@Swpiola: Langsam geht mir Deine Methode, mich sinnentstellend zu zitieren bzw, systematisch erläuternde Sätze in meinen Beiträgen zu unterschlagen, etwas auf den Senkel!
Was bitte ist "falsch"?
Schreibt Tacitus, es gäbe kein Eisen?
Er schreibt, es sei nicht im Überfluss vorhanden ("ne ... superest").
Dass die Germanen Eisenwaffen verwendeten, schreibt er einen Satz später. Auch von Schwertern, Helmen und Panzern schreibt er, nur seien die nicht so häufig. Eben nicht im Überfluss.
Falsch ist, dass er schreibt, Silber sei den Germanen durch die Götter versagt. Und direkt im Anschluß an den von Dir zitierten Satz schreibe ich, warum dies falsch ist, und er auch hätte wissen müssen, dass dies falsch ist, aber genau das unterschlägst Du dann wieder! Zumindest extrem unglaubwürdig ist Tacitus Behauptung, niemand hätte je nach Gold und Silber in Germanien gesucht. Auch dies hast Du unterschlagen.
Dann drückst Deine Verwirrung über meinen folgenden Satz aus:
Im Grunde aber unterscheidet Tacitus selbst nicht zwischen Kelten und Germanen auf nichtrömischem Boden, bzw. nimmt Reste letztgenannter nicht zur Kenntnis.
Meinen nachfolgenden Satz hältst Du jedoch nicht für zitierwürdig
So ist es für die Bewertung seiner Arbeit irrelevant, ob es um germanische oder keltische Aktivitäten/ Infrastruktur geht, so weit diese in der Germania Liberorum zu finden sind.
Um Deiner Verwirrung entgegenzuwirken: Ich wollte damit ausdrücken, dass Deine vorher ausgedrückte Kritik, ich bezöge mich ja auf keltische Beispiele (wobei Du in dem Kontext auch schon - milde gesagt - extrem selektiv zitiertest), am Thema vorbei ging. Tut mir leid, dass ich da nicht deutlich genug für Dich geworden bin!
Wenn es um germanische Städte geht, zitierst Du meine Fußnote zu den Langhäusern, und unterschlägst die schwerwiegenderen Punkte zu Hauptorten und den Häuptlingsresidenzen. Kann ich davon ausgehen, dass Du hier auch schwer erklärbare Lücken bei Tacitus siehst (Schweigen ist Zustimmung), oder hattest Du andere Gründe, auf diese meine Argumente nicht näher einzugehen?
Zu Deinen ernstzunehmenden Punkten:
Der wichtigste fruchttragende
Baum aus römischer Sicht wird wohl der
Olivenbaum sein. Den kultivierten die Germanen ebensowenig wie den Wein.
Die Idee mit den Oliven war mir auch gekommen (ebeso übrigens Datteln). Aber zum einen empfinde ich den Begriff "fruchttragend" als sehr generalisierend. Gerade weil Ölbäume am Mittelmeer so wichtig sind, hätte ich in diesem Fall eine explizite Nennung erwartet. Im Übrigen sagt Tacitus, das Land (
terra), nicht das Klima sei Fruchtbäumen widerstrebend. So kommt die Aussage doch sehr pauschalierend daher, und steht im Konflikt mit seiner nachfolgenden Beschreibung der germanischen Ernährung.
Ich halte diese Fragestellung für verfehlt.
Vor allem Deine Methode wundert mich.
Nur weil Tacitus Dir nicht den Gefallen tut, den "saltus teutoburgiensis" als Verwaltungsbezirk zu beschreiben, fängst Du jetzt an, seine Schriften zu verreißen?
Wie betreibst Du denn Quellenkritik? Fachkunde und Glaubwürdigkeit des Autors, seine Intention, und die Erwartung des Publikums, fallen mir so auf die Schnelle ein. Letztere hast Du selbst bereits gut beschrieben, die Intentionen Tacitus (Herunterreden des germanischen Wirtschaftspotentials) z.T. auch. Bleibt die Frage von Fachkunde und Glaubwürdigkeit, und da habe ich, je mehr ich von ihm lese, immer mehr Zweifel. Der "saltus teutoburgiensis" als Wald wäre ja nicht die erste von Tacitus Behauptungen, die nach langer unkritischer Übernahme durch die Geschichtswissenschaft inzwischen als unzutreffend verworfen worden sind. Hier sind ein paar Anmerkungen zu Tacitus Behauptung, die Markomannen unter Marbod hätten das Reich der Boii in Böhmen zerstört:
http://www.arup.cas.cz/wp-content/uploads/2010/05/Beharrungsvermögen.pdf
Und Du fällst auf der anderen Seite vom Pferd und stellst Germanien als industrialisiertes Land dar, sehr milde ausgedrückt.
Das es in der Tat, nach antiken Maßstäben, auch war, bis die Römer zunächst den Zugang zu gallischen und alpinen Absatzmärkten kappten, und dann (von Tacitus eindrucksvoll beschrieben) mehrfach mit Feuer und Schwert über Menschen, Tiere, Hauser und Gewerbe herfielen. Glaubst Du denn, die Nachfrage nach fränkischen Schwertern, die die Wikinger im 8. Jahrhundert trotz Exportverbots bis nach Bagdad schmuggelten, kam von ungefähr? Da gab es eine hochentwickelte Stahlindustrie östlich des Rheins, irgendwo zwischen Solingen, Siegen und Wetzlar, und die ist weder auf römischer Grundlage noch über Nacht entstanden! Die Kerninnovation des Mittelalters, die Drei-Felder-Wirtschaft, stammte nicht von irischen Mönchen, sondern entwickelte sich in der Germania Libera während der Klimaverschlechterung des 3./4. Jahrhunderts. Die eindrucksvollen, doch von Tacitus so gering geschätzten Fertigkeiten im Holzbau sind immer noch in englischen Hallen des 10./11. Jahrhunderts zu bewundern, und die erste bekannte Atlantiküberquerung erfolgte in Wikingerbooten, nicht mit römischen Galeeren. Das sächsische und böhmische Textilgewerbe hat auch eine verdammt lange Tradition...
Dies soll nicht römisch-mediterrane Beiträge (Schriftlichkeit, Mühlen, Steinbau, Stadtplanung etc.) mindern. Aber ich finde, es ist höchste Zeit, die ideologisch gefärbten Berichte römischer Autoren nicht immer für bare Münze zu nehmen, sondern als dass zu erkennen, was sie sind: Ideologisch gefärbte Berichte mit eigener Agenda!