"haud procul" und seine Bedeutung bei Tacitus

Entschuldige bitte, tela, aber langsam habe ich den Verdacht, du hast ganz allgemein Probleme mit dem Verständnis von Texten (oder tust zumindest so, wenn es dir passt).

Dann entschuldigst Du bitte auch, wenn mich das Gefühl beschleicht, dass Du nur dann auf Argumente eingehst, wenn Du dir sicher bist, sie auch widerlegen zu können (oder zumindest so tust, als hättest Du diese Argumente nicht gelesen). Was ist denn mit meiner obigen Bitte, auf diese Frage einzugehen?

Besteht die Möglichkeit, dass bereits in der Antike Höhenwege existiert haben? Falls ja, so könnte man doch unter Bezug auf den heute als "Hermannsweg" bezeichneten Weg über eine Route spekulieren, die sowohl die unterstellten Schwierigkeiten, zwei Höhenzüge zu überwinden, als auch die beschriebenen "Ausfälle" in das sumpfige Gebiet des Umlandes erklären könnten.
 
Wenn es wahrscheinlich ist, dass die Brukterer zwischen Ems und Lippe siedelten, wo kann man dann die entlegensten Gebiete hintun? Meiner Meinung nach bleiben nur 2 Regionen übrig. Nämlich nördlich der Ems zwischen dem Fluss und dem Teutoburger Wald oder östlich der Quellregionen von Ems und Lippe, also im Eggegebirge. (sowohl westlich als auch südlich fallen meiner Meinung nach weg. Aus dem Westen kamen verschiedene römische Armeen und aus dem Süden Caecina)

Ich weiß nicht mehr wo ich es gelesen habe, aber habe noch im Kopf, dass nicht so sehr Flüsse früher Trennlinien waren, sondern vielmehr Berge/Gebirge. In diesem Fall würde das Gebiet östlich von Lippe und Ems wegfallen und die entlegensten Gebiete der Brukterer müsste man nördlich der Ems sehen.

Je nachdem, worauf man das haud procul bezieht, ergeben sich deutlich unterschiedliche Standorte des Germanicus, als ihn das Verlangen packte, das Varusschlachtfeld zu besuchen.
 
Was ist denn mit meiner obigen Bitte, auf diese Frage einzugehen?

Aber gerne doch.

Besteht die Möglichkeit, dass bereits in der Antike Höhenwege existiert haben? Falls ja, so könnte man doch unter Bezug auf den heute als "Hermannsweg" bezeichneten Weg über eine Route spekulieren, die sowohl die unterstellten Schwierigkeiten, zwei Höhenzüge zu überwinden, als auch die beschriebenen "Ausfälle" in das sumpfige Gebiet des Umlandes erklären könnten.

Höhenwege haben in Germanien um Christi Geburt ganz sicher existiert, jedoch ist archäologisch nicht belegbar, dass die Römer sie bevorzugten. Im Gegenteil: Derartige Wege (oder sagen wir besser Trampelpfade) waren wohl besser den Einheimischen bekannt und für ein römisches Heer voller Gefahren.
In diesem Zusammenhang sei auf Dieter Timpe verwiesen, der diese Schwierigkeiten anspricht. Wegeverhältnisse und römische Okkupation Germaniens. Rmisch-germanische Begegnung in der ... - Google Bcher
(Im Übrigen erwähnt Timpe, dass Entfernungen im unwegsamen Germanien weit größer angenommen wurden, als sie tatsächlich waren. Sind für uns heute die Distanzen per Luftlinie nicht viel, so schätzten die Römer in Germanien die Entfernungen weit größer ein.)

Im vorliegenden Fall ist jedenfalls der Quelle nicht zu entnehmen, dass Germanicus mit acht Legionen auf dem Bergrücken des Osnings entlang gezogen ist.
Tacitus I, 61: „Caecina wurde vorausgeschickt, um die entlegenen Waldgebiete zu durchforschen und über das sumpfige Gelände und den trügerischen Moorboden Brücken und Dämme zu führen.“
Das klingt nicht danach, dass man auf einem Bergrücken entlang gezogen ist.
 
Es ist sehr amüsant, das Spekulieren zu beobachten....

Wenn es wahrscheinlich ist, dass die Brukterer zwischen Ems und Lippe siedelten, wo kann man dann die entlegensten Gebiete hintun?
Schon mal drüber nachgedacht, dass das Gebiet zwischen Ems und Lippe jenes der "äußersten Brukterer" gewesen sein könnte?


Aus dem Westen kamen verschiedene römische Armeen und aus dem Süden Caecina
Wie bitte? Woher kam Caecina? Habe ich etwas verpasst? Wird jetzt der Fantasie freier Lauf gelassen? :confused:
 
dann eben von südwesten, denn von westen kamen die Reitertruppen. Besser? Oder willst du das auch mit Begriffen wie Spekulationen oder Fantasie abwerten?

Du hattest einen guten Lehrer. Du weißt alles, die anderen nichts, es gibt nicht den Hauch eines Zweifels, Interpretationsspielräume oder mehrer Möglichkeiten. Kompliment! Varus ist also ohne jeden Zweifel an der Lippe oder nicht weit davon entfernt umgekommen. Du sagst es, also ist es so. EOD!
 
dann eben von südwesten, denn von westen kamen die Reitertruppen. Besser? Oder willst du das auch mit Begriffen wie Spekulationen oder Fantasie abwerten?

Tac Ann. I,60:
"Und damit nicht die ganze Wucht des Krieges auf einmal hereinbreche, schickte er Caecina mit vierzig Kohorten, um den Feind zu zersplittern, durch das Gebiet der Bructerer an den Fluss Amisia, während die Reiterei der Befehlshaber Pedo durch das Gebiet der Friesen führte."

Wenn man davon ausgeht, dass Caecina und sein Heer aus Vetera kamen, dann sind sie von dort durch das Land der Brukterer zur Ems gezogen. Der direkte Weg, der Hellweg vor dem Berg, führt durch das Land der Brukterer. Dass Caecina dabei auch Zerstörungen anrichtete, ist durchaus anzunehmen. Von "Lippe" kann ich in der Textpassage allerdings nichts lesen.

Pedo führte die Reiterei durch das Land der Friesen, also erheblich weiter nördlich.

Das Gebiet zwischen den Oberläufen von Ems und Lippe wird von diesem Aufmarsch nicht tangiert. Tacitus erwähnt erst an späterer Stelle, dass das Heer des Germanicus dort hinzieht, um es vollständig zu verwüsten.
 
Ich bring auch mal einen Althistoriker ins Spiel:

Boris Dreyer, Die Ausgrabungen von Kalkriese und die Varuskatastrophe.

Unter den vielen Lokalisierungsversuchen ist die Mommsens deshalb besonders hervorzuheben, weil sie methodisch korrekt nicht anhand unterschiedlich interpretierbarer literarischen Quellen den Schlachtort suchte, sondern einen besonders merkwürdigen Bodenbefund deuten wollte.
 
Also kann man mit tela sagen, dass Caecina aus Südwesten kam. Die Ems liegt, selbst im Oberlauf, weiter nördlich als Vetera, dem wahrscheinlichen Startpunkt von Caecina. Er gelangte also zu Ems, vermutlich irgendwo im Bereich Greven bis Rheine. Oder müssen wir den Hinweis auf Pedo (als Hispanist muss ich bei diesem Namen grinsen) sogar so lesen, dass man sich noch weiter nördlich traf? Aber wie kommt es dann zur Devastation des Gebiets zwischen Ems und Lippe?
 
So, eine weitere Interpretationsmöglichkeit.

Germanicus befindet sich also irgendwo am Oberlauf von Lippe und Ems. Es ist durch den Text auch wunderbar abgesichert, dass er sich ganz nah an den Quellen befunden hat, vielleicht in der Gegend um Gütersloh. Entweder bei Bielefeld oder bei Augustdorf wäre ein Übergang über das Eggegebirge/T.W. ohne große Probleme möglich gewesen (und ohne, dass dies im Text explizit erwähnt werden müsste), so dass der Dammbau des Caecina in Tal der Werre oder der Hase stattgefunden haben könnte.
Das Wiehengebirge ist von Bielefeld oder Detmold auch nur haud procul entfernt, von Bielefeld ca. 35 km, von Detmold ca. 42 km.

Die Entfernung nach Kalkriese spielt keine Rolle, weil Tacitus nicht beschreibt, wie weit das Schlachtfeld entfernt ist, sondern wie weit der saltus t., der hier mit dem Wiehengebirge identifiziert werden würde.

Frage: Wenn Varus im Lippetal (oder Umgebung) zugrunde ging, was ist da dann der saltus t.?
 
Also kann man mit tela sagen, dass Caecina aus Südwesten kam. Die Ems liegt, selbst im Oberlauf, weiter nördlich als Vetera, dem wahrscheinlichen Startpunkt von Caecina. Er gelangte also zu Ems, vermutlich irgendwo im Bereich Greven bis Rheine. Oder müssen wir den Hinweis auf Pedo (als Hispanist muss ich bei diesem Namen grinsen) sogar so lesen, dass man sich noch weiter nördlich traf? Aber wie kommt es dann zur Devastation des Gebiets zwischen Ems und Lippe?

Richtig, Caecina kam aus Südwesten anmarschiert. Wo der Sammelpunkt an der Ems war, bleibt offen. aufgrund der Schiffbarkeit halte ich ebenfalls den Raum Rheine bis Greven für wahrscheinlich.
Da sich die Brukterer nicht zur Schlacht stellten sondern auswichen, schickte Germanicus Stertinius los, um Plünderungen vorzunehmen. Gleichzeitig wälzte sich das Achtlegionenheer des Germanicus die Ems aufwärts, also zunächst nach Süden, Richtung Lippe und schwenkte dann nach Osten in das Gebiet, in dem die beiden Oberläufe der Flüsse etwa parallel verlaufen. Dieses Gebiet, in dem heute Ahlen, Beckum, Lippstadt usw. liegen, wurde verwüstet und ist jenes, das laut Tacitus nicht weit vom saltus teutoburgiensis liegt.

Die Reiterei des Pedo wurde wahrscheinlich durch das Gebiet der Friesen geführt, da diese zu jener Zeit zuverlässige Verbündete der Römer waren und Germanicus verhindern wollte, dass die Reiterei vor Beginn des eigentlichen Feldzugs bereits in Gefechte geriet.
Caecina und seine Heeresabteilung hatten die gefährlichste Anmarschstrecke zum vereinbarten Treffpunkt und werden die Aufmerksamkeit der Brukterer auf sich gezogen haben, während Germanicus und Pedo von Norden anrücken konnten.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Boris Dreyer, Die Ausgrabungen von Kalkriese und die Varuskatastrophe.

Unter den vielen Lokalisierungsversuchen ist die Mommsens deshalb besonders hervorzuheben, weil sie methodisch korrekt nicht anhand unterschiedlich interpretierbarer literarischen Quellen den Schlachtort suchte, sondern einen besonders merkwürdigen Bodenbefund deuten wollte.


Jawoll, das wollte ich hören! "Legt den Tacitus mit seinen geographischen Angaben aus der Hand und erklärt Barenau/Kalkriese aufgrund der Funde zum Schlachtort!"
Die Sache hat nur einen Haken: Leider können die Funde von Kalkriese nicht belegen, dass dort die Varusschlacht stattgefunden hat. :winke:
Ich verweise nocheinmal auf das Kühlborn-Zitat (Beitrag # 347)
 
Dieses Gebiet, in dem heute Ahlen, Beckum, Lippstadt usw. liegen, wurde verwüstet und ist jenes, das laut Tacitus nicht weit vom saltus teutoburgiensis liegt.

Augustdorf ist durch die Beschreibung zwischen Ems und Lippe auch abgedeckt. Von dort aus ist das Wiehengebirge ca. 50 km entfernt, das beißt sich nicht zwingend mit haud procul!
 
Jawoll, das wollte ich hören! "Legt den Tacitus mit seinen geographischen Angaben aus der Hand und erklärt Barenau/Kalkriese aufgrund der Funde zum Schlachtort!"
Die Sache hat nur einen Haken: Leider können die Funde von Kalkriese nicht belegen, dass dort die Varusschlacht stattgefunden hat. :winke:
Ich verweise nocheinmal auf das Kühlborn-Zitat (Beitrag # 347)

Dann höre nicht das, was du hören willst, sondern lese, was geschrieben steht: Die literarischen Quellen können so und so interpretiert werden und sind beileibe nicht so eindeutig, wie du es uns immer vorbetest! Ich hatte extra für dich die mir bedeutsame Stelle fett markiert. Hat leider nichts genutzt. Du liest halt doch nur, was du lesen willst - wie bei der Quelleninterpretation.
 
Zuletzt bearbeitet:
Höhenwege haben in Germanien um Christi Geburt ganz sicher existiert, jedoch ist archäologisch nicht belegbar, dass die Römer sie bevorzugten. Im Gegenteil: Derartige Wege (oder sagen wir besser Trampelpfade) waren wohl besser den Einheimischen bekannt und für ein römisches Heer voller Gefahren.

Trotz der Sperrung von Nicole möchte ich nochmal auf diesen Punkt eingehen und auf Hinweise zu einem im Bau befindlichen Turmanlage auf der Bielefelder Egge verweisen, die möglicherweise im Zusammenhang unserer Diskussion von Interesse sein könnten:

Die Logistik des Varus - Informationen zur Präsenz der Römer in Germanien Römische Spuren in OWL – Der Römerturm auf der Sparrenberger Egge in Bielefeld
http://www.buergernaehe-bielefeld.de/uploads/media/Info-Roemerturm.pdf

Das Argument, die Römer hätten die Höhenwege nicht bevorzugt, mag einleuchten. Allerdings könnte man angesichts dieser Anlage mutmaßen, dass die Römer im diskutierten Zeitraum im Begriff gewesen sind, die (unterstellte) germanische Infrastruktur für sich zu übernehmen. Möglich wäre natürlich auch, die hier gefundene Anlage als geplanten Teil eines weiträumig gesicherten Passüberganges zu sehen.

Ich möchte nochmal betonen, dass ich kein Experte bin, aber m. E. könnten diese Funde doch für eine im Aufbau begriffene planmäßige Durchdringung des diskutierten Gebietes sprechen, die eventuell das mit "haud procul" bezeichnete Areal konkretisieren könnte.

Ob es jetzt Varus oder Germanicus gewesen ist, der diese Anlage verantwortet hat, lässt sich (glaube ich) nicht sagen.

Vielleicht kann es die Diskussion trotzdem weiterbringen?
 
Das Argument, die Römer hätten die Höhenwege nicht bevorzugt, mag einleuchten. Allerdings könnte man angesichts dieser Anlage mutmaßen, dass die Römer im diskutierten Zeitraum im Begriff gewesen sind, die (unterstellte) germanische Infrastruktur für sich zu übernehmen.

Das halte ich sogar für sehr wahrscheinlich. Zum Teil geht man ja auch davon aus, dass die römischen Heeresstraßen in Germanien ursprünglich germanischen Handelspfaden folgten. Wieso sollten die Römer dann bei den Höhenwegen nicht auch auf Strukturen zurückgegriffen haben, die schon vorhanden waren, wenn auch in primitiverer Form.
 
Hallo
Sind 40 km bis zur Ems wirklich viel? Das sind ca. 6 - 8 Stunden Marsch. Nehmen wir mal Rheda-Wiedenbrück oder Schloß Holte (Weil in diesem Bereich die Ems der Lippe am nächsten kommt), verdoppelt sich die Strecke auf gut 12 - 16 Stunden Marsch, das wären dann zwei Tagesmärsche.

Die Lippe ist von dort auch nicht mehr viel weiter, 100 km, also gut 20 h Marsch, also zwei bis drei Tage. Das alles natürlich ohne Tross und mit gut trainierten Soldaten.
http://www.geschichtsforum.de/438365-post13.html
40 Km in 6-8 Stunden.
War das für die damalige Zeit tatsächlich realistisch erreichbar? Vielleicht innerhalb der Grenzen des römischen Reiches mit seinem ausgebauten Straßenverkehrsnetz, aber in "Germanien"?

Übrigens:
Für "Fuß-Infanterie" der Neuzeit (2.Weltkrieg und auch Bw) rechnete man mit 5 km/h. Das bedeutet eben 8 Stunden für 40 km ohne jegliche Pause.

Für 100 km würde ich sogar noch mehr ansetzen. Ausgehend von
20 km-8 Stunden
kein Eilmarsch
pro Marschtag 20 km (immerhin legten die Legionen ja immer auch Lager an)
wären also ca. 5 Tage nötig.

@Ashigaru

@ Maelo: unter den Voraussetzungen der damaligen Truppenstärken und klimatischen Bedingungen ließen sich sicherlich keine großen Kesselschlachten führen, wie wir sie aus dem Zweiten Weltkrieg kennen. Und selbst dort gibt es keine Beispiele dafür, dass Armeen die Kessel schlossen, indem sie der eigenen Front entgegenmarschierten.
http://www.geschichtsforum.de/455569-post122.html
Das kommt darauf an in welchem taktisch / operativem Rahmen man denkt. Es gibt genügend Beispiele wie gegnerische Einheiten umfaßt (eingekesselt) und gegen die eigene Front gedrückt wurden.
 
Das kommt darauf an in welchem taktisch / operativem Rahmen man denkt. Es gibt genügend Beispiele wie gegnerische Einheiten umfaßt (eingekesselt) und gegen die eigene Front gedrückt wurden.

Das würde ich unterstützen.
Als zeitnahes Beispiel, überwiegend mit Schusswaffen geführt und vielleicht von der Geographie (starke Bewaldung, kaum Wege) vergleichbar, fallen mir Partisanenaktionen der Wehrmacht in Weißrußland ein. Einige dieser Aktionen waren "blindes Kesseltreiben", bei denen - rein nach "Kartenlage" - mit Marschleistungen vermutete größere Partisanen-Verbände gegen eine koordiniert verengende Kesselwand in großen Waldgebieten gedrückt wurden.
 
Das kommt darauf an in welchem taktisch / operativem Rahmen man denkt. Es gibt genügend Beispiele wie gegnerische Einheiten umfaßt (eingekesselt) und gegen die eigene Front gedrückt wurden.

Das würde ich unterstützen.
Als zeitnahes Beispiel, überwiegend mit Schusswaffen geführt und vielleicht von der Geographie (starke Bewaldung, kaum Wege) vergleichbar, fallen mir Partisanenaktionen der Wehrmacht in Weißrußland ein.

Ihr habt beide Recht. Aber ich gebe drei Dinge zu bedenken:

Erstens sind uns regelrechte Kesselschlachten nur aus moderner Zeit bekannt. Sie setzten umfangreiche Kommunikation voraus. Sprich: Die Truppen werden per Funk geführt und koordiniert. Diese Möglichkeit hatten die Römer nicht. Ihre Fähigkeit zu Einkesselungsmanövern waren also sehr beschränkt. Das ging nur relativ kleinräumig, keinesfalls in so großem Maßstab wie es der Umfang der Germanicus-Truppen erforderlich gemacht hätte.

Zweitens ist zum Beispiel die angesprochene Partisanenbekämpfung durch die Wehrmacht so abgelaufen, dass ein Teil der Truppen auf einer festen Linie Stellung bezogen und dort gewartet hat, während ein anderer Teil der Truppen in Jagdkommandos aufgeteilt wurde und die Partisanen gegen diese feste Front gedrückt hat. In einer "Extremform" ist diese Methode in Mauretanien angewandt worden. Dort wurde eine Befestigungsanlage quer durchs Land gebaut, gegen die die Partisanen gedrückt werden sollten. Jedenfalls geht es hier um Aktionen, bei denen ein Teil der Truppen in festen Stellungen liegt, während sich der andere Teil bewegt. Bei den Germanicus-Feldzügen waren aber beide Abteilungen des Heeres in Bewegung.

Drittens funktionieren solche Aktionen nur, wenn die Jagdkommandos das Operationsgebiet systematisch durchkämmen. Sie müssen alle Gegner vor sich her treiben und dürfen nicht zulassen, dass jemand durch die eigene Linie "hindurchsickert". Gleichzeitig müssen sie alle wichtigen Punkte (Pässe, Flussübergänge, Wege etc.) besetzt halten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Germanicus-Truppen sowas in einem Land wie Germanien leisten konnten. Nur nebenbei sei angemerkt, dass moderne Heere für Aktionen dieser Art deutlich umfangreichere Funkausrüstung bereitstellen als in "normalen" Gefechten nötig wäre. Für sowas ist also noch mehr Kommunikation erforderlich.

Aus den drei genannten Gründen glaube ich nicht, dass man den Feldzug des Germanicus als Versuch einer Einkesselung betrachten kann. So wurden Kriege damals auch nicht geführt. Die Truppen rückten nicht auf breiter Front vor. Kämpfe konzentrierten sich an bestimmten Punkten (Schlachten) oder in bestimmten Zonen (Verwüstung von Gebieten). Ziel war es aber immer, die bewaffneten Gegner auszuschalten, nicht großräumig Territorium zu besetzen und zu halten. Das Territorium geriet sowieso unter die Kontrolle des Siegers, wenn es keine gegnerischen Krieger mehr gab.

Ich gehe deshalb davon aus, dass die Strategie des Germanicus vorsah, vom Sammelpunkt aus eine Reihe von kleineren Heeresabteilungen gegen verschiedene Ziele auszusenden und nach Möglichkeit in gleichzeitigen Kämpfen mehrere Stämme zu unterwerfen. Entsprechend groß muss das Operationsgebiet gewesen sein.

MfG
 
@Maelonn

Nun ist DIE taktische Kesselschlacht aus der damaligen Zeit durchaus überliefert - Cannae.
Vielleicht gab es andere die uns "nur nicht" überliefert wurden. Ich denke das fast jeder der damaligen Befehlshaber diese auch angestrebt haben da sie die absolute Entscheidung darstellte.

Umfangreiche Kommunikation wäre nötig in größerem Rahmen, aber auch diese ist durchaus machbar. Mit Sicherheit würde eine "operative" Kesselschlacht aber sehr sehr sehr viel langsamer ablaufen als die der Wehrmacht.

Gerade die damalige "Infrastruktur" ermöglichte es auch größere Räume, gerade auch für stärkere Heeresverbände, sicher zu sperren.

Es gab, bei der Wehrmacht, beide Taktiken. Das eine Flügel den Gegner (die Partisanen) gegen eine feste Front treibt. Aber ebenso wurden Operationen durchgeführt bei welchen alle Heereseinheiten mobil im Einsatz waren, bzw. auch abwechselnd.

Nur nebenbei sei angemerkt, dass moderne Heere für Aktionen dieser Art deutlich umfangreichere Funkausrüstung bereitstellen als in "normalen" Gefechten nötig wäre. Für sowas ist also noch mehr Kommunikation erforderlich.
In der Regel führte bei der Wehrmacht zweitklassige Einheiten die Anti-Partisanenoperationen aus. Das diese bessere Kommunikationsmöglichkeiten als "1.Linie-Divisionen".

Ich gehe deshalb davon aus, dass die Strategie des Germanicus vorsah, vom Sammelpunkt aus eine Reihe von kleineren Heeresabteilungen gegen verschiedene Ziele auszusenden und nach Möglichkeit in gleichzeitigen Kämpfen mehrere Stämme zu unterwerfen. Entsprechend groß muss das Operationsgebiet gewesen sein.
Eine solche Taktik würde eine sehr sehr gute Kenntnis der Gegner voraussetzen.
 
Zurück
Oben