend (und Bismarck ist ja mehr oder weniger zeitgleich), dass ein paar private Problemchen, was das Verhalten im Genussmittelkonsum angeht und die Abstinez von der Öffentlichkeit (Ludwig II.) alleine nicht unbedingt als K.o.-Kriterien für einen politischen Amtsträger hinreichten.
Deswegen allein und wegen privaten kustaffinen Spleens, würde man ihn kaum abgesetzt haben.

- Die offensiven homoerotischen Neigungen, die du genannt hast, waren ein Problem

- Die finannziellen Belange waren auch ein Problem, aber in anderer Hinsicht, als @Dion das meint: Denn die von Ludwig immer wieder angeforderten Mittel überstiegen regelmäßig die ihm zustehenden Mittel aus der Zivilliste und die darüber hinaus verfügbaren Posten, des Regierungsbudgets, die sich noch anderswo zusammenkratzen ließen.
Das bedeutet aber Gegensatz zu dem, was @Dion schreibt, nicht drohenden Staatsbankrott, sondern lediglich, dass es aus dem laufenden Haushalt nicht zu finanzieren war und dass die Regierung entsprechend das Parlament um Aufstockung des Haushalts, bzw. Bewilligung zusätzlicher Mittel hätte bitten müssen.

Das hätte der Landtag sicherlich erwogen, wenn man ihm in Sachen Verfassung entgegengekommen und dem Landtag mehr Einfluss bei der Ernennung der Minister und Regierungen eingeräumt hätte.
So einen kompromiss konnten aber natürlich die vom König ernannten minister, die nicht unbedingt auch eine hinreichende politische Basis hatten nicht wollen. und die restliche Wittelsbach-Dynastie hätte das wahrscheinlich auch nicht besonders gut gefunden.
Außerdem wäre wie gesagt in wirtschaftlich insgesamt eher von Stagnation bestimmten Zeiten nicht populär gewesen.

Insofern seß die Regierung in dieser Frage zwischen zwei Stühlen, einerseits den Wünschen des Regenten, der sie ernannt hatte nicht nachkommen zu wollen, weil sie sich, wenn das zu einer Verfassungsänderung geführt hätte, damit möglicherweise selbst gefeuert hätten, andererseits diesen auch nicht umstimmen zu können.
Darin wird man eine Motivation sehen können Ludwig II. abzusetzen um ihn als Regenten los zu sein, aber eigentlich nicht dafür ihn durch Entmündigung persönlich treffen zu wollen oder gar umzubringen.


- Die nichtvorhandene Ansprechbarkeit, die natürlich die Staatsgeschäfte stören musste, möglicherweise die geäußerten Selbstmordgedanken werden da schon eher den Ausschlag gegeben haben.
 
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Der Ludwig wird den Gudden nicht versehentlich erwürgt haben. Oder doch? Weil er halt irre ist?
"dumm gelaufen" ist es für den Gudden in jedem Fall. :D
Vielleicht hast du ja Recht, und Ludwig hat von Gudden mit Vorsatz ermordet.
Aber es gibt ja nun keine Zeugen, wir wissen es nicht. Ich halte es für vorstellbar, dass Gudden versuchte, Ludwig vom Selbstmord abzuhalten und dieser sich nicht anders zu helfen wusste, als den renitenten Gudden so lange unter Wasser zu drücken, bis dieser nicht mehr in der Lage war, ihn am Selbsmord zu hindern. Nicht das wir uns missverstehen: ich halte das für eine mögliche Deutung des Hergangs, nicht für der Weisheit letzter Schluss. Dann wäre es aber kein Mord, weil der Vorsatz fehlte. Du hingegen siehst ja hier eher Vorsatz bei Ludwig und ich kann deine Haltung darin durchaus als plausible Möglichkeit nachvollziehen. Eben als eine mögliche Deutung.
 
Vielleicht hast du ja Recht, und Ludwig hat von Gudden mit Vorsatz ermordet.
Aber es gibt ja nun keine Zeugen, wir wissen es nicht. Ich halte es für vorstellbar, dass Gudden versuchte, Ludwig vom Selbstmord abzuhalten und dieser sich nicht anders zu helfen wusste, als den renitenten Gudden so lange unter Wasser zu drücken, bis dieser nicht mehr in der Lage war, ihn am Selbsmord zu hindern.
Mei, wir waren ja nicht dabei.
Denkbar wäre das schon wie Du sagst: der Ludwig ist zum Selbstmord entschlossen. Um diesen vollenden zu können muss der Doktor beseitigt werden.
Denn würde der laut Alarm schlagen, es eilten Retter herbei, die ihn wieder aus dem Wasser ziehen.
Der denkbar tief gefallene Narzisst Ludwig wäre noch des kümmerlichen letzten Restes seiner Würde beraubt.
Er hätte nicht einmal mehr Freiheit seiner eigenen Existenz ein Ende zu setzen.
Und so kann Ludwigs Plan des Selbstmordes nur mit der raschen und entschlossenen Tötung des geblendeten Gudden gelingen.

Der König ist ja schlau und sehr kreativ und fantasiereich.
Und er ist ein gefährlicher Mann der seine Diener misshandelt und demütigt.
Er lässt Reitersoldaten, die Chevauxlegers, an den Königlichen Hof abkommandieren um sie sexuell zu missbrauchen. Wer sich dem nicht fügt wird entlassen.
Und ständig neue Missbrauchsopfer will der unersättliche König haben.
Wer so rücksichtslos agiert wird keine Hemmung, jedoch hohen Antrieb, haben den Menschen, der ihm die größte Demütigung zufügte, mit ins Grab zu nehmen sofern es möglich.
 
Nebenbei:
Und er ist ein gefährlicher Mann der seine Diener misshandelt und demütigt.
Er lässt Reitersoldaten, die Chevauxlegers, an den Königlichen Hof abkommandieren um sie sexuell zu missbrauchen. Wer sich dem nicht fügt wird entlassen.
Wären Ludwigs mutmaßliche Taten nicht ein wesentlich plausibleres hypothetisches Mordmotiv? Denn des Kinis Schulden waren, wie @Shinigami gezeigt hat, für die bayerische Regierung nicht das Ende der Welt; sie ließen sich sogar politisch urbar machen.

Doch ein Päderast an der Spitze des Staates, der getreue Soldaten wie Strichjungen behandelt?

In einem Europa nach dem Jahr 1848 scheint mir dies eine brandgefährliche Kombination zu sein, die selbst überzeugte Monarchisten möglicherweise zum Undenkbaren hätte verleiten können (aus ihrer Sicht hätte die Krone vielleicht vor ihrem momentanen Träger geschützt werden müssen).
 
@Scorpio: kurze Frage: warum schreibst Du in Deinem Text "Dr. Gubben"?

Nachdem ich bei von Eulenburg weiter gelesen habe, ist für mich Selbstmord und Mord vom "Mitwisser" von Gudden sehr wahrscheinlich.
(habe gerade festgestellt: Libertas Schulze-Boysen ist eine Enkeltochter von Eulenburg)
 
Der von @hatl erwähnte Dr. Müller beschreibt eindrücklich, wie Ludwig "durch die Blume" immer wieder versuchte zu erkunden, ob ihn jemand vergiften will.
Kann man gleichzeitig Angst davor haben, getötet zu werden und Selbstmordgedanken hegen?
Da der Arzt offenbar keinen Widerspruch sah, muss ich annehmen, dass ein solches Verhalten in seinem Zustand möglich ist.
 
Doch ein Päderast an der Spitze des Staates, der getreue Soldaten wie Strichjungen behandelt?
Das ist ein springender Punkt.
Denn die Missbrauchten kehren ja auch zurück in ihre Dörfer und Städte und so werden die sexuellen Übergriffe des Ludwig immer mehr publik.
In den Wirtshäuser werden zunehmend Gespräche darüber geführt.
Das ist wahrscheinlich gefährlicher für die bayerische Monarchie als die Verschuldung.
Diese betrifft so wie ich es verstehe vor allem das Familienvermögen der Wittelsbacher welche genug Besitz haben um nicht darüber pleite zu gehen. Doch hat auch da der Spaß ein Loch.

"Für den Initiator des Absetzungsverfahrens, Prinz Luitpold, dürfte die Abordnung von Soldaten zu königlichen Missbrauch neben den erfahrenen Kränkungen und Erniedrigungen und der finanziellen Belastung seiner Familie das entscheidende Motiv gewesen sein."
Häfner S.74
 
Kann man gleichzeitig Angst davor haben, getötet zu werden und Selbstmordgedanken hegen?
Da der Arzt offenbar keinen Widerspruch sah, muss ich annehmen, dass ein solches Verhalten in seinem Zustand möglich ist.
Auch ein Selbstmordgefährdeter möchte vermutlich selbst darüber entscheiden, wann und wie er aus dem Leben scheidet. In meinem erweiterten Umfeld hat es vor Jahren einen Selbstmord gegeben, derjenige hat seinen Selbstmord etwa ein Jahr lang vorbereitet. Etwa ein Jahr vor seinem Tod kaufte er sich einen Computer. Die Polizei sagte nach der Untersuchung (ich hab das nur aus zweiter Hand), dass er den Computer quasi nur benutzt hat, seinen Selbstmord vorzubereiten. Er hat einen Zeitplan erstellt, hat persönliche Briefe vorbereitet, teilweise Pakete vorbereitet, mit Dingen, die er Freunden und Verwandten zukommen lassen wollte. Der hatte klare Selbstmordabsichten, hat das aber meines Wissens niemandem gegenüber offenbart, der Zeitplan war ihm wohl sehr wichtig.
Nun ist dieser Fall nicht mit Ludwig vergleichbar, dessen Selbstmord vermutlich ungeplant und einigermaßen spontan war. Ludwig hat die Gunst der Stunde genutzt, hat sich aber womöglich bereits nachmittags lammfromm verhalten, um am Abend mit Gudden beim Spaziergang allein zu sein (ob er nun einen erweiterten Suizid plante oder nicht). Dennoch sehe ich keinen Widerspruch zwischen Suizidalität und dem Wunsch die Kontrolle zu behalten, ja ich würde sogar sagen, dass in vielen Fällen (etwa bei verschuldeten Familienvätern, die ihre Familie mit in den Tod nehmen*) Kontrolle ein ganz zentrales Motiv für den erweiterten Suizid ist: Man hat sein Leben nicht mehr im Griff, das einzige was man noch im Griff hat, ist wann und wie man geht.


*ich habe das Gefühl, dass es in nach außen hin „intakten“ Beziehungen öfter Männer als Frauen sind, welche diesen Ausweg wählen, bei Alleinerziehenden sind es natürlich häufiger die Mütter, was eben auch daran liegt, dass es mehr alleinerziehende Mütter als Väter geben dürfte.
 
Das ist ein springender Punkt.
Denn die Missbrauchten kehren ja auch zurück in ihre Dörfer und Städte und so werden die sexuellen Übergriffe des Ludwig immer mehr publik.
In den Wirtshäuser werden zunehmend Gespräche darüber geführt.
Das ist wahrscheinlich gefährlicher für die bayerische Monarchie als die Verschuldung.
Da habe ich Zweifel. So etwas ist schambesetzt. Und ein allseits verbreitetes Blaming the Victim ist nicht förderlich über erlebten Missbrauch offen zu reden.
 
Und genau so wurde das auch behandelt, "schambesetzt".
Offiziell findet man das mehr oder minder verklausuliert in Protokollen und Gutachten.
Und der Ludwig trieb es immer toller und immer mehr Opfer erzählen zu Hause was ihnen widerfahren,
und an den Biertischen spricht man vom "Herrn Huber" mit seinen Reitersoldaten und meinte den König.
So berichtet der Eulenburg nach Berlin.
Zudem entsteht ein schwerer Konflikt zwischen dem König und dem Kriegsminister der nicht bereit ist diese Zustände weiterhin zu verantworten.

Es lässt sich immer weniger geheim halten.
 
Denn des Kinis Schulden waren, wie @Shinigami gezeigt hat, für die bayerische Regierung nicht das Ende der Welt; sie ließen sich sogar politisch urbar machen.
Das scheint etwas vielschichtiger zu sein (und da muss ich zugeben auch selbst einen Denkfehler gemacht zu haben, weswegen ich, was ich dazu geschrieben habe etwas relativeren muss).

Wegen des damaligen konstitutionellen Systems, müsste natürlich auch noch mal zwischen den Interessen der von König ernannten Regierung und des gewähltens Parlaments unterschieden werden.

Ein kleines Zitat, um das Problem auf den Punkt zu bringen:

"Die allein für ihn selbst bestimmten aufwendigen Schloßbauten im bayerischen Oberland (Linderhof, Neuschwanstein, Herrenchiemsee) und die Umbauten in der Münchneer Residenz strapazierten die dem König aus der sogentannten Zivilliste und aus dem eigenen Vermögen so stark, daß die Kabinettskasse seit 1877 zunehmnd in Schulden geriet und schließlich deren Zahlungsunfähigkeit drohte. Die Wendung aus der Miesere aus direkten Staatsmitteln hätte die Einschaltung des Landtags erfordrt, aber dies wollte das Ministerium nicht, weil es darin eine Gefährdung des monarchischen Prinzips sah".

Volkert, Wilhelm: Geschichte Bayerns, 2015, e book, Pos. 1118
(Ist zwar nur ein Überblickswerk und daher nicht erschöpfend, bringt die Sache, aber, denke ich prägnant auf den Punkt)

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Für die Regierung war das eine Miesere, in der sie steckte und aus der es nur 2 denkbare Wege gab, die sie selbst beeinflussen konnte:

1. Das weitere Schuldenmachen des Königs zügig einstellen um die Kabinettsfinanzen bereinigen zu können und nicht mit dem Parlament über zusätzliche Mittel verhandeln zu müssen.
2. In den sauren Apfel zu beißen, dass Parlament um die Bewilligung zusätzlicher Haushaltsmittel oder die Aufnahme von Staatsschulden zu bitten, wohlwissend, dass das Parlament das möglicherweise akzeptieren, sehr wahrscheinlich aber erstmal Gegenforderungen hinsichtlich weiterer Parlamentarisierung präsentieren würde, möglicherweise auch direkt die Regierungsbildung (die Mitglider der Regierung wurden nach wie vor vom König ernannt) betreffend, was für Mitglieder der Regierung ohne Rückhalt im Parlament sehr schnell das Karriereende hätte sein können.

D. h. wenn man es nicht schaffte Ludwig II. zur Sparsamkeeit und zum Herunterfahren der Ausgaben zu bewegen, hatten Regierung und möglicherweise auch andere Mitglieder des Hauses Wittelsbach, die die politische Macht der Dynastie erhalten sehen wollten, durchaus ein durch die Finanzen bedingtes Motiv Ludwig II. als Monarchen loswerden zu wollen.

Und je nachdem, wie viel Zugriff Ludwig auf das Familienvermögen der Dynastie hatte, hätten andere Mitglieder des Hauses Wittelsbach möglicherweise auch ein Motiv gehabt ihn entmündigen zu wollen (nicht aus primär politischen Gründen, sondern um seinen Zugriff auf das Hausvermögen zu beenden und damit verbunden Schädigung der Familienfinanzen vorzubauen).

Das Parlament hätte, da es hier nicht um Staatsschulden ging, sondern um Budgetüberschreitungen der Regierung, wahrscheinlich eher ein Interesse an der Zuspitzung der finanziellen Miesere Ludwigs und der Regierung gehabt, weil je verzweifelter deren finanzielle Lage war (Regieren ohne gedeckten Haushalt war ja immerhin verfassungswiedrig, so dass sich König und Regierung dadurch massiv anreifbar machten), desto größer war natürlich die Möglichkeit des Parlaments, im Gegenzug für eine Bereinigung der finanziellen Miesere von König und Regierung die Verfassung zu eigenen Gunsten neu aushandeln zu können.


Insofern hatte die Regierung durchaus ein Motiv ihn als König und Quell ihrer eigenen finanziellen Probleme loszuwerden. Allerdings nicht um dadurch einen Staatsbankrott abzuwenden, sondern um nicht mit dem Parlament eine Neuordnung der verfassungsmäßigen Verhältnisse erörtern zu müssen.
Andere Mitglieder des Hauses Wittelsbach hatten deswegen ebenfalls ein Motiv Ludwig als König los zu werden, und wegen des Hausvermögens, ihn möglicherweise auch entmündigen zu lassen.
Allerdings anders, als @Dion das gemutmaßt hat, wahrscheinlich weniger aus persönlichem Ehrgeiz, als mehr um künftigen Sprossen der Dynastie politische Macht und Vermögen zu erhalten.

Das alles wäre aber (speziell auf Dions Einlassungen gemünzt) kein Grund gewesen ihn umbringen zu wollen.
Die Regierung hatte, wie ich das sehe möglicherweise ein finanzielles Motiv Ludwig II. als König abzusetzen, weil er sie in Schwierigkeiten brachte*

Das stärkere Motiv Ludwig II. davon abzuhalten über seine Bauprojekte weiteren finanziellen Schaden zu produzieren, dürfte aber die Familie gehabt haben und da wäre neben der Absetzung auch ein Grund für den Versuch der Entmündigung zu sehen, denn eine Absetzung Ludwigs als König hätte natürlich seinen Zugriff auf Teile des Familienvermögens als Mitglied des Hauses Wittelsbach nicht beendet.
Das war wahrscheinlich tatsächlich nur über die Entmündigung zu machen.

Da sind schon gewisse Motive vorhanden. Ob die möglicherweise ausschlaggebend waren, ist von Bedingungen abhängig, bei denen ich nicht übersehe ob sie zutrafen, im Besonderen ob es andere Möglichkeiten gab die Schieflage der Kabinettsfinanzen zu bereinigen, die für die Regierung ein Motiv bildeten (denn ohne die wäre die Absetzung nicht zu machen gewesen).







* Es sei denn dass die Familie Wittelsbach (sollten sich Teile des Hausvermögens Ludwigs Zugriff entzogen und Zugirff die Einwilligung anderer Familienmitglieder erfordert haben) oder andere interessierte Parteien (Berlin?) bereit gewesen wäre(n) um Schaden für die Dynastie und das Königtum zu vermeiden die bei der Bereinigung er Kabinettsfinanzen auszuhelfen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein kleines Zitat, um das Problem auf den Punkt zu bringen:

"Die allein für ihn selbst bestimmten aufwendigen Schloßbauten im bayerischen Oberland (Linderhof, Neuschwanstein, Herrenchiemsee) und die Umbauten in der Münchneer Residenz strapazierten die dem König aus der sogentannten Zivilliste und aus dem eigenen Vermögen so stark, daß die Kabinettskasse seit 1877 zunehmnd in Schulden geriet und schließlich deren Zahlungsunfähigkeit drohte. Die Wendung aus der Miesere aus direkten Staatsmitteln hätte die Einschaltung des Landtags erfordrt, aber dies wollte das Ministerium nicht, weil es darin eine Gefährdung des monarchischen Prinzips sah".
Das ist der Punkt den ich nicht verstehe.
Was ist die Kabinettskasse?
Ist das der Haushalt über den die vom König eingesetzte Regierung frei verfügt? Gespeist aus speziellen Abgaben?
 
Ist das der Haushalt über den die vom König eingesetzte Regierung frei verfügt?
So habe ich es zumindest verstanden.

Wobei ich freimütig einräumen muss, dass ich nicht weiß, wie genau die bayerische Verfassung damals im Hinblick auf die Budget-Intervalle aussah und ob in allen Bereichen eine jährliche Bewilligung der Mittel fällig war, oder ob andere Intervalle vorgesehen waren.

Auf Ebene des Reichs gab es ja z.B. das "Septennat" im Bezug auf den Militärhaushalt.

Wenn das Budget in Bayern oder mindestens Teile des Haushalts (Zivilliste) auf mehr als ein Jahr zu bewilligen waren, wäre natürlich auch die Rechenschaftspflicht auf mehrere Jahre gestreckt gewesen und es hätte die Möglichkeit gegeben innerhalb der vom Bewilligungszeitraum abgedeckten Budgetjahre Beträge nicht nur zwischen einzelen Ressorts, sondern auch zwischen den Budgetjahren hin und her zu verschieben (Kasse), so lange die Regierung damit irgendwie bis zum Ablauf der Budgetperiode ausgekommen wäre.

Wenn es sich damit so verhielt, hätte die Regierung unter Umständen Gelegenhit gehabt mehrere Jahre in Folge ihr eigentliches Jahresbudget im Vorgriff auf Folgejahre zu zu überschreiten, ohne dass ihr das unmittelbar auf die Füße gefallen wäre.

Sofern Steuernnahmen dafür noch nicht als liquide Mittel zur Verfügung standen, hätte es dann Sinn ergeben, seitens der Regierung für laufende Ausgaben Kredite aufzunehmen und diese bei Eingang später fälliger Steuereinnahmen aus diesem Topf wieder auszugleichen.

So denke ich mir das in etwa.

Sollten dabei allerdings Fehlkalkulationen zu Gunsten von Mitteln für die Zivilliste gemacht worden sein oder (z.B. durch Konjunkturabschwächung) bereits bewilligte Mittel, für die Kredite standen nicht adäquat über Besteuerung oder andere Posten wieder hineingekommen sein, hätte dass im Verlauf der Budgetperiode zu Problemen wegen Überschreitung führen können.

Und die wäre, weil man dann nachträgliche Budgetaufstockung beim Parlament hätte beantragen müssen ein Problem gewesen.
 
Das ist der Punkt den ich nicht verstehe.
Was ist die Kabinettskasse?
Ist das der Haushalt über den die vom König eingesetzte Regierung frei verfügt? Gespeist aus speziellen Abgaben?

Ich scheine das auch nicht ganz richtig verstandn zu haben, habe aber folgende Erläuterung gefunden:

Zur Klärung

"[...]um diesen sach-
verhalt adäquat beurteilen zu können, bedarf es einer knappen erläuterung hin-
sichtlich des unterschiedes zwischen der staatskasse einerseits und der kabinetts-
kasse andererseits. Maximilian von Montgelas, der langjährige Außen-, innen- und
finanzminister des ersten bayerischen königs, Max i. Joseph, hatte bereits zu
Beginn des 19. Jahrhunderts darauf hingearbeitet, die im Absolutismus noch übli-
che Verquickung des staatlichen Vermögens, der staatlichen gelder mit denen des
Monarchen aufzulösen.²⁵ das führte unter anderem dazu, dass es dann, im könig-
reich Bayern, eine reine staatskasse gab, aus der, gespeist aus den steuereinnahmen,
alle staatlichen unternehmungen bezahlt wurden, darunter zum Beispiel staatliche
Bauvorhaben, die Ausrüstung der Armee, die finanzierung der staatlichen eisen-
bahnen, ebenso die gehälter der staatsbeamten etc. darüber hinaus wurde dem
Monarchen aus besagter staatskasse jährlich eine festgelegte summe zugewiesen,
die sogenannte zivilliste, die es dem herrscher ermöglichen sollte, alle nötigen
Ausgaben für Repräsentation, für das hoftheater, für die Bezahlung der hofbeam-
ten, für den unterhalt der königlichen familie und so weiter begleichen zu können.
Verwaltet wurden die gelder der zivilliste von der kabinettskasse, die damit die
kasse des königs war. für die Verwendung der der zivilliste übertragenen gelder,
also für das geld, das in der kabinettskasse dem herrscher zur Verfügung stand,

musste dieser niemandem mehr, auch nicht dem landtag, Rechenschaft ablegen.[...]"

S.21

Demnach war die Kabinettskasse eine institution, die Mittel für die Aufwendungen des Königtums aus dem Staatshaushalt verwaltete, für die wiederrum sie nicht rechenschaftspflichtig war.


In dem Fall wäre jetzt zu fragen, ob bei der Verwaltung dieser Kasse die Regierung eine aktive Rolle hatte.

Wenn nicht, hätte die Regierung damit ein Motiv weniger gehabt, wenn doch und sie hätte diese Verschuldung mitgetragen, wäre sie natürlich involviert gewesen und hätte schon aus Selbstschutz versuchen müssen das irgendwie zu beenden.

Wenn aus dieser Kasse auch der Unterhalt der Königlichen Familie kam, bzw. er darüber verwaltet wurden, wäre die sicherlich nicht amused über eine Zahlungsunfähigkeit dieser Kasse gewesen, weil dass dann natürlich auch bedeutet hätte, dass deren Unterhalt nicht hätte ausgezahlt werden können.

Also in jedem Fall finanzielles Motiv bei der Familie, eher kein Motiv beim Parlament (Staatsfinanzen) und fragliches Motiv bei der Regierung, je nach de, wie weit darin involviert und wie zugänglich der König sich zeigte.
Sanierung der Kasse selbst wäre dann wahrscheinlich bei Zurückfahren der Ausgaben über die Eingänge der Zivilliste mittelfristig zu machen gewesen, wenn man an anderen Teilen der Hofhaltung etwas gespart hätte.
Im Falle monarchischer Uneinsichtigkeit und der eventuellen Notwendigkeit das parlament um mehr Mittel bitten zu müssen, wäre dann aber in jedem Fall natürlich das Problem bestehen gewesen, dass das zu Verfassungsänderungen hätte führen können.
 
Zuletzt bearbeitet:
Versicherungsdirektor Kleeberg aus Frankfurt erklärte 1885 seine Bereitschaft, aber "sein Brief vom 13.3.1886 erreicht den König aus ungeklärten Gründen nie." Und 20 Millionen Mark waren damals so viel wert wie heute 1 Milliarde Euro, d.h. die Staatsfinanzen waren schon gefährdet, das belegen Briefe und Notizen der verschiedenen bayrischen Finanzmister.

Auch das ist ein Motiv, den König aus dem Weg zu schaffen.

Was die Verschuldung Ludwigs II. betrifft:

Wie ja bereits herausgearbeitet, handelte es sich sich de jure um Verschuldung des Monarchen selbst, nicht um Staatsschulden.

Oliver Hilmes gibt in seiner Biographie Ludwig II. zur Verschuldung des Königs im Sommer 1885 folgende Zahlen an:

"Gresser - laut Werthern "eine Peersönlichkeit von untergeordneter Befähigung" - blieb ebenso wie sein Vorgänger nur eine kurze Zeit im Amt. Er erhielt von seinem Dienstherrn erst gar nicht die Chance, die Finanzmiesere zu beheben - ganz im Gegenteil. Ludwig ließ ungebremst weiterbauen, so dass er bis zum Sommer 1885 über 6 Millionen mark neue Schulden machte. Rechnet man den Kredit von 7,5 Millionen aus dem Vorjahr hinzu, war der Schuldenberg nun über 13 Millionen Mark hoch, - was heute ungefähr der Summe von 88,26 Millionen Euro entspricht."

Hilmes, Oliver: Ludwig II., Der Unzeitgemäße König, München, 2013, S.351

In diesem Zusammenhang auch interessant:

"In Berlin verfolgte man die Vorgänge in Bayern mit größter Sorge. Kaiser Wilhelm wollte seinem Verwandten gerne helfen - aus Dankbarkeit für dessen Mitwirkung an der Reichsgründung. Über einen Mittelsmann soll der greise Kaiser angeblich 10 Millionen Mark in Aussicht gestellt haben. "Kaiser Wilhelm lässt betonen", erläuterte Ludwig Klug das vermeindliche Angebot, "daß das Anerbieten keinem politischen Hintergedanken entsprungen sei und daß das Geld nicht aus Allerhöchst seinen Privatmitteln, sondern aus Fonds genommen werde, über die Ihm ein Dispositionsrecht zustehe. Ganz selbstverständlich sei die subtielste Behandlung dieser Angelegenheit." Das Geld sei aber nur für die Schuldenregulierung gedacht, so der Hofrat, womit sich die Offerte für Ludwig bereits erledigt hatte. Er wollte bauen - nicht bezahlen."

Hilmes, Oliver: Ludwig II., Der Unzeitgemäße König, München 2013, S.353

Die jährlichen finanziellen Möglichkeiten Ludwig II. beziffert Hilmes wie folgt:

"Dem bayerischen König stand für seine privaten Belange eine Pauschalsumme - die sogenannte Zivilliste - zur Verfügung. Diese betrug Ende der 1870er Jahre etwa 4,2 Millionen Mark pro Jahr, was heute in etwa 28,18 Millionen Euro entspricht. Dieses Geld konnte Ludwig aber nicht nach Belieben ausgeben, da der überwiegende Teil für die Organisation des Hofstaates, für Repräsentationszwecke sowie für die Instandhaltung der diversen Schlösser reserviert war. Von den 4,2 Millionen blieben dem König etwa 800.000 Mark zur Disposition. Hinzu kamen Erträge aus Verpachtungen, Kapitalzinsen, die streng geheimen Zahlungen aus dem "Welfenfonds" sowie seit 1877 jährlich etwa 430.000 Mark aus einer von König Max gegründeten Familienstiftung.
Alles in allem wurde die königliche Privatschatulle, deren Verwaltung traditionsgemäß zu den Aufgaben des Hofsekretärs gehörte, jährlich mit rund 1,5 Millionen Mark gut aufgefüllt."

Hilmes, Ludwig II. S.345

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Die genannten Zahlen legen nahe, dass Mitte 1885 eine Übernahme und Tilgung der Schulden Ludwigs durch den Bayerischen Staat ohne weiteres möglich gewesen wären, wenn denn der entsprechende politische Wille vorhanden gewesen wäre im Gegenzug Konzessionen zu machen.
Eine Summe mit dem heutigen Gegenwert von an die 88,26 Millionen Euro hätte dem bayerischen Staat ganz sicher nicht finanziell das Genick gebrochen.

Ob die angebliche Offerte von Seiten des Kaisers so stattgefunden hat, muss natürlich im Konjunktiv bleiben, es ist aber aus verschiedenen Gründen sehr gut denkbar:

- Von preußischer Seite konnte man kein Interesse daran haben, dass Ludwig II. Finanzen öffentlich allzu gründlich auseinandergenommen würden, was bei Zahlungsunfähigkeit unvermeidbar gewesen wäre, weil dann möglicherweise die geheimen Zahlungen aus dem "Welfenfonds" an Ludwig II. publik geworden wären.
Das wäre sowohl für Preußen, als auch für die bayerische Monarchie ein großer Schaden gewesen.

Ludwig II. hätte man von bayerischer Seite (im Besonderen von Seiten der die Reichseinheit ablehnenden "Patrioten") her glatten Landesverrat vorwerfen können, wenn publik geworden wäre, dass sich Ludwig II. für seine Reichsfreundliche Politik von Berlin aus privat bezahlen ließ.
Für die preußische Monarchie hätte es ebenfalls einen erheblichen Schaden aus zweierlei Gründen bedeutet:

1. Weil der "Welfenfonds" zu weiten Teilen aus dem im Zuge des Kriegs von 1866/1867 beschlagnahmten Vermögen der 1867 abgesetzten Könige von Hannover bestand, was bedeutet, dass diese Gelder letztendlich aus fremdem, wenn auch "beschlagnahmten" Vermögen abezweigt wurden.
2. Weil es sich de facto um eine schwarze Kasse handelte, aus der am preußischen Landtag und am Reichstag vorbei auf Betreiben des Reichskanzlers und preußischen Ministerpräsidenten Bismarck Zahlungen geleistet wurden, die sich eventuell als Staatsausgaben verstehen ließen, was in diesem Fall glatt verfassungswidrig, da am parlamentarischen Budgetrecht vorbei gewesen wäre.

Auch musste man sich in Berlin natürlich Gedanken darüber machen, wo Ludwig II. möglicherweise Hilfe suchen würde, wenn ihm die Finanzen tatsächlich um die Ohren fliegenn sollte.
Hilmer erwähnt in seinem Buch an anderer Stelle noch, dass wohl Bismarck über die finanziellen Kalamitäten Ludwigs sehr beunruhigt gewesen sein soll, weil er fürchtete, dass Frankreich möglicherweise einspringen und sich Ludwig II. und Bayern damit verpflichten könnte, was möglicherweise die Reichseinheit nachträglich unterminiert hätte.

Eine andere von Hilmes nicht angesprochene mögliche Konsequenz: Wäre Ludwig II. in die Verdrückung gekommen, sich die Tilgung seiner Schulden aus der Staatskasse bezahlen zu lassen und dafür Reformen und weitere Parlamentarisierung in Aussicht zu stellen, hätte die öffentliche Debatte darum über Bayern hinaus ausgreifen können und ein Reformschub in Bayern in Richtung auf ein tatsächlich vollparlamentarisiertes System hin, hätte möglicherweise zu einer vermehrten Infragestellung auch des zunehmend anachronistischen Wahlrechts in Preußen und der dort nicht gegebenen Ministerverantwortlichkeit gegenüber dem Parlament führen können und das wäre kaum im Sinne der preußischen Monarchie gewesen.

Sollte Wilhelm I. die kolportierten 10 Millionen Mark tatsächlich offeriert haben (wofür es, wenn sie zur Disposition gestanden hätten, wie skizziert gute Gründe gegeben hätte), wären von Ludwigs Schuldenberg noch etwa 3,5 Millionen Mark übrig geblieben.

Bei zur Verfügung stehenden Mitteln aus der Zivilliste und der anderen Einnahmen in Höhe von 1,5 Millionen Mark per annum, wären die verbliebenen Restschulden dann bei entsprechender Sparsamkeit binnen weniger Jahre abzutragen gewesen.
Gegebenenfalls wäre es sicherlich auch möglich gewesen, sich angesichts der neuen Schlossbauten, von älteren, nicht mehr genutzten Schlössern zu trennen um weitere Finanzspritzen zu acquirieren und deren Instandhaltungskosten einzusparen oder sie zu verpfänden um darüber die Finanzen zu konsolidieren.

Möglicherweise sah also auch Ludwig II. private finanzielle Lage nicht so düster aus, wie es auf den ersten Blick scheint, ein Problem dürfte demgegenüber vor allem sein Unwille gewesen sein, sich zu Einsparungen aufzuraffen und vom Vorrantreiben der Bauprojekte zu lassen oder es zumindest so zu verlangsamen, dass es aus seinen Einnahmen zu bestreiten gewesen wäre.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ob die angebliche Offerte von Seiten des Kaisers so stattgefunden hat, muss natürlich im Konjunktiv bleiben, es ist aber aus verschiedenen Gründen sehr gut denkbar:

Ich habe bei Baumgart, "Ein preußischer Gesandter in München, Georg Freiherr von Werthers" nachgeschlagen.
Ist eine Quellensammlung.

Unter dem Datum des 05.Mai 1886 hat Bismarck, es ging natürlich um die schwieriges Situation in Bayern, an Werthers geschrieben:

"[...] Aber auch wenn ein bezüglicher Wunsch der Prinzen Luitpold und Ludwig vorläge, würde es mir an der Hand E.E. Berichtes vom 03.Mai 1886 nicht möglich sein, demselben zu entsprechen da daraus nicht zu entnehmen ist, was der Kaiser dem Könige eventuell vorschlagen soll. Es ist auch nicht ersichtlich, ob die Weigerung der patriotischen Partei, die Sanierung der Cabinetsskasse herbeizuführen, an Bedingungen geknüpft ist, welche der König erfüllen könnte, oder ob sie eine absolute & auf dem Thronwechsel gerichtete ist. Im letzterem Fall würde der Kaiser gar nicht imstande sein dem Könige Entschließungen zu empfehlen, welche eine Änderung der Situation herbeiführen könnten. Weigern sich die Patrioten definitiv, bei einem Arrangement behilflich zu sein, so könnte es sich fragen, ob ein Appell des Königs an das Land durch die Auflösung der zweiten Kammer ein günstigeres Verhältnis der Partheigruppierung leisten würde. Ic h habe zwar nicht den Beruf, in dieser Richtung Rat zu erteilen, um so weniger, als die Art der Ausführung sich nicht vorhersehen läßt; aber es wäre mir vom Interesse, Ihre Ansicht hierüber kennen zu lernen.[...]"

Werthers merkte dazu an:
"Natürlich ist die Weigerung der Patrioten auf den Thronwechsel gerichtet. Das wissen wir ja längst. Aber gerade deswegen sollte der Kaiser helfen & den König nötigen Entschließungen zu fassen, welche geeignet sind eine Änderung der Situation herbeizuführen geeignet sind. Das ist ja just der Punkt, auf dem es ankommt."

Aus einem Gespräch Holnsteins im Juni 1886 mit Werthers:
"Ich frage S i e, den Grafen Werthers,, nicht den Preußischen Gesandte, was soll ich tun? Ich erwiderte, Ergüsse unbedingt zum Prinzen Luitpold stehen & demselben nach Kräften unterstützen, denn das Wohl der Dynastie stehe höher als das Individuum & der König sei doch nicht zu retten. [...] Er dankte, stand auf, holte ein Heft, gab mir das & sagte: " Lesen Sie es und schicken es dem Reichskanzler, da wird er sehen, daß der König ein Narr ist. Sein Befehl an Hesselschwerdt, Strafen auszudenken für die unwürdigen & und ungehorsamen Minister, welche gewagt haben, ihm einen Bericht wie der vom 05.Mai zu schicken & und nach Paris zu reisen um dort von den Orleans 30 Millionen zu borgen (die verfallen sein sollen, wenn er im nächsten Krieg Deutschlands mit Frankreich Bayer neutral hält) liegen auch hier in meinem Schreibtische."

Baumgart, Ein preußischer Gesandter in München, ab 221 ff
 
Unter dem Datum des 05.Mai 1886 hat Bismarck, es ging natürlich um die schwieriges Situation in Bayern, an Werthers geschrieben
Das Problem, was ich gerade mit dem Buch von Hilmes habe, ist, dass kein Datum für die angebliche offerte des Kaisers angegeben ist.
Aus dem Kontext heraus müsste sich das, wenn keine chronologischen Sprünge drinn sind, die ich übersehen habe, irgendwann zwischen Sommer 1885 und Januar 1886 vollzogen haben.

Hilmes schreibt in diesem Zusammenhang:

[...]
In Berlin verfolgte man die Vorgänge in Bayern mit größter Sorge. Kaiser Wilhelm wollte seinem Verwandten gerne helfen - aus Dankbarkeit für dessen Mitwirkung an der Reichsgründung. Über einen Mittelsmann soll der greise Kaiser angeblich 10 Millionen Mark in Aussicht gestellt haben. "Kaiser Wilhelm läßt betonen, erläuterte Ludwig Klug das vermeindliche Angebot, "daß das Anerbieten keinem politischen Hintergedanken entsprungen sei und das das Geld nicht aus Allerhöchst seinen Privatmitteln, sondern aus Fonds genommen werde, über die Ihm ein Dispositionsrecht zustehe*.
Ganz selbstverständlich sei die subtilste Behandlung dieser Angelegenheit"
Das Geld sei aber nur für die Schuldenregulierung gedacht, so der Hofrat, womit sich die offerte für Ludwig erledigt hatte. Er wollte bauen - nicht bezahlen.
Wilhelms Sohn Kronprinz friedrich giing noch einen Schritt weiter: Er wollte Bayern im Grunde aufkaufen. Herbert von Bismarck mochte seinen Ohren kaum trauen, als der zukünftige deutsche Kaiser ihm seine Idee unterbreitete und sich dabei in Rage redete. "An den lieben Papa" schrieb Herbert: "Er sagt sein Ziel sei, die kleinen deutschen Souveräne soviel wie möglich herunterzudrücken und in Abhängigkeit von ihm zu bringen: > Sie mögen knirschen, sie sollen aber immer die Kette fühlen, die wir ihnen umlegen müssen. Es wäre gut, wenn wir dem bayerischen Hausvermögen so viel vorstrecken, daß Preußen der Hauptgläubiger auch des nächsten Königs würde: dann muß er tanzen, wie wir pfeifen, weil wir ihn sonst jeden Tag ruinieren können <". Doch auch aus diesem perfiden Plan wurde nichts, denn Otto von Bismarcks lakonische Randnotiz lautete: "Woher nehmen? 2 mal 8 Millionen! unv vielleicht mehr."

Die Lage spitzte sich im Winter 1885 weiter zu. "Nach Graf Wertherns Brief scheint eine Krisis in München unmittelbar bevorstehend", meldete Herbert von Bismarck am Neujahrstag 1886 an kaiser Wilhelm. Wenige Tage später fühlte sich sogar Johann von Lutz, der die Finanzkrise des Königs bislang immer als dessen Privatsache behandelt hatte, zum Eingreifen gedrängt. Er verfasste auf Ludwigs Befehl hin ein Memorandum, dass er aber an Hofrat Klug adressierte. Darin erteilte er sämtlichen Kreditplänen eine scharfe Abfuhr. Es sei völlig ausgeschlossen, von privater Seite weitere Gelder zu erhalten. Lutz schlug stattdessen vor, die Baumaßnahen zu unterbrechen und das Hauptaugenmerk auf die Rückzahlung der Schulden zu legen. So könne der König bei seinen Gläubigern und bei potentiellen Financiers Vertrauen zurückgewinnen.[...]"


(S.353-354)

Im weiteren Zeitablauf scheinen sich ab Anfang 1886 Presseartikel gehäuft zu haben, die die finanzielle Miesere des bayerischen Königs offenlegten und die Situation publik machten.

Nun könnte ich mir vorstellen, dass der Umstand, dass die Finanzmiesere mittlerweile ein öffentliches Thema war, die Situation möglicherweise dergestalt verändert hat, dass diskrete Finanzspritzen aus Preußenn oder von anderswo her keinen gangbaren Weg mehr darstellten, weil ein plötzliches Verschwinden des Problems natürlich Fragen aufgeworfen hätte, wie denn der König auf einmal zu Geld gekommen sei.
Denn da hätte sich der Verdacht der des heimlichen Ausverkaufs bayerischer Interessen um den Kopf aus der finanziellen Schlinge zu bekommen, geradezu aufgedrängt.
Die Frage ist, was ist 1885 gelaufen, als die Situation anscheinend noch einigermaßen beherrschbar war und sich noch unter der Decke halten ließ?

Hilmes schreibt bei dem angeblichen Angebot Wilhelms leider nicht ganz explizit wann dass gewesen und durch wessen Hände das gegangen sein soll, nur eben, dass es am Ende bei dem Hofrad Ludwig Klug ankam, der das Ludwig II. angeblich vorgetragen habe.

Stellt sich die Frage, wenn das tatsächlich eine Eigeninitiative Wilhelm I. über private Mittelsmänner, nicht über die diplomatischen Kanäle war und wenn Wilhelm I. tatsächlich eher sentimentale, als politische Absichten gehabt hätte (wäre dem Mann ja durchaus zuzutrauen), wäre diese Aktion Bismarck zur Kenntnis gelangt oder nicht?

Die Unterhandlungen auf die du dich beziehst, dürften, wenn ich Hilmers richtig verstehe ein halbes bis ein Jahr später stattgefunden haben.


Edit:

Gerade mal einen näheren blick in den Anmerkungsaparat geworfen.
Als Quellenbeleg für die Erläuterung des angeblichen Angebots durch Ludwig Klug an gegenüber dem König führt Hilmes ein auf den 4.11.1885 Datiertes Schreiben an Ludwig an.

Namentlich: "Ludwig Klug an Ludwig II., 4.11.1885, GHA KA L II., Nr. 284." (S. 424)

Gemäß Quellenverzeichnis (ab S. 429) steht das Kürzel "GHA" für: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Abteilung III: Geheimes Hausarchiv (GHA).

Das Kürzel KA L II. für: Kabinettsakten König Ludwig II. Nr.1-427.


*Sollte sollte darunter unter anderem der "Welfenfonds" zu verstehen sein? [Anmerkung durch mich].
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Problem, was ich gerade mit dem Buch von Hilmes habe, ist, dass kein Datum für die angebliche offerte des Kaisers angegeben ist.

Ja, das ist wirklich ärgerlich.

Stellt sich die Frage, wenn das tatsächlich eine Eigeninitiative Wilhelm I. über private Mittelsmänner, nicht über die diplomatischen Kanäle war und wenn Wilhelm I. tatsächlich eher sentimentale, als politische Absichten gehabt hätte (wäre dem Mann ja durchaus zuzutrauen), wäre diese Aktion Bismarck zur Kenntnis gelangt oder nicht?

Ich vermute ja, denn der Kaiser hätte ja ohne Frage Unterstützung bedurft und da kam nach Lage der Dinge eigentlich in erster Linie die preussische Gesandtschaft in München in Frage.
Selbst wenn Wilhelm I. jemand anderen betraut hätte, ist die Frage im Raum, ob das vor der preußischen Gesandtschaft verborgen geblieben wäre.

Aber es war ja eigentlich nicht die Art von Wilhelm I. an seinem Kanzler vorbei zu arbeiten.
 
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